Verteidigungsbündnis: Mikroskopische Feinde im Visier



Bio-News vom 03.02.2021

Zwei Bakterienspezies kooperieren chemisch miteinander, um Amöben abzuwehren, von denen sie eigentlich verzehrt werden. Ein Forscherteam aus Jena entdeckte diesen auf Zusammenarbeit basierenden Verteidigungsmechanismus von Bakterien. Dabei spielen Naturstoffe eine wichtige Rolle. Ursprünglich zuständig für die Kommunikation und Interaktion von Mikroorganismen, können sie Impulse für die Entwicklung neuer Medikamente wie Antibiotika geben.

Mikroorganismen leben natürlicherweise in Gemeinschaften. Sie wechselwirken miteinander und mit ihrer Umwelt. Das Zusammenleben wird durch Naturstoffe geregelt, kleine Moleküle, die durch ihre Aktivität komplexe Folgereaktionen bewirken. Die können sehr unterschiedlich ausfallen: Einige Arten sind einander wohl gesonnen, andere kämpfen gegeneinander bis in den Tod. Vertreter der beiden Bakteriengattungen Pseudomonas und Paenibacillus haben einen Weg gefunden, sich gemeinsam gegen ihre Fressfeinde, Amöben, zu verteidigen.

Publikation:


Zhang S, Mukherji R, Chowdhury S, Reimer L, Stallforth P
Lipopeptide-mediated bacterial interaction enables cooperative predator defense
PNAS 2021

DOI: 10.1073/pnas.2013759118

„Die beiden Bakterienspezies und die Amöben teilen sich ihren Lebensraum in der Natur. Sie leben etwa im Waldboden und dabei dienen die Bakterien den Amöben als Futter“, sagt Pierre Stallforth vom Jenaer Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (Leibniz-HKI).

Wie er mit seinem Team herausfand sind die Bakterien den Angriffen der Amöbe jedoch nicht schutzlos ausgeliefert. „Schließen sich Pseudomonas und Paenibacillus zusammen, dann können sie sich erfolgreich verteidigen und ihrem Fressfeind sogar den Garaus machen“, so Stallforth. Dabei bildet Pseudomonas das Lipopeptid Syringafactin, das wiederum durch Peptidasen von Paenibacillus gespalten wird. Die dabei entstehenden Verbindungen haben eine mitunter tödliche Wirkung auf die Amöben. „Wir konnten zeigen, dass eine organische Verbindung des einen Bakteriums das andere dazu anregt, Enzyme herzustellen.


Die Mikroskopaufnahme zeigt eine von den Bakterien getötete Amöbe.

Und ebendiese spalten die organische Verbindung in kleinere Elemente. Diese sind Wirkstoffe gegen die Bedrohung und töten die Amöbe. Durch gemeinsame Herstellung einer chemischen Waffe entkommen die Bakterien ihrem Schicksal, gefressen zu werden. Kooperation kann hilfreich sein. Wir denken, dass wir nur eines von vielen Beispielen dieser kooperativen Strategie entdeckt haben“, erklärt Stallforth. Über die an diesem Vorgang beteiligten Naturstoffe berichten die Autoren der Studie im Fachjournal Proceedings of the National Academy of Sciences of the U.S.A.


In einer Multiwell-Platte können Forschende gleichzeitig 24 Bakterienstämme darauf testen, ob sie von Amöben gefressen werden. Wenn ein Bakterium sich als fressbar erweist, entwickeln die Amöben Fruchtkörper, die man als kleine Punkte erkennen kann.

Auf die Spur dieses Verteidigungsbündnisses sind die Forschenden nur gekommen, weil sie die beteiligten Mikroorganismen gemeinsam statt wie üblich isoliert voneinander kultiviert haben. „Der Mangel an neuen Wirkstoffen für Medikamente erfordert, neue Wege in der Naturstoff-Forschung zu gehen. Wir versuchen in unseren Laboren möglichst naturnahe Bedingungen herzustellen, denn inzwischen wissen wir, dass Mikroorganismen sich in Gemeinschaften anders verhalten, als in Reinkulturen“, sagt Stallforth, der auch am Jenaer Exzellenzcluster „Balance of the Microverse“ beteiligt ist. In diesem disziplinübergreifenden Forschungsverbund steht die Mikrobiomforschung im Mittelpunkt.

Die Cluster-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchen das Zusammenspiel von Mikroorganismen in verschiedenen Lebensräumen, um übergreifende Prinzipien ableiten zu können. Diese geben Hinweise für die Lösung drängender gesellschaftlicher Herausforderungen wie Antibiotikaresistenzen, Pestizideinsatz in der Landwirtschaft sowie klimatische Veränderungen.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie - Hans-Knöll-Instituts (HKI) via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.

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