Louis Leakey


Louis Seymour Bazett Leakey (* 7. August 1903 in der Kabete Mission bei Nairobi/Kenia; † 1. Oktober 1972 in London) war ein britischstämmiger Paläoanthropologe.

Louis Leakey war verheiratet mit Mary Leakey, deren Söhne Richard und Jonathan gleichfalls bekannte Paläoanthropologen wurden.

1960 motivierte Louis Leakey Jane Goodall dazu, das Verhalten frei lebender Menschenaffen (Schimpansen) zu erforschen – wie auch Dian Fossey (Gorillas) und Birutė Galdikas (Orang-Utans).

Werdegang

Louis Leakey wuchs als Kind englischer Missionare zweisprachig (Kikuyu und Englisch) unter Angehörigen des Kikuyu-Stammes auf und wurde als 13-jähriger initiiertes Mitglied des Kikuyu-Stammes.

Schon als Kind wurde sein Interesse an den Vorfahren der heutigen Menschen geweckt, nachdem er steinzeitliche Werkzeuge gefunden hatte. 1922 begann er an der Universität Cambridge zu studieren und half bald mit, eine paläontologische Expedition nach Afrika zu organisieren. 1926 schloss er in Cambridge sein Studium in den Fächern Anthropologie und Archäologie ab, leitete etliche Ausgrabungen in Afrika und erhielt für seine Forschungsarbeiten 1930 schließlich auch den Doktortitel. Sein erster bedeutender Fund war der Kiefer eines Proconsul.

Forschungsschwerpunkte

Bereits 1930 fand er Knochen, von denen er überzeugt war, dass sie zu den bis dahin ältesten bekannten Vorfahren des Menschen zu rechnen seien. Jedoch fand er im übernächsten Jahr den Fundort nicht mehr, so dass eine geplante Überprüfung der Fundumstände durch einen Kollegen verhindert wurde.

1928 heiratete Louis Leakey Frida Avern, eine in Afrika lebende Engländerin. Sie hatten zusammen zwei Kinder, Priscilla Muthoni Leakey (* 1931) und Colin Louis Avern Leakey (* 1933). Die Ehe wurde aber bereits 1936 geschieden, da er seit 1933 mit der wissenschaftlichen Zeichnerin Mary Nicol zusammen lebte, die er unmittelbar nach der Scheidung heiratete. Der Skandal um diesen Partnerinnenwechsel und die ungeklärten Umstände seiner Knochenfunde aus dem Jahr 1930 untergruben seine bis dahin erfolgversprechende Karriere in Cambridge. Ohne festes Einkommen schlug er sich in England mit Vorträgen und Aufsätzen durch, kehrte 1937 aber nach Afrika zurück, um eine groß angelegte ethnologische Studie über die Kultur des Kikuyu-Stamms anzufertigen.

1941 wurde Leakey zunächst nebenamtlicher und unbezahlter Mitarbeiter im späteren Kenya National Museum (heute: Nairobi National Museum), und ab 1945 erhielt er eine schlecht bezahlte Anstellung als Kurator, konnte so aber seine paläontologischen und archäologischen Arbeiten in Kenia fortsetzen. 1947 organisierte er den Ersten Panafrikanischen Kongress zur Vorgeschichte des Kontinents, der maßgeblich dazu beitrug, sein angeschlagenes fachwissenschaftliches Ansehen allmählich wiederherzustellen.

Zusammen mit seiner Frau Mary organisierte er Grabungen an verschiedenen Orten in Afrika, vor allem aber in der Olduvai-Schlucht im heutigen Tansania. Nachdem Mary 1959 ein Fossil gefunden hatte, das Zinjanthropus boisei (heute: Paranthropus boisei) benannt wurde und von Louis Leakey trotz seiner großen Ähnlichkeit zum Australopithecus als Vorfahre des Menschen ausgegeben wurde, wuchs seine internationale Bekanntheit von Jahr zu Jahr. Der Höhepunkt seiner Karriere war schließlich 1964 erreicht, als ein weiterer Fund und weitaus plausiblerer Vorfahre des Menschen von ihm (gemeinsam mit Phillip Tobias und John Napier[1]) den Namen Homo habilis erhielt. Bereits 1961 hatte sich zu seinen spektakulären Funden auch Kenyapithecus africanus gesellt (später umbenannt in Equatorius africanus), dessen Gattung Kenyapithecus gemeinsam mit der neuen Art Kenyapithecus wickeri bereits 1962 von Leakey eingeführt worden war. Leakey hat durch seine Funde maßgeblich dazu beigetragen, die Annahme Darwins zu untermauern, dass die Menschheit aus Afrika stammt.

Louis Leakey war überzeugt davon, dass die Wurzeln der Gattung Homo mit dem Nachweis von Steinwerkzeugen in Verbindung zu bringen sind und prägte so die auch heute noch weit verbreitete Vorstellung, dass der Werkzeuggebrauch den Vormenschen zum echten Menschen machte. Selbst der später von Jane Goodall nachgewiesene Werkzeuggebrauch bei Schimpansen konnte an dieser populären Vorstellung bisher wenig ändern. In Forscherkreisen wird heute aber ernsthaft darüber diskutiert, ob Homo habilis wirklich der Gattung Homo zugerechnet werden sollte.

Neben der Suche nach Vormenschenknochen interessierte Leakey sich auch für afrikanische archäologische Fundstätten und trug eine große Sammlung von steinzeitlichen Obsidian-Werkzeugen zusammen. Ferner entdeckte er einige herausragende urzeitliche Wandmalereien.

Louis Leakey starb 1972 auf dem Weg zu einem Vortrag in London an einem Herzinfarkt. Obwohl viele Interpretationen seiner Funde durchaus umstritten waren, wurde er von seinen Fachkollegen als einer der Großen auf dem Gebiet der Paläoanthropologie anerkannt und geachtet.

Der Mondkrater Leakey ist nach ihm benannt.

Werke

  • Louis S. Leakey: By the Evidence: Memoirs, 1932–1951. Harcourt Brace Jovanovich, New York 1974, ISBN 0-15-149454-1 (Taschenbuch-Ausgabe 1976, ISBN 0-15-615000-X)
  • Louis S. Leakey: The Progress and Evolution of Man in Africa. Oxford Univ. Press, Oxford 1966 (Nachdruck der Ausgabe von 1961)
  • Louis S. Leakey: Adam's Ancestors: The Evolution of Man and His Culture. Harper Row (Harper Torchbook ed.), New York 1960

Literatur

  • Sibylle Knauss: Eden. Hoffmann und Campe, Hamburg 2009, ISBN 3455401449
  • Roger Lewin: Bones of contention. Controversies in the search for human origin. Touchstone, 1987, ISBN 0-671-52688-X

Weblinks

Einzelnachweise

  1. John Napier war Forscher an der London University und Experte für die vergleichende Anatomie der Hand- und Fußknochen