Pikieren


Pikieren von Gloxinien (Sinningia)

Pikieren, aus dem Französischen „piquer“ für stechen, reizen, bezeichnet ursprünglich im militärischen Sprachgebrauch das Stechen mit einem bestimmten Typ von Lanze (Pike) durch den Pikenier.

Im heutigen Sprachgebrauch wird der Begriff Pikieren im Gartenbau und bei der Lebensmittelherstellung, besonders bei der Käseherstellung verwendet. Im Gartenbau wird hiermit die wichtige Kulturmaßnahme des Verpflanzens von zu dicht stehenden Sämlingen auf größere Abstände beschrieben. Dieser Vorgang wird oftmals auch als Vereinzeln bezeichnet und erfolgt, sobald sich die ersten richtigen Blattpaare der Pflanze zeigen. Bei der Käseherstellung bezeichnet der Vorgang des Pikierens die zusätzliche Sauerstoffzuführung bei Schimmelkäsearten, um die Bildung von Schimmelpilzen zu fördern. Im Küchenjargon bezeichnet Pikieren einen Vorgang, bei dem entweder Stoffe eingebracht werden oder aber einfaches "löchern" (s.u.).

Gartenbau

Pikierstab Plastik.jpg

Das Herausnehmen der Pflanzen aus dem Substrat (Erde) führt zu Wurzelverletzungen, welche die Pflanze zu verstärktem Wurzelwachstum anregt. Durch den Einsatz von hochwertigem pilliertem Saatgut und Einzelkornsaat wird in großen Gärtnereien auf das zeitaufwendige Pikieren verzichtet.

Zum Pikieren verwendet man meistens einen als Pikierstab (oft auch: Pikierholz) bezeichneten, am Ende spitzen runden Stab. Die meisten Pikierstäbe bestehen aus Plastik, Holz oder Metall und sind etwa 18 Zentimeter lang.

Vorgehensweise

Vereinzeln von Pflanzen

Zuerst werden die einzelnen Pflanzen voneinander getrennt. Dazu kann man den Pikierstab benutzen. Man hebt an einer Ecke die ineinander verwurzelten Pflanzen an und nimmt sie am Stück aus dem Anzuchtbehälter. Um Schäden durch Welken zu vermeiden, werden die Sämlinge nur in kleinen Portionen gelöst. Die einzelnen Pflanzen werden getrennt, kränkliche oder solche mit faulen Stellen aussortiert. Die Wurzeln der gesunden Pflanzen werden gekürzt und dem Pflanzloch angepasst.

Einpikieren

Mit dem Pikierstab wird ein Loch in die Erde des neuen Pflanzenbehälters gedrückt und die Pflanze in das Loch gesetzt wobei der Wurzelansatz unter der Erde liegen soll. Danach wird mit dem Pikierstab das Loch um die Pflanze vorsichtig geschlossen und die Erde von der Seite angedrückt und gegossen.

Bilderreihe

Lebensmittelherstellung

Pikieren von Fleisch

Beim Pikieren werden würzende Zutaten, i.d.R. Flüssigkeiten (Marinaden), oder Pökellake mit einer Pökelspritze oder einer sog. "Lakespritze" in das Fleisch eingebracht. Ziel ist beim Marinieren, dass große Fleischstücke gleichmäßig auch von innen mariniert werden. Beim Pökeln ist das schnellere, gleichmäßigere Schnellpökeln und der geringere Gewichtsverlust (im Vergleich zum Trockenpökeln) von Vorteil.

Diverse Pökelwaren

Pikieren von Teigen

Beim Pikieren von Teigen wird i.d.R. mit einer Gabel, Spicknadel oder Pikiernadeln der Teig gleichmäßig eingestochen. Das Einstechen bewirkt ein gleichmäßigeres Backen und ergibt einen lockeren Boden, da mehr Luft in den Teig eingebacken werden kann.

Käseherstellung

Eine Roquefort-Scheibe, Nahansicht

Um die Bildung von Schimmel zu fördern, werden bestimmte Käsearten während des Reifeprozesses mit breiten Nadeln pikiert, also gestochen, damit durch die entstandenen Nadelkanäle Sauerstoff in den Käse dringen kann. Von den 130.000 Pilzarten sind nur wenige milchwirtschaftlich nutzbar und somit für die Herstellung von Käse als Reifungsorganismen geeignet. Von schädlichen Kulturen unterscheidet diese milchwirtschaftlich genutzten Pilzarten die Tatsache, dass sie dem Käse lediglich ihre spezifischen Aromen verleihen, jedoch für den menschlichen Organismus völlig harmlos sind. Sie zählen daher zu den Edelpilzen und werden als besonders wertvoll eingestuft.

Insbesondere die Gruppe der Grün- und Blauschimmelkäse gilt als edelste Kultur. Sie wurde auch stets von den Herkunftsländern als königliche Klasse dargestellt. Beispiele sind Englands „Blue Stilton“ oder Frankreichs „Roquefort“. Die Edelschimmelkultur wird zumeist als Penicillium bezeichnet. In der modernen Käseherstellung wird diese in flüssiger Form zugefügt. Die Pilzbildung wird dann durch das Pikieren gefördert und beschleunigt. Ursprünglich wurde der Schimmel in speziellem Brot kultiviert, das man getrocknet, pulverisiert und dem Bruch beigemengt hat.

Redensart „pikiert sein“

Die Redensart „pikiert sein“ kann auf der Technik des Pikierens beruhen. Ursprung ist das französische Verb piquer, das mit stechen, aber auch mit ärgern oder reizen übersetzt werden kann.

Ein pikierter Mensch fühlt sich beleidigt, verärgert, vernachlässigt oder in anderer Weise nicht ausreichend mit Wertschätzung bedacht und zieht sich zurück, zeigt dies äußerlich und will damit erreichen, dass man sich bei ihm entschuldigt oder auf andere Weise zuwendet. Insofern dieser Anspruch unberechtigt ist, unterstellen ihm die anderen wiederum das „Pikiert-Sein“ (siehe auch beleidigte Leberwurst).

Siehe auch

Weblinks

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