Neue Virusvariante bedroht Bienengesundheit weltweit
Bio-News vom 19.05.2022
Eine gefährliche Variante des Krüppelflügelvirus ist weltweit auf dem Vormarsch: Das Virus befällt Honigbienen, wird von der Varroamilbe übertragen und sorgt dafür, dass ihre Flügel verkümmern und die Tiere sterben. Die neue Variante, die in Europa den ursprünglichen Virenstamm bereits abgelöst hat, breitet sich auch in anderen Regionen der Welt aus und führt zum Kollaps ganzer Völker. Das zeigt eine Studie eines internationalen Forschungsteams unter Leitung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU), das Daten zur Verbreitung der Virenvarianten aus den vergangenen 20 Jahren analysiert hat. Die Arbeit erschien im "International Journal for Parasitology: Parasites and Wildlife". Am Freitag, 20. Mai, ist Weltbienentag.
Das "Deformed Wing Virus" (Krüppelflügelvirus, DVW) wird über die Varroamilbe übertragen. "Die Milben übertragen aber nicht nur Viren, sondern fressen auch die Puppen der Bienen", sagt der Bienenforscher Prof. Dr. Robert Paxton von der MLU. Er forscht seit vielen Jahren zur Verbreitung verschiedener Krankheitserreger bei Honig- und Wildbienen. "Das Krüppelflügelvirus ist definitiv die größte Bedrohung für Honigbienen", sagt Paxton weiter. Der ursprüngliche Stamm des Virus ("DVW-A") wurde Anfang der 1980er Jahre in Japan entdeckt, die neue Variante "DVW-B" wurde erstmals im Jahr 2001 in den Niederlanden beschrieben. "Unsere Laborstudien haben gezeigt, dass die neue Variante Bienen schneller tötet und dass sie gleichzeitig besser übertragen wird", sagt Paxton.
Publikation:
Paxton et al.
Epidemiology of a major honey bee pathogen, deformed wing virus: potential worldwide replacement of genotype A by genotype B
International Journal for Parasitology: Parasites and Wildlife (2022)
DOI: 10.1016/j.ijppaw.2022.04.013
Das Team um den Zoologen wollte deshalb herausfinden, wie weit die neue Variante bereits in der Natur verbreitet ist. Hierfür werteten die Forschenden rund 3.000 Datensätze von Honigbienen, Erdhummeln und Varroamilben aus der US-Biodatenbank NCBI aus, in denen sich Hinweise auf das Erbgut der Viren befinden. Zudem recherchierten sie für zahlreiche Länder die ersten wissenschaftlich dokumentierten Erwähnungen der "DVW-B"-Variante.
Unsere Analysen zeigen, dass sich die neue Variante in Europa bereits durchgesetzt hat und dass es nur eine Frage der Zeit sein dürfte, bis die Variante überall auf der Welt dominant ist.
Prof. Dr. Robert Paxton, MLU
In den 2000er Jahren wurde die neue Variante vor allem in Europa und Afrika gefunden. In Nord- und Südamerika entdeckte man sie Anfang der 2010er Jahre, 2015 in Asien. Mit der Ausnahme von Australien ist die Virusvariante auf allen Erdteilen nachgewiesen. Das könnte den Forschenden zufolge daran liegen, dass sich die Varroamilbe in Australien bislang nicht weiträumig ansiedeln konnte.
Auch in den Proben von Erdhummeln ließen sich Hinweise auf das Virus finden. "Ob das Virus bei Hummeln und anderen Wildbienen ähnlich verheerende Folgen haben wird, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen. Bislang sterben kommerziell gehaltene Hummelvölker mit dem Virus immerhin nicht deutlich häufiger", so Paxton. Es gebe verschiedene Mittel und Methoden, um Bienen vor der Varroamilbe und dem Virus zu schützen: "Das Wichtigste ist es, auf die Hygiene im Bienenstock zu achten. Hier können einfache Maßnahmen helfen, nicht nur das eigene Volk vor Varroa zu schützen, sondern auch Wildbienen, um die sich sonst niemand kümmert", so Paxton abschließend.
Der 20. Mai ist Weltbienentag
Honigbienen sind als Bestäuber vieler Wild- und Kulturpflanzen unverzichtbar für den Fruchtertrag und für den Erhalt der Artenvielfalt. Der Verlust von Bienenvölkern wird daher von Expertinnen und Experten weltweit mit Sorge beobachtet. Um an die Bedeutung der Bienen zu erinnern hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen den 20. Mai als "Weltbienentag" ausgerufen.
Die Studie wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem iranischen Ministerium für Wissenschaft und Technologie gefördert.
Diese Newsmeldung wurde mit Material der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.