Daclizumab


Daclizumab

Masse/Länge Primärstruktur 142,6 kDa
Bezeichner
Externe IDs CAS-Nummer: 152923-56-3
Arzneistoffangaben
ATC-Code L04AA08
DrugBank BTD00007
Wirkstoffklasse Immunsuppressivum
Verschreibungspflicht ja

Daclizumab (Handelsname: Zenapax, Hersteller: Hoffmann-La Roche) ist ein therapeutischer humanisierter monoklonalen Antikörper gegen den Interleukin-2-Rezeptor (CD25), der in der immunsuppressiven Behandlung akuter Abstoßungsreaktionen nach Nierentransplantationen eingesetzt wird.

Darüber hinaus wurden mit Daclizumab kleinere Studien durchgeführt, die eine positive Wirkung auf den Verlauf der schubförmigen Multiple Sklerose (MS) zeigen.

Klinische Angaben

Anwendungsgebiete (Indikationen)

Daclizumab wurde bei Erwachsenen und Kindern für die Prophylaxe von Abstoßungsreaktionen nach Nierentransplantationen als Teil einer Kombinationstherapie mit Ciclosporin und Corticosteroiden zugelassen.[1] Auf Antrag des Herstellers wurde die Zulassung in der Europäischen Union mit Wirkung zum 1. Januar 2009 aus kommerziellen Gründen zurückgenommen.[2]

In klinischen Studien wurde Daclizumab bei verschiedenen Organtransplantationen, unter anderem auch bei Herztransplantationen erfolgreich eingesetzt.[3] Neben der Immunsuppression bei Transplantationen wird Daclizumab derzeit auch bei der Behandlung von Multipler Sklerose[4] und Uveitis[5] getestet. Bei erwachsenen Patienten mit T-Zell-Leukämie wurden Erfolge insbesondere mit einer Radioimmuntherapie mit durch Yttrium90 radioaktiv markiertem Daclizumab-Antikörper erzielt.[6]

Dosierung, Art und Dauer der Anwendung

Daclizumab wird in Form einer intravenösen Infusion verabreicht. Bei Nierentransplantationen werden fünf Infusionen verabreicht: die erste innerhalb von 24 Stunden vor der Transplantation, die folgenden im Abstand von 14 Tagen.[1]

Bei multipler Sklerose wurde Daclizumab in den bisher durchgeführten Studien zweimal alle zwei Wochen, danach alle vier Wochen intravenös gegeben. Auch eine subkutane Gabe von Daclizumab wurde getestet.

Gegenanzeigen (Kontraindikationen)

Daclizumab darf nicht bei bekannter Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff und nicht während der Stillzeit verabreicht werden.[1]

Unerwünschte Wirkungen (Nebenwirkungen)

Daclizumab kann in seltenen Fällen zu schweren akuten Überempfindlichkeitsreaktionen (Anaphylaxie) führen. Die häufigsten Nebenwirkungen (≥ 1/10) sind Schlaflosigkeit, Tremor, Kopfschmerzen, arterielle Hypertonie, Dyspnoe, verschiedene Störungen des Gastrointestinaltrakts, Skelettmuskulaturschmerzen und Ödeme. In kontrollierten Studien konnte keine erhöhte Häufigkeit maligner Erkrankungen oder Infektionen nach Daclizumab im Vergleich zu Placebo beobachtet werden.[1]

Pharmakologische Eigenschaften

Wirkungsmechanismus (Pharmakodynamik)

Daclizumab bindet an die Tac-Untereinheit des hochaffinen Interleukin-2 (IL-2)-Rezeptors (CD25) auf T-Lymphozyten und verhindert dort die Bindung und Wirkung von IL-2. IL-2 ist ein im Körper natürlich vorkommender Signalstoff, den die T-Lymphozyten für Ihr Wachstum benötigen. Die Blockade der IL-2-Aktivierung schwächt somit das Wachstum bestimmter Immunzellen und mildert damit die Immunreaktion des Körpers gegen das Transplantat. Ein anderer Antikörper mit demselben Wirkungsmechanismus ist Basiliximab.

Bei Multipler Sklerose wird durch Daclizumab eine Immunreaktion des Körpers gegen die Myelinscheide des Erkrankten gemildert.

Toxikologie

Es konnte weder in Patienten noch in Versuchstieren eine maximale tolerierbare Dosis festgestellt werden. Patienten wurden vereinzelt mit bis zu 1,5 mg/kg Körpergewicht behandelt, ohne dass es zu Nebenwirkungen kam; bei Mäusen zeigte eine einzelne Dosis von 125 mg/kg keine toxische Wirkung.[1]

Sonstige Informationen

Chemische Informationen

Daclizumab ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper vom Typ IgG1. Der Antikörper wird rekombinant in murinen GS-NSO Myelomzellen produziert. Das fertige Arzneimittel enthält ferner als Hilfsstoffe Polysorbat 80, Natriumchlorid, Dinatriumhydrogenphosphat, Natriumdihydrogenphosphat und Wasser für Injektionszwecke.[1]

Geschichtliches

Daclizumab wurde aufbauend auf Forschungsergebnissen der Arbeitsgruppe von Thomas Waldmann[7] am National Institutes of Health von dem amerikanischen Biotechnologieunternehmen PDL Biopharma entwickelt.[8] Hergestellt und vertrieben wird es von Hoffmann-La Roche unter dem Namen Zenapax® zur immunsuppressiven Behandlung nach Nierentransplantationen. Die Erstzulassung erfolgte im Dezember 1997 in den USA; Daclizumab war der erste humanisierte Antikörper, der von der FDA zugelassen wurde. Die Zulassung für die Europäische Union wurde im Februar 1999 erteilt. PDL Biopharma hat für die Entwicklung von Daclizumab zur Behandlung der Multiplen Sklerose eine Allianz mit dem Biotechnologieunternehmen Biogen Idec gebildet.

2006 beantragte Hoffmann-La Roche bei der EU-Kommission die Rücknahme der Zulassung aus kommerziellen Gründen; die Entscheidung soll nicht im Zusammenhang mit Bedenken zur Sicherheit des Arzneimittels stehen. Im Juni 2008 traf die EU-Kommission eine entsprechende Entscheidung mit Wirkung zum 1. Januar 2009.[2]

Kosten

Die Dosierung und damit die Kosten sind körpergewichtsabhängig. Eine Dosis zu 25 mg kostet in Deutschland um die 420 Euro (Stand: Januar 2009).

Studien

In ersten Studien zur Behandlung der Multiplen Sklerose mit Daclizumab konnte sowohl die Zunahme neuer Läsionen um 78 % als auch die Gesamtanzahl der Läsionen um 70 % reduziert werden. Außerdem wurde der neurologische Status zumindest stabilisiert, teilweise sogar verbessert. Allerdings ist bei der Interpretation der Ergebnisse zu beachten, dass bei dieser nicht verblindeten Studie lediglich elf Patienten teilgenommen haben.[9]

In einer neueren Studie (CHOICE-Studie) der Firma PDL Biopharma war Daclizumab in einer randomisierten, doppelblinden Phase II-Studie an 230 Patienten wirksam. Es wurde an hierbei an Patienten getestet, die bereits mit Interferon ihre MS-Schübe behandelten. Nach 24 Wochen hat Daclizumab die Anzahl der Läsionen signifikant reduziert.[10]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 Europäischer öffentlicher Beurteilungsbericht zu Zenapax.
  2. 2,0 2,1 Mitteilung der Europäischen Arzneimittelagentur zur Rücknahme der Zulassung von Zenapax.
  3. Hershberger et al. Daclizumab to prevent rejection after cardiac transplantation. N Engl J Med. 2005 Jun 30;352(26):2705-13, PMID 15987919.
  4. Martin R. Humanized Anti-CD25 Antibody Treatment with Daclizumab in Multiple Sclerosis. Neurodegener Dis. 2008;5(1):23-6, PMID 18075271.
  5. Lim L, Suhler EB, Smith JR. Biologic therapies for inflammatory eye disease. Clin Experiment Ophthalmol. 2006 May-Jun;34(4):365-74, PMID 16764659.
  6. Waldmann TA. Daclizumab (anti-Tac, Zenapax) in the treatment of leukemia/lymphoma. Oncogene. 2007 May 28;26(25):3699-703, PMID 17530023.
  7. Waldmann TA. Anti-Tac (daclizumab, Zenapax) in the treatment of leukemia, autoimmune diseases, and in the prevention of allograft rejection: a 25-year personal odyssey. J Clin Immunol. 2007 Jan;27(1):1-18, PMID 17216565.
  8. Tsurushita N, Hinton PR, Kumar S. Design of humanized antibodies: from anti-Tac to Zenapax. Methods. 2005 May;36(1):69-83, PMID 15848076.
  9. Bielekova et al. Humanized anti-CD25 (daclizumab) inhibits disease activity in multiple sclerosis patients failing to respond to interferon beta. Proc Natl Acad Sci U S A. 2004 Jun 8;101(23):8705-8 PMID 15161974 (Link zu pdf).
  10. D. Wynn, M. Kaufman u. a.: Daclizumab in active relapsing multiple sclerosis (CHOICE study): a phase 2, randomised, double-blind, placebo-controlled, add-on trial with interferon beta. In: Lancet neurology. Band 9, Nummer 4, April 2010, S. 381–390, ISSN 1474-4465. doi:10.1016/S1474-4422(10)70033-8. PMID 20163990.

Weblinks