Netzschleimpilze


Netzschleimpilze

Aplanochytrium mit typischem Schleimfasernetz

Systematik
Klassifikation: Lebewesen
Domäne: Eukaryoten (Eucaryota)
ohne Rang: Chromalveolata
ohne Rang: Stramenopile
ohne Rang: Netzschleimpilze
Wissenschaftlicher Name
Labyrinthulomycetes
Dick, 2001

Die Netzschleimpilze oder Schleimnetze (Labyrinthulomycetes) bilden ein Taxon innerhalb der Stramenopilen und sind somit näher mit Braunalgen, Goldalgen und Kieselalgen verwandt als mit den Echten Pilzen.[1] Sie leben vorwiegend im Meer, einige Arten sind allerdings auch im Süßwasser oder terrestrisch zu finden. Die bekanntesten Arten parasitieren an verschiedenen Meerespflanzen, etwa am Seegras, dem Meersalat oder auch dem Riesentang (Macrocystis pyrifera).

Aufbau

Die Netzschleimpilze sind einzellige, ei- bis spindelförmige Organismen mit jeweils einem Zellkern, die durch Schleimfasern miteinander verbunden sind und große Zellansammlungen bilden. Die Schleimfasern sind hohl und haben eine verstärkte Außenwand, die Einzelzellen leben innerhalb dieser Fasern und bewegen sich in ihnen fort. Die Gesamtheit der Fasern bildet ein Netz, das als Netz- oder Filoplasmodium bezeichnet wird. Die aus Polysacchariden bestehenden Fasern werden von den Einzelzellen mithilfe spezieller Organellen, den nach außen gerichteten Sagenogenen oder Bothrosomen, sezerniert.

Lebensweise

Über die Lebensweise der Netzschleimpilze ist nur sehr wenig bekannt. Einige Arten parasitieren auf Meerespflanzen, wobei etwa Labyrinthula macrocystis als Erreger der Seegraskrankheit an den nordatlantischen Küsten gefürchtet ist. Weitere Wirtspflanzen sind etwa der Meersalat oder auch verschiedene Braunalgen. Viele weitere Arten leben als Saprobionten im Wasser und am Detritus, einige Arten lösen dabei auch Fischernetze auf. Im Süßwasser befallen Labyrinthula-Arten ebenfalls Wasserpflanzen und sorgen dabei häufig für eine Entkrautung der Gewässer.

Fortpflanzung

Netzschleimpilze vermehren sich ungeschlechtlich durch Zellteilung oder Zoosporenbildung, eine geschlechtliche Vermehrung wurde nur bei Labyrinthula beschrieben. Bei der ungeschlechtlichen Vermehrung kommt es zu einer Längsteilung und somit Verdopplung der Einzeller, die dann an die Peripherie des Netzes wandern und dieses weiter vergrößern.

Gelegentlich kommt es zur Sporenbildung, initiiert durch eine Aggregation mehrerer Zellen an einer Stelle des Netzes. Diese Zellen verändern ihre Form, indem sie runder werden und sich zugleich mit dünnen Zellhüllen umgeben, während die Gesamtgruppe durch eine weitere Hülle eingeschlossen wird. In diesem Sorus kommt es zu mehreren Zellteilungen und die dadurch entstehenden Zoosporen verlassen anschließend die Umhüllung.

Die Zoosporen sind durch zwei Flagellen begeißelt und besitzen bei den Arten der Gattung Labyrinthula am Geißelapparat einen orangeroten Augenfleck, der zur Lichtwahrnehmung dient. Frei schwimmend suchen diese Zoosporen nach neuen Wirten oder geeigneten Substraten, in die sie eindringen. Danach erfolgt die Produktion des Schleimnetzes und die erneute Vermehrung.

Systematik

Nach Adl et al. 2005 bilden die Netzschleimpilze ein Taxon innerhalb der Chromalveolata und werden dort den Stramenopilen zugerechnet[1]. Wie einige andere Taxa innerhalb dieser Gruppe, etwa die Eipilze (Peronosporomycetes), besitzen sie keine Chloroplasten und ernähren sich heterotroph.

Innerhalb der Netzschleimpilze werden zwei Familien unterschieden, wobei die Labyrinthulaceae nur die Arten der Gattung Labyrinthula beinhalten. Diese zeichnen sich unter anderem durch einen Augenfleck am Geißelapparat sowie fakultative sexuelle Vermehrung aus. Die Thraustochytriacae beinhalten mehrere Gattungen ohne Augenfleck der Zoosporen:

  • Labyrinthulaceae
    • Labyrinthula
  • Thraustochytriacae
    • Althornia
    • Aplanochytrium
    • Elnia
    • Japonochytrium
    • Schizochytrium
    • Thraustochytrium
    • Ulkenia

Literatur

  • Martin Schmiedeknecht: Abteilung Netzschleimpilze, Labyrinthulomycota in: Urania Pflanzenreich. Viren, Bakterien, Algen, Pilze. Urania-Verlag, Berlin 2000; Seite 378; ISBN 3-332-01167-7
  • Sina M. Adl, Alastair G. B. Simpson, Mark A. Farmer, Robert A. Andersen, O. Roger Anderson, John A. Barta, Samual S. Bowser, Guy Bragerolle,Robert A. Fensome, Suzanne Fredericq, Timothy Y. James, Sergei Karpov, Paul Kugrens, John Krug, Christopher E. Lane, Louise A. Lewis, Jean Lodge, Denis H. Lynn, David G. Mann, Richard M. McCourt, Leonel Mendoza, Øjvind Moestrup, Sharon E. Mozley-Standridge, Thomas A. Nerad, Carol A. Shearer, Alexey V. Smirnov, Frederick W. Spiegel, Max F. J. R. Taylor: The New Higher Level Classification of Eukaryotes with Emphasis on the Taxonomy of Protists. The Journal of Eukaryotic Microbiology 52 (5), 2005; Seiten 399-451 (Abstract und Volltext)

Weblinks

Commons: Labyrinthulomycetes – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Adl et al. 2005

Die News der letzten Tage

29.03.2023
Entwicklungsbiologie | Neurobiologie | Zytologie
Wenn Nervenzellen hungern
Die Entwicklung unseres Gehirns benötigt die richtigen Nährstoffe zur richtigen Zeit. Diese liefern die notwendige Energie für zelluläre Prozesse, die der Gehirnbildung zugrunde liegen. Was passiert aber, wenn diese Stoffe nicht verfügbar sind?
29.03.2023
Neurobiologie
Anders als gedacht: Gehirn verarbeitet Seheindrücke auch rückwärts
Warten wir auf der Straße auf jemanden, mit dem wir verabredet sind, erkennen wir die Person meistens oft schon von Weitem zwischen anderen Menschen.
28.03.2023
Mikrobiologie | Physiologie | Vogelkunde
Darmflora von Seevögeln durch Mikroplastik verändert
Je mehr Mikroplastik wilde Seevögel wie Eissturmvogel und Corysturmtaucher mit der Nahrung aufnehmen, desto stärker verändert sich die mikrobielle Vielfalt im Darm.
28.03.2023
Klimawandel | Ökologie
Frost im Frühling: Wie Bäume damit zurechtkommen
Durch den Klimawandel treiben viele Laubbäume früher aus, doch das Risiko von Spätfrösten im Frühjahr bleibt hoch und extreme Trockenphasen werden häufiger.
28.03.2023
Klimawandel | Primatologie
Klimawandel bedroht Lemuren auf Madagaskar
Mausmaki: Auch vermeintlich anpassungsfähige Säugetierarten haben ein erhöhtes Aussterberisiko.
23.03.2023
Genetik | Physiologie
Gene für Augenfarbe wichtig für eine gesunde Netzhaut
Forscher untersuchten, wie vier Gene der Fruchtfliege Drosophila, die für die Farbgebung der Augen verantwortlich sind, auch für die Gesundheit des Netzhautgewebes essentiell sind.
23.03.2023
Genetik | Physiologie
An der „Auferstehung“ sind viele Gene beteiligt
Manche Pflanzen können Monate ohne Wasser überleben, um dann nach einem kurzen Regenguss wieder zu ergrünen.
22.03.2023
Physiologie
Startschuß zur optischen Wahrnehmung
Forschende haben den molekularen Vorgang entschlüsselt, der als Allererstes im Auge abläuft, wenn Licht auf die Netzhaut trifft.
22.03.2023
Neurobiologie
Wettbewerb zwischen den Gehirnhälften im Schlaf
Der Mensch ist beidseitig symmetrisch: unser Gehirn besteht aus zwei Hälften, den so genannten Hemisphären.
22.03.2023
Neurobiologie | Physiologie
Warum wir von Schokoriegeln und Co. nicht die Finger lassen können
Schokoriegel, Chips und Pommes - warum können wir sie im Supermarkt nicht einfach links liegen lassen?
22.03.2023
Biochemie | Genetik | Zytologie
Aus Perspektive eines Ingenieurs ist Biologie chaotisch und unvollkommen
Der Vorteil von Redundanz in biologischen Systemen.
21.03.2023
Paläontologie
Neue Augen bei Trilobiten entdeckt
Wissenschaftler*innen der Universitäten Köln und Edinburgh entdecken bisher übersehene Augen bei Trilobiten.
21.03.2023
Bionik, Biotechnologie und Biophysik | Bioinformatik
Molekularbiologie trifft auf Quantenphysik
Biologische Systeme sind hochkomplex: Sie werden vor allem über genregulatorische Netzwerke gesteuert, in denen Gene, Proteine und RNA auf vielfältige Art interagieren.