Naturkosmetik


Als Naturkosmetik werden Kosmetika bezeichnet, die zumindest dem Anspruch nach schonender für Mensch und Umwelt und aus „natürlicheren“ Rohstoffen hergestellt sind als herkömmliche Kosmetika. Die überwiegend tier- und umweltfreundliche Produktion sowie die wachsende Auswahl an rein veganen Produkten machen Naturkosmetik für viele Verbraucher zu einer beliebten Alternative zu Produkten mit synthetischen Inhaltsstoffen. Auch wenn eine einheitliche und internationale Definition nicht existiert, sind bei Naturkosmetik bestimmte Inhaltsstoffe wie 1,2-Propandiol, Polyethylenglykol (ethoxilierte Rohstoffe), Silikone, Parabene, synthetische Duftstoffe, Paraffine und andere Erdölprodukte ausgeschlossen.

Definition und Bemühungen um einheitliche Standards

Der Begriff Naturkosmetik ist bisher nicht eindeutig rechtlich definiert und geschützt. Im Jahr 1993 schlug das Bundesgesundheitsministerium eine Definition vor. Unter anderem enthielt diese eine Beschränkung der zugelassenen Konservierungsstoffe sowie die Forderung, dass alle verwendeten Rohstoffe „pflanzlichen, tierischen oder mineralischen Ursprungs“ sein sollten[1]. In Österreich bildet das Österreichische Lebensmittelbuch die Definitionsgrundlage für Naturkosmetik[2].

Im Jahr 2000 legte auch der Europarat eine Definition vor. Die pflanzliche, tierische oder mineralische Rohstoffherkunft, die Vermeidung gesundheitsgefährdender Verunreinigungen und die Beschränkung der Verarbeitung auf physikalische, mikrobiologische und enzymatische Methoden bilden die Basis dieser Definition.[3]

Inhaltsstoffe

Die Inhaltsstoffe in Naturkosmetik sind meist pflanzlicher, teilweise auch mineralischer oder tierischer Herkunft. Die mengenmäßig wichtigsten Inhaltsstoffe sind Öle, Fette und Wachse wie Olivenöl, Sojaöl, Sheabutter oder Bienenwachs. Als Rohstoff für waschaktive Substanzen spielt zudem Zucker als Rohstoff eine wesentliche Rolle, fermentativ gewonnenes Ethanol kommt z. B. für Deodorants oder Parfums zum Einsatz. Daneben kommen verschiedenste Ätherische Öle, Kräuterextrakte und Blütenwässer sowie natürliche Aromen zum Einsatz. Die Verwendung von Emulgatoren und Konservierungsstoffen bei Naturkosmetik ist in der Regel eingeschränkt auf natürliche oder naturnahe Substanzen. Häufig stammen die Rohstoffe für Naturkosmetika aus kontrolliert biologischem Anbau oder Wildsammlung. Aufgrund des Verzichts von waschaktiven Tensiden oder deren Substitution durch mildere pflanzliche Tenside sind Naturwaschmittel zwar hautfreundlicher, haben aber eine geringere Waschkraft als konventionelle Kosmetikprodukte.[4] Die meisten Labels werden außerdem nur für Produkte vergeben, bei denen keine Tierversuche, Gentechnik und ionisierende Strahlung zum Einsatz kommen.

Zertifizierung

Zur Kennzeichnung von Naturkosmetikprodukten wurden mehrere Systeme entwickelt, die verschiedene Voraussetzungen zugrunde legen. Die gängigen Zertifizierungen setzen voraus, dass pflanzliche Rohstoffe mindestens teilweise aus ökologischem Anbau stammen. Die Siegel befinden sich auf den Verpackungen von Naturkosmetikprodukten, was Verbrauchern die Kaufentscheidung erleichtern soll. Bei den Organisationen sind detaillierte Informationen zu den Vergabekriterien sowie Herstellerlisten erhältlich. Je nach Organisation werden neben der Art der Rohstoffe auch die Art von Anbau, Gewinnung und Verarbeitungsmethoden sowie soziales und ökologisches Engagement der Unternehmen überprüft. Wird Kosmetik ohne entsprechendes Label als Naturkosmetik bezeichnet, muss es sich nicht um einen Versuch handeln, Kunden irrezuführen, denn manche Hersteller verzichten aus Kostengründen auf eine Zertifizierung, obwohl ihre Produkte den Anforderungen genügen.

BDIH - Kontrollierte Natur-Kosmetik

Seit Januar 2001 hat der 1951 gegründete Bundesverband Deutscher Industrie- und Handelsunternehmen für Arzneimittel, Reformwaren, Nahrungsergänzungsmittel und Körperpflegemittel (BDIH) mit Sitz in Mannheim ein Label entwickelt, das einheitliche Standards sowie eine Überprüfung der Naturkosmetik ermöglichen soll. Rund 5.000 Produkte wurden bisher damit gekennzeichnet. Die Rohstoffe müssen hierfür überwiegend aus kontrolliert biologischem Anbau kommen. 15 pflanzliche Rohstoffe (z.B. Jojobaöl, Olivenöl oder Sojaöl) müssen stets von zertifiziert ökologisch angebauten Pflanzen stammen.[5] Die Zertifizierung und Vermarktung der englischen Variante des Logos findet auf weltweiter Ebene durch die International Organic and Natural Cosmetics Corporation (IONC GmbH) statt.

ICADA - Zertifizierte Natur-Kosmetik

In 1997 wurde die Naturkosmetik-Richtlinienarbeit mit dem Ziel begonnen, authentische Naturkosmetikfirmen von Nachahmern mit fehlender Natur-Philosophie zu unterscheiden. Die Bio- und Naturkosmetikrichtlinie von ICADA[6] verfolgt konsequent und puristisch diese ursprünglichen Ziele als einzige Richtlinie weiter. Produkte mit dem Premium Qualitätszeichen von ICADA sind dank einer strikten Vertragsgestaltung nicht bei Discountern oder in fachfremden Geschäften erhältlich. Die ICADA-Richtlinie entspricht im fachlichen Inhalt etwa den bekannten europäischen Bio- und Naturkosmetikrichtlinien. Pflanzliche Inhaltsstoffe müssen soweit möglich Bio-Qualität haben.[7]

ECOCERT

Die 1992 in Frankreich gegründete Organisation ECOCERT (seit 1995 auch in Deutschland) bietet zwei Siegel an. Für das Siegel "Ökologische Naturkosmetik" müssen mindestens 95 Prozent aller Inhaltsstoffe eines Produkts natürlichen Ursprung sein und 95 Prozent pflanzliche Bio-Rohstoffe. Das Siegel "Naturkosmetik" sieht vor, dass mindestens 95 Prozent der Inhaltsstoffe Naturprodukte sind und mindestens 50 Prozent aus ökologischem Anbau stammen.[8]

Demeter

Das Siegel von Demeter e.V. zertifiziert Lebensmittel und Kosmetik, die besonders strenge Anforderungen erfüllen: Mehr als 90 Prozent der Inhaltsstoffe müssen dazu nach den Demeter-Vertragskriterien gewonnen werden, die auf dem ganzheitlichen Konzept von Rudolf Steiner basieren und deren Befolgen unter anderem die Humusschicht der Anbaugebiete schützen soll.[9]

NATRUE

Das seit Herbst 2008 bestehende NATRUE-Label der NATRUE - European Natural and Organic Cosmetics Interest Grouping E. E. I. G. aus Brüssel bietet drei Qualitätsstufen an, die in etwa den Kriterien des BDIH entsprechen und an der Zahl der Sterne im Logo erkennbar sind. In der Drei-Sterne-Kategorie muss der Bio-Anteil der Naturprodukte eines Produktes 95 Prozent und in der Zwei-Sterne-Kategorie mindestens 70 Prozent betragen.[10]

Lacon

In Österreich zertifiziert das Lacon Institut in Anlehnung an eigene und gesetzliche Vorgaben für Bio-Lebensmittel Naturkosmetik.[11]

Austria Natur Kosmetik

Auch ein österreichisches Gütezeichen für geprüfte Naturkosmetik, gefördert vom Land Steiermark, soll bald zur Zertifizierung verfügbar sein.[12]

Branchenvereinigungen und Messen

Seit 2007 gibt es für Naturkosmetik eine eigenständige Fachmesse Vivaness; davor war er ein Teil der Messe BioFach.[13]

Im BDIH gibt es eine 'Arbeitsgruppe Naturkosmetik'.[14]

Weblinks

Literatur

  • Naturkosmetik Jahrbuch 2012, 272 Seiten, ISBN: 3941736035
  • Heike Käser: Naturkosmetik selber machen. Das Handbuch, 2. Auflage, 2012, 488 Seiten, ISBN 978-3-99025-049-5, Leseprobe (pdf-Datei)
  • Heike Käser: Naturkosmetische Rohstoffe. Wirkung, Verarbeitung, kosmetischer Einsatz, 3. Auflage, 2012, 407 Seiten, ISBN 978-3-99025-012-9, Leseprobe (Flippage)
  • Stephanie Faber: Das Rezeptbuch für Naturkosmetik., 272 Seiten, ISBN: 3217005414

Einzelnachweise

  1. Empfehlung des Industrieverbands Körperpflege- und Waschmittel e.V. (IKW), 2001: Naturkosmetik. (pdf)
  2. Bundesministerium für Gesundheit, 2009: Österreichisches Lebensmittelbuch, IV. Auflage, Codexkapitel B 33 Kosmetische Mittel. (pdf
  3. Natural Cosmetic Products. Approved by the Committee of Experts on Cosmetic Products, September 2000 (pdf)
  4. Michael Pankratius. Lexikon Nachwachsende Rohstoffe, Abgerufen am 22. Mai 2010.
  5. Richtlinie zum Label "Kontrollierte Naturkosmetik" des BDIH
  6. Homepage des ICADA Verbands
  7. Informationen zur Naturkosmetik Richtlinie des ICADA-Verbands
  8. Homepage des Ecocert Labels
  9. Homepage des Demeter e.V.
  10. Homepage des NATRUE Labels (abgerufen am 5. April 2010)
  11. Homepage der österreichischen Lacon GmbH
  12. Website des Austria Natur Kosmetik Gütesiegels
  13. www.vivaness.de
  14. www.bdih.de