Amerikanisches Mastodon


Amerikanisches Mastodon

Skelett eines Amerikanischen Mastodons

Zeitliches Auftreten
Pliozän bis Spätpleistozän
10 Mio. Jahre bis 10.000 Jahre
Fundorte
  • Alaska
  • Washington
  • Idaho
  • Florida
  • Mexiko
Systematik
Wirbeltiere (Vertebrata)
Säugetiere (Mammalia)
Rüsseltiere (Proboscidea)
Echte Mastodonten (Mammutidae)
Mastodon (Mammut)
Amerikanisches Mastodon
Wissenschaftlicher Name
Mammut americanum
Kerr, 1792

Das Amerikanische Mastodon (Mammut americanum) ist eine Art der Rüsseltiere aus der ausgestorbenen Gattung Mammut, einer Verwandtschaftsgruppe der Echten Mastodonten (Mammutidae). Es lebte vom frühen Pliozän bis zum Beginn des Holozäns in Nordamerika. Ungeachtet ihres Namens ist die Gattung Mammut nicht näher mit den Mammuts (Gattungsname Mammuthus) verwandt - eine Zeit lang trug die Gattung Mammut den Namen Mastodon, doch der Name Mammut hat Gültigkeit. Erstmals beschrieben wurde das Amerikanische Mastodon von Robert Kerr 1792 mit der wissenschaftlichen Bezeichnung Elephas americanus.[1]

Heute kann man Originalskelette des Amerikanischen Mastodon in zahlreichen Museen betrachten, u.a. im Naturmuseum Senckenberg in Frankfurt am Main.

Verbreitung

Die Gattung Mammut war vom frühen Miozän bis zum Beginn des Pleistozän in Eurasien und Afrika verbreitet und trat etwa ab dem mittleren Miozän in Nordamerika auf. Hier bildete sich das Amerikanische Mastodon (Mammut americanum), das bis zum Eintreffen der ersten Menschen überlebte und erst am Beginn des Holozän vor 9.000 bis 12.000 Jahren ausstarb. Einer der letzten Funde ist das Overmyer mastodon aus Indiana,[2] welches ein radiometrisches Alter von 10.032 Jahre vor heute aufweist.[3] Diese Rüsseltierart bewohnte fast den gesamten nordamerikanischen Kontinent und wurde überall zwischen Alaska und Mexiko gefunden.[1] Ihr bisher südlichstes Auftreten ist ein isolierter Fund aus Honduras.[4] Am häufigsten kam das Amerikanische Mastodon allerdings an der Ostküste und im Gebiet der Großen Seen vor, vermutlich weil ihm waldige Lebensräume mehr zusagten als die Grasgebiete des Westens. Sein nächster Verwandter war das Borson-Mastodon (Mammut borsoni), das vor etwa 3 Millionen Jahren in Eurasien lebte.

Aussehen

Lebendrekonstruktion eines amerikanischen Mastodons
Zahn, Seitenansicht
Zahn, Draufansicht

Aus Funden von gefrorenen Kadavern im Permafrostboden weiß man, dass das Amerikanische Mastodon ein Fell hatte. Die Stoßzähne waren etwas nach oben gebogen. Im Habitus unterschied es sich deutlich von den Mammuts, die zur selben Zeit im gleichen Gebiet lebten. Es war mit 2,7 bis 3,4 m Schulterhöhe deutlich niedriger als diese, dafür aber länger (bis 4,5 m) und stämmiger. Dadurch konnte es ein Gewicht von bis zu 5,5 t erreichen, was etwa dem eines Mammuts entsprach. Das wichtigste Merkmal des Amerikanischen Mastodons waren aber seine urtümlichen Zähne. Im Gegensatz zu Mammuts, Elefanten und einigen anderen eiszeitlichen Mastodonten hatte es noch die typischen Zähne der ursprünglichen Mastodons. Sie waren mit ihren kegelförmigen Spitzen hervorragend geeignet, um Äste und Blätter zu zerquetschen, aber größere Mengen an Gras konnte das Tier damit nicht zerkleinern.

Lebensweise

Wie schon sein Zahnbau verrät, war das Amerikanische Mastodon ein Laub- und Zweigfresser, der sowohl Äste, als auch Blätter und Nadeln fraß. Diese Annahme wird durch Funde einiger Zähne erhärtet, an denen sich Reste von Koniferenzweigen befanden. Daneben wurden auch Sumpfpflanzen, wie Nixenkräuter, Laichkrautgewächse oder Seerosen und Moose zwischen den Zähnen gefunden. Fossilisierte Magen- und Darminhalte, so u. a. vom Burning Tree mastodon aus Ohio, enthielten außerdem Reste von Klee und Seggen,[1] aber auch von Kürbis und Wein.[5] Aufgrund dieser Ernährungsweise und auch wegen der vermehrten Anzahl von Funden im feuchten Osten des Nordamerikanischen Kontinents geht man davon aus, dass dieses Mastodon vor allem ein Waldbewohner war und die offenen Prärien den Mammuts überlassen hat. Dennoch legt sein großes Verbreitungsgebiet nahe, dass es sich um ein sehr anpassungsfähiges Tier gehandelt hat, das wohl auch in Savannen und Baumsteppen zurechtkam. Da in Nordamerika zur Zeit des Mastodons mächtige Raubtiere wie Kurznasenbären, Säbelzahnkatzen und Löwen jagten, wird es wohl in Herden gelebt haben, schon allein, um die Kälber besser verteidigen zu können. Möglicherweise lebte es ähnlich wie heutige Elefanten.

Aussterben

Das Amerikanische Mastodon war eine höchst erfolgreiche Tierart, die Millionen von Jahren überlebte. Es widerstand selbst der Konkurrenz durch die später eingewanderten Mammuts und lebte lange Zeit erfolgreich neben ihnen. Als die letzte Eiszeit zu Ende ging, starb es wie viele andere große Tierarten aus. Zu dieser Zeit tauchten die ersten Menschen in Amerika auf und es gibt Funde, die darauf hinweisen, dass sie dem Mastodon nachgestellt haben. In der Rippe eines Amerikanischen Mastodons, das 1977 auf der Halbinsel Olympic im Bundesstaat Washington entdeckt wurde, steckte eine knöcherne Speerspitze. Das Tier hat diesen Angriff zunächst überlebt, was daran zu erkennen ist, dass die Verletzung heilen konnte, wurde aber später dennoch von Menschen geschlachtet. Das Alter seiner Knochen wird auf etwa 14.000 Jahre geschätzt. Wenige tausend Jahre später war die Art in ganz Nordamerika ausgestorben. Dies deutet darauf hin, dass die Menschen das Amerikanische Mastodon zusammen mit vielen anderen Großtierarten durch zu starke Bejagung ausgerottet haben könnten (Overkill-Hypothese). Eine andere mögliche Ursache könnte der Klimawandel am Ende des Pleistozäns gewesen sein oder aber eine Kombination aus beiden. Andere Forscher weisen darauf hin, dass durch den Menschen bzw. ihm folgende Tiere oder Haustiere Krankheiten eingeschleppt werden konnten. Die Populationen der Großtiere, die sich wegen ihrer langen Generationszeiten an den Wandel nicht rasch genug anpassen konnten, wurden dadurch zusätzlich geschwächt.

Nach Meinung zweier US-amerikanischer Wissenschaftler käme eine Tuberkulose-Epidemie als mögliche Ursache für das Aussterben dieser Art in Betracht. Von 113 untersuchten Exemplaren zeigten 59 an ihren Beinknochen Symptome, wie sie für Tuberkulose typisch sind. Dies deutet auf einen sehr hohen Anteil an infizierten Tieren hin, insbesondere weil beim Menschen nur jeder siebte mit dieser Krankheit Infizierte diese Knochenveränderungen zeigt. Den Funden zufolge lebten die Mastodonten über Jahrtausende mit dieser Krankheit, die somit nicht die alleinige Ursache für ihr Verschwinden sein kann. Die Forscher vermuten, dass der typische Verlauf der Krankheit über viele Generationen chronisch war, bis er, hervorgerufen durch Stress infolge der Klimaverschlechterung und der Bejagung durch den eingewanderten eiszeitlichen Menschen, akut wurde. So wären die Populationen entscheidend geschwächt worden und das Amerikanische Mastodon sei schließlich ausgestorben.

Literatur

  • P. S. Martin, R. G. Klein (Hrsg.): Quaternary Extinctions. A Prehistoric Revolution. The University of Arizona Press, Tucson AZ 1984, ISBN 0-8165-1100-4 (2. print. ebenda 1989).
  • Arno Hermann Müller: Lehrbuch der Paläozoologie. Band 3: Vertebraten. Teil 3: Mammalia. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. Gustav Fischer, Jena 1989, ISBN 3-334-00223-3.
  • Miles Barton: Wildes Amerika. Zeugen der Eiszeit. Vgs, Köln 2003, ISBN 3-8025-1558-7.

Weblinks

Commons: Mammut americanum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Jeffrey J. Saunders: North American Mammutidae. In: In: Jeheskel Shoshani und Pascal Tassy (Hrsg.): The Proboscidea. Evolution and palaeoecology of the Elephants and their relatives. Oxford, New York, Tokyo, 1996, S. 271–279
  2. Neal Woodman und John W. Branstrator: The Overmyer mastodon (Mammut americanum) from Fulton County. Indiana. American Midland Naturalist 159, 2008, S. 125–146
  3. Neal Woodman und Nancy Beavan Athfield: Post-Clovis survival of American Mastodon in the southern Great Lakes Region of North America. Quaternary Research 72, 2009, S. 359–363
  4. Spencer G. Lucas und Guillermo E. Alvarado: Fossil Proboscidea from the Upper Eozoic of Central America: Taxonomy, evolutionary and paleobiogeographic significance. Revista Geológica de América Central, 42, 2010, S. 9–42
  5. Jan van der Made: The evolution of the elephants and their relatives in the context of a changing climate and geography. In: Harald Meller (Hrsg.): Elefantenreich - Eine Fossilwelt in Europa. Halle/Saale, 2010, S. 340–360