Wenn Magic Mushrooms blau machen



Bio-News vom 29.01.2020

Psilocybin heißt der stark halluzinogene Stoff, der den Magic Mushrooms ihre Wirkung verleiht. Seit seiner Entdeckung fragen sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, warum die Pilze der Gattung Psilocybe ihn bilden.

Das Team um den Jenaer Professor Dirk Hoffmeister untersuchte die blaue Verfärbung des Pilzes nach einer Verletzung und lieferte dabei eine Erklärung für die Bildung von Psilocybin, wie es im renommierten Fachjournal „Angewandte Chemie“ berichtet. Vorgänge in der Natur sind immer sehr ökonomisch. So bilden auch Pilze ausschließlich Substanzen, die ihnen Vorteile verschaffen. Aus Sicht der Evolution ist es deshalb sehr unwahrscheinlich, dass Pilze Psilocybin bilden, um die menschliche Psyche zu beeinflussen. Einerseits gab es den Pilz schon lange vor dem Menschen, zum anderen profitiert der Pilz nicht von geänderten Bewusstseinszuständen des Menschen.


Publikation:


Lenz C, Wick J, Braga D, Garcia-Altares M, Lackner G, Hertweck C, Gressler M, Hoffmeister D
Injury-triggered blueing reactions of Psilocybe "magic" mushrooms
Angew Chem Int Ed

DOI: 10.1002/anie.201910175



Psilocybin und seine Faszination für Chemiker

Werden Pilze der Gattung Psilocybe verletzt, färben sich die Fruchtkörper an den verwundeten Stellen innerhalb kurzer Zeit tief blau. Der Naturstoff Psilocybin spielt bei dieser Reaktion eine entscheidende Rolle. Dirk Hoffmeister ist Professor am Institut für Pharmazie der Friedrich-Schiller-Universität Jena und leitet eine assoziierte Forschungsgruppe am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut – (Leibniz-HKI). „Psilocybin hat für einen Naturstoff eine sehr ungewöhnliche Struktur“, so Hoffmeister. Er beschäftigt sich schon länger intensiv mit der Substanz, die künftig zur Behandlung von Depressionen eingesetzt werden soll.

Psilocybin ist die inaktive Vorstufe der hochreaktiven Substanz Psilocin. Sie ruft letztendlich die psychedelische Wirkung in unserem Nervensystem hervor. Hoffmeister erklärt: „Der Pilz nutzt zur Stabilisierung von Psilocin eine ungewöhnliche und energieaufwendige Methode: Er bildet einen Phosphatester, das bekannte Psilocybin. Die Phosphatgruppe agiert wie eine Schutzkappe und stellt das Molekül ruhig.“

Aufgrund dieser speziellen Struktur sind Psilocybin-haltige Pilze in der Lage, die schützende Kappe bei einer Störung der Zellstruktur blitzschnell wieder zu entfernen. Damit destabilisieren sie die ruhig gestellte Vorstufe innerhalb kürzester Zeit.

Was steckt hinter der Blaufärbung?

Naturstoff-Chemiker Claudius Lenz ist Doktorand der „International Leibniz Research School“ und Erstautor der Studie. Er fand heraus, dass bei einer Verletzung eine Kettenreaktion in Gang gesetzt wird: Nach Abspaltung der Phosphatgruppe bildet das entstehende Psilocin durch vielfache Verknüpfung und Vernetzung mit weiteren Psilocin-Molekülen eine Gruppe größerer Moleküle, sogenannte Polymere. Aufgrund ihrer besonderen chemischen Struktur sind die Polymere intensiv blau gefärbt.

„Ein wüstes Gemisch“, ergänzt Hoffmeister. „Das passiert genau in dem Moment der Verwundung außergewöhnlich schnell und auch nur an dieser Stelle. Die Pilze sind aufgrund dieser ungewöhnlichen Struktur von Psilocybin sozusagen ständig in Alarmbereitschaft“, führt der Jenaer Naturstoff-Forscher begeistert aus. Der blaue Farbstoff bindet an Proteine und fällt sie in Form von Flocken aus. Damit könnte er Gegnern des Pilzes gefährlich werden, wenn sie ihn verletzen. Die Forschungsgruppe liefert damit ein wichtiges Argument für die Überlegung, dass das halluzinogene Psilocybin nur die Zutat ist, um ein Polymer zur Verteidigung herzustellen.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie - Hans-Knöll-Instituts (HKI) via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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