Gutedel


Gutedel-Weintrauben
Roter Gutedel

Der Gutedel, der in der Schweiz und Frankreich Chasselas heißt, ist die meistangebaute Rebsorte der Schweiz und im Markgräflerland.

Ampelographische Beschreibung

In der Ampelographie wird der Habitus folgendermaßen beschrieben:

Die Blätter der Pflanze sind mittelgroß, hellgrün, rotgeadert, stark fünflappig, tief gebuchtet und haben einen stumpf gezahnten Rand. Das Holz ist rötlichbraun, deutlich gestreift und dunkel gefleckt. Die Trauben sind groß und lockerbeerig mit zarter Beerenhaut.

Beim Gutedel besteht eine Anfälligkeit gegen Stiellähme, der durch geeignete Kulturmaßnahmen entgegengewirkt werden kann.

Verbreitung

Als Tafeltraube ist der weiße und rote Gutedel weltweit verbreitet. Größtes Anbaugebiet für Tafeltrauben ist die Türkei. Gekeltert wird der Gutedel in der Westschweiz, im Elsass, im Markgräflerland sowie teilweise auch in Rumänien (ca. 13.000 Hektar), Ungarn (ca. 6000 Hektar) und Tschechien.

Schweiz

In der Schweiz existierten im Jahre 2009 4013 Hektar mit Gutedel bestockter Rebfläche (Quelle: Office fédéral de l'agriculture OFAG[1]). Im Jahr zuvor lag die Fläche bei 4073 Hektar (Quelle: Office fédéral de l'agriculture OFAG[2]). Die wichtigsten Anbaugebiete sind La Côte (Mont-sur-Rolle, Féchy, Vinzel, Tartegnin) und Lavaux (Epesses, Dézaley, Calamin) am Genfersee, Chablais (Aigle, Yvorne), Wallis (der Gutedel heisst hier Fendant; Martigny, Saillon, Chamoson, Sion, Sierre, Salgesch), Neuenburgersee (Auvernier), Mont Vully und Bielersee (Erlach, Ligerz, Twann).

Siehe auch die Artikel Weinbau in Deutschland, Weinbau in der Schweiz, Weinbau in Frankreich (1676 Hektar, Stand 2007, Quelle ONIVINS,[3][4]) Weinbau in Italien, Weinbau in Rumänien, Weinbau in Ungarn, Weinbau in Chile (Hauptsächlich in der Región del Bío-Bío, 403 Hektar, Stand 2006),[5] und Weinbau in Tschechien sowie die Liste der Rebsorten.

Deutschland

In Deutschland waren im Jahr 2007 1129 Hektar (1,1 % der Gesamtfläche)[6] mit der Rebsorte Gutedel bestockt. Im Jahr 2006 waren 1123 Hektar[7] Anbaufläche bestockt, nachdem im Jahr 1999 noch 1195 Hektar[8] erhoben wurden.

Hauptanbaugebiet des Gutedels in Deutschland ist das Markgräflerland. Markgraf Karl-Friedrich von Baden brachte die Gutedel-Rebe um 1780 vom schweizerischen Vevey am Genfersee ins badische Markgräflerland, da hier ideale klimatische Bedingungen vorliegen: heiße und trockene Tage im Hochsommer gepaart mit nächtlichen kühlen Fallwinden von den Bergen des Südschwarzwaldes bekommen der Rebsorte gut. Ferner findet man den Gutedel auch an der Unstrut.

Weinbaugebiet Rebfläche (Hektar)
Ahr -
Baden 1098
Franken unter 0,5
Hessische Bergstraße -
Mittelrhein -
Mosel -
Nahe -
Pfalz 2
Rheingau -
Rheinhessen 1
Saale-Unstrut 24
Sachsen 5
Stargarder Land -
Württemberg unter 0,5
TOTAL Deutschland 2007 1129

Quelle: Rebflächenstatistik vom 13. März 2008, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2008 in Beschreibende Sortenliste des Bundessortenamtes 2008, Seite 198ff.[9]

Qualität

Der Wein ist oft ein leichter, süffiger, frischer, fruchtbetonter und anregender Weißwein von blassgelber Farbe, der überwiegend trocken – das heißt nicht süß - ausgebaut wird. Er eignet sich als Begleiter zum Essen, beispielsweise zu Spargelgerichten, aber auch als Zechwein.

Bei besten Bedingungen, altem Rebbestand und entsprechender Sorgfalt in Weinbau und Weinbereitung können aus dem Gutedel allerdings auch weit anspruchsvollere Weine entstehen: Mit gelegentlich beeindruckender Mineralität und einer schönen Balance von Frucht und Struktur, vom Grundprinzip einem besseren Weißwein aus dem Burgund nicht unähnlich. Dabei unterscheiden sich die Weine der Westschweiz (Chablais, Dezaley etc.) von denen Badens gelegentlich noch durch den sogenannten biologischen Säureabbau (Malolaktische Gärung), der sie gegenüber den deutschen Vertretern "milder" erscheinen lässt.

Die Trauben des Roten Gutedels ergeben bei einer Maischegärung einen Roséwein, der sich aber ansonsten nicht vom Weißwein unterscheidet.

Geschichte

Bildnis von Karl Friedrich von Baden als Markgraf

Der Gutedel gilt als eine der ältesten Rebsorten. Es wird häufig kolportiert, der Gutedel solle seinen Ursprung in Ägypten haben, wo er seit rund 5000 Jahren angebaut werde. Mehrere Formen des Gutedels seien noch heute in der Oase Fayyum, rund 70 Kilometer südwestlich von Kairo zu finden. Die Römer sollen die Rebsorte dann nach Europa gebracht haben.

Eine andere Interpretation legt den Ursprung der Rebsorte innerhalb der Region Palästina in das Tal des Jordan.

Die These eines Ursprungs in Ägypten stammt vom französischen Ampelographen Adrien Berget, der die Rebsorte im Jahr 1932 dort wiedererkannt zu haben glaubte. Diese These wurde später von Henry Wuilloud (1947) verteidigt. Erst später entstand die Behauptung, die Sorte sei in Fayyum seit 5000 Jahren bekannt.

Aber die Bepflanzung der königlichen Gärten von Fontainebleau und Thomery boten Anlass für viele Spekulationen. So behauptet Vicomte d'Aulan nach Durchsicht von Unterlagen der französischen Botschaft in Konstantinopel, ein französischer Diplomat im Dienste von König Franz I. habe Gutedel-Sämlinge im Jahr 1532 nach Frankreich importiert. Diese Unterlagen wurden jedoch bislang nicht mehr aufgefunden. Zudem scheint die Rolle von Franz I. bei der Verbreitung des Gutedels verfälscht, da die Rebpflanzungen in den königlichen Gewächshäuser erst im späten 17. Jahrhundert angelegt wurden.

Eine umfangreiche DNA-Analyse konnte einen Hinweis auf eine Verwandtschaft mit Rebsorten aus Ägypten bzw. Palästina nicht finden. Gutedel sei hingegen mit autochthonen Rebsorten des Alpenraums im Osten Frankreichs, der Schweiz sowie dem Norden Italiens verwandt. [10]

Erste schriftliche Erwähnungen

Marcel Aeberhard vermutet, dass der Gutedel unter den Namen Gross Fränkisch, Edeldrauben bzw. Lautterdrauben im 1539 erschienenen Das Kreütter Buch, Darinn Underscheidt, Namen vnnd Würckung der Kreutter, Stauden, Hecken vnnd Beumen, sampt jhren Früchten, so inn Deutschen Landen wachsen Durch H. Hieronymum Bock auss langwiriger vnd gewisser erfarung beschrieben des pfälzischen Botanikers Hieronymus Bock erwähnt wird [11] Aeberhard begründet dies damit, das:

  • der Name Edel später im heute geläufigen Gutedel aufging. Der Name Gutedel wird in der 1650 posthum erschienenen Historia Plantarum Universalis des Basler Arztes und Botanikers Johann Bauhin (1541-1612) erwähnt.
  • Der Name Lautterdrauben finde sich noch in den bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts geläufigen Synonymen Luter, Wyssluter sowie Gutluter wieder.

Die Bezeichnung Chasselas lässt sich bis auf das Jahr 1654 zurückverfolgen. Nicolas de Bonnefons erwähnt diese Sorte in seinem Werk Les délices de la campagne. Es erscheint als gesichert, dass der Name Chasselas im direkten Zusammenhang mit dem Ort Chasselas steht, wo Sämlinge angebaut wurden.

Unter dem Namen Fendant finden sich Einträge ab dem frühen 18. Jahrhundert; zunächst im Waadtland und erst später im Wallis. Eine größere Verbreitung im Wallis erfuhr die Sorte erst ab 1848.

Verbreitung in Deutschland

Belege für seine Nutzung auf deutschem Boden stammen aus der Zeit zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Der Gutedel wurde zuerst in Württemberg und Franken angepflanzt, ein Jahrhundert später in Sachsen.

Eine größere Verbreitung innerhalb Deutschlands erfuhr der Gutedel erst durch die Aktivitäten des Markgrafen Karl Friedrich von Baden, der 1780 aus Vevey, einer bekannten Weinbaugemeinde am Genfer See, Pflanzgut in die Gegend südlich von Freiburg, dem heutigen Markgräflerland einführte.

Kreuzungen und Neuzüchtungen

Aufgrund seiner frühen Reife und seiner Qualitäten wurde Gutedel gerne als Kreuzungspartner genutzt.

Muskat-Ottonel ist eine Kreuzung aus Gutedel und entweder Muscat précoce de Saumur, Muscat d'Eisenstadt oder Roter Muskateller.

Im Jahr 1927 entstand an der Landesanstalt für Rebenzüchtung in Alzey durch Georg Scheu die Rebsorte Huxelrebe als Kreuzung aus dem Gutedel x Courtillier Musqué.

Nobling ist eine Neuzüchtung, die durch Kreuzung der Rebsorten Gutedel und Silvaner im Jahr 1940 im staatlichen Weinbauinstitut in Freiburg im Breisgau entstanden ist.

Ab 1968 züchtete man am gleichen Institut die Rebsorte Johanniter als Kreuzung zwischen Riesling x (Seyve Villard 12-481 x (Ruländer x Gutedel)).

Bis vor Kurzem war angenommen worden, dass die Sorte Madeleine Royale ein Sämling des Gutedels ist. Neuere Untersuchungen haben jedoch ergeben, dass die Madeleine Royale eine Kreuzung des Pinot und Trollinger ist.

Synonyme

Die Rebsorte Gutedel verfügt aufgrund ihrer weiten Verbreitung und ihres Alters über eine lange Liste mit 189 Synonymen. Sie ist auch bekannt unter den Namen Abelione, Abelone, Albilloidea, Amber Chasselas (England), Amber Muscadine, Bela Glera, Bela zlahtnina, Berezka, Berioska casla, Beyaz Gutedel, Biela plemenika praskava, Biela plemincka chrapka, Biela plemincka pruskawa, Blanchette, Blanquette, Bon blanc, Bordo, Bournet, Bournot, Charapka, Chasselas, Chasselas Angevin, Chasselas bianco, Chasselas blanc royal, Chasselas blanchette, Chasselas crognant, Chasselas croquant, Chasselas de Bar-sur-Aube, Chasselas de Bordeaux, Chasselas de Florence, Chasselas de Fontainebleau, Chasselas de Jalabert, Chasselas de la Contrie, Chasselas de la Naby, Chasselas de Moissac, Chasselas de Montauban, Chasselas de Mornain, Chasselas de Pondichery, Chasselas de Pontchartrain, Chasselas de Pouilly, Chasselas de Quercy, Chasselas de Rappelo, Chasselas de Tenerife, Chasselas de Teneriffe, Chasselas de Thomeri, Chasselas de Toulaud, Chasselas de Vaud, Chasselas di Fountanbleau, Chasselas di Thomery, Chasselas dorada, Chasselas dorato, Chasselas Doré, Chasselas Doré hâtif, Chasselas doré Salomon, Chasselas du Doubs, Chasselas du Portugal, Chasselas du Roi, Chasselas du Serial, Chasselas du Thor, Chasselas Dugommier, Chasselas dur, Chasselas fendant, Chasselas hâtif de Tenerife, Chasselas haute séléction, Chasselas Jalabert, Chasselas jaune ciré, Chasselas Piros, Chasselas plant droit, Chasselas Queen Victoria, Chasselas Reine Victoria, Chasseals Salsa, Chasselas Tokay Angevine, Chasselas vert de la Côte, Chasselas White, Chasselat, Chrupka, Chrupka biela, Common Muscadine, Dinka Belaya, Dinka blanche, Dobrorozne, Doppelte Spanische, Dorin (Bezeichnung Dorin nicht mehr erlaubt) (Waadtland, Wallis), Doucet, Eau douce blanche, Edelschön, Edelwein, Edelweiss, Elsässer, Elsässer weiss, Fabian, Fabiantraube, Fábiánszőlő, Fehér Chasselas, Fehér Fábiánszőlő, Fehér gyöngyszőlő (Ungarn, wörtlich „Weiße Perlentraube“), Fehér repoos, Fehér ropogos, Fehér ropvos Fábián, Fendant (Schweiz), Fendant blanc, Fendant roux, Fendant vert, Florenci Jouana, Franceset, Franceseta, Frauentraube, Gamet, Gelber Gutedel, Gemeiner Gutedel, Gentil blanc, Gentil vert, Golden Bordeaux, Golden Chasselas (Kalifornien und Australien), Großblättrige Spanische, Große Spanische, Grosser Spaniger, Grüner Gutedel, Gutedel weiß, Gyöngyszőlő, Gyöngyzőlő, Junker (Taubertal), Königs Gutedel, Kracher, Krachgutedel, Krachmost, Lardot, Lourdot, Maisa, Marzemina bianca (Italien), Marzemina niduca, Morlenche, Mornan blanc, Mornen, Mornen blanc, Most, Mostrebe, Moster (Österreich, Markgräflerland), Pariser Gutedel, Perlan (bei Genf), Pinzutella, Plamenka Belyi, Plant de Toulard, Plant de Toulaud, Plemenika praskava, Plemenka, Plemenka bela, Plemenka rana, Plemenka biela, Praskava, Pruscava biela, Queen Victoria, Queen Victoria White, Raisin d’officier, Ranka, Rebe Herrn, Rheinrebe, Rosmarinentraube, Rosmarintraube (Wallis), Royal Muscadine (England), Sasla, Sasla bela, Schönedel (Sachsen), Shasla belaya, Shasla Lechebnaya, Shasla Viktoria, Silberling, Silberweiß, Silberweißling, Süßling, Süßtraube, Sweetwater, Sweetwater white, Tribianco tedesco (Italien), Tribi vignoble (Italien), Ugne, Valais Blanc, Viviser, Vroege van der Laan, Wälsche, Wälscher (Österreich), Weißer Gutedel, Weißer Krachgutedel, White Chasselas, White Muscadine, White Sweetwater, White van der Laan, Witte Van der Laan (Niederlande), Zlahtina, Zlahtnina, Zlahtnina bijela und Zupljanka.

Einzelnachweise

  1. Das Weinjahr 2009 (PDF), Herausgeber Office fédéral de l'agriculture OFAG
  2. Das Weinjahr 2008 (PDF), Herausgeber Office fédéral de l'agriculture OFAG
  3. LES CEPAGES BLANCS DANS LE VIGNOBLE (PDF), Statistik zu weißen Rebsorten je Großregion, Teil 1, Veröffentlichung des OFFICE NATIONAL INTERPROFESSIONNEL DES FRUITS, DES LEGUMES, DES VINS ET DE L’HORTICULTURE – kurz ONIVINS, Stand 2008
  4. LES CEPAGES BLANCS DANS LE VIGNOBLE (PDF), Statistik zu roten Rebsorten je Großregion, Teil 2, Veröffentlichung des OFFICE NATIONAL INTERPROFESSIONNEL DES FRUITS, DES LEGUMES, DES VINS ET DE L’HORTICULTURE – kurz ONIVINS, Stand 2008
  5. CATASTRO VITICOLA NACIONAL 2006 (PDF) vom SAG Chile, Veröffentlicht 2007, in spanischer Sprache
  6. Deutsches Weininstitut: Statistik 2008/2009, (PDF Datei). Mainz 2008.
  7. Deutsches Weininstitut: Statistik 2007/2008, (PDF Datei). Mainz 2007.
  8. Deutsches Weininstitut: Statistik 2004/2005, (PDF Datei). Mainz 2004.
  9. Beschreibende Sortenliste des Bundessortenamtes 2008(PDF)
  10. Etude historico-génétique de l’origine du ‘Chasselas’ von José Vouillamoz und C. Arnold.
  11. Geschichte der alten Traubensorten. Aarcadia-Verlag, Solothurn 2005, ISBN 978-3-908579-04-5.

Weblinks

Literatur

  • Horst Dippel, Cornelius Lange, Fabian Lange: Das Weinlexikon. Fischer, Frankfurt am Main 2003, ISBN 978-3-596-15867-6.
  • Dagmar Ehrlich: Das Rebsorten ABC. Reben und ihre Weine. 3. Auflage. Gräfe & Unzer, München 2005, ISBN 978-3-7742-6960-6.
  • Pierre Galet: Dictionnaire encyclopédique des cépages. Hachette, Paris 2000, ISBN 978-2-01-236331-1.
  • Jancis Robinson: Das Oxford Weinlexikon, 3. überarbeitete Ausgabe. 1. Auflage. Gräfe und Unzer Verlag, München, 2007, ISBN 978-3-8338-0691-9.
  • Walter Hillebrand, Heinz Lott, Franz Pfaff: Taschenbuch der Rebsorten. 13. Auflage. Fraund, Mainz 2003, ISBN 978-3-921156-53-7.