Dem Duft der Bienenkönigin auf der Spur: Erstmals Königinnenpheromon bei primitiven eusozialen Bienen identifiziert



Bio-News vom 13.02.2020

Im Bienenstaat herrschen typischerweise ein strenges Kastenwesen und reproduktive Arbeitsteilung. Insbesondere von sozial hoch entwickelten Arten ist bekannt, dass die Bienenkönigin Verhalten und Fruchtbarkeit ihrer Arbeiterinnen durch so genannte Königinnenpheromone steuert. Nun ist es Biologen der Universität Ulm erstmals gelungen, solche Pheromone auch bei einer primitiven eusozialen Bienenart nachzuweisen. Dieses, in der Fachzeitschrift Current Biology veröffentlichte Ergebnis, lässt neue Rückschlüsse auf die Evolution der Königinnenpheromone zu.

Der eusoziale Bienenstaat zeichnet sich durch strenge Arbeitsteilung aus: Während die Königin für die Eiablage zuständig ist, übernehmen die meist sterilen Arbeiterinnen Aufgaben beim Nestbau, in der Brutpflege und Futtersuche. Von Arten mit hoch entwickeltem Sozialverhalten wie der Honigbiene ist bekannt, dass Königinnen das Verhalten und die Fruchtbarkeit ihrer Arbeiterinnen mit spezifischen Duftstoffen („Pheromonen“) steuern. Nun konnten Professor Manfred Ayasse und Iris Steitz von der Universität Ulm erstmals zeigen, dass Königinnenpheromone auch das Sozialleben primitiver eusozialer Insekten wie der Furchenbiene beeinflussen. Allerdings unterscheidet sich die chemische Zusammensetzung dieses Königinnenpheromons von höheren Insekten, was Rückschlüsse auf die komplexe Evolution des Königinnenpheromons zulässt. Die aktuelle Studie ist in der Fachzeitschrift Current Biology erschienen.


Publikation:


Iris Steitz and Manfred Ayasse
Macrocyclic Lactones act as a Queen Pheromone in a Primitively Eusocial Sweat Bee
Current Biology (2020)

DOI: 10.1016/j.cub.2020.01.026



Die reproduktive Arbeitsteilung und das Kastenwesen gelten als Grundlage des evolutionären Erfolgs eusozialer Insekten wie Bienen, Wespen oder Ameisen. Aus früheren Studien ist bekannt, dass Arten mit höher entwickeltem Sozialverhalten ihr Zusammenleben über chemische Kommunikation organisieren. Eine Schlüsselrolle spielen dabei Königinnenpheromone, die insbesondere die Reproduktionsfähigkeit der Arbeiterinnen hemmen. Von primitiv eusozialen Arten wurde hingegen angenommen, dass die Königin ihre Arbeiterinnen durch aggressives Verhalten an der Fortpflanzung hindert. Allerdings ist das Sozialverhalten dieser Insekten, die in kleinen, einjährigen Kolonien zusammenleben und deren Königin sich äußerlich kaum von den Arbeiterinnen unterscheidet, noch nicht ausreichend untersucht. Diese Forschungslücke wollen Biologinnen und Biologen des Ulmer Instituts für Evolutionsökologie und Naturschutzgenomik schließen.

Bei der primitiv eusozialen Furchenbiene (Lasioglossum malachurum) haben sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf die Suche nach möglichen Königinnenpheromonen gemacht. „Diese Bienenart ist besonders gut als Modellorganismus geeignet, da die chemischen Substanzen auf ihrer Körperoberfläche bereits ausreichend untersucht und identifiziert sind“, erklärt Erstautorin Iris Steitz. Eine vergleichende chemische Analyse des Duftprofils von Furchenbienen-Königinnen und -Arbeiterinnen ergab Unterschiede in der Menge so genannter makrozyklischer Laktone. Zudem variierte die Menge kutikulärer Kohlenwasserstoffe, die die Haut der Insekten bedecken sowie primär vor Austrocknung schützen, und die bei vielen höher entwickelten Arten als Königinnenpheromone dienen.

Welche Mischung das charakteristische Duftprofil einer Furchenbienen-Königin ausmachen könnte, haben die Forschenden im Experiment untersucht. Dazu haben sie die Situation in den Erdnestern simuliert: Zwei Arbeiterinnen aus dem gleichen Nest wurden in einen durchsichtigen Schlauch gesetzt, um ihr Verhalten beobachten zu können. Danach wurde je eine der Bienen mit dem Original-Duftstoff einer Königin beziehungsweise mit synthetischen Mischungen aus kutikulären Kohlenwasserstoffen oder makrozyklischen Laktonen behandelt. „Durch diese Geruchsmanipulation konnten wir das Verhaltensrepertoire von Arbeiterinnen beobachten, die ihrer Königin im Nest begegnen. Die typische Reaktion besteht aus unterwürfigen, sich zurückziehenden Bewegungen“, beschreibt Professor Manfred Ayasse. Dieses Verhaltensmuster zeigte sich besonders deutlich, wenn die jeweils andere Arbeiterin mit dem originären Duftstoff einer Königin oder mit einer synthetischen Mischung aus makrozyklischen Laktonen behandelt worden war.

Kutikuläre Kohlenwasserstoffe alleine lösten hingegen keine typischen Reaktionen bei den nicht behandelten Arbeiterinnen aus, sie fungieren offenbar lediglich als chemischer Hintergrund des Königinnenpheromons der Furchenbiene.

Inwiefern das nun identifizierte Königinnenpheromon tatsächlich die Reproduktionsfähigkeit der Arbeiterinnen beeinflusst, haben die Forschenden in einem zweiten Experiment untersucht. Dazu wurden Arbeiterinnen ohne Königin in künstliche Nester gebracht, in die verschiedene, bei Königinnen gefundene Duftmischungen geleitet wurden. Als die Biologen nach sieben Tagen die Eierstock-Aktivität der Arbeiterinnen untersuchten, zeigte sich, dass diese vor allem dann reduziert war, wenn makrozyklische Laktone in das Nest gelangt waren. „Insgesamt lässt sich feststellen, dass die von uns identifizierten Königinnenpheromone aus makrozyklischen Laktonen bei Arbeiterinnen der Furchenbiene unterwürfiges Verhalten auslösen und deren Eierstock-Aktivität deutlich reduzieren“, resümiert Iris Steitz.

Somit ist den Forschenden wohl erstmals der Nachweis eines Königinnenpheromons bei weniger komplexen eusozialen Arten gelungen. Anders als die meisten bisher bekannten Duftprofile, die bei Königinnen von Arten mit höher entwickeltem Sozialverhalten gefunden wurden, gehört dieses jedoch nicht zur Substanzklasse der kutikulären Kohlenwasserstoffe. „Die meisten bisher publizierten Studien ließen vermuten, dass kutikuläre Kohlenwasserstoffe generell bei allen sozialen Insekten zu Königinnenpheromonen evolviert sind. Unsere Studie stellt diese Annahme in Frage und zeigt ein viel komplexeres Bild der Evolution“, so Professor Ayasse. Daher seien weitere vergleichbare Studien an weniger hoch entwickelten eusozialen Insektenarten wünschenswert.


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Universität Ulm via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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