Corticosteroide


Corticosteroide (lat. cortex = ‚Rinde‘; gr. stereos, στερεος = ‚fest‘), kurz Corticoide oder Cortine, veraltet Kortikosteroide bzw. Kortikoide, sind eine Gruppe von ca. 50 in der Nebennierenrinde (NNR) gebildeten Steroidhormonen sowie chemisch vergleichbarer synthetischer Stoffe. Alle Corticoide entstehen dabei aus dem Ausgangsstoff Cholesterin. Gemeinsames Grundgerüst der Hormone ist das Progesteron (Δ4-Pregnen-3,20-dion).

Das Grundgerüst aller Corticoide ist das Progesteron.

Die Corticosteroide lassen sich nach ihrer biologischen Wirkung bzw. ihrem Bildungsort in drei Gruppen einteilen:

Zu den natürlichen Glucocorticoiden gehören Cortison, Corticosteron und Cortisol; zu den Mineralocorticoiden das Aldosteron und Desoxycorticosteron. Synthetische Corticoide sind z. B. Prednison und Prednisolon, Methylprednisolon, Triamcinolon, Dexamethason, Betamethason und Paramethason.

Synthese

Die unterschiedlichen Hormone werden aus Progesteron durch Hydroxylierung (Einbau von OH-Gruppen) und Oxidation dieser Gruppen zu Keto- oder Aldehydgruppen an verschiedenen Positionen gebildet. Die Synthese und Sekretion der Androgene und Glucocorticoide wird durch ACTH (Kortikotropin) aus der Adenohypophyse (Hypophysenvorderlappen der Hirnanhangdrüse) stimuliert. Die Synthese und Sekretion der Mineralocorticoide wird über Angiotensin II und Kalium stimuliert.

Überproduktion, Mangel

Krankhafte Überproduktion oder langdauernde Einnahme von Glucocorticoiden erzeugen ein charakteristisches Krankheitsbild (Cushing-Syndrom) mit Osteoporose, Diabetes mellitus, Fettsucht (v. a. Stammfettsucht) und Muskelschwund. Zu hohe Mineralocorticoid-Konzentrationen stören den Wasser-Elektrolythaushalt und schädigen die Nieren (Conn-Syndrom).

Ein Mangel an Nebennierenrindenhormonen erzeugt den Morbus Addison, eine lebensbedrohliche Erkrankung mit Kreislaufschwäche, Austrocknung und Kachexie. Ein bestimmter Gendefekt, bei dem zu viel Androgene und zu wenig Aldosteron produziert werden, verursacht Virilismus und Wassereinlagerung; das Vollbild der Krankheit wird als adrenogenitales Syndrom bezeichnet.

Abbau

Corticoide werden in der Leber durch Reduktion zu inaktiven Derivaten (17-Hydroxysteroide, 17-Ketosteroide) umgewandelt und über Urin und Gallenflüssigkeit ausgeschieden.

Therapie

Außer bei den o. g. Mangelzuständen werden vor allem Glucocorticoide in zahlreichen Immunerkrankungen und Notfallsituationen als Medikament eingesetzt. Die natürlichen Corticoide sind gegenüber den künstlichen Corticoiden schwächer wirksam. Medikamente mit einer höheren Affinität binden sich leichter an die Rezeptoren und haben bei gleicher Arzneimittelkonzentration eine größere Wirkung.

Für die orale und intravenöse Therapie werden Äquivalenzdosen (die gleichwirksame Dosis Cortison) angegeben. Prednison (17α,21-Dihydroxy-1,4-pregnadien-3,20-dion) ist ein künstliches Corticoid, welches einer dehydrierten Variante des Cortison entspricht. Seine Wirkung liegt etwa bei der vier- bis fünffachen des Cortison.

Corticoide werden zur Behandlung von u. a. Asthma, Ekzemen, Epilepsie, Lichen sclerosus, Neurodermitis, Cluster-Kopfschmerz, rheumatischen Erkrankungen, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa), Nephritiden, Schuppenflechte (Psoriasis) sowie bei bestimmten Chemotherapien (Morbus Hodgkin, NHL) eingesetzt.

Nebenwirkungen

Da Corticosteroide eine Magensäureüberproduktion induzieren, sollte bei dauerhafter Gabe ein Protonenpumpenhemmer zusätzlich genommen werden, um die Entstehung eines Magenulkus zu verhindern. Allgemein kann, insbesondere bei langfristiger und/oder hochdosierter Anwendung, eine große Zahl von Nebenwirkungen auftreten (z.B. Cushing-Syndrom, siehe auch unter 'Überproduktion'), die eine sorgfältige Abwägung bei der Anwendung erforderlich machen. Bei einer Stoßtherapie im Bereich der Behandlung von Epilepsie oder eines Multiple Sklerose-Schubes muss etwa eine Stunde nach der Einnahme einer Dosis ein Magenschutzmittel verabreicht werden.

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