Methaqualon


Strukturformel
Struktur von Methaqualon
Allgemeines
Freiname Methaqualon
Andere Namen
  • Methylquinazolon
  • 2-Methyl-3-(2-methylphenyl)-4(3H)-chinazolinon
  • 2-Methyl-3-(o-tolyl)-4-chinazolon
Summenformel C16H14N2O
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
  • 72-44-6
  • 340-56-7 (Hydrochlorid)
PubChem 6292
DrugBank DB04833
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Arzneistoffangaben
ATC-Code

N05CM01

Wirkstoffklasse

Hypnotikum

Eigenschaften
Molare Masse 250,30 g·mol−1
Schmelzpunkt
  • 120 °C [1]
  • 255–256 °C (Hydrochlorid)[2]
Löslichkeit

schwer in Wasser (4,73 g·l−1 bei 25 °C) [1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [3]

Gefahr

H- und P-Sätze H: 301
P: 301+310 [3]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Methaqualon, umgangssprachlich auch Ludes genannt, ist ein Chinazolin-Derivat, dessen Name sich von der englischen chemischen Bezeichnung Methylquinazolinone (deutsch: Methylchinazolinon) ableitet. Es ist ein Arzneistoff, der als Hypnotikum verwendet und als Droge missbraucht wurde und – mit gegenwärtigem Verbreitungsgebiet Afrika – weiterhin missbraucht wird.

Geschichte

Es wurde kurz nach dem Zweiten Weltkrieg vom indischen Forscher M. L. Gujiral zufällig im Zuge der Suche nach einem Malariamittel entdeckt und seit den 1960er-Jahren als Schlafmittel eingesetzt. 1965 wurde es unter den Handelsnamen Quaalude® und Parest® in den USA als Alternative zu den nicht ungefährlichen Barbituraten eingeführt. Das ursprünglich in der Werbung als nicht abhängig machend dargestellte Mittel führte aber zu Fällen physischer und psychischer Abhängigkeit, über die bereits 1966 in Großbritannien berichtet wurde.

Als illegal auf der Straße gehandeltes Rauschmittel erfreute es sich in den USA bald großer Beliebtheit aufgrund seiner euphorisierenden und aphrodisierenden Wirkung. Anfang der 1970er Jahre war das sogenannte „Luding out“, die Einnahme von 300 bis 450 mg Methaqualon zusammen mit Wein unter College-Studenten weit verbreitet. Durch den Alkohol wird das durch Methaqualon ausgelöste Gefühl der Unzerstörbarkeit und starken Euphorie noch verstärkt. Methaqualon senkt (wie andere sedative Hypnotika) die Hemmschwelle und kann damit zu einer Steigerung der Frequenz sexueller Erlebnisse führen.

Betäubungsmittelrechtliche Vorschriften

In den USA wurde das Medikament zwar 1984 aufgrund des weitverbreiteten Missbrauchs vom Markt genommen, aber dennoch weiterhin illegal hergestellt. Sehr oft handelte es sich bei später sichergestellten illegal produzierten Methaqualontabletten allerdings lediglich um hochdosierte Benzodiazepine, wie Diazepam. In Deutschland war Methaqualon als Normi-Nox® auf dem Markt, 1981 wurde der Stoff dem Betäubungsmittelgesetz unterstellt. Als eine in der Anlage II des BtMG aufgeführte Substanz ist Methaqualon nicht verschreibungsfähig. In Österreich wurde Methaqualon 1992 (in Deutschland 1993) wegen des Suchtpotentials die Zulassung als Schlafmittel entzogen. In der Schweiz war das Schlafmittel unter dem Namen "Toquilone" weit verbreitet, wurde jedoch 2004 wegen des häufigen Missbrauchs vom Markt genommen.

Verbreitung

Während in westlichen Ländern Methaqualon als Rauschmittel kaum noch eine Rolle spielt, ist es in manchen afrikanischen Ländern und dort vor allem in Südafrika weit verbreitet. In Südafrika ist es neben Marihuana das verbreitetste illegale Rauschmittel, es kommt in vielen verschiedenen illegal produzierten Tabletten auf den Schwarzmarkt, die, ähnlich den Ecstasytabletten hier, mit verschiedenen Logos versehen sind. Der Großteil des dort verbrauchten Methaqualons stammt aus illegaler Produktion aus Indien, von wo aus es nach Afrika eingeschmuggelt wird. Die am häufigsten anzutreffende Konsumform dort ist das Rauchen der zerbröselten Tabletten, oft gemischt mit Marihuana, was einen kurzzeitigen, sehr intensiven „Euphorieflash“ auslöst. Danach beginnt die sedative Komponente zu überwiegen und der Konsument verfällt in einen länger andauernden Dämmerzustand.

In Rumänien unter Nicolae Ceaușescu war Methaqualon in den staatlichen Waisenhäusern im Einsatz, um die Insassen ruhigzustellen.[Quelle?]

Geschichtlich zählt Methaqualon zu den Schlafmitteln, die in den 1960ern als Ersatz der aufgrund einer möglichen tödlichen Überdosierung umstrittenen Barbiturate dienen sollten. Andere Beispiele sind Ethchlorvynol (Placidyl®) oder Glutethimid (Doriden®). Allerdings riefen viele dieser Stoffe Euphorie und damit eine psychische und teilweise auch physische Abhängigkeit hervor, weshalb sie heute kaum noch in Verwendung sind. Interessanterweise wurden bei Experimenten mit Methaqualon mehr oder weniger zufällig die Benzodiazepine entdeckt, die heute fast den gesamten Bedarf an Schlaf- und Beruhigungsmitteln decken.

Nebenwirkungen und Abhängigkeit

Chronischer Gebrauch kann zu Polyneuropathie und zur psychischen und physischen Abhängigkeit führen.

Bei Einnahme kleinerer Dosen kann die Wirkung euphorisierend sein anstatt sedierend, wie es eigentlich bei einem Schlafmittel zu erwarten wäre.

Mögliche Symptome einer Methaqualon-Überdosis: Magen-Darm-Beschwerden, Benommenheit, Ataxie, Kribbeln, langsame, undeutliche Sprache und Muskelhyperaktivität, innere Blutungen, Konvulsionen, Koma.

Szenenamen

Im Drogenslang ist Methaqualon teilweise als seven-one-fours, seventeen, oder lemmon 714 bekannt. Diese Bezeichnungen rühren alle von dem Lemmon 714-Aufdruck auf der Quaalude®-Tablette her. Andere Bezeichnungen sind ludes (ebenfalls von Quaalude®) oder einfach Mandrax nach dem gleichlautenden Handelsnamen. Unter dem Handelsnamen Mozambin® wurde es von Falco in „Ganz Wien“ besungen. Wegen der Größe der Tabletten war das Methaqualon in den frühen 80er Jahren in New York auch als „Gorilla Biscuits“ bekannt, woher die Straight Edge Band Gorilla Biscuits ihren Namen hat.

Die hier beschriebenen Wirkungen und unerwünschten Nebenwirkungen hat der Singer-Songwriter Shel Silverstein 1980 in seinem satirischen Lied Quaaludes Again beschrieben.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Eintrag zu Methaqualon in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM)
  2. Cornelia Imming, in: Römpp Online - Version 3.5, 2009, Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
  3. 3,0 3,1 3,2 Datenblatt Methaqualone hydrochloride bei Sigma-Aldrich (PDF). Angabe des Markenparameters in Vorlage:Sigma-Aldrich fehlerhaft bzw. nicht definiertVorlage:Sigma-Aldrich/Abruf nicht angegeben

Literatur

  • Karow, Lang-Roth: Allgemeine und Spezielle Pharmakologie und Toxikologie. Eigenverlag, 2004
  • Zaheer Kacker: Journal of the Indian Chemistry Society. Band 28, 1951. S. 344 (Synthese)
  • R. Bonnichsen et al: Clinical Chim. Acta. Band 60, 1975. S. 67 (Metabolismus)
  • E. I. Goldenthal: Toxicol. Appl. Pharmacol. Band 18, 1971. S. 185 (Toxizität)
  • D. M. Patel et al: Anal. Profiles Drug Subs. Band 4, 1975. S. 245-267 (ausführliche Beschreibung)

Weblinks

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