Kleiner Schwertwal
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Kleiner Schwertwal | ||||||||||||
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Kleiner Schwertwal | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name der Gattung | ||||||||||||
Pseudorca | ||||||||||||
Reinhardt, 1862 | ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name der Art | ||||||||||||
Pseudorca crassidens | ||||||||||||
(Owen, 1846) |
Der Kleine Schwertwal (Pseudorca crassidens), auch bekannt als Unechter oder Schwarzer Schwertwal, ist im Vergleich zum Großen Schwertwal oder Orca (Orcinus orca) nur wenig erforscht. Er ähnelt dem Orca in Form und Proportionen, ist aber einfarbig schwarz und deutlich kleiner. Kleine Schwertwale bilden Schulen von zehn bis fünfzig Tieren und halten sich meistens fern der Küsten auf. Sie sind in allen Ozeanen gemäßigter, subtropischer und tropischer Breiten beheimatet.
Aussehen
Die Männchen des Kleinen Schwertwals erreichen Körperlängen von bis zu sechs Metern und ein Maximalgewicht von 1400 Kilogramm, die Weibchen bleiben mit maximal fünf Metern etwas kleiner. Der Körper der Tiere ist vollständig schwarz gefärbt, nur zwischen den Brustflossen befindet sich ein gräulicher Fleck. Bei manchen Individuen kann dieser in eine Linie auslaufen, die sich bis zum Anus zieht.
Der Körper der Wale ist relativ schlank und der Kopf im Verhältnis zur Gesamtlänge nur kurz. Einen abgesetzten Schnabel gibt es nicht. Die Stirnpartie (Melone) ist langgezogen und ein wenig vorgewölbt. Der Bereich um das Blasloch ist ein wenig eingewölbt. Etwa in der Mitte des Körpers befindet sich die sichelförmige Rückenflosse, die relativ kurzen Brustflossen (Flipper) befinden sich weit vorne am Körper und haben eine sehr typische Form durch den vorderen s-förmigen Rand und die spitz zulaufende Flossenspitze. Die Schwanzflosse (Fluke) ist ebenfalls kurz, die Einbuchtung in der Mitte ist nicht sehr ausgeprägt.
Der Wal hat sehr kräftige, gebogene Zähne. Dabei sitzen im Oberkiefer sieben bis elf, im Unterkiefer acht bis zwölf Zähne, wobei bei sehr vielen Tieren die Anzahl der Zähne im rechten Unter- und Oberkiefer nicht der im linken entspricht (bilaterale Asymmetrie). Die gleichförmige oder homodonte Bezahnung dieser Art ist typisch für die gesamte Unterordnung der Zahnwale und stellt eine Anpassung an ihre bevorzugte Nahrung aus schwierig zu fixierenden, stromlinienförmigen und glatten Beutetieren dar.
Verbreitung
Der Kleine Schwertwal ist eine Hochseeart, die in den gemäßigten bis warmen Bereichen aller Ozeane anzutreffen ist. Dabei sind die Sichtungen jedoch relativ selten und auch Strandungen kommen nur gelegentlich vor. Häufig beobachtet wurde der Wal im Atlantik vor der nordamerikanischen Küste und in der Karibik. Auch im Pazifik und im Indischen Ozean kommen sie regelmäßig vor. Seltener sind Sichtungen vor den Küsten Afrikas und Europas.
Die europäischen Nachweise der Art stammen meist aus Sichtungen einzelner Gruppen der Wale sowie aus Berichten über Strandungen. Sie wurden an den Küsten Großbritanniens, Spaniens, den Niederlanden und der deutschen und dänischen Nordseeküste gemacht. Außerdem gibt es Sichtungen in der Ostsee sowie im Mittelmeer, hier vor allem aus Südspanien und Italien.
Lebensweise
Der Kleine Schwertwal ist eine Walart, die die tiefen Bereiche des Meeres, also das Pelagial, als Lebensraum bevorzugt. Entsprechend sind diese Wale vor allem in der Hochsee zu beobachten, aber auch in der Nähe von Inseln und Küsten, die von tiefem Wasser umgeben sind.
Die Wale leben in Schulen von etwa 10 bis 50 Tieren, wobei gelegentlich auch Gruppen von über 100 Individuen beobachtet wurden. Die bislang größte gestrandete Gruppe der Wale bestand aus 835 Individuen in Mar del Plata (Argentinien) im Jahr 1946. Es kann vorkommen, dass sich die Schulen mit anderen Walen, vor allem mit Schulen des Großen Tümmlers (Tursiops truncatus), zusammenschließen. Die Gruppen bestehen aus Tieren verschiedenen Alters, deren Sozialgefüge sehr ausgeprägt ist.
Man hielt den Kleinen Schwertwal lange für einen reinen Fisch- und Kopffüßerfresser, der nicht das breite Beutespektrum seines großen Verwandten teilt. Dabei frisst er teilweise Fische von beträchtlicher Größe wie etwa die Thunfische, wobei er besonders in der Region um Japan dafür bekannt ist, diese von den Fischfangleinen zu fressen. Neue Beobachtungen legen nahe, dass auch der Kleine Schwertwal junge Delfine attackiert und sich von diesen ernährt. Dieses Verhalten wurde aber nur regional begrenzt beobachtet und könnte daher nur vereinzelten Populationen mit einer bestimmten Jagdtradition zu eigen sein.
Zur Kommunikation sowie zur Sonarorientierung und dem Beutefang besitzt der Kleine Schwertwal ein vielfältiges Repertoire an Tönen.
Fortpflanzung und Entwicklung
Über das Alter der Geschlechtsreife beim Kleinen Schwertwal gibt es unterschiedliche Angaben, die bei den Weibchen zwischen zwei und sieben und bei den Männchen zwischen acht und 14 Jahren schwanken. Die Paarungszeit ist ganzjährig, die Dauer der Schwangerschaft beträgt wahrscheinlich etwa ein Jahr, ebenso lang wird auch die Stillzeit angenommen.
Das Jungtier ist bei der Geburt etwa 1,60 Meter lang. Über die Jugendentwicklung sowie das Maximalalter ist nichts bekannt.
Systematik
Die Erstbeschreibung des Kleinen Schwertwales erfolgte durch Sir Richard Owen 1846 anhand eines Skeletts, welches er für die Überreste eines ausgestorbenen Wales hielt. Er benannte es Phocaena crassidens und stellte es so in die Verwandtschaft der Schweinswale (Phocoenidae). Revidiert wurde diese Ansicht 1862 durch Reinhardt, der eine Gruppe von gestrandeten Walen in der Kieler Bucht untersuchte und sie in eine neue Gattung stellte, die er als Pseudorca bezeichnete und gemeinsam mit dem Großen Schwertwale in eine gemeinsame Gruppe einordnete. Genetische Untersuchungen zeigen jedoch dass der Kleine Schwertwal näher mit den Grindwalen als mit dem Großen Schwertwal verwandt ist.[1]
Regionale Merkmalsvariationen oder Unterarten des Kleinen Schwertwales sind bisher nicht bekannt.
Bedrohung und Schutz
In Europa gab es nie eine gezielte wirtschaftliche Nutzung des Kleinen Schwertwales, er wird allerdings gelegentlich als Beifang im Thun- und Schwertfischfang gefangen. In Japan nutzt man die Tiere als Nahrungsquelle, wobei meist in Strandnähe auftauchende Tiere ans Ufer getrieben und dort getötet werden. Bei Fischern ist diese Art wenig beliebt, da sie bereits gefangene Thunfische von den Leinen stiehlt. So gab es auf der japanischen Insel Iki eine konzertierte Aktion der Fischer, die Art in der Region auszurotten. Hierbei wurden zwischen 1965 und 1990 neunhundert Kleine Schwertwale in der Umgebung von Iki getötet. Weltweit betrachtet ist der Kleine Schwertwal nicht bedroht.
Wie bei vielen anderen Walen stellt auch für diese Wale die Umweltverschmutzung der Meere eine Hauptbelastung dar, wobei genaue Daten bislang unbekannt sind.
Der Kleine Schwertwal fällt wie alle Kleinwale nicht unter die Schutzbestimmungen der Internationalen Walfangkommission (IWC) und es gibt ansonsten auch keine Schutzbestimmungen.
Literatur
- Carwardine M.: Wale und Delfine. Delius Klasing, 1996 (hochwertiger Führer)
- Carwardine M.: Delfine – Biologie, Verbreitung, Beobachtung in freier Wildbahn. Naturbuch Verlag, 1996 (informativer Bildband)
- Kiefner, Ralf: Wale und Delfine weltweit. Jahr Top Special Verlag, 2002 (Führer der Zeitschrift tauchen, sehr detailliert)
- Niethammer J, Krapp F (Hrsg): Handbuch der Säugetiere Europas. Band 6: Meeressäuger, Tel 1A: Wale und Delphine 1. AULA-Verlag, Wiesbaden 1994 (sehr detailliertes Fachbuch)
- R. R. Reeves, B. S. Stewart, P. J. Clapham, J. A. Powell: Sea Mammals of the World. A Complete Guide to Whales, Dolphins, Seals, Sea Lions and Sea Cows. Black, London 2002, ISBN 0-7136-6334-0 (Führer mit zahlreichen Bildern).
- Soury Gérard: Das große Buch der Delfine. Deliuzs Klasing, 1997, (detailreicher Bildband)
- Würtz M., Repetto N.: Underwater world: Dolphins and Whales. White Star Guides, 2003, ISBN 88-8095-943-3 (dto., Bestimmungsbuch)
Weblinks
- Pseudorca crassidens in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2006. Eingestellt von: Cetacean Specialist Group, 1996. Abgerufen am 9. Mai 2006.
Einzelnachweise
- ↑ Laura May-Collado und Ingi Agnarsson: Cytochrome b and Bayesian inference of whale phylogeny (PDF)