Motorische Einheit
Eine motorische Einheit umfasst alle von einem Motoneuron innervierten Muskelfasern und das Motoneuron selbst. Sie ist die kleinste funktionelle Einheit der Motorik.
Die Kraftentwicklung (Kontraktionsstärke) eines Muskels wird durch die Anzahl der aktivierten („rekrutierten“) motorischen Einheiten und deren Eigenschaften bestimmt: Je höher die willkürliche Anspannung des Muskels, desto mehr motorische Einheiten werden innerviert und kontrahieren. Die Anzahl der von einer motorischen Einheit innervierten Muskelfasern unterscheidet sich hinsichtlich der Funktion des jeweiligen Muskels und der dazu benötigten Kraftabstufung:
- Kleine motorische Einheiten versorgen etwa 100–300 Muskelfasern und erlauben eine feine Kraftabstufung (z. B. äußere Augenmuskeln und Muskeln der Finger). Ältere Angaben über kleinere motorische Einheiten von 15–25 Fasern (z. B. im Platysma, Musculus obliquus superior, Musculus opponens pollicis) wurden zum Teil an Totgeburten erhoben und sind am gesunden Menschen nicht nachgewiesen.[1]
- Große motorische Einheiten versorgen bis 2000 Muskelfasern und erlauben nur eine grobe Kraftabstufung (z. B. Vierköpfiger Kniegelenksstreckmuskel – Musculus quadriceps femoris).
Dabei sind die Eigenschaften des innervierenden Motoneurons eng auf die Eigenschaften der versorgten Muskelfasern abgestimmt. Es gibt ein Kontinuum von kleinen Motoneurone, die ein kleines Zellsoma und ein relativ dünnes Axon besitzen und eine kleine Anzahl von Muskelfasern versorgen, bis hin zu großen Motoneuronen, die ein großes Zellsoma und ein relativ dickes Axon besitzen und eine große Anzahl von Muskelfasern versorgen. Die Muskelfasern sind hinsichtlich ihres Stoffwechsels auf die Entladungsfrequenz des zugehörigen Motoneurons angepasst. Bei einer Muskelkontraktion kommt es zu einer wohlgeordneten Aktivierung (auch Rekrutierung genannt) von zunächst kleinen Motoneuronen bis hin zu den großen bei maximaler Kraftentfaltung (siehe auch Hennemansches Prinzip). Ein zweiter Mechanismus, der vom Nervensystem genutzt wird um die Kraftentwicklung zu steuern, ist die Entladungsfrequenz jeder einzelnen motorischen Einheit zu variieren. Dieser Vorgang wird auch als Summation bezeichnet.
Bestimmungsverfahren
Bei Tieren wird die Anzahl der Muskelfasern pro motorische Einheit normalerweise im speziell vorbehandelten histologischen Schnitt gezählt. Dazu wird eine Nervenfaser erregt, sodass die dazugehörigen Muskelfasern der motorischen Einheit arbeiten und so ihren Glykogenspeicher verbrauchen. Es wird anschließend ein Präparat mit PAS-Färbung (Glykogennachweis) gefertigt und die hellen Fasern im Schnitt werden ausgezählt.
Am Menschen werden mittels Biopsie Proben aus dem Muskel entnommen, Schnitte angefertigt und am histologischen Schnitt die Muskelfasern ausgezählt und durch die Anzahl der eintretenden myelinisierten Nervenfasern abzüglich der geschätzten Anzahl der Nervenfasern für Muskelspindeln geteilt.
Die Muskelfasern einer motorischen Einheit befinden sich nicht in Gruppen, sondern sind im Muskel gleichmäßig auf einer Querschnittsfläche von bis zu 1 cm² verteilt. Dadurch erfolgt eine gleichmäßige Kontraktion, auch mit der Aktivierung weniger motorischen Einheiten.[2]