Nucleus tractus solitarii


Der Nucleus tractus solitarii (im Bild unten rechts)

Der Nucleus tractus solitarii (deutsch: „Kern des Tractus solitarius“; Synonym: Nucleus solitarius; seltener wird der deutsche Begriff Geschmackskern verwendet) ist ein Hirnnervenkern, der speziell- und allgemeinviszeroafferente Fasern aus den drei Hirnnerven Nervus facialis (VII), Nervus glossopharyngeus (IX) und Nervus vagus (X) erhält.

Lage und Aufbau

Zwischen der viszerosensorischen Zone des kaudalen Pons und der Medulla oblongata liegt der Nucleus tractus solitarii.[1] Der Geschmackskern besteht vor allem aus peptidergen Neuronen, mit den Neurotransmittern vasoaktives intestinales Peptid, Corticoliberin und Dynorphin. Man unterteilt ihn in einen oberen Kernabschnitt (Synonym: Nucleus ovalis; Pars gustatoria), einen medialen Kernabschnitt und einen kaudalen Kernabschnitt. In der Pars gustatoria des Nucleus tractus solitarii enden speziell-visceroafferente Fasern pseudounipolarer Ganglien. Es sind dies das Ganglion inferius (nodosum) des Nervus vagus, Ganglion inferius (petrosum) des Nervus glossopharyngeus und Ganglion geniculi des Nervus facialis. Hierbei führt das Ganglion nodosum Geschmacksafferenzen aus der Epiglottis, das Ganglion petrosum Geschmacksafferenzen aus dem hinteren Drittel der Zunge und das Ganglion geniculi Afferenzen aus den vorderen zwei Dritteln der Zunge zu dem Kernkomplex. Im medialen und kaudalen Kernareal enden allgemein-visceroafferente Fasern des Nervus glossopharyngeus und Nervus vagus. Sie innervieren u.a. die Schleimhäute von Rachen und Kehlkopf und führen Fasern aus den Chemorezeptoren im Glomus caroticum und Barorezeptoren (Drucksinneskörperchen) im Sinus caroticus.[2]

Die absteigenden, dem Kern zugeführten Fasern werden als Tractus solitarius bezeichnet. Die Kernkomplexe die allgemein hin als Nucleus tractus solitarii bezeichnet werden, liegen um den Tractus solitarius herum angeordnet.

Funktion

Wie der deutsche Name „Geschmackskern“ schon andeutet, laufen über diesen Kern wichtige Funktionen der Nahrungsaufnahme. Dies sind beispielsweise der Speichelfluss, sowie Kau- und Schluckbewegung und die Stimulation der Insulinfreisetzung. Die Axone der Geschmacksnerven treffen im Nucleus tractus solitarii zusammen. Die Impulse werden weiter an das Gehirn geleitet, wo sie verarbeitet werden.

Innerhalb des Reflexbogens wird dem Nucleus tractus solitarii eine Koordinationsfunktion zugeschrieben. Der Nucleus tractus solitarii ist auch Ziel von afferenten Nervenbahnen, das heißt für die sensible und sensorische Wahrnehmung verantwortliche Nervenbahnen. Über sie gelangen beispielsweise emetogene Reize (Brechreize) aus dem Gastrointestinaltrakt zum Zentralnervensystem.[3] Dies ist eine Schutzfunktion, beispielsweise nach der Aufnahme unbekömmlicher Nahrungsbestandteile im Mund.

Literatur

  • W. Kahle: Nervensystem und Sinnesorgane. Thieme Verlag
  • L. Kraut, A.A. Fauser: Übelkeit und Erbrechen - Prophylaxe und Therapie: Ursachen, Pathophysiologie. vom 15. Januar 2006
  • H. Hummelsheim: Neurologische Rehabilitation. Springer, 1998, ISBN 3-540-64158-0, S. 224.
  • D. Drenckhahn: Benninghoff Taschenbuch Anatomie. Urban & Fischer bei Elsevier, 2007
  • M. Schünke: Prometheus - Kopf und Neuroanatomie. Thieme Verlag, 2006

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gustatorisches System und Geschmackssinn. in Anatomie.net, eingesehen am 13. August 2008
  2. D. Drenckhahn: Benninghoff Taschenbuch Anatomie, Urban und Fischer bei Elsevier, 2007, S.425ff.
  3. K. Possinger u.a.: Antiemetische Behandlung bei zytostatischer Chemotherapie. In: Dtsch Arztebl 98/2001, A-924/B-776/C-723

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