Methanquellen der Tiefsee - Ein Bakterienschmaus für Steinkrabben



Bio-News vom 11.10.2013

Vor der Küste Costa Ricas dokumentierte ein internationales Wissenschaftlerteam mit Beteiligung des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, der Universität Basel und des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie, wie Steinkrabben der Gattung Paralomis sp. Bakterienmatten an einer Methanquelle abgrasen. Ihre Analyse-Ergebnisse und eine Zeitrafferaufnahme, veröffentlicht im Online-Fachmagazin PLOS ONE, belegen, dass nicht nur sesshafte Organismen von der Produktivität rund um die Cold Seeps profitieren.


Krebs auf der Bakterienmatte in der Nähe des Schlammvulkans Mound 12, fotografiert mit Hilfe eines Tiefseeobservatoriums. Foto: GEOMAR

Publikation:


Niemann, H. et al.
Methane-carbon flow into the benthic food web at cold seeps – a case study from the Costa Rica subduction zone
PLOS

DOI: 10.1371/journal.pone.0074894



Der Boden der Tiefsee ist über weite Strecken öde und unbelebt – eine Wüste, kilometerhoch mit Wasser bedeckt. Oasen entstehen um Cold Seeps, kalte Quellen, an denen Wasser gelöste Elemente aus dem Meeresboden herauftransportiert. So können spezialisierte Mikroben austretendes Methan und Sulfat aus dem Meerwasser in Schwefelwasserstoff umwandeln. Dabei setzen sie Kohlendioxid frei. Hoch angepasste Bakterien, von denen viele in Symbiose mit Würmern und Muscheln leben, nutzen den Schwefelwasserstoff für ihr Wachstum. In ihren Körperzellen bauen sie Kohlenstoff ein, der aus der chemischen Reaktion des Methans stammt.

„Die Koexistenz bei Organismen, die sich fest an den Cold Seeps angesiedelt haben, ist bereits gut erforscht“, weiß Dr. Peter Linke. Der Biologe am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel ist zusammen mit Dr. Helge Niemann von der Universität Basel Hauptautor der Veröffentlichung im Online-Fachmagazin PLOS ONE. „Wir konnten jetzt einen Beweis erbringen, dass auch Krebse zu den Nutznießern der Methanquellen gehören. Damit nähern wir uns einer Antwort auf die Frage, welche Organismen von den Cold Seeps profitieren: Wandernde Mischkostler gehören offenbar auch dazu.“

Auf Tauchgängen mit dem Tauchboot ALVIN und dem Unterwasserroboter QUEST vor der Küste Costa Ricas beobachteten die Forscher im Sommer 2005 an einer Methanquelle in der Nähe des Schlammvulkans „Mound 12“ Steinkrabben, die Bakterienmatten abgrasten. „Soweit wir wissen, wurden bisher ein einziges Mal Tiefseekrabben beim Fressen an Bakterienmatten entdeckt“, erläutert Linke. „Unser Team war das erste, dem auch eine fotografische Dokumentation über einen längeren Zeitraum gelang, der wissenschaftliche Interpretationen zulässt.“ Dafür wurde ein Tiefseeobservatorium mit einer Kamera versehen und über einer Bakterienmatte platziert. Über rund 400 Stunden löste die Kamera automatisch alle 30 Minuten aus. „Auf 184 Bildern waren Krebse zu sehen, die über die Bakterienschicht krochen und offenbar den Bakterienrasen abgrasten, beschreibt Niemann die Beobachtungen. „Nach dem ,Grasen’ dauerte es jeweils einige Stunden, bis die Tiere zurückkehrten. So konnten immer neue Bakterien nachwachsen.“

Mit dem Tauchboot ALVIN brachten die Meeresbiologen einen der Krebse an Bord ihres Forschungsschiffs ATLANTIS. Für den Vergleich mit den Bakterien zog der Tauchroboter QUEST von Bord der METEOR kurze Sedimentkerne aus dem Meeresboden. „DNA- und Isotopen-Analysen am Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie ergaben, dass sich die Krebse tatsächlich von der Bakterienmatte ernähren und größere Mengen chemisch produzierten Kohlenstoffs aufnehmen. Wir haben in den Körperzellen aber auch Spuren von Kohlenstoff gefunden, der unter Lichteinfluss durch Photosynthese gebildet wurde“, fasst Hauptautor Niemann die Ergebnisse zusammen. „Deshalb gehen wir davon aus, dass Cold Seeps einen wichtigen, aber nicht den einzigen Beitrag zur Ernährung von wandernden Tieren am Boden der Tiefsee leisten und auf diesem Weg Kohlenstoff, der durch Chemosynthese aus Methan gewonnen wird, ins marine Nahrungsnetz eingeht.“


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt

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