Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer


Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer
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Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer (Deutschland)
Koordinaten: 53° 42′ 0″ N, 7° 20′ 0″ O
Lage: Niedersachsen, Deutschland
Fläche: ca. 345.800 ha
Gründung: 1. Januar 1986
Adresse: Webseiten des Nationalparks
Virchowstr. 1
D–26382 Wilhelmshaven
i2i3i6

Der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer besteht seit 1986 und umschließt die Ostfriesischen Inseln, Watten und Seemarschen zwischen Dollart an der Grenze zu den Niederlanden im Westen und Cuxhaven bis zur Außenelbe-Fahrrinne im Osten. Der Nationalpark ist etwa 345.800 ha groß.[1] Die Nationalparkverwaltung befindet sich in Wilhelmshaven. Seit Juni 2009 gehört der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer zusammen mit dem Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und dem niederländischen Wattenmeer zum UNESCO-Weltnaturerbe.

Ökologie

Watt zwischen Langlütjen II und dem Containerterminal Bremerhaven

Zu schützende Lebensräume dieses Nationalparks sind unter anderem das Watt, Sandbänke, Salzwiesen, Strände, Dünen und Flussmündungen in die Nordsee. Besonderes Augenmerk gehört dabei der für das Wattenmeer typischen Fauna und Flora.

Die Küste der Nordsee ist ungewöhnlich flach. Der Meeresboden fällt teilweise nur wenige Zentimeter pro Kilometer ab. Zweimal täglich trägt die Flut Sand, Ton und Schluff in das Gebiet des Wattenmeeres. Dünen kennzeichnen die Küste, die der Wind aus den feinen Sandkörnchen aus dem bloßgelegten Watt aufbaut.

Das Wattenmeer ist nach dem Tropischen Regenwald das zweitproduktivste Ökosystem – nur dieser übertrifft das Wattenmeer an lebendiger Biomasse. Die im Wattenmeer zu findenden Lebensformen umfassen Kieselalgen, Schnecken, Würmer, Muscheln und Garnelen. Ein typischer Bewohner des Sandwatts ist der Wattwurm, der in einer u-förmigen Röhre unter der Wattoberfläche lebt.

Bis zu 4.000 Tier- und Pflanzenarten sind auf den ungewöhnlich nahrungsreichen Lebensraum Wattenmeer spezialisiert. So leben beispielsweise Brandgänse von den Wattschnecken, die zu Hunderttausenden auf der Wattoberfläche zu finden sind. Die etwa 180.000 Vögel zählende nordwesteuropäische Brandgans-Population verbringt außerdem ihre Mauserzeit zwischen Juli und September im Wattenmeer. Auch etwa 200.000 Eiderenten verbringen hier ihre Mauserzeit; etwa 1.000 Eiderentenpaare nutzen das Watt der Nordsee als Brutgebiet. Die meisten davon brüten auf der Insel Amrum.

Gleichzeitig ist das Wattenmeer Rastgebiet für Brutvögel nordischer Länder, die sich hier die Fettreserven anfressen, die sie für eine erfolgreiche Brut benötigen. So finden sich im gesamten Wattenmeer etwa 10–12 Millionen Watvögel, Gänse, Enten und Möwen ein.

Auf den Sandbänken im Wattenmeer sind Seehunde zu beobachten und an das Wattenmeer grenzen Salzwiesen, Sandstrände und Dünen. Auf den Salzwiesen, die den Säbelschnäblern und Seeschwalben als Brutgebiet dienen, blüht im Sommer die Stranddistel und der Strandflieder. Typischste Pflanze der Dünen ist der Gewöhnliche Strandhafer, der mit seinem ausgedehnten Wurzelwerk die Dünen befestigt.

Geschichte des Nationalparks

Bereits seit der Ramsar-Konvention von 1971 sind die heutigen Nationalpark-Flächen und auch der Dollart als Feuchtgebiete internationaler Bedeutung geschützt.

1979 legten Hans-Joachim Augst und Holger Wesemüller ein Gutachten vor, das auf Grundlage der Bedeutungsunterschiede verschiedener schutzwürdiger Bereiche des Wattenmeeres ein Zonierungsmodell erarbeitete. Das niedersächsische Raumordnungsprogramm von 1982 gab daraufhin die Entwicklung eines Naturparks „Ostfriesische Inseln und Küste“ als landesplanerisches Ziel vor. Diese Idee wurde ab 1983 aufgegriffen, die Planungen für einen umfassenden Nationalpark begannen. Anfang 1984 erfolgte der grundsätzlich einem Nationalpark zustimmende Kabinettsbeschluss und am 1. Januar 1986 trat die Nationalpark-Verordnung in Kraft.

Gemäß dem UNESCO-Programm "man and biosphere" wurde der gesamte Nationalpark 1992 als Biosphärenreservat anerkannt, siehe Biosphärenreservat Niedersächsisches Wattenmeer.

Der Nationalpark ist mit allen Zonen gemeldetes Vogelschutzgebiet nach der Vogelschutz-Richtlinie der EU und mit den Zonen I und II gemeldetes Flora-Fauna-Habitat-Gebiet nach der FFH-Richtlinie der EU, unterliegt also dem Schutz dieser beiden Natura-2000-Richtlinien.

Zunächst war der Nationalpark seit Inkrafttreten 1986 durch eine Verordnung geschützt, die 1999 durch ein Gesetz ersetzt wurde. Bereits am 11. Juli 2001 wurde das Gesetz vom niedersächsischen Landtag so novelliert, dass zahlreiche Flächen für den Tourismus aus dem Gültigkeitsbereich des Nationalparks herausgenommen oder in der Zonierung herabgestuft wurden. Dafür wurden ein reines Meeresgebiet vor den Inseln Borkum und Baltrum und das ehemalige Naturschutzgebiet im östlichen Teil des Dollarts mit in den Nationalpark aufgenommen. Die Schutzfläche vergrößerte sich dadurch von 240.000 Hektar auf fast 280.000 Hektar.

Gegen die Herausnahme oder Herabstufung von mehr als 80 Teilflächen für den Tourismus überwiegend auf den ostfriesischen Inseln legte die ostfriesische Naturschutzgruppe Wattenrat Ost-Friesland im Januar 2002 Beschwerde bei der EU-Kommission in Brüssel ein. Die Beschwerde wurde von der Kommission in ein laufendes Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingearbeitet (Beschwerdenummer 2002/4099, Az: ENV A2/MD/avdm D(2005)6096). Nach mehr als vier Jahren, mit Schreiben vom 25. Oktober 2006, teilte die EU-Kommission dem Wattenrat-Ostfriesland mit, dass das Beschwerdeverfahren geschlossen wurde „da die Bundesrepublik Deutschland mittlerweile ausreichend Gebiete als FFH-Vorschlagsgebiete ausgewiesen hat“ (Az: ENV A.2/MD/pd D 2006 21119). Diese Begründung ist naturschutzfachlich unverständlich, da der Nationalpark zu einem bereits ausgewiesenen FFH- und Vogelschutzgebiet gehört und diese, entgegen den Bestimmungen der Natura-2000-Richtlinien, in ihren Erhaltungszuständen verschlechtert wurden. Damit sanktionierte die EU-Kommission den erheblichen, wirtschaftspolitisch motivierten Eingriff für die zusätzlichen touristischen Nutzungen im Nationalpark mit dem Verlust wertvoller Pflanzenstandorte und Brut- oder Rastgebieten.

Im Juli 2006 wurde am Strand von Neßmersiel auf Initiative des Landes Niedersachsen das zwanzigjährige Bestehen des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer gefeiert. Die niedersächsischen Naturschutzverbände unter der Federführung des WWF begleiteten das 20-jährige Jubiläum mit einer kritischen „Nationalpark-Bilanz“[2], die detailliert die vielen Nutzungskonflikte aufzeigt.

Dieser Nationalpark wird von der IUCN in der „Category II, National Parks“ gelistet.[3] Dabei ist allerdings zu beachten, dass sich die „World Database on Protected Areas“ (WDPA) an den Meldungen der einzelnen Ländern orientiert und es im Moment keine unabhängige Überprüfung der zugeteilten Kategorien gibt, was zu Fehlern in der Listung führen kann. Auch ist es wichtig zu wissen, dass die Kategorien von I bis VI die Ziele des Schutzgebietsmanagements widerspiegeln, nicht aber ein Indikator für Qualität, oder Erfolg oder Misserfolg, sind. Die „European Environment Agency“ (EAP) listet den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer allerdings in der „Category V, Protected Landscape“, also in etwa ein Landschaftsschutzgebiet (schriftliche Auskunft des UNEP World Conservation Monitoring Centre (UNEP-WCMC) in Cambridge vom 23. Oktober 2008).[4]

2008 wurde das Wattenmeer in Niedersachsen und Schleswig Holstein der UNESCO zur Nominierung als UNESCO-Weltnaturerbe vorgeschlagen. Präsident der deutschen UNESCO-Kommission ist seit 2003 Walter Hirche (FDP), der von 2003 bis 2009 Wirtschaftsminister in Niedersachsen war.

Im Vorfeld der Nominierung des Wattenmeeres als UNESCO-Weltnaturerbe fand im Sommer 2008 eine gutachterliche Bereisung eines Senior Officers der in der Schweiz ansässigen International Union for Conservation of Nature (IUCN) zusammen mit Vertretern der Tourismuswirtschaft im und am Wattenmeer statt. Aus dazu zeitgleich und späteren erschienenen Zeitungsberichten ging jedoch hervor, dass die UNESCO-Nominierung vorrangig als „international wirksames Marketinginstrument für die Tourismuswirtschaft“ dienen soll, zusätzliche Beschränkungen durch Naturschutzmaßnahmen seien damit nicht verbunden.[5][6]

„Wir müssen das UNESCO-Weltnaturerbe im In- und Ausland bekannt machen und auf die Bedeutung als einzigartiges Ökosystem mit besonderer Artenvielfalt hinweisen, sagt Frieslands Landrat Sven Ambrosy. Bislang weist der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer trotz seines Alters noch einen vergleichsweise niedrigen Bekanntheitsgrad auf.[…] Nur, wenn eine Region stolz auf sich ist und sie liebt, kann sie sich auch selbst vermarkten.[7]

„Nach Auffassung der IHK birgt diese internationale Auszeichnung auch große Chancen für den Tourismus. „Mit dem Pfund wird die Region wuchern können und müssen“, erklärte der IHK-Chef. Sollte dem Wattenmeer dieses Prädikat tatsächlich verliehen werden, erhalte die gesamte Nordseeküste ein neues Markenzeichen. Kolck betonte, dass die Anerkennung als Weltnaturerbe keine Veränderung der geltenden Rechtslage mit sich bringe.[6]

Am 26. Juni 2009 erhielt der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer zusammen mit dem niederländischen Watt und dem Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer in Sevilla die Anerkennung als UNESCO-Weltnaturerbe. Dänemark und Hamburg haben es bisher abgelehnt, ihre Wattflächen nominieren zulassen.

Am 1. März 2010 wurde das Nationalparkgesetz erneut novelliert und an das Bundesnaturschutzgesetz angepasst. Durch die Novellierung wurde der Nationalpark um ca. 670 km² überwiegend im Bereich Cuxhaven und im Elbe-Weser Mündungsgebiet vergrößert. Die Gesamtfläche wuchs dadurch auf fast 3500 km².

Kritik

In der Vergangenheit haben Naturschutzverbände und -gruppierungen die Entwicklung des Nationalparks in Fünfjahresbilanzen kritisch begleitet. Die Verbände arbeiteten damals noch in der „AG Nationalpark“ unter der Federführung des WWF zusammen. Die Nationalparkbilanz 2006, verfasst von WWF, BUND, NABU, Naturschutzverband Niedersachsen (NVN), Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (LBU), Niedersächsischer Heimatbund (NHB), Aktionskonferenz Nordsee (AKN), Wattenrat Ost-Friesland und der Wissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft Umweltschutz in Jever. Zum 25-jährigen Jubiläum des Nationalparks gaben die Verbände und Gruppierungen keine gemeinsame Bilanz mehr heraus. Im März 2011 veröffentlichte daher der Wattenrat Ost-Friesland den Beitrag „25 Jahre Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer: Bausteine für ein Qualitätsmanagement“. Darin sind aktuelle Kritikpunkte und Änderungsvorschläge eingearbeitet. Hauptkritikpunkte des Wattenrates sind der unzureichend gelenkte Massentourismus, fehlende Aufsicht durch ein qualifiziertes Rangersystem, zunehmender Sportbootverkehr, die Zulassung von Kitesurfern mit „Befreiungen“ durch die Nationalparkverwaltung in den eigentlich dafür verbotenen Zwischenzonen des Nationalparks, Baggergut-Verklappungen, Kabeltrassenbau für Offshore-Windparks auch durch die am strengsten geschützten Ruhezonen und ein mangelhaftes Salzwiesen-Management.

Auch der NABU kritisierte zum 25-jährigen Bestehen des Nationalparks „Niedersächsisches Wattenmeer“ 2011, dass Teile des Gebietes trotz der Ausweisung als Nationalpark und Weltnaturerbe immer noch nicht wirksam vor menschlichen Einflüssen geschützt sind. Olaf Tschimpke mahnte einen deutlicheren Schutz aller drei Wattenmeer-Nationalparke vor zunehmender wirtschaftlicher Nutzung und Massentourismus an. Der NABU wies darauf hin, dass in den vergangenen 25 Jahren trotz formalen Schutzes 19 von insgesamt 33 Vogelarten seltener geworden sind. Dazu gehören auch „Charakterarten“ wie Austernfischer oder Brandgans.

Ein wesentliches Problem in Niedersachsen bestehe darin, so der NABU, dass Naturschutzgebiete nur sehr unzureichend betreut würden. Insbesondere im Nationalpark fehle ein professionelles Rangersystem. Nach wie vor gibt es nur sechs hauptamtliche Nationalparkwarte („Ranger“) auf 3500 km² Fläche. Die Ranger sind beim Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz angestellt. Sie sind nicht mit Fahrzeugen oder Booten ausgerüstet und haben keine hoheitlichen Befugnisse. Auch sei das System nicht mit Umweltbildungseinrichtungen der Naturschutzverbände verknüpft. Ebenfalls problematisch seien ein norddeutsches und damit auch niedersächsisches Konzept zur Netzanbindung von Offshore-Windparks, vermüllte Strände und die geplanten Flussvertiefungen der größeren Flüsse Ems, Weser und Elbe.[8]

Positiv merkte der NABU 2011 an, ist der Nachweis von in Krummhörn der ersten Sandregenpfeifer Bruten. Sandregenpfeifer gehören zu den Küstenvogelarten, deren Brutbestände seit mehreren Jahren zurückgehen.

Hinweisschild auf Juist

Zonierung

Der Nationalpark gliedert sich in drei Zonen mit unterschiedlichem Schutzstatus.[9]

  • Zone I: Die am strengsten geschützte Ruhezone macht etwa 68,5 Prozent der Fläche aus und darf ganzjährig nur in wenigen Bereichen, beispielsweise auf markierten Wegen oder im Rahmen von geführten Wattwanderungen, betreten werden.
  • Zone II: Die Zwischenzone macht 31,0 Prozent der Fläche aus und darf mit Ausnahme ausgewiesener Vogelschutzgebiete auf ausgewiesenen Wegen ganzjährig betreten werden. Die genannten Bereiche dürfen in der Hauptbrut-, Nahrungs- und Rastzeit der Vögel im Jahresverlauf jeweils vom 1. April bis 31. Juli nur auf markierten Wegen betreten werden.
  • Zone III: Die Erholungszone macht mit 0,5 Prozent den kleinsten Flächenanteil aus und dient überwiegend den Menschen zur Erholung.

Inseln im Nationalpark

Der Nationalpark beinhaltet auch die Flächen der Inseln Baltrum, Borkum, Langeoog, Juist, Mellum, Memmert, Minsener Oog, Norderney, Spiekeroog und Wangerooge. Vollständig ausgenommen vom Nationalparkschutz sind lediglich die eigentlichen Siedlungs- und Infrastrukturbereiche auf den bewohnten Inseln. Im Rahmen der Schutzzone III relativ gering geschützt sind des Weiteren bestimmte Inselbereiche, die in erster Linie der Erholung dienen (zum Beispiel ausgewiesene Badestrand-Abschnitte).

Adresse Nationalparkverwaltung

Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer
Virchowstraße 1
26382 Wilhelmshaven
Tel.: 04421-911-0

Siehe auch

Literatur

Filmografie

  • Im Nationalpark Wattenmeer. Dokumentarfilm, 45 Min., Deutschland, 1998, von Jens-Uwe Heins und Michael Sutor, Produktion: Komplett-Media-GmbH, Grünwald (ISBN 3-89672-492-4)

Weblinks

Commons: Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikivoyage: Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer – Reiseführer

Informationen der Nationalparkverwaltung

Zwei Nationalpark-Zentren:

Zwölf Nationalpark-Infohäuser:

Zwei Nationalpark-Partnereinrichtungen:

Private Vereinigungen:

Zertifizierte Nationalpark-Wattführungen und -Gästeführungen:

Einzelnachweise


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