Sauerstoff-Isotopenstufe


Isotopenstadien der Tertiär-Quartär-Grenze

Sauerstoff-Isotopenstufe (engl. Marine Isotopic Stage, Abkürzung MIS oder Oxygen Isotopic Stage, Abkürzung OIS) oder auch Isotopenstadium ist ein Begriff aus der Geologie. Er bezeichnet Datierungen anhand des Verhältnisses der Isotope 16O und 18O des Sauerstoffs. In den Kalzit, das man in den Sedimenten des Ozeanbodens unter anderem in den Skeletten von fossilen Foraminiferen finden kann, werden je nach Warm- oder Kaltzeit unterschiedliche Mengen der vorhandenen Sauerstoff-Isotope eingelagert. Dadurch können auch Aussagen über den Verlauf des Klimas auf der Erde in den Kaltzeiten des Quartärs gemacht werden. Ähnliche Untersuchungen existieren für das gesamte Tertiär.

Prinzip

Lokal wirken sich die reduzierten Ozeantemperaturen während der Kaltzeiten auch auf das Isotopenverhältnis der Kalkschale der Foraminifere aus, denn diese fraktioniert beim Einbau des Kalziumkarbonats in ihr Gehäuse das 16O/18O-Verhältnis bei geringeren Temperaturen hin zum schwereren Isotop (Temperatureffekt). Eine erhöhte Verdunstung im Lebensraum der Foraminifere, aber auch ein erhöhter Eintrag von isotopisch leichterem Schmelzwasser führt zu einer Verschiebung des 16O/18O-Verhältnis im Wasser und somit im Gehäuse der Kalkalge (Salinitätseffekt). Aufgrund der Tatsache, dass der Eiseffekt den größten Einfluss und der Temperatureffekt Verschiebungen des 16O/18O-Verhältnisses in dieselbe Richtung bewirkt, kann man hieraus eine Stratigraphie für marine Sedimente entwickeln, die marine Sauerstoff-Isotopen-Stratigraphie.

δ18O-Variation seit dem Paläozän

Erste systematische Untersuchungen der Variation von Sauerstoff-Isotopen in Ozeansedimenten wurden in den 1950er Jahren von Cesare Emiliani an planktonischen Foraminiferen in Bohrkernen aus der karibischen Tiefsee gemacht. Er bemerkte die zyklischen Schwankungen der Messwerte und schloss daraus, dass sie Kalt- und Warmzeiten repräsentieren. Er nummerierte die Schwankungen, indem er bei 1 beginnend von der Jetztzeit rückwärts zählte. In der Folgezeit wurden zahlreiche Untersuchungen auf diesem Gebiet durchgeführt, und schon zu Beginn der 1970er Jahre lagen zahlreiche zusätzliche wissenschaftliche Arbeiten vor, die schließlich zur Entwicklung einer Sauerstoff-Isotopen-Stratigraphie des Quartärs führten. Dabei wurden im Pleistozän mehr als hundert Zyklen unterschieden, die ebenso vielen Warm-Kaltzeit-Zyklen entsprechen.

Mitte der 1970er Jahre wurde das Prinzip durch Nicholas Shackleton und James Kennett sowie die Arbeitsgruppe von Samuel Savin auf das gesamte Känozoikum ausgedehnt. Es zeigte sich, dass die Sauerstoff-Isotopenverhältnisse nach der Kreide/Tertiär-Grenze ebenfalls deutlichen Schwankungen unterlagen. Die im Quartär beobachteten raschen Wechsel der Isotopenverhältnisse sind jedoch nicht deutlich wahrnehmbar, auch wenn einzelne, gut untersuchte Abschnitte deutliche Hinweise darauf zeigen, dass solche Zyklen auch im Tertiär existierten.[1]

Marine Sauerstoff-Isotopen-Stratigraphie des Quartärs

Das aktuelle Eiszeitalter ist ab der Basis des Quartärs (Beginn des Gelasiums) vor etwas weniger als 2,6 Millionen Jahren in 103 Isotopenstadien untergliedert und rückwärts durchnummeriert. Dabei bezeichnen ungerade Zahlen die Warmzeiten (Interstadiale bzw. Interglaziale), gerade hingegen Kaltzeiten (Glaziale). Die gegenwärtige Warmzeit entspricht also dem marinen Sauerstoff-Isotopenstadium 1 (abgekürzt MIS 1 für das international gebräuchliche Marine Isotope Stage 1), der „Höhepunkt“ der letzten Kaltzeit entspricht dem MIS 2. Da nach der ersten Aufstellung der Gliederung weitere Isotopenschwankungen nachgewiesen werden konnten, wurden zusätzliche Stufen durch das Anhängen eines Buchstabens aufgestellt, zum Beispiel 5e für die Eem-Warmzeit.

Literatur

  • James D. Wright: Paleo-oceanography: Cenozoic Climate - Oxygen Isotope Evidence. In: J. Steele, S. Thorpe, K. Turekian (Hrsg.): Encyclopedia of Ocean Sciences. Academic Press, 2001 (Online-Version; pdf-Datei; 1,4 MB).
  • Lorraine E. Lisiecki, Maureen E. Raymo: A Plio-Pleistocene Stack of 57 Globally Distributed Benthic δ18O Records. In: Paleoceanography. Band 20, 2005 (pdf-Datei; 1,1 MB).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Wright 2001, S. 7