Plattwanzen
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Plattwanzen | ||||||||||
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Cimex dissimilis | ||||||||||
Systematik | ||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||
Cimicidae | ||||||||||
Latreille, 1802 |
Die Plattwanzen (Cimicidae), auch als Bettwanzen bezeichnet, sind eine Familie der Wanzen. Alle Plattwanzen leben ektoparasitisch auf Säugetieren und Vögeln, deren Blut sie saugen. Die Larven und die erwachsenen Tiere halten sich in der Regel nur zur Nahrungsaufnahme am Wirt auf. Der wohl bekannteste Vertreter dieser Familie ist die Bettwanze (Cimex lectularius), die unter anderem auch am Menschen saugt.
Weltweit sind 80 Arten bekannt. Zehn Arten sind paläarktisch verbreitet, davon kommen sechs Arten in Europa, fünf auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz vor. In der Wanzenfauna Europas sind sie die einzigen Ektoparasiten. Die Familie umfasst hier die zwei Gattungen Cimex und Oeciatus.
Äußere Gestalt
Die europäischen Arten erreichen Körperlängen zwischen 2,5 bis 6 Millimetern. Die meist rötlich-braunen Tiere haben einen rundlich-ovalen Körperumriss mit kurzer Behaarung. Der Hinterleib der Weibchen ist fast kreisrund, jener der Männchen schmaler. Nach längeren Perioden ohne Nahrungsaufnahme sind die Tiere sehr flach. In vollgesogenem Zustand kann sich der Hinterleib (Abdomen) sehr stark dehnen. Die Halbdecken (Hemielytren) sind bis auf rechteckige, schuppenförmige Reste reduziert. Die Hinterflügel fehlen ganz. Die Facettenaugen besitzen nur wenige Einzelaugen. Die Punktaugen (Ocellen) sind völlig zurückgebildet.
Lebensweise
Die Tiere sind in der Regel nachtaktiv. Tagsüber leben sie in halbsozialen Gruppen in meist trockenen, spaltenförmigen Verstecken. Sie werden durch einen Geruchsstoff, ein Aggregations-Pheromon, gegenseitig angelockt und zusammengehalten. Die Störung eines Tieres bewirkt die Abgabe eines Duftsekretes aus den für Wanzen charakteristischen Duftdrüsen. Das Sekret hat neben einer Abwehr- auch eine Alarmfunktion und bewirkt die mehr oder weniger schnelle Flucht der anderen Tiere.
Die verschiedenen Arten der Familie leben meist in den Wochenstuben von Fledermäusen in Dachstühlen von Häusern und Baumhöhlen (Cimex pipistrelli, Cimex dissimilis). Ferner sind sie in hölzernen Taubenschlägen von Haustauben (Cimex columbarius) zu finden oder in den Nestern von Schwalben (Oeciatus hirundinis). Die Bettwanze (Cimex lectularius) ist an die menschliche Umgebung angepasst.
Ernährung
Die Hauptwirtsgruppen der europäischen Plattwanzen sind außer Menschen auch Tauben und Schwalben, vor allem aber Fledermäuse. Aber auch das Blut anderer Säugetiere und Vögel kann als Nahrung dienen. Die Wanzen werden von deren Körperwärme und dem ausgeatmeten Kohlendioxid angelockt. Zum Blutsaugen stechen sie mit ihren stechend-saugenden Mundwerkzeugen, die aus je zwei Röhrchen bestehen, durch die Haut. Durch das eine Rohr werden betäubende und blutgerinnungshemmende Substanzen eingeführt, durch die andere wird das Blut gesaugt. Die Tiere können bei Abwesenheit geeigneter Wirte mehrere Monate problemlos überdauern.
In paarigen Mycetomen beherbergen beide Geschlechter endosymbionte Mikroorganismen. Sie liefern unter anderem Vitamine der B-Gruppe, die in der Blutnahrung fehlen. Diese Endosymbionten wandern beim Weibchen bereits im Ovar in die Eier ein und werden so an die Nachkommenschaft weitergegeben.
Fortpflanzung
Die Paarung der Plattwanzen erfolgt in außergewöhnlicher Weise. Ein Werbeverhalten wurde bislang nicht beobachtet. Das Weibchen wird gewissermaßen vom Männchen überfallen. Es kriecht von rechts hinten an das Weibchen heran und begattet es sofort.
Die Weibchen der Plattwanzen verfügen auf der Bauchseite unter der Haut über ein spezielles Organ ohne Öffnung nach außen, dem Ribagaschen Organ (engl.: spermalege ). Es dient allein der Aufnahme der Spermien während der Begattung und nicht als Geschlechtsöffnung. Dieses taschenförmige, von außen als kleine Schwellung sichtbare Organ liegt zwischen dem 4. und 5. Sternit. Die Männchen, in der Regel zielgeführt durch dieses weibliche Organ führen über ein hakenförmiges Kopulationsorgan (Aedeagus) nach Durchstechen der Haut an dieser Stelle die Spermien in die Tasche ein.[1][2] Ein derartiger Begattungsablauf, der gelegentlich auch mit einem Durchstechen der Weibchenhaut an beliebiger Stelle des Abdomens verbunden ist, wird als „traumatische Insemination“ bezeichnet und kommt außerdem in ähnlicher Form bei den Sichelwanzen (Nabidae) und bei den Blumenwanzen (Anthocoridae) vor.
Die Spermien gelangen dann über die Hämolymphe der Leibeshöhle zunächst in die Receptaculum seminis, welche sich nahe der Ovarien befinden und befruchten schließlich die Eier. Durch eine Geschlechtsöffnung, die allein für die Eiablage benutzt wird, werden diese später gelegt und enthalten bei der Ablage bereits mehr oder weniger weit entwickelte Embryonen. Die aus den Eiern schlüpfenden Larven sind hemimetabol und durchlaufen durch Häutungen getrennte fünf Larvenstadien.
Mensch und Plattwanzen
In den Industrieländern ist die Häufigkeit der Bettwanze (Cimex lectularius), eine auf menschliches Blut spezialisierte Plattwanze, im Vergleich zu den vergangenen Jahrhunderten deutlich zurückgegangen. Dennoch ist die Art hier keineswegs ausgestorben. Sie tritt immer wieder punktuell auf, vor allem in Wohnungen in der Nähe von Brutplätzen verwilderter Haustauben, an denen sie auch saugt. Da die Wanzen tagsüber in Verstecken leben, werden sie aber kaum vom Menschen wahrgenommen.
Die parasitologisch-medizinische Bedeutung der Bettwanze ist mit Ausnahme des Verdachtes der Übertragung von Hepatitis-Erregern sehr gering. Die Stiche der Bettwanze und anderer Plattwanzen sind anfangs schmerzlos, können aber unter Umständen zu unangenehm juckenden Quaddeln und selten zu allergischen Reaktionen führen.
Weitere Gattungen und Arten
Die in tropischen Regionen verbreitete Cimex hemipterus lebt auf Gänsen und Fledermäusen. Leptocimex boueti, die in den Tropen, Westafrika und Südamerika lebt, saugt menschliches Blut und das von Fledermäusen. Cimex pilosellus bevorzugt Fledermäuse; die nordamerikanische Haematosiphon inodora hingegen Gänse.[3]
Weitere Gattungen in der Familie Cimicidae außerhalb Europas sind Cimexopsis, Hesperocimex, Ornithocoris, Primicimex und Synxenoderus[4].
Einzelnachweise
- ↑ M. T. Siva-Jothy: Trauma, disease and collateral damage: conflict in cimicids. In: Philosophical Transactions of The Royal Society Biological Sciences (Phil. Trans. R. Soc. B) 2006, Nr. 361, S. 269-275, doi:10.1098/rstb.2005.1789,(Volltext online)
- ↑ E. H. Morrow, G. Arnqvist: Costly traumatic insemination and a female counter-adaptation in bed bugs. In: Proceedings. Biological sciences / The Royal Society (Proc R Soc B) 2003, Nr. 270, S. 2377-2381
- ↑ Bedbug, englische Wikipedia
- ↑ ITIS Report
Referenzen
- E. Wachmann, A. Melber & J. Deckert: Wanzen. Band 1: Neubearbeitung der Wanzen Deutschlands, Österreichs und der deutschsprachigen Schweiz, Goecke & Evers, Keltern 2006, ISBN 3-931374-49-1
- E. Wachmann: Wanzen beobachten - kennenlernen. J. Neumann - Neudamm, Melsungen 1989, ISBN 3-7888-0554-4
- Cimicidae. Fauna Europaea, abgerufen am 21. November 2006.
Weblinks
- Brian J. Ford & Debbi J. Stokes: Bug’s Eye View (PDF mit vielen Bildern, englisch; 430 kB)