Watt (Küste)
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Als Watt bezeichnet man Flächen in der Gezeitenzone der Küsten, die bei Niedrigwasser trocken fallen. Dabei kann es sich um Sand-, Misch-, Schlick- oder Felswatt handeln. Der Begriff Watt entstammt dem altfriesischen Wort wad „seicht, untief“[1]. Sehr ausgedehnte, von Prielen durchzogene Wattgebiete an Flachküsten bilden zusammen mit unmittelbar angrenzenden Gebieten, wie z.B. Salzwiesen, ein Wattenmeer. Watt gibt es aber auch in der Uferzone und in Seitenarmen von Flussmündungen. Die Wattflächen fallen durch die Gezeiten innerhalb von 24 Stunden zweimal trocken und werden auch zweimal wieder überflutet.
Geografische Zusammenhänge
Ein typisches Beispiel ist das Wattenmeer an den Küsten der Deutschen Bucht. Es bildete sich in der Nacheiszeit als 10−20 m mächtiger Sedimentkörper aus Sand und Schlick in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen. Dieser lagert älteren Glazialsedimentschichten auf.
In der Gezeitenzone tropischer Küsten dominieren oft Mangrovenwälder, es gibt aber auch in den Tropen offene Wattflächen. Umgekehrt gibt es im Brack- und Süßwasserbereich von Flussmündungen auch in gemäßigten Zonen Wattflächen mit ausgedehnten Schilfbeständen und ein paar Gehölzen, siehe Süßwasserwatt.
Oberhalb des normalen Flutsaumes geht das Watt natürlicherweise in Salzwiesen über, die nur selten überflutet werden. An anderen Stellen hat sich ein Strand gebildet. In manchen Küstenbereichen versucht man durch Landgewinnungsmaßnahmen Wattflächen zunächst in Salzwiesen und dann in Marschland zu verwandeln.
Felsige Küsten mit ausgeprägten Brandungsplattformen besitzen ein Felswatt. In Mitteleuropa sind Felswattbereiche beispielsweise bei Helgoland zu finden.[2]
Ablagerungstypen
Watt bildet sich durch Ablagerungen, bei denen sich Schwebstoffe aus Meer und Flüssen im Meer absetzen; je nach vorherrschender Größe der abgelagerten Sedimente entstehen verschiedene Formen des Watts. Bei allen liegt der Anteil des Feinsands mit einer Korngröße von 0,063−0,125 Millimeter bei 40−60 %. Bei Sandbänken ist der Anteil des gröberen Sandes mit 0,2 mm Korngröße bedeutsam, die Art der Wattflächen unterscheidet sich nach dem Anteil von Schluff und Ton mit weniger als 0,063 mm Korngröße. Generell ist Sandwatt das festeste Sediment, während Schlickwatt für gewöhnlich nachgiebig ist, es kann jedoch auch Stellen geben, an denen Sandwatt weich ist und große Einsinktiefen zulässt, während Schlickwatt hart und widerstandsfähig ist[3].
Der Bodentyp des Watts wird in Deutschland ebenfalls als Watt bezeichnet.
Sandwatt
Sandwatt hat weniger als 10 % Schluff- und Tonanteile. Der Gehalt an organischer Substanz und Wasser ist sehr gering. Das Watt erhält durch Wellen und Wind mehr Energie und erfährt erhebliche Umlagerungen. Dadurch handelt es sich hier auch um das sauerstoffreichste Watt[3].
Mischwatt
Mischwatt hat zwischen 10 % und 50 % Ton- und Schluffanteile[3]. Das Mischwatt findet sich in geschützten Lagen in Festlandsnähe, auf Wasserscheiden, zum Teil auch im Brandungsschutz der großen Inseln. Es ist von großer Bedeutung, da hier die größten Biomassen im Vergleich zu anderen großflächigen Lebensräumen produziert werden.
Schlickwatt
Schlickwatt hat Ton- und Schluffanteile von über 50 %. Es besteht besonders an geschützten Stellen, z.B. im Inneren von Buchten oder im Windschatten von Inseln. Es wird weniger umgelagert als Sand- oder Mischwatt und ist dementsprechend am sauerstoffärmsten. Hier findet vor allem Biodeposition statt, so dass sich hier besonders nährstoffreiche Gebiete bilden. Das Watt ist besonders dunkel, da aufgrund der Sauerstoffarmut der Reduktionshorizont, bei dem Schwefelwasserstoff fein verteiltes Eisen als Eisensulfid ausfällt und so den Boden schwarz färbt, oft nur wenige Millimeter unter der Oberfläche liegt[3]. Hier herrschen sehr extreme Bedingungen. Die Fauna und Flora des Meeres muss lange Trockenliegezeiten, hohe Temperaturschwankungen und die geringe Sauerstoffversorgung im Boden tolerieren. Schlickwatt nimmt mit Abstand den kleinsten Teil im Wattenmeer ein. Da es sich jedoch oft dicht an der Küstenlinie befindet, nehmen Touristen es wesentlich öfter wahr.
Felswatt
Felswatten unterscheiden sich grundlegend von Sand-, Misch- und Schlickwatten, da sie
- nicht überwiegend an Flachküsten sondern an Steilküsten vorkommen und
- nicht aus der Ablagerung von Sedimenten hervorgehen, sondern durch Erosion entstehen.
Es handelt sich um Felsplattformen, die einem Kliff unmittelbar vorgelagert sind, und als Brandungsplattform oder Felsschorre bezeichnet werden. Felswatten entstehen, da die Küstenerosion am stärksten jene Bereiche des Kliffs angreift, die sich auch bei Flut noch oberhalb der Wasserlinie befinden, wohingegen die Teile des Kliffs, die sich auch bei Ebbe noch unterhalb der Wasserlinie befinden, der Erosionswirkung der Wellen weit weniger ausgesetzt sind. Die Brandung sorgt für die Ausbildung einer nahezu ebenen Felsfläche, die faktisch den „Stumpf“ des bereits erodierten Kliffs darstellt.
Felswatten entstehen nur an Steilküsten, deren Gesteine ein Mindestmaß an Erosionsbeständigkeit haben, dazu zählen z.B. Granit, oder bestimmte Sand- und Kalksteintypen. Solche Küstenabschnitte bilden dann meist auch Vorsprünge in der Küstenlinie, also Landspitzen oder Kaps. Ist das Gestein nicht erosionsbeständig genug, wie es z.B. bei einem Tonstein oder Mergel der Fall ist, kann sich keine Brandungsplattform ausbilden. Zudem bilden solche erosionsanfälligeren Steilküstenabschnitte zumeist Buchten, in deren ruhigeren Gewässern sich Sedimente sammeln können, sodass dort ein Strand entsteht.
Ökosystem Watt
Watten gehören in der allgemeinen Zonengliederung der Meeresküste zur sogenannten Gezeitenzone (Eulitoral, Intertidal). Viele Pflanzen- und Tierarten leben dort und haben sich dem Wechsel von Ebbe und Flut angepasst.
Aber auch hier bestehen bedeutende Unterschiede zwischen Sedimentwatt und Felswatt. In Sand-, Misch und Schlickwatten leben viele Tiere eingegraben im Sediment. Teils nur bei Ebbe, um die Niedrigwasserphase zu überdauern, wie z.B. die Strandkrabbe, teils ständig, wie z.B. die Herzmuschel oder der Wattwurm.
Im Felswatt hingegen gibt es viele Tiere, die an ein Leben auf felsigen Oberflächen angepasst sind. So leben dort z.B. Napfschnecken, die Cyanobakterienrasen von den Felsen abweiden, oder Seepocken, die, am Felsen festgeheftet, nährstoffreiche Partikel aus dem Meerwasser filtrieren. Während Napfschnecken und Seepocken sich vor Austrocknung schützen, indem sie Meerwasser im Inneren ihrer Gehäuse zurückhalten, überdauern andere Tiere die Ebbe in sogenannten Gezeitentümpeln, Mulden in der Brandungsplattform, in denen bei Ebbe das Wasser stehen bleibt. Solche Tümpel werden z.B. von Seeigeln und Seesternen bei Ebbe aufgesucht. Seeanemonen nutzen sie sogar als festen Siedlungsraum. Auch zahlreiche Algen-Arten leben im Felswatt.
Napfschnecken und Seepocken, wobei die Seepocken z.T. auf den Napfschneckengehäusen sitzen (nahe Lossiemouth, Nordost-Schottland).
Kleiner Gezeitentümpel mit Käferschnecken, umgeben von Rotalgen (nahe San Diego, Kalifornien, USA).
Literatur
- Autorenkollektiv (Chefredaktion: Beate Varnhorn): Tierparadiese unserer Erde, Band 5: Meere. Wissen Media Verlag, Gütersloh/München 2008, ISBN 978-3-577-07705-7
- Klaus Janke/Bruno P. Kremer: Das Watt. Lebensraum, Tiere und Pflanzen. Franckh, Stuttgart 1990, ISBN 3-440-06035-7
- AD-HOC Arbeitsgruppe Boden: Bodenkundliche Kartieranleitung. 5. Auflage, 2005 (KA5)
Einzelnachweise
- ↑ Broschüre zum Wattwandern auf der Webseite Nationalpark Wattenmeer
- ↑ Neil A. Campbell, Jane B. Reece: Biologie. 8. Auflage. Pearson, 2009, S. 1561, ISBN 978-3-8273-7287-1
- ↑ 3,0 3,1 3,2 3,3 Rolf Köster: Wattsedimente. In: Umweltbundesamt und Nationalparkverwaltungen Niedersächsisches Wattenmeer/Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer (Hrsg.): Umweltatlas Wattenmeer. Bd. 1, Nordfriesisches und Dithmarsches Wattenmeer. Eugen Ulmer, Stuttgart 1998/1999, ISBN 3-8001-3491-8, S. 40–41