Logistische Gleichung
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Die logistische Gleichung wurde ursprünglich 1837 von Pierre François Verhulst als demographisches mathematisches Modell eingeführt. Die Gleichung ist ein Beispiel dafür, wie komplexes, chaotisches Verhalten aus einfachen nichtlinearen Gleichungen entstehen kann. Infolge einer richtungsweisenden Arbeit des theoretischen Biologen Robert May aus dem Jahr 1976 fand sie weite Verbreitung. Bereits 1825 stellte Benjamin Gompertz in einem verwandten Zusammenhang eine ähnliche Gleichung vor.
Die zugehörige Dynamik kann anhand eines sogenannten Feigenbaumdiagramms (siehe unten) veranschaulicht werden. Eine wichtige Rolle spielt dabei die schon 1975 von Mitchell Feigenbaum gefundene Feigenbaum-Konstante.
Das demographische Modell
Für den stetigen Fall siehe logistische Funktion!
Es werden mathematische Gesetzmäßigkeiten gesucht, die die Entwicklung einer Population modellhaft darstellen. Aus der Größe
Das logistische Modell berücksichtigt zwei Einflüsse:
- Durch Fortpflanzung vermehrt sich die Population geometrisch. Die Individuenzahl ist im Folgejahr um einen Wachstumsfaktor
größer als die aktuelle Population. - Durch Verhungern verringert sich die Population. Die Individuenzahl vermindert sich in Abhängigigkeit von der Differenz zwischen ihrer aktuellen Größe und einer theoretischen Maximalgröße G mit der Proportionalitätskonstante
. Der Faktor, um den sich die Population vermindert, hat also die Gestalt .
Um bei der Berechnung der Population im Folgejahr beide Prozesse zu berücksichtigen, multipliziert man die aktuelle Population
.
Um die folgenden mathematischen Untersuchungen zu vereinfachen, wird die Populationsgröße
.
Außerdem werden
.
Damit ergibt sich die folgende Schreibweise für die logistische Gleichung:
Hierbei ist
Das mathematische Modell
Für K=1 ergibt sich:
Verhalten in Abhängigkeit von r
Bei verschiedenen
- Mit r von 0 bis 1 stirbt die Population in jedem Fall aus.
- Mit r zwischen 1 bis 2 nähert sich die Population monoton dem Grenzwert
an. - Mit r zwischen 2 und 3 nähert sich die Population dem Grenzwert
alternierend, d. h. die Werte liegen ab einem bestimmten n abwechselnd über und unter dem Grenzwert. - Mit r zwischen 3 und
(etwa 3,45) wechselt die Folge bei fast allen Startwerten (ausgenommen 0, 1 und ) zwischen den beiden Umgebungen zweier Häufungspunkte. - Mit r zwischen
und ungefähr 3,54 wechselt die Folge bei fast allen Startwerten zwischen den Umgebungen von vier Häufungspunkten. - Wird r größer als 3,54, stellen sich erst 8, dann 16, 32 usw. Häufungspunkte ein. Die Intervalle mit gleicher Anzahl von Häufungspunkten (Bifurkationsintervalle) werden immer kleiner; das Längenverhältnis zweier aufeinanderfolgender Bifurkationsintervalle nähert sich der Feigenbaumkonstanten. Diese Konstante ist auch in anderen mathematischen Zusammenhängen von Bedeutung. (Zahlenwert: δ ≈ 4,6692016091029906718532038204662016172581…).
- Bei r annähernd 3,57 beginnt das Chaos: Die Folge springt zunächst periodisch zwischen den Umgebungen der nun instabilen Häufungspunkte umher. Mit weiter wachsendem r verschmelzen diese Intervalle so, dass sich deren Anzahl im Rhythmus der Feigenbaumkonstante halbiert, bis es nur noch ein Intervall gibt, in dem die Folge chaotisch ist. Perioden sind dann nicht mehr erkennbar. Winzige Änderungen des Anfangswertes resultieren in unterschiedlichsten Folgewerten – eine Eigenschaft des Chaos.
- Die meisten Koeffizienten zwischen 3,57 und 4 führen zu chaotischem Verhalten, obwohl für bestimmte r wieder Häufungspunkte vorhanden sind. Beispielsweise existieren in der Nähe von r = 3,82 bei steigendem r erst 3, dann 6, 12 usw. Häufungspunkte. Ebenso gibt es r-Werte mit 5 oder mehr Häufungspunkten – alle Periodendauern tauchen auf.
- Für r größer 4 divergiert die Folge für fast alle Anfangswerte und verlässt das Intervall
.
Dieser Übergang von konvergentem Verhalten über Periodenverdopplungen zu chaotischen Verhalten ist generell für nichtlineare Systeme typisch, die in Abhängigkeit von einem Parameter chaotisches oder nicht chaotisches Verhalten zeigen.
Eine Erweiterung des Wertebereiches auf die komplexen Zahlen führt nach einer Koordinatentransformation zur Mandelbrotmenge.
Graphische Darstellung
Das folgende Bifurkationsdiagramm, bekannt als Feigenbaum-Diagramm, fasst diese Beobachtungen zusammen. Die horizontale Achse gibt den Wert des Parameters r an und die vertikale Achse die Häufungspunkte für die Folge
- Bifurkation wiki.gif
Hochauflösende Version ohne Skala
Analytische Lösung
Für den Parameter
Für die Parameter
Siehe auch
- Bénard-Experiment
- Wachstumsgesetz
- Lotka-Volterra-Gleichung
- Wator
Literatur
- Benjamin Gompertz: On the Nature of the Function Expressive of the Law of Human Mortality, and on a New Mode of Determining the Value of Life Contingencies. In: Philosophical Transactions of the Royal Society of London. Vol. 115, 1825, ISSN 0260-7085, S. 513–585.
- Pierre-François Verhulst: Notice sur la loi que la population suit dans son accroissement. In: Correspondance Mathématique et Physique. Bd. 10, 1838, ZDB-ID 428605-4, S. 113–121.
Weblinks
- Eric W. Weisstein. "Feigenbaum Constant." From MathWorld--A Wolfram Web Resource.
- Anwendung 1: Das Feigenbaumdiagramm für a<3
- Anschauliche Lösung der logistischen Gleichung für den Parameter 2
- Analytische Lösung für die Parameter -2, 2, 4
- anschauliche Einführung in die Mathematik nichtlinearer dynamischer Systeme
- Online Berechnung des Bifurkationsdiagramms
- Java-Programm des Lehrstuhls für Physik und ihre Didaktik an der Universität Würzburg zur Visualisierung der Logistischen Gleichung