Der evolutionäre Ursprung der Körperachse



Bio-News vom 15.07.2022

Eine neue Studie beschreibt die Entstehung der Körperachse im unsterblichen Süßwasserpolypen Hydra. Verantwortlich dafür ist der sogenannte Hippo-Signalweg, ein molekularbiologischer Vorgang, der unter anderem dafür sorgt, dass unsere Organe nicht unbegrenzt weiterwachsen.

Die Körperstruktur der allermeisten Tiere orientiert sich an einer Achse, die vom Kopf zum Rumpf verläuft. Eine große Frage der Entwicklungsbiologie ist es, wie die Zellen der ersten mehrzelligen Tiere sich organisierten und wie es zur Bildung dieser Körperachse kam. Eine neue Studie, die im Fachmagazin Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht wurde, zeigt, dass die evolutionären Ursprünge der Körperachse im sogenannten Hippo-Signalweg liegen.


Hydra vulgaris

Publikation:


M. Brooun, W. Salvenmoser, C. Dana, M. Sudol, R. Steele, B. Hobmayer and H. McNeill
The Hippo pathway regulates axis formation and morphogenesis in Hydra

PNAS (2022)

DOI: 10.1073/pnas.2203257119



Ein Signalweg formt die Organe

Signalwege sind molekularbiologische Abläufe, die der Kommunikation zwischen Zellen dienen. Durch die Bildung und den Austausch bestimmter Moleküle können Zellen Informationen aus der Umwelt oder dem Körper aufnehmen, verarbeiten und auf diese reagieren. Der Hippo-Signalweg hat bei höheren Tieren, wie zum Beispiel Säugetieren und Vögeln, eine wichtige Funktion. Er kontrolliert die Zellteilung in den sich bildenden Organen und sorgt dafür, dass diese ihre richtige Größe und dreidimensionale Form annehmen. Ist der Hippo- Signalweg fehlerhaft, kann es zu Gewebeverdickungen kommen, ähnlich der Haut eines Flusspferdes - daher auch der Name.


Eingefärbte Muskelstränge im Hydra-Tentakel.
Eine Hydra mit deformierten Tentakeln, Folge eines fehlerhaften Hippo-Signalwegs.

Mit Elektronenmikroskopie untersucht

Eine Kanadisch-US-amerikanische Forschungskooperation hat, mit Unterstützung des Instituts für Zoologie der Universität Innsbruck, die Funktion dieses Signalwegs zum ersten Mal in evolutionär alten Tieren beschrieben. In solchen ist der Hippo-Signalweg vermutlich ursprünglich entstanden. Dazu untersuchten die Forscherinnen und Forscher den Süßwasserpolypen Hydra. Die Arbeitsgruppe um Bert Hobmayer am Institut für Zoologie befasst sich seit Jahren intensiv mit diesem Modellorganismus. Mittels Elektronenmikroskopie untersuchten sie den komplexen Mechanismus und lieferten wichtige Daten über die innere Organisation der Zellen, die vom Hippo-Signalweg gesteuert werden.



Hobmayer: „Wir haben in den einfach gebauten Hydren nun ähnliche Wirkungsprinzipien gefunden, die allerdings die kompletten Tiere betreffen.“



Die Forschungsergebnisse zeigen, dass der Hippo-Signalweg die Zellteilungsrate in der gesamten Hydra beeinflusst. Damit steuert er auch das Entstehen neuer Tiere. Neben der Kontrolle des Gewebewachstums und der asexuellen Fortpflanzung bildet der Hippo Signalweg auch Signalmoleküle aus, die für das Auswachsen einer normal geformten Körperachse notwendig sind.

Damit sind die Forscherinnen und Forscher nicht nur der Entstehung eines wichtigen Signalwegs einen großen Schritt nähergekommen. Mit dem neuen Wissen um die einfach gebaute Hydra eröffnen sich auch weiterführende Studien mit diesem Modellorganismus.



Diese Newsmeldung wurde mit Material der Universität Innsbruck via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.


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