Borkenkäfer



Borkenkäfer

Larvengänge des Buchdruckers

Systematik
Klasse: Insekten (Insecta)
Ordnung: Käfer (Coleoptera)
Unterordnung: Polyphaga
Überfamilie: Curculionoidea
Familie: Rüsselkäfer (Curculionidae)
Unterfamilie: Borkenkäfer
Wissenschaftlicher Name
Scolytinae
Latreille, 1807
Brutgänge des Buchdruckers
Larve eines Borkenkäfers
Buchdrucker im Meyers 1888
Durch Windbrüche vorbelastete Fichtenmonokulturen nach Borkenkäferbefall im Nationalpark Bayerischer Wald.
Kiefernmarkkäfer
Lockstofffalle für Borkenkäfer

Die Borkenkäfer (Scolytinae) bezeichnet eine Unterfamilie der Rüsselkäfer (Curculionidae). In Europa gibt es etwa 154, weltweit 4.000 bis 5.000 Arten. Als Wirtspflanzen dienen den Käfern überwiegend holzartige Gewächse. Nur wenige Arten sind an krautigen Pflanzen zu finden. Als Primärkonsumenten beziehungsweise Destruenten spielen sie eine wichtige Rolle im Stoffkreislauf des Ökosystems Wald. Der allgemeinen Öffentlichkeit bekannt sind die Borkenkäfer jedoch in erster Linie durch die starken Schäden, die einige Arten von ihnen nach Massenvermehrungen als Forstschädlinge in Wäldern anrichten können.

Biologie

Zur Eiablage bohren die Käfer Gänge in die Rinde oder in das Holz. Hierbei entstehen charakteristische Brutbilder oder Brutsysteme (siehe Rammelkammer).

Die Borkenkäfer lassen sich nach Rindenbrütern und Holzbrütern unterscheiden.

Die Larven der Rindenbrüter ernähren sich von den saftführenden Schichten des Baumes in der Rinde (Bastgewebe). Da diese Schicht die Lebensader des Baumes darstellt, führt der Befall meist zu dessen Absterben.

Wichtige Rindenbrüter und ihre bevorzugten Baumarten:

Die Larven der Holzbrüter leben im Holzkörper und ernähren sich von Pilzrasen (Ambrosia), die das Muttertier anlegt.
Wichtige Holzbrüter und bevorzugte Baumarten:

Im Allgemeinen sind Bäume auf ihnen zusagenden Standorten gesund und in der Lage, sich – (Fichten) durch Harz – besser gegen Borkenkäfer zu wehren. Im Ökosystem Wald bringen einzelne Borkenkäferarten geschwächte Bäume zum Absterben und schaffen so Platz für Neubesiedelungsversuche von Bäumen, die dem Standort besser angepasst sein können. Neben den natürlichen Fichtenwäldern höherer Gebirgslagen hat der Mensch mit ausgedehnten Fichtenreinbeständen optimale Borkenkäferbiotope geschaffen. Hier können sich bei klimatischen Extremen (lange Hitze- oder Trockenperioden, Winter mit viel Schneebruchholz) Buchdrucker und Kupferstecher explosionsartig vermehren (Jahre mit Massenvermehrung sind beispielsweise: 1994/95, 1999, 2003/2004).

Die meisten Borkenkäferarten sind jedoch nicht in der Lage, lebende Bäume zum Absterben zu bringen. Sie spielen als Destruenten jedoch eine wichtige Rolle im Ökosystem Wald.

Probleme

Die Probleme des Borkenkäferbefalls bestehen vor allem:

  • bei einer wirtschaftlichen Nutzung des Waldes durch den Menschen. Bei großflächigem Borkenkäferbefall fallen die Holzpreise auf dem Holzmarkt dramatisch. Für Waldbesitzer entsteht großer finanzieller Schaden.
  • der Befall von rindenbrütenden Borkenkäfern (wenn es dabei bleibt) führt an sich zu keiner technischen Beeinflussung des Holzes. Aber selbst für Bauholz wird heute die durch den Befall verursachte Verfärbung im Außenbereich nicht mehr akzeptiert. Dies hat aufgrund des höheren Verschnitts der Säger einen Wertverlust von mindestens 30 % unter dem Niveau des (in den letzten Jahren bereits um 20 % gefallenen) Holzpreises für „gesundes“ Holz zur Folge. Im Herbst 2003 wurden in einzelnen Regionen sogar nur mit 75 % Abschlag versehene Preise geboten. In diesen Fällen liegen die reinen Holzerntekosten höher – für ein auf dem Weltmarkt frei gehandeltes Produkt mit Produktionszeiträumen von einigen Jahrzehnten – bei immer wiederkehrendem Pflegebedarf und jährlicher Abgabenlast.
  • im Befall von Randbäumen. Diese schützen den Wald vor Wind und Sturm. Solche Freiflächen machen den Waldbestand schutzloser. In Folge müssen noch mehr Bäume geschlagen werden.
  • der Waldbesitzer ist gesetzlich verpflichtet, zum Schutz der angrenzenden Waldnachbarn Maßnahmen gegen den Borkenkäfer zu ergreifen.

Maßnahmen zur Vermeidung weiterer Ausbreitung der schädlichen Arten

  • Monokulturen sind anfälliger gegenüber Schädlingen als Mischwälder.
  • Vorzugsweise nach Windbruch oder bei für Borkenkäfer günstiger Witterung müssen die Bäume auf Bohrmehl einzeln untersucht werden. Im Gegensatz zum Buchdrucker ist dies beim Kupferstecher nur schlecht möglich.
  • Stehende befallene Bäume können unverzüglich eingeschlagen und abtransportiert werden, um einen Übersprung des Befalls von Krone zu Krone zu vermeiden. Um weiteren Abstand zum Waldbestand zu schaffen, können die gefällten Bäume auf Freiflächen geschleppt werden (mit einem Abstand zum Wald von mindestens 500 Metern). Die Bekämpfung des Buchdruckers durch Abtransport befallener Bäume ist umstritten, denn in Fichten mit hoher Befallsdichte durch den Buchdrucker kommt es zu Masseninfektionen und Massensterben der Buchdrucker durch Pilze, Sporozoen, Bazillen und Viren. Käfer, die noch ausfliegen, tragen die Infektion weiter, die Population bricht zusammen. Die Ausbreitung dieser Infektion wird verhindert, wenn die befallenen Bäume aus dem Wald transportiert werden.[1]
  • Bereits eingeschlagenes Holz kann entrindet werden. Ist dies nicht möglich, muss es abtransportiert werden. Wipfelstücke und Äste können verbrannt bzw. zu Brennholz verarbeitet werden.
  • Der noch nicht ausgeflogene Käferschwarm, der aus tausenden Exemplaren bestehen kann (50.000 bis 100.000 Männchen und Weibchen an einer mittelgroßen Fichte sind durchaus nicht unrealistisch), kann bekämpft werden:
    • Larven und gerade geschlüpfte Jungkäfer können durch Entrindung getötet werden.
    • Älteren Käfern kann man mit Rindenverbrennung (nach Entrindung des Holzes und Auffang der Rinde und abfallender Käfer auf Planen, in heißen Sommermonaten meist nicht möglich oder verboten – auf jeden Fall sehr arbeitsaufwendig und damit sehr teuer) begegnen.
    • Auch der Einsatz von Gift kommt in Frage (die Wirtschaftlichkeit liegt ebenfalls nur im Eindämmen der weiteren Ausbreitung).
  • Danach ist der Baum als Fangbaum zu nutzen, der nach Abschluss der Besiedelung unschädlich zu machen ist.
  • Beim Einsatz von Lockstofffallen zur Bestandskontrolle muss darauf geachtet werden, dass dadurch eine Konzentration der Käfer in der Umgebung erfolgt. Lockstofffallen sollten in der Regel nur bei konkretem Befall im Rahmen der Unterstützung anderer Maßnahmen angewendet werden.
  • Der Einsatz eines Holzvollernters (Harvester) bei der Holzernte hilft Massenvermehrungen zu begrenzen, wenn bei der Aufarbeitung der Bäume die Krone ebenfalls durch den Holzvollernter-Kopf gezogen wird. Dabei wird die Rinde verletzt und ein schnelleres Austrocknen bewirkt, wodurch die Bruttauglichkeit des Holzes herabgesetzt wird.
  • In Fichtenanpflanzungen im Flachland sind die Fortpflanzungsbedingungen für den Borkenkäfer aufgrund des milderen Klimas besonders günstig.[2]

Keiner der natürlichen Feinde des Borkenkäfers (siehe auch Buchdrucker, Kupferstecher) kann bei einer Massenvermehrung die Population wesentlich verringern.

Systematik

Hier eine Gattungsaufstellung mit einzelnen Arten (Auswahl):

Quellen

Einzelnachweise

  1. Helmut Klein: Bedrohung Borkenkäfer, S. 12 Online (PDF)
  2. Helmut Klein: Bedrohung Borkenkäfer, S. 10 Online (PDF)

Literatur

  • Alfred Wulf, Rolf Kehr: Borkenkäfer-Gefahren nach Sturmschäden. 1991, ISBN 3-8263-2550-8.
  • Gustav Wellenstein (Hrsg.) et al.: Die große Borkenkäferkalamität in Südwestdeutschland 1944-1951. Berichte und Studien zur Lebensweise, Epidemiologie und Bekämpfung der rindenbrütenden Käfer an Fichte und Tanne. Forstschutzstelle Südwest, Ringingen 1954.
  • Fritz Schwerdtfeger: Waldkrankheiten. Paul Parey, Hamburg und Berlin 1981, ISBN 3-490-09116-7. 486 pp. (teuer, der Maßnahmenkatalog ist völlig veraltet, ansonsten aber ein Klassiker)
  • Wolfgang Schwenke (Hrsg.) et al.: Die Forstschädlinge Europas. Ein Handbuch in 5 Bänden
    • Band 2: Käfer. Parey, Hamburg und Berlin 1974, ISBN 3-490-11016-1.
  • Fritz Schwerdtfeger: Pathogenese der Borkenkäfer-Epidemie 1946–1950 in Nordwestdeutschland. Schriftenreihe der Forstlichen Fakultät der Universität Göttingen und Mitteilungen der Niedersächsischen Forstlichen Versuchsanstalt (Band 13/14). Sauerländer, Frankfurt am Main 1955.
  • Sabine Grüne: Handbuch zur Bestimmung der europäischen Borkenkäfer. Verlag M. & H. Schaper, Hannover 1979, ISBN 3-7944-0103-4.
  • Edmund Reitter: Bestimmungs-Tabelle der Borkenkäfer (Scolytidae) aus Europa und den angrenzenden Ländern. (2., für Coleopterologen und Forstentomologen gänzlich umgearbeitete und vermehrte Auflage.) Bestimmungs-Tabellen der europäischen Coleopteren, Heft 31. Reitter, Paskau 1913, 116 Seiten [Beiheft der Wiener Entomologischen Zeitung, 32. Jahrgang 1913].

Weblinks

Commons: Scolytinae – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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