3-Chlor-1,2-propandiol

Strukturformel
Strukturformel von 3-Chlor-1,2-propandiol
Allgemeines
Name 3-Chlor-1,2-propandiol
Andere Namen
  • (R,S)-3-Chlor-1,2-propandiol
  • 3-MCPD
  • (R)-3-Chlor-1,2-propandiol
  • (S)-3-Chlor-1,2-propandiol
  • (±)-3-Chlor-1,2-propandiol
  • rac-3-Chlor-1,2-propandiol
  • 3-Monochlorpropan-1,2-diol
  • Chlorpropylenglykol
  • Glycerinmonochlorid
  • Glycerin-α-monochlorhydrin
Summenformel C3H7ClO2
Kurzbeschreibung

farblose bis gelbliche, hygroskopische, fast geruchlose Flüssigkeit[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
  • 96-24-2 [(R,S)-(±)-3-Chlor-
    1,2-propandiol]
  • 57090-45-6 [(R)-(-)-3-Chlor-1,2-
    propandiol]
  • 60827-45-4 [(S)-(+)-3-Chlor-1,2-
    propandiol]
PubChem 7290
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Eigenschaften
Molare Masse 110,54 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte

1,32 g·cm−3[1]

Schmelzpunkt

−40 °C[1]

Siedepunkt

213 °C (Zersetzung)[1]

Dampfdruck

1 Pa (20 °C)[1]

Löslichkeit

mischbar mit Wasser [1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [2]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 300​‐​312​‐​318​‐​331​‐​360​‐​413
P: 201​‐​261​‐​264​‐​280​‐​301+310​‐​305+351+338 [2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Die Substanz 3-Chlor-1,2-propandiol, abgekürzt 3-MCPD, ist eine chemische Verbindung aus der Gruppe der chlorierten Diole. 3-MCPD kann als ein Monochlorderivat des Glycerins aufgefasst werden.

Vorkommen und Gewinnung

Ähnlich wie Acrylamid und das schon lange bekannte Acrolein ist 3-Chlor-1,2-propandiol als giftiger Stoff während des Herstellungsprozesses von fettreichen und salzhaltigen Lebensmitteln beim Erhitzen beobachtet worden. Es wurde bislang in Brot, Würzsaucen (Sojasauce), geräucherten Fleischwaren, Fetten und Ölen sowie in Säuglingsmilchpulver analytisch nachgewiesen. 3-Chlor-1,2-propandiol kommt sowohl in freier als auch in veresterter Form - hier besonders bei Fetten und Ölen - mit Fettsäuren als 3-MCPD-Fettsäureester vor.[3]

Es lässt sich zudem aus Glycerin und Chlorwasserstoff darstellen:

$ \mathrm {C_{3}H_{8}O_{3}+HCl\longrightarrow C_{3}H_{7}O_{2}Cl+H_{2}O} $

Entstehung

Der chemische Entstehungsprozess ist wahrscheinlich eine partielle oder vollständige Verseifung der Fette mit dem Chlorid-Ion (aus dem Salz) als Nukleophil.

Giftigkeit beim Verzehr

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) geht davon aus, dass die 3-MCPD-Fettsäureester bei der Verdauung in freies 3-Chlor-1,2-propandiol umgewandelt werden. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat diese Einschätzung bestätigt[4]. Nach einer ersten toxikologischen Bewertung spricht das BfR zwar nicht von einer akuten Gefahr für Erwachsen, Säuglinge und Kleinkinder. Die duldbare tägliche Aufnahme von 2 µg pro kg Körpergewicht pro Tag[5] kann jedoch um das 3- bis 20-fache überschritten sein. Die Verbraucherzeitschrift Öko-Test bemängelte bei einigen Muttermilchersatz-Produkten sogar eine bis zu 35-fache Überschreitung des vom BfR empfohlenen Grenzwertes.[6] Das BfR sieht daher „Handlungsbedarf im Hinblick auf die Minimierung der Gehalte“.[7]

Für freies 3-Chlor-1,2-propandiol konnte in vivo, also im Tierversuch, eine Carcinogenität nachgewiesen werden.[8]

Der Wissenschaftliche Lebensmittelausschuss hält den täglichen Verzehr von 0,002 mg/kg 3-MCPD bzw. von 3-MCPD-Estern für unbedenklich.[9][10]

Verwendung

3-Chlor-1,2-propandiol wird als Zwischenprodukt bei der Herstellung von Farbstoffen und Pharmazeutika verwendet.

Stereoisomerie

3-Chlor-1,2-propandiol ist chiral, es enthält ein Stereozentrum in der 2-Position. Damit gibt es zwei Stereoisomere: (R)-(–)-3-Chlor-1,2-propandiol und das dazu enantiomere (S)-(+)-3-Chlor-1,2-propandiol.

Siehe auch

  • 1,3-Dichlor-2-propanol (1,3-DCP, CAS: 96-23-1): Kommt gemeinsam mit 3-MCPD ebenfalls als Verunreinigung in Lebensmitteln vor.[11]
  • 2-Chlor-1,3-propandiol (Strukturisomer)

Weblinks

Einzelnachweise

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