Spee-Kurve


Die Spee-Kurve („Speesche Kurve“ oder „sagittale Okklusionskurve“) ist der Bogen, der die Schneidekanten und Höcker der oberen Zähne miteinander verbindet und hinten das Condylon tangiert. Der Mittelpunkt liegt im Zentrum der Orbita. Sie wurde nach dem Kieler Anatomen Ferdinand Graf Spee (1855–1937) benannt.

Die bogenförmige Anordnung der Zähne durch die Spee-Kurve (Kompensationskurve) beim anatomisch modernen Menschen (Homo sapiens) ist eine platzsparende Anordnung mesiodistal. Sie bewirkt ein anderes Profil und steht in Verbindung mit einer anderen Zugrichtung der Kaumuskulatur als bei Primatenkiefern. Die Primatenkiefer und die Kiefer bei fossilen Hominiden sind durch die horizontale Aneinanderreihung der Zähne z. B. wesentlich länger (G.-H. Schumacher 1997, DGKFO 1963).

Evolutionsaspekte

Die Evolutionslehre nach Vorgabe der Deutschen Gesellschaft für Kieferorthopädie, DGKFO, 1963 und der offiziellen Anatomie (Schumacher):
Datei:Hypot Rekonstruktion.gif
Neopaleolithischen Schädels Predmost III.gif

Funktionelle Bedeutung

Spee-Kurve mit den Hauptzugrichtungen der Kaumuskulatur (nach Schumacher 1993)

Das Prinzip der Spee-Kurve besteht darin, die Kauflächen der im Hauptkraftfeld der Kaumuskeln befindlichen Molaren in eine für die Funktion günstige Stellung zu bringen. Diese wird dann erreicht, wenn sie etwa rechtwinklig zur Hauptzugrichtung der Kaumuskulatur stehen, somit die Molarenwurzeln überwiegend längsachsig belastet werden (G.-H. Schumacher 1997, Die Evolution der Zähne). Untersuchungen 1961 von G.-H. Schumacher zeigten, dass die Kaumuskeln M. temporalis, M. masseter und M. pterygoideus lateralis nicht senkrecht zur konstruierten, künstlichen geraden Kauebene, sondern schräg wirken (auch G.-H. Schumacher 1997).

Die Krümmung der Speeschen Kurve ermöglicht somit nach G.-H. Schumacher, dass die Kaumuskeln außer einer Adduktion noch Protraktions- Retraktions- und Lateralzugkomponenten entfalten können. Eine Begradigung der Kaukurve durch kieferorthopädische Maßnahmen etwa, welche eine gerade Kauebene bewirken, würde das gesamte Kausystem des heutigen Menschen, das funktionelle Gleichgewicht und die Profilgestaltung zerstören.

Quelle

G-H. Schumacher: Die Funktionelle Anatomie des orofazialen Systems, Hüthig Verlag, Heidelberg 1985