Was ein -Haa- über eine Futterstelle verrät
Bio-News vom 13.03.2018
Wenn Kolkraben (Corvus corax) an einer Futterstelle auf Probleme stoßen, äußern sie spezielle Futter-assoziierte Laute, um Angehörige derselben Art zu Hilfe zu rufen. Laut einer Studie von Forschenden der Universität Wien und der Universität Cambridge beinhalten diese Rufe Hinweise über das Alter und Geschlecht des rufenden Raben. Das fanden die Forschenden mit Hilfe der Analyse von Frequenz, Rufdauer und Lautstärke der Laute heraus. Die Ergebnisse dazu erscheinen aktuell im Fachjournal "Frontiers in Zoology".
Kolkraben, die an einer Futterstelle auf Probleme stoßen, verwenden eigene Rufe, um weitere Raben herbeizurufen und damit potenzielle Räuber in Schach zu halten oder dominante Raben überwältigen zu können. Wie Forschenden der Universität Wien und der Universität Cambridge herausfanden, unterscheiden sich die Hilferufe nach Alter und Geschlecht der Tiere. Diese Information könnte Raben bei der Entscheidung helfen, ob sie zur Futterstelle fliegen oder nicht. Markus Böckle erklärt: "Die meisten vorherigen Studien über die Eigenschaften von Rabenrufen konzentrieren sich auf das Erkennen von bekannten Individuen. Bis jetzt ist jedoch noch wenig darüber bekannt, welche Informationen zusätzlich auch für unbekannte Individuen übermittelt werden."
Publikation:
Boeckle et al.
Raven food calls indicate sender’s age and sex
Frontiers in Zoology (2018) 15:5
DOI: 10.1186/s12983-018-0255-z
Im Rahmen der aktuellen Studie hat das internationale Forschungsteam eine freilebende Population von Raben beobachtet, die regelmäßig bei der Wildschweinfütterung im Cumberland Wildpark Grünau im Almtal (Österreich) anwesend ist. Die Forschenden filmten die Fütterungen, um anschließend die Frequenz, Rufdauer sowie die Lautstärke der speziellen Laute der Raben identifizieren und analysieren zu können. Dabei stellte sich heraus, dass vorbeifliegende Raben potenzielle Futterrufe aufgrund der Information zu Alter und Geschlecht unterscheiden. Dadurch können sie den Grad an Konkurrenz um Futter bzw. etwaige Gefahren an der Futterstelle besser einschätzen. "Raben verwenden diese Rufe hauptsächlich dafür, um auf Futterstellen hinzuweisen. Gleichzeitig werden jedoch noch zusätzliche Informationen an die hörenden Raben weitergegeben. Spannend dabei ist, dass Rufe, die sich auf Objekte in der Außenwelt beziehen, oft als Vorläufer von Sprache betrachtet werden können. Unsere Ergebnisse vertiefen somit den Einblick in die Intelligenz von Raben und ihr komplexes Futterverhalten", so Böckle.
Die Forscherinnen und Forscher gehen davon aus, dass mehrere Faktoren für die alters- und geschlechtsspezifischen Variationen der Rufe verantwortlich sind. Unter anderem sind Größenunterschiede zwischen Raben verschiedenen Alters und Geschlechts sowie hormonelle und neuronale Differenzen zwischen Männchen und Weibchen wahrscheinliche Gründe. "Unsere Ergebnisse zeigen, dass Raben die nötige Variation der Rufe produzieren und auch wahrnehmen können. Das ermöglicht den Tieren, ihre Entscheidungsprozesse abhängig von dieser Information zu gestalten, um dann entweder die Futterstelle und die fressenden Raben aufzusuchen oder dieser fernzubleiben", so Böckle abschließend.