Der Frühling wird leiser: Untersuchung des Vogelgesangs mit Hilfe von Bürgern



Bio-News vom 02.11.2021

Naturgeräusche, insbesondere Vogelgesang, sind wichtig für unsere Verbindung zur Natur. Doch durch veränderte Landnutzung und Klimawandel nimmt die Zahl der Vögel ab. Wie hat sich dies auf unsere Klanglandschaften, also den im Hintergrund immer präsenten Vogelgesang, ausgewirkt? Ein internationales Forschungsteam kombinierte Daten aus Vogelmonitoring-Programmen mit Tonaufnahmen einzelner Arten in freier Wildbahn, die durch Bürgerinnen und Bürger gemacht wurden. Die Studie zeigt, dass sich die Geräusche des Frühlings verändern: Das Vogelkonzert wird in Nordamerika und Europa leiser und weniger abwechslungsreich.

Die Forscherinnen und Forscher kombinierten Daten aus Langzeitprogrammen, die Veränderungen in der Häufigkeit von Vogelarten überwachen, mit Aufnahmen von über 1000 Arten aus Xeno Canto, einer Online-Datenbank für Vogelrufe und -gesänge. So konnten sie Klanglandschaften von mehr als 200.000 Aufnahmeflächen in den vergangenen 25 Jahren erstellen. Sie charakterisierten die Klanglandschaften anhand verschiedener Indizes. Diese Indizes geben wieder, wie komplex, variabel und intensiv die Klanglandschaft ist – dies wird gesteuert von der Anzahl der vorhandenen Arten, ihrer Häufigkeit, aber auch den stimmlichen Eigenschaften einzelner Arten. Änderungen in der Artenzusammensetzung über mehrere Jahre haben daher auch Änderungen im Klangbild zur Folge


Stare sind aus vielen Gärten Mitteleuropas verschwunden, und mit ihnen ihre pfeifenden und zwitschernden Gesänge, die mit gekonnten Imitationen angereichert sind.

Publikation:


Morrison CA et al.
Bird population declines and species turnover are changing the acoustic properties of spring soundscapes
Nature Communications (2021)

DOI: 10.1038/s41467-021-26488-1



Das Team der Abteilung für Naturschutzbiologie der Universität Göttingen arbeitete dabei eng mit dem Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) zusammen, welcher die Millionen Datensätze zur Verfügung stellte. Der DDA ist ein Zusammenschluss vogelkundlicher Vereinigungen in Deutschland, der bundesweite Citizen-Science-Programme koordiniert. Dazu gehört auch das Monitoring häufiger Brutvogelarten, bei der jedes Jahr Freiwillige an 1700 Orten zwischen Nordseeküste und Alpen Daten über Vogelarten sammeln, und aus dem Daten die für die hier vorgestellte Studie stammen. Das Forschungsteam der Universität brachte für die Studie sein analytisches Fachwissen zu den veränderten Vogelpopulationen ein.

Prof. Dr. Johannes Kamp, Leiter der Abteilung Naturschutzbiologie an der Universität Göttingen, erklärt: „Die akustische Vielfalt und Intensität der natürlichen Klanglandschaften scheint in ganz Europa abzunehmen. In Deutschland haben wir zum Beispiel große Populationen von Arten mit charakteristischen Stimmen verloren, zum Beispiel Feldlerche und Kiebitz. Das sind Klänge, die das Erleben des Frühlings in der Landschaft ausmachen. Vor allem die Agrarlandschaften sind viel ruhiger geworden.“ Dort, wo insgesamt weniger Vögel geblieben sind oder der Artenreichtum abgenommen hat, nimmt auch die akustische Vielfalt und Intensität ab. Auch eine veränderte Zusammensetzung der Vogelgemeinschaft oder die Art und Weise, wie sich die Stimmen der einzelnen Arten ergänzen, beeinflussen die Klanglandschaft.


Die Zahl der Vögel in der Landwirtschaft ist in ganz Europa stark zurückgegangen. Ohne den einzigartigen Klang der Kiebitze sind die landwirtschaftlichen Felder im Frühjahr viel stiller.

Sven Trautmann, Koordinator des Monitorings häufiger Vögel beim DDA, ergänzt: „Wir müssen den Rückgang der Vogelpopulationen stoppen. Die heutigen verarmten Klanglandschaften werden von der jüngeren Generation bereits als normal empfunden. Wir können nicht zulassen, dass sich die Situation weiter verschlechtert, sonst drohen negative Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit.“


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Georg-August-Universität Göttingen via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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