Maisgene kontrollieren winzige Helfer im Boden
Bio-News vom 22.03.2024
Winzlinge wie Bakterien und Pilze helfen Pflanzenwurzeln bei ihrer Arbeit und fördern ihre Gesundheit. Eine gängige Vorstellung ist, dass die Zusammensetzung dieser Mikroben von den Bodeneigenschaften abhängt. Jedoch hat nun ein internationales Forschungsteam an verschiedenen lokalen Maissorten herausgefunden, dass die Erbanlagen der Pflanze ebenfalls dazu beitragen, welche Mikroorganismen sich an der Wurzel tummeln. Die Ergebnisse könnten künftig dabei helfen, besser an Dürre und Nährstoffmangel angepasste Maissorten zu züchten.
Damit Pflanzen ordentlich wachsen können, nehmen sie über ihre Wurzeln Wasser und Nährstoffe auf. Dabei greifen sie auf winzige Helfer zurück: Vor allem Bakterien und Pilze befinden sich in einer wenige Millimeter dünnen Schicht um die Wurzeln herum. „Diese Mikroorganismen sind für die Gesundheit und Fitness der Pflanze essentiell“, sagt Dr. Peng Yu, der die Nachwuchsgruppe „Funktionelle Wurzelbiologie“ am Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz (INRES) der Universität Bonn leitet. Die Mikroben helfen bei der Wasser- und Nährstoffaufnahme und wehren für die Pflanze schädliche Organismen ab – ähnlich wie das „Mikrobiom“ im Darm des Menschen mit darüber bestimmt, ob wir krank werden oder gesund bleiben.
Publikation:
He, X., Wang, D., Jiang, Y. et al.
Heritable microbiome variation is correlated with source environment in locally adapted maize varieties
Nat. Plants (2024)
DOI: 10.1038/s41477-024-01654-7
Eine klassische Vorstellung ist, dass vor allem Eigenschaften des Bodens über die Zusammensetzung des Mikrobioms – der Gesamtheit aller Mikroorganismen – bestimmen. Hierzu zählen etwa die Bodenart und ob der Boden eher sauer oder basisch ist. Ein internationales Forschungsteam unter Federführung der Universität Bonn hat jedoch nun an Maispflanzen nachgewiesen, dass das Erbgut der Wirtspflanze einen erheblichen Einfluss auf die Zusammensetzung der Wurzelmikroben hat.
„Dabei hat sich gezeigt, dass das Mikrobiom an der Wurzel ganz entscheidend dafür ist, wie widerstandsfähig die Maispflanzen gerade unter Stressbedingungen wie Nährstoff- oder Wassermangel sind“, sagt Prof. Dr. Frank Hochholdinger von der Abteilung für funktionelle Genomik der Nutzpflanzen am INRES der Universität Bonn. Mit Blick auf den globalen Klimawandel und begrenzte Ressourcen des Nährelements Phosphor könnte die Resilienz gegen Dürre und Nährstoffmangel in Zukunft noch eine viel größere Rolle spielen.
Anpassung regionaler Maissorten an Umweltbedingungen
Das Erbgut verschiedener Maissorten ist sehr unterschiedlich. So sind regionale Sorten an ganz verschiedene Umweltbedingungen angepasst, je nachdem ob sie etwa im kühleren Hochland oder wärmeren Tiefland Südamerikas angebaut werden. „Die Jahrhunderte lange Selektion von an das lokale Klima angepassten Maissorten führt zu sehr unterschiedlichen Genotypen, die wir für die Studie nutzen konnten“, sagt Dr. Yu, der eine von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Emmy Noether-Nachwuchsgruppe leitet und auch Mitglied im Exzellenzcluster PhenoRob und dem Transdisziplinären Forschungsbereich „Sustainable Futures“ an der Universität Bonn ist.
Die Forschenden haben zusammen mit Wissenschaftlern der Southwest University in Chongqing (China) insgesamt 129 verschiedene Maissorten untersucht, die einerseits unter „normalen“ Bedingungen und andererseits unter Phosphor-, Stickstoff- und Wassermangel angezogen wurden. Außerdem sequenzierte das Team die DNA von Mikroben aus 3168 Proben, die aus der wenige Millimeter dicken Schicht um die Wurzeln herum stammen.
Die Rolle der Erbanlagen in der Wurzel stellte sich unter Stressbedingungen heraus. Nährstoff- und Wassermangel hatten zwar einen erheblichen Einfluss auf die Zusammensetzung der Mikroben. Doch unter gleichen Stressbedingungen zeigten sich trotzdem charakteristische Mikrobiom-Unterschiede zwischen den verschiedenen Maissorten. „Wir haben nachgewiesen, dass bestimmte Maisgene mit bestimmten Bakterien interagieren“, nennt Dr. Yu ein wichtiges Ergebnis. Die Forschenden konnten anhand von Daten zu den Wuchsbedingungen am Herkunftsort einer bestimmten Maissorte und deren Erbanlagen sogar vorhersagen, welche Schlüsselorganismen im Mikrobiom an der Wurzel vorkommen.
Das Bakterium Massilia fördert die Ausbildung von Seitenwurzeln
Dabei stachen Bakterien der Gattung Massilia besonders hervor: „Auffällig war, dass bei ausreichender Stickstoffversorgung nur wenige Exemplare dieser Mikroben vorkamen“, sagt Prof. Dr. Gabriel Schaaf von der Abteilung Ökophysiologie der Pflanzenernährung am INRES und Mitglied im Exzellenzcluster PhenoRob der Universität Bonn. War dagegen der Stickstoff knapp, tummelten sich viele Massilia an der Wurzel. Das Team „impfte“ daraufhin Maiswurzeln mit diesem Bakterium. Dabei zeigte sich, dass die Pflanzen in der Folge viel mehr Seitenwurzeln bildeten und dadurch ihre Nährstoff- und Wasseraufnahme deutlich verbesserten.
Wie schaffen es die Maispflanzen, das winzige Massilia-Bakterium für ein derartiges Wurzelwachstum einzuspannen? Mit weiteren Untersuchungen fanden die Forschenden heraus, dass die Wurzel Massilia-Bakterien mit Flavonen anlockt. Diese Substanz zählt zu den Pflanzenfarbstoffen und stimuliert mit Hilfe der Bakterien die Bildung von Seitenwurzeln. „Voraussetzung dafür war jedoch, dass die Maispflanze über ein Mikrotubuli-bindendes Gen verfügte“, sagt Dr. Peng Yu. War es nicht vorhanden, kam es auch nicht zur vermehrten Ausbildung von Seitenwurzeln.
Die Maissorte mit dem fehlenden Gen stammt aus einer riesigen Datenbank mit Mais-Mutationen, die Forschende um Dr. Caroline Marcon vom INRES aufgebaut haben. Die Datenbank hilft dabei, die Funktionen der Maisgene aufzuklären.
Besser an Dürre und Nährstoffmangel angepasste Maissorten
Das internationale Forschungsteam hofft, mittelfristig auch Vorhersagen zu den Erträgen machen zu können. „Wir betreiben Grundlagenforschung“, sagt Hochholdinger. „Diese Resultate könnten jedoch eine Basis sein, künftig besser an Dürre und Phosphormangel angepasste Maissorten anhand der Genom- und Mikrobiomdaten zu züchten.“
Beteiligte Institutionen und Förderung:
Neben verschiedenen Abteilungen des Instituts für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz (INRES) der Universität Bonn war
- die Southwest University Chongqing (China),
- das Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in Gatersleben,
- die Pennsylvania State University (USA),
- das Instituto de Recursos Naturales y Agrobiologia de Sevilla (Spanien),
- die Universität Hohenheim,
- die University of Nebraska-Lincoln (USA),
- das Julius Kühn-Institut in Braunschweig,
- die Ghent University (Belgien), das Center for Plant Systems Biology in Ghent,
- die University of Amsterdam (Niederlande)
- und die Lebensmittelmikrobiologie der Universität Bonn
beteiligt.
Die Studie wurde unter anderem durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert, darunter auch durch Mittel des Exzellenzclusters PhenoRob
Diese Newsmeldung wurde mit Material der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.