Ophiocordyceps unilateralis



Ophiocordyceps unilateralis

Eine mit Ophiocordyceps unilateralis infizierte Ameise beißt sich auf der Unterseite eines Blattes fest. Das untere Bild ist um 180° gedreht, um Einzelheiten besser zu zeigen.

Systematik
Klasse: Sordariomycetes
Unterklasse: Hypocreomycetidae
Ordnung: Krustenkugelpilzartige (Hypocreales)
Familie: Ophiocordycipitaceae
Gattung: Ophiocordyceps
Art: Ophiocordyceps unilateralis
Wissenschaftlicher Name
Ophiocordyceps unilateralis
(Tul.) Petch

Ophiocordyceps unilateralis ist eine parasitische Pilz-Art, die auf Ameisen wächst und deren Verhalten manipuliert.

Merkmale

Durch die pantropische Verbreitung und Vorkommen auf verschiedenen Wirtsarten ist der Pilz sehr variabel und es sind mehrere Anamorphe beschrieben.[1] Die Fruchtkörper bestehen aus einer drahtigen aber biegsamen dunkel pigmentierten Keule, die direkt aus der Rückseite des Kopfes der verendeten Ameise wächst. Seitlich befinden sich die Fruchtschicht in Form von Platten, das Stroma, in welchem Perithecien gebildet werden, aus denen die relativ großen Sporen freigegeben werden.[2] Bei manchen Formen erscheinen die Platten mit den Perithecien endständig, bei anderen verfließen sie ineinander und es bildet sich ein Köpfchen[1].

Ökologie und Verbreitung

Die Pilzsporen keimen auf dem Exoskelett von Ameisen. Befallen werden vor allem Camponotus leonardi, aber auch andere Vertreter der Rossameisen und Arten von Polyrhachis[2]. Allerdings handelt es sich wahrscheinlich um mehrere Arten (siehe Systematik). Die Hyphen dringen in den Körper des Insekts ein und beeinflussen dessen Verhalten. Das Insekt bewegt sich nach einer Infektionsperiode von drei bis sechs Tagen an einen Platz, der für den Pilz optimale Lebensbedingungen bietet und stirbt dort. Der Pilz manipuliert die Ameise so, dass sie sich auf verschiedenen Oberflächen wie Blattunterseiten oder Rinden festbeißt. Dieses Verhalten wird als erweiterter Phänotyp des Pilzes gedeutet, da das Festbeißen eine Ortsfixierung für den Pilz bedeutet, um optimierte Umweltbedingungen für die Fruchtkörperentwicklung zu schaffen[2]. Oft werden hohe Dichten an toten Ameisen in tropischen Wäldern beobachtet, sodass diese Funde als Friedhöfe bezeichnet werden. Der Pilz bildet nun die Fruchtkörper und neue Sporen.[3] Die für eine Windverbreitung zu schweren Sporen fallen zu Boden, bilden dort Sekundärsporen, infizieren vorbeilaufende Ameisen und schließen so den Zyklus.[4] Die Ameisen haben als mutmaßliche Ausweichstrategie ihre Nester meist weit oben in den Baumkronen und kommen nur selten auf den Boden, wo die Infektionsgefahr am größten ist, da der Pilz hohe Luftfeuchte benötigt. Der Pilz kommt weltweit in tropischen und subtropischen Wäldern vor.[1] In der Grube Messel wurden 48 Millionen Jahre alte Fossilfunde von Ameisen gefunden, die sich in die Blätter verbissen haben, was das Alter dieser Verhaltensmanipulation unterstreicht.[5]

Systematik

Ophiocordyceps unilateralis wurde lange wie alle Kernkeulen in die Gattung Cordyceps innerhalb der Clavicipitaceae gestellt. Inzwischen werden die Kernkeulen aber in drei Gattungen in zwei verschiedenen Familien aufgeteilt. Ophiocordyceps unilateralis wird zu den Ophiocordycipitaceae gestellt[6]. Jüngste Untersuchungen zeigen, dass Ophiocordyceps unilateralis ein ganzer Artenkomplex ist. Schon in einem relativ engen Gebiet in Minas Gerais in Brasilien wurden vier vorher zu Ophiocordyceps unilateralis gestellte neue Arten entdeckt, die auf jeweils eine Ameisenart spezialisiert sind.[7]

Medizinisches Potential

Ophiocordyceps unilateralis enthält einige bioaktive Substanzen, die potentielle Mittel bei Immunmodulation, gegen Tumor, Hypoglykämie und Hypocholesterinämie darstellen.[8] Sechs bioaktive Naphthochinon-Derivate wurden aus Ophiocordyceps unilateralis isoliert, die in vitro Wirkung gegen Malaria zeigten.[9][10] Es gibt auch Untersuchungen, die rote Naphthoquinonpigmente als Farbstoff in der Lebensmittel- oder Kosmetikindustrie zu nutzen.[11]

Quellen

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Evans, H.C., Samson, R.A., 1984. Cordyceps species and their anamorphs pathogenic on ants (Formicidae) in tropical forest ecosystems II. The Camponotus (Formicinae) complex. Trans, Br. mycol. Soc, 82: 127-150.
  2. 2,0 2,1 2,2 MB Pontoppidan, W Himaman, NL Hywel-Jones, JJ Boomsma, DP Hughes: Graveyards on the Move: The Spatio-Temporal Distribution of Dead Ophiocordyceps-Infected Ants. PLoS ONE. 2009; 4(3): e4835
  3. Pilze programmieren Ameisen um – schon seit Jahrmillionen, in: Informationsdienst Wissenschaft vom 18. August 2010, abgerufen am 31. August 2010
  4. Evans HC. Mycopathogens of Insects of Epigeal and Aerial Habitats. In: Wilding N, Collins NM, Hammond PM, Webber JF, editors. Insect-Fungal Interactions. London: Academic Press; 1989. S. 205–238.
  5. Hughes, David P.; Wappler, Torsten; Labandeira, Conrad C. (August 18, 2010). "Ancient death-grip leaf scars reveal ant–fungal parasitism". Biology Letters (The Royal Society) 6
  6. GH Sung, NL Hywel-Jones, JM Sung, JJ Luangsa-Ard, B Shrestha et al. (2007): Phylogenetic classification of Cordyceps and the clavicipitaceous fungi. Studies in Mycology 57: 5–59. doi:10.3114/sim.2007.57.01
  7. Evans HC, Elliot SL, Hughes DP, 2011 Hidden Diversity Behind the Zombie-Ant Fungus Ophiocordyceps unilateralis: Four New Species Described from Carpenter Ants in Minas Gerais, Brazil. PLoS ONE 6(3): e17024. doi:10.1371/journal.pone.0017024
  8. Xiao JH, Zhong JJ.: Secondary Metabolites from Cordyceps Species and Their Antitumor Activity Studies. In: Recent Patents on Biotechnology. 1. Jahrgang, Nr. 2, Juni 2007, ISSN 1872-2083, S. 123–137, doi:10.2174/187220807780809454, PMID 19075836 (ingentaconnect.com).
  9. Kittakoopa, P.; Punyaa, J.; Kongsaeree, P.; Lertwerawat, Y.; Jintasirikul, A.; Tanticharoena, M. and Thebtaranonth, Y.: Bioactive naphthoquinones from Cordyceps unilateralis. In: Phytochemistry. 52. Jahrgang, Nr. 3, Oktober 1999, ISSN 0031-9422, S. 453–457, doi:10.1016/S0031-9422(99)00272-1 (sciencedirect.com).
  10. Wongsa P, Tasanatai K, Watts P, Hywel-Jones N: Isolation and in vitro cultivation of the insect pathogenic fungus Cordyceps unilateralis. In: Mycological Research. 109. Jahrgang, Pt 8, August 2005, ISSN 0953-7562, S. 936–940, doi:10.1017/S0953756205003321, PMID 16175796 (sciencedirect.com).
  11. Unagul, P.; Wongsa, P.; Kittakoop, P.; Intamas, S.; Srikitikulchai, P. and Tanticharoen, M.: Production of red pigments by the insect pathogenic fungus Cordyceps unilateralis. In: Journal of Industrial Microbiology & Biotechnology. 32. Jahrgang, Nr. 4, April 2005, ISSN 1367-5435, S. 135–140, doi:10.1007/s10295-005-0213-6, PMID 15891934 (springerlink.com).

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