Alarmierende Zerstörung der biologischen Vielfalt



Bio-News vom 21.05.2021

Das sechste Massensterben: Wenige hundert Jahre menschengemachten Rückgangs der Biodiversität fordern Millionen Jahre der Erholung. Das derzeitige Artensterben übertrifft jenes am Ende der Kreidezeit, als die Dinosaurier ausgelöscht werden.

Das derzeitige Artensterben übertrifft jenes am Ende der Kreidezeit, als die Dinosaurier ausgelöscht werden. Dies ist das alarmierende Ergebnis einer internationalen Studie unter Federführung der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU). Die biologische Vielfalt in Süßwasser-Ökosystemen geht dramatisch zurück; zahlreiche Arten sind vom Aussterben bedroht, meist als direkte oder indirekte Folge menschlicher Einflüsse. Lebensraumzerstörung, Klimawandel, Übernutzung, Umweltverschmutzung und invasive Arten sind die Hauptursachen für den raschen Rückgang der Biodiversität auf der Erde. „Es kann Millionen von Jahren dauern, die Schäden rückgängig zu machen, die jetzt in Jahrzehnten bis Jahrhunderten angerichtet werden“, sagt der Hauptautor der Studie, Dr. Thomas A. Neubauer vom Institut für Tierökologie und Spezielle Zoologie der JLU. „Die derzeitige Biodiversitätskrise, die oft als sechstes Massensterben bezeichnet wird, ist eine der kritischen Herausforderungen, denen wir uns im 21. Jahrhundert gegenübersehen.“


Der Volvi-See in Griechenland trocknet aufgrund übermäßiger Bewässerung für Landwirtschaft in Verbindung mit dem Klimawandel vorübergehend aus – eines von vielen Beispielen für ein Süßwassersystem unter menschlichem Druck.

Publikation:


Thomas A. Neubauer, Torsten Hauffe, Daniele Silvestro, Jens Schauer, Dietrich Kadolsky, Frank P. Wesselingh, Mathias Harzhauser, Thomas Wilke
Current extinction rate in European freshwater gastropods greatly exceeds that of the late Cretaceous mass extinction
Communications Earth & Environment

DOI: 10.1038/s43247-021-00167-x



Um das Tempo des Aussterbens zu untersuchen und die Erholungsphase vorherzusagen, verglich ein internationales Forscherteam aus den Fachgebieten Evolutionsbiologie, Paläontologie und Geologie unter Leitung der Universität Gießen die heutige Krise mit dem vorherigen fünften Massensterben. Dieses Ereignis war das Ergebnis eines Asteroideneinschlags vor 66 Millionen Jahren, bei dem etwa 76 Prozent aller Arten auf dem Planeten ausgelöscht wurden, einschließlich ganzer Tiergruppen wie der Dinosaurier. Das Forscherteam konzentrierte sich in seiner Studie auf Süßwasser-Biota, die zu den am stärksten bedrohten der Welt gehören, und sammelte einen großen Datensatz mit rund 3.400 fossilen und lebenden Schneckenarten Europas aus den letzten 200 Millionen Jahren. Auf dieser Grundlage schätzten die Wissenschaftler die Artenentstehungs- und Aussterberaten. Mit diesen Daten können sie abwägen, wie lange die Phasen der Erholung nach Aussterbe-Ereignissen dauern.

Die Ergebnisse der Studie, die nun in der Zeitschrift „Communications Earth & Environment“ veröffentlicht wurden, zeigen: Während bereits die Extinktionsrate während des fünften Massensterbens erheblich höher war, als bisher für Süßwasser-Biota angenommen, wird sie von der vorhergesagten zukünftigen Extinktionsrate des aktuellen sechsten Massensterbens deutlich übertroffen. Im Durchschnitt war die vorhergesagte Aussterberate etwa tausend Mal so hoch wie während des Aussterbens der Dinosaurier. „Bereits im Jahr 2120 ist möglicherweise ein Drittel der lebenden Süßwasserarten verschwunden“, so Neubauer. „Das Tempo, mit dem wir heute Arten verlieren, ist beispiellos und wurde in der Vergangenheit noch nicht einmal bei großen Aussterbungskrisen erreicht.“

Der Verlust von Arten bringt Veränderungen in den Artengemeinschaften mit sich und wirkt sich langfristig auf ganze Ökosysteme aus. Die Menschheit ist jedoch auf funktionierende Süßwassersysteme angewiesen, um die ihre Gesundheit, ihre Ernährung und ihre Wasserversorgung aufrechtzuerhalten.

Die Erkenntnisse, die die Wissenschaftler in ihrer Studie für das fünfte Massensterben gewonnen haben, zeigen auch eine besorgniserregende Perspektive für die Zukunft auf: Obwohl die damalige Ursache für das zunehmende Aussterben – ein Asteroideneinschlag auf die Halbinsel Yucatán in Mexiko – ein kurzes Ereignis in geologischen Maßstäben war, blieb die Aussterberate ungefähr fünf Millionen Jahre lang hoch. Danach folgte eine noch längere Erholungsphase. Insgesamt dauerte es fast zwölf Millionen Jahre, bis das Gleichgewicht zwischen dem Entstehen und Verschwinden von Arten wiederhergestellt war.



Diese Newsmeldung wurde mit Material der Justus-Liebig-Universität Gießen via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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