Guter Heinrich
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Guter Heinrich | ||||||||||||
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Guter Heinrich (Chenopodium bonus-henricus) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Chenopodium bonus-henricus | ||||||||||||
L. |
Der Gute Heinrich (Chenopodium bonus-henricus), auch Wilder Spinat genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung Gänsefüße (Chenopodium) in der Familie der Fuchsschwanzgewächse (Amaranthaceae). Traditionell wurde diese Gattung zusammen mit anderen in der früher als eigenständig behandelten Familie der Gänsefußgewächse (Chenopodiaceae) zusammengefasst.
Der Name soll entweder an die Legende vom aussätzigen, armen Heinrich erinnern oder lautete althochdeutsch Heimrich (Heim = Hofstatt und rich = häufig, gut essbar).
Beschreibung
Der Gute Heinrich wächst als ausdauernde, krautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen von etwa 10 bis 80 Zentimetern. Er besitzt meist mehrere aufsteigende bis aufrechte, unverzweigte Stängel und riecht unauffällig[1]. Der Gute Heinrich ist eine hemikryptophytische Pleiokormstaude und besitzt eine bis 1,5 cm dicke [2], fleischige, mehrköpfige Wurzel. [3]
Die wechselständigen Laubblätter sind ziemlich groß. Die unteren Blätter werden 5 bis 11 Zentimeter lang und 3 bis 9 Zentimeter breit [1] und sind dreieckig bis spießförmig, fast ganzrandig, bis 15 Zentimeter lang gestielt [2], spitz oder stumpf, etwas klebrig, anfangs durch mehrzellig gestielte Blasenhaare [4] und Gliederhaare mehlig, später verkahlend und dunkelgrün. Die oberen Blätter sind kleiner, kürzer gestielt und haben oft keine Spießecken. [3]
Die 3 bis 5 Millimeter dicken Blütenknäuel sind an kurzen Verzweigungen in einem rispenähnlichen, endständigen, verlängerten, ziemlich schmalen und dichten, oft nickenden Blütenstand angeordnet, der nur im untersten Teil beblättert ist. [2] Die endständigen Blüten der Knäuel sind zwittrig mit fünf Blütenhüllblättern und fünf Staubblättern, die seitständigen zwittrig oder weiblich mit drei bis fünf Blütenhüllblättern und ohne oder nur mit zwei bis vier Staubblättern. [2] Die Blütenhüllblätter sind höchstens zur Hälfte miteinander verwachsen; die freien Teile sind schmal und überlappen sich nicht, nicht gekielt, mit einem schmalen, häutigen Rand und einer lappigen, fast zerschlitzt-gezähnten Spitze [3]. Die meist zwei bis drei verlängerten Narben messen 0,8 bis 2 Millimeter. [2]
Die Früchte sind einsamige Nüsse, die mit der Blütenhülle abfallen; das Perikarp klebt am Samen. Der linsenförmige Same steht senkrecht in den endständigen Blüten, waagrecht in den seitständigen. Er hat einen breit eiförmigen Umriss und ist am Rand gerundet; seine Länge beträgt 1,5 bis 2,2 Millimeter. Die Oberfläche ist dunkelrotbraun bis schwarz, matt, mit undeutlichen, rundlichen oder eckigen Vertiefungen und wenige tiefen Rillen. [3]
Phänologie, Bestäubungs- und Ausbreitungsbiologie, Chromosomen
Die Blütezeit reicht von April bis Oktober [3]. Die unscheinbaren Blüten des Guten Heinrichs werden vom Wind bestäubt. Die meisten Blüten eines Blütenstandes blühen gleichzeitig. [5] Die Narben werden vor den Staubblättern reif. [5] Die Verbreitung erfolgt als Anhafter (Klebausbreitung, Epizoochorie), durch Verdauungsausbreitung (Endozoochorie) sowie durch Menschenausbreitung (Anthropochorie). [6]
Der Gute Heinrich ist tetraploid mit einer Chromosomenzahl von 2n = 36. [4]
Ökologie
Der Gute Heinrich ist eine Futterpflanze für die Schmetterlingsraupen von Melden-Blütenspanner (Eupithecia sinuosaria), Gemüseeule (Lacanobia oleracea) und Meldeneule (Trachea atriplicis), [7] sowie für den Melden-Blattspanner (Pelurga comitata).[8]
Vorkommen und Gefährdung
Der Gute Heinrich hat seinen Verbreitungsschwerpunkt in Mitteleuropa; auf den Britischen Inseln und im westlichen Frankreich gilt er als in jüngerer Zeit eingebürgert. [9] Sein Verbreitungsgebiet reicht im Norden bis Süd-Skandinavien, im Osten bis ins westliche Russland; im Mittelmeergebiet ist die Art an die Gebirge gebunden. [9] Der Gute Heinrich ist im östlichen Nordamerika eingebürgert. [1]
Ursprünglich war diese Art in Wildlägern der Alpen beheimatet, später gelangte sie als Kulturfolger in das Flachland und wanderte in dörfliche Ruderalgesellschaften ein. Dort findet man ihn zerstreut in Unkrautbeständen, vor allem im Umkreis bäuerlicher Siedlungen, an Straßen, Wegen, Zäunen, Dungstätten, im Trauf der Höfe und Ställe, sowie an Viehlägern usw. Als Pionierpflanze bevorzugt er sehr nährstoffreiche, insbesondere stickstoffreiche Böden.[10] Nach Ellenberg ist er eine Lichtpflanze mit ozeanischer Verbreitung, ein Frischezeiger, an übermäßig stickstoffreichen Standorten wachsend und eine Verbandscharakterart der Klettenfluren (Arction lappae). [11]
Durch die Verstädterung und Sanierung der Dörfer, Burgrestaurierung und Mauerverfugung ist der Gute Heinrich auf diesen Sekundärstandorten in Mitteleuropa stark zurückgegangen. In Deutschland gilt er bundesweit als gefährdet (Rote Liste gefährdeter Arten 3). In Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Thüringen, Hessen und Rheinland-Pfalz wird er als gefährdet eingestuft, in Niedersachsen, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen sogar als stark gefährdet (Rote Liste 2). In den Bundesländern Hamburg und Berlin ist er bereits vom Aussterben bedroht (Rote Liste 1).[7]
Systematik
Die Erstbeschreibung von Chenopodium bonus-henricus erfolgte 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum 1, S. 218.[12] Synonyme, die auf demselben Typusexemplar beruhen, sind Agathophytum bonus-henricus (L.) Moq., Agatophyton bonus-henricus (L.) E.H.L. Krause, Anserina bonus-henricus (L.) Dumort., Atriplex bonus-henricus (L.) Crantz, Blitum bonus-henricus (L.) C.A. Mey., Orthospermum bonus-henricus (L.) Schur und Orthosporum bonus-henricus (L.) T. Nees.[13] Als weitere Synonyme gelten Blitum perenne Bubani, Chenopodium hastatum St.-Lag., Chenopodium ruderale Kit. ex Moq., Chenopodium ruderale St.-Lag., Chenopodium sagittatum Lam., Chenopodium spinacifolium Stokes, Chenopodium triangulare Dulac, Chenopodium triangularifolia Gilib. und Orthosporum unctuosum Montandon.[14]
Nach phylogenetischen Untersuchungen von Kadereit et al. (2010)[15] und Fuentes-Bazan et al. (2011)[16] ist der Gute Heinrich näher mit Spinat verwandt als mit den Gänsefüßen im engeren Sinne, und sollte daher in die Tribus Spinacieae eingeordnet werden (siehe Artikel Chenopodioideae).
Verwendung
Nahrungspflanze
Als Wildgemüse hat der Gute Heinrich zahlreiche Verwendungsmöglichkeiten. Die noch nicht blühenden jungen Pflanzen werden wie Spinat verwendet, ältere Blätter sind allerdings bitter.[17] Etwa 12 cm lange Triebe werden wie Spargel zubereitet.[17] Im Balkan stellt man aus den zerstoßenen Rhizomen ein wie Erdnussbutter schmeckendes Konfekt her. Die Blüten kann man ähnlich wie Brokkoli dünsten[17].
Die gemahlenen Samen können als Mehlzusatz, beispielsweise zum Brotbacken, dienen. Es wird empfohlen, sie vor dem Verzehr über Nacht einzuweichen und gründlich abzuspülen, um die Saponine zu entfernen.[17]
Heilpflanze
Die Pflanze enthält Eisen und Vitamin C, aber auch Saponine und Oxalsäure.[17] Sie war früher arzneilich gegen Hauterkrankungen im Einsatz. [17] Auch gegen Wurminfektionen wurde sie verwendet (Anthelminthikum).[17] Die Samen gelten als ein schwaches Abführmittel.[17]
Sonstige Nutzungen
Der Gute Heinrich kann als Färbepflanze verwendet werden, wobei gold-grüne Farbtöne erzielt werden.[17]
Quellen
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Steven E. Clemants & Sergei L. Mosyakin: Chenopodium. In (online).
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 Pertti Uotila: Chenopodium. In: Bengt Jonsell (Hrsg.): Flora Nordica Volume 2. Chenopodiaceae to Fumariaceae. Bergius Foundation, Royal Swedish Academy of Sciences, Stockholm 2001, ISBN 91-7190-037-3
- ↑ 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 Gustav Hegi [Begr], Karl-Heinz Rechinger (Hrsg.): Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Band III. Teil 2: Phytolaccaceae – Portulacaceae. Pteridophyta, Spermatophyta: Angiospermae: Dicotyledones 1. 2., völlig neubearb. Auflage. Paul Parey, Berlin/Hamburg 1959–1979, ISBN 3-489-60020-7, S. 601–603.
- ↑ 4,0 4,1 Hans Ernst Heß, Elias Landolt, Rosmarie Hirzel: Flora der Schweiz und angrenzender Gebiete 1: Pteridophyta bis Caryophyllaceae. Birkhäuser, Basel 1967, S. 748.
- ↑ 5,0 5,1 Oskar Sebald, Siegmund Seybold, Georg Philippi (Hrsg.): Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs. Band 1: Allgemeiner Teil, Spezieller Teil (Pteridophyta, Spermatophyta): Lycopodiaceae bis Plumbaginaceae. Eugen Ulmer, Stuttgart 1990, ISBN 3-8001-3309-1, S. 484–485.
- ↑ Werner Rothmaler [Begr], Eckehart J. Jäger, Klaus Werner (Hrsg.): Exkursionsflora von Deutschland. Band 4. Gefäßpflanzen: Kritischer Band. 10., bearb. Auflage. Elsevier, Spektrum Akademischer Verlag, München/Heidelberg 2005, ISBN 3-8274-1496-2.
- ↑ 7,0 7,1 Guter Heinrich. FloraWeb.de
- ↑ Gaden S. Robinson, Phillip R. Ackery, Ian J. Kitching, George W. Beccaloni & Luis M. Hernández: Eintrag bei HOSTS - A Database of the World's Lepidopteran Hostplants.
- ↑ 9,0 9,1 Jaakko Jalas, Juha Suominen (Hrsg.): Atlas Florae Europaeae. Distribution of Vascular Plants in Europe. 5: Chenopodiaceae to Basellaceae. Akateeminen Kirjakaupa, Helsinki 1980, ISBN 951-9108-04-1.
- ↑
- ↑ Heinz Ellenberg: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht (= UTB für Wissenschaft. Große Reihe. Band 8104). 5., stark veränderte und verbesserte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1996, ISBN 3-8252-8104-3.
- ↑ Erstbeschreibung eingescannt bei BHL
- ↑ Eintrag bei Tropicos, abgerufen 25. Jan. 2012
- ↑ Eintrag bei The Plant List, abgerufen 25. Jan. 2012
- ↑ Gudrun Kadereit, Evgeny V. Mavrodiev, Elizabeth H. Zacharias & Alexander P. Sukhorukov: Molecular phylogeny of Atripliceae (Chenopodioideae, Chenopodiaceae): Implications for systematics, biogeography, flower and fruit evolution, and the origin of C4 Photosynthesis, In: American Journal of Botany, Volume 97 (10), 2010, S. 1664-1687. pdf-Datei.
- ↑ Susy Fuentes-Bazan, Guilhem Mansion, Thomas Borsch: Towards a species level tree of the globally diverse genus Chenopodium (Chenopodiaceae). In: Molecular Phylogenetics and Evolution, online 22 October 2011, ISSN 1055-7903, [1].
- ↑ 17,0 17,1 17,2 17,3 17,4 17,5 17,6 17,7 17,8 Chenopodium bonus-henricus bei Plants For A Future
Weitere verwendete Literatur
- Oskar Angerer, Thomas Muer: Alpenpflanzen Stuttgart: Ulmer, 2004, ISBN 3-8001-3374-1
- Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands. Ein botanisch-ökologischer Exkursionsbegleiter zu den wichtigsten Arten. 6. völlig neu bearb. Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2005, ISBN 3-494-01397-7.
Weblinks
- Verbreitungskarte für Deutschland. In: Floraweb.
- Verbreitung auf der Nordhalbkugel aus: Eric Hultén, Magnus Fries: Atlas of North European vascular plants, 1986, ISBN 3-87429-263-0
- Eintrag in der Zentralen Datenbank der Schweizer Flora.
- Fotos bei Günther Blaich