Wattenmeer
Wattenmeere (abgeleitet von Watt) sind bestimmte Küstenbereiche eines Meeres, die unter einem starken Einfluss der Gezeiten stehen.
Weite Flächen eines Wattenmeeres fallen regelmäßig zweimal täglich während der Niedrigwasserzeit (Ebbe) trocken und sind während der Hochwasserzeit (Flut) überflutet. Die bei Ebbe trocken fallenden Flächen bezeichnet man als Wattflächen. Der Begriff Wattenmeer wird allerdings nur auf Flachküsten mit Sand- oder Schlickwatten angewendet. Rinnen, durch die bei Ebbe das Wasser bevorzugt aus dem Watt abläuft bzw. bei Flut bevorzugt in das Watt einströmt, werden Priele, die größten davon Seegatten genannt.
Vorkommen
Wattenmeere findet man in vielen Teilen der Welt in den gemäßigten Zonen. In den tropischen Zonen sind derartige Küstengebiete zumeist mit Mangroven (Gezeitenwäldern) überwachsen.
Merkmale
Bei einem Wattenmeer verfügt der Boden nur über ein geringes Gefälle, wobei der Höhenunterschied im Allgemeinen weniger als einen Meter auf einer Länge von einem Kilometer aufweist. Gleichzeitig beträgt der Unterschied des Wasserstandes zwischen Hochwasser und Niedrigwasser mindestens zwei Meter, damit eine genügend große Fläche trockenfällt.
Im Bereich von Flussmündungen werden feinkörniges Material und Schwebstoffe, die zuvor in relativ niederschlagsreichen, flachen Gebieten vom Land in die Flüsse gespült wurden, durch die Strömung dem Meer zugeführt. Auch landseitige Winde führen dem Wattenmeer dieses Material zu, das dann Bestandteil des Wattsediments wird.
Das Wattenmeer wird in drei Zonen gegliedert. Der sublitorale Bereich liegt unterhalb des mittleren Niedrigwasserstandes, wobei dazu auch die Priele zählen. Der supralitorale Bereich liegt oberhalb des mittleren Hochwasserstandes und wird nur bei besonders hohen Fluten überspült. Sofern keine menschliche Bewirtschaftung vorliegt, entstehen hier normalerweise Salzwiesen. Das eigentliche Watt, d.h., die Flächen, die bei Hochwasser unter- und bei Niedrigwasser oberhalb des Wasserspiegels liegen, ist der eulitorale Bereich.[1]
Oft bilden vorgelagerte Inseln und Sandbänke einen Schutz vor der Brandung des offenen Meeres und bremsen den seewärtigen Ebbstrom ab.
Flora und Fauna
Ein Wattenmeer bietet einen speziellen, in Teilen auch extremen Lebensraum. Viele Tiere und Pflanzen leben ausschließlich im jeweiligen Wattenmeer, in dem sie angesiedelt sind und haben sich den dort herrschenden Bedingungen angepasst. Zudem ist ein Wattenmeer oft ein wichtiges Rastgebiet für Zugvögel. Außerdem bietet das Wattenmeer den Lebensraum für Wattwürmer und viele Muschelarten. Auf sogenannten Wattbänken ruhen Robben. Auf den nur kurzzeitig (etwa bei Springtiden) trockenfallenden Flächen siedeln sich Seegräser, auf den nur zeitweise überfluteten Flächen Pflanzen wie der Queller an. Es gibt auch sehr viele einzigartige Pflanzen, die nur auf dem sandigen, lockeren Boden der Küstendünen wurzeln und diese stabilisieren.
Umweltprobleme
Der Lebensraum Wattenmeer ist sehr sensibel und empfindlich gegenüber äußeren Einflüssen, die zum Teil menschlichen Ursprungs sind. Dazu gehören Eindeichungen und Entwässerungen supralitoraler Gebiete der Wattenmeere, Eintrag von Umweltgiften durch die Industrie und von übermäßigen Nährstoff-Mengen durch die Landwirtschaft sowie Belastungen durch Überfischung, Verkehr und Tourismus.[2]
Daher gibt es weltweit Initiativen zum Schutz der Wattenmeere, die schon heute Ansätze zu einer internationalen Zusammenarbeit zeigen. Um beispielsweise den Schutz des Wattenmeers der Nordsee besser zu koordinieren, wurde bereits 1978 von den Niederlanden, Deutschland und Dänemark das Common Wadden Sea Secretariat (CWSS) oder Wattenmeersekretariat gegründet.
Wattenmeere weltweit
- in Europa
- an der Nordsee
- das Wattenmeer in der Deutschen Bucht:
- der Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer
- der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer
- der Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer
- das Staatsnatuurmonument Waddenzee[3]
- das Wattenmeer um die englische Insel Lindisfarne
- das wattenmeerähnliche Gezeitenbecken „The Wash“ in England
- das Themse-Ästuar
- das Wattenmeer in der Deutschen Bucht:
- am Ärmelkanal
- das Wattenmeer bei Mont-Saint-Michel mit einem auf einem Granitfelsen errichteten Kloster inmitten des Wattenmeeres
- auf britischer Seite im Bereich der Grafschaften Kent und East Sussex, die Romney Marsh
- an der Irischen See
- die Morecambe Bay (England)
- die Bridgwater Bay (England)[4]
- an der Nordsee
- in Afrika
- an der nordafrikanischen Atlantikküste
- der Banc-d'Arguin-Nationalpark in Mauretanien
- an der nordafrikanischen Atlantikküste
- in Nordamerika
- an der Atlantikküste
- das Minas Basin[5], ein Arm der Bay of Fundy (Kanada), ca. 400 km²[6]
- die Cape Cod Bay (USA)
- an der Pazifikküste
- Teile der Bucht von San Francisco (USA)
- an der Atlantikküste
- in Südamerika
- Marschgebiete beiderseits des Mündungsdeltas des Essequibo
- in Ostasien
- die koreanische Gelbmeerküste; deren größtes zusammenhängendes Wattgebiet, Saemangeum (ca. 400 km²), wurde 2006 eingedeicht.
- das Naturschutzgebiet Chongming Dongtan bei Shanghai (China)
Weblinks
Literatur
- Klaus Janke, Bruno P. Kremer: Das Watt · Lebensraum, Tiere und Pflanzen. Franckh, Stuttgart 1990, ISBN 3-440-06035-7
- Waddenacademy, Common Waddensea Secretariart (CWSS) (Hrsg.): Die Wattenmeer-Region. Kulturlandschaft von Weltrang. (Deutschsprachige Übersetzung der Broschüre The Wadden Sea Region - A World Class Cultural Landscape, ISBN 8787036827 von Frank Petzold und Manfred Vollmer)
Anmerkungen und Einzelnachweise
- ↑ Petra Witez: "Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben MTK 0608 (03 KIS 3160): Programme zur langfristigen Erhaltung des Wattenmeers - Prowatt", Hrsg. vom Bundesministerium für Bildung und Forschung Laboe 2002 S. 6
- ↑ Karsten Reise, Christiane Gätje: Einleitung. S. 1-24 in Karsten Reise, Christiane Gätje: Ökosystem Wattenmeer: Austausch-, Transport- und Stoffumwandlungsprozesse. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg 1998, ISBN 3-540-63018-X
- ↑ Niederländischer Wikipedia-Artikel Waddenzee
- ↑ Englischsprachige Wikipedia zur Bridgwater Bay
- ↑ Englischsprachige Wikipedia zum Minas Basin
- ↑ Bay of Fundy Ecosystem Partnership