Eckzahn
Der Eckzahn (lateinisch Dens caninus, Plural {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value), oft nur {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)) ist der kegelförmige Zahn im Gebiss der Säugetiere (einschließlich des Menschen) hinter den Schneidezähnen (Incisivi) und vor den Vorbackenzähnen (Prämolaren). Die Bezeichnung „Eckzahn“ bezieht sich auf den deutlichen Knick des Zahnbogens an dieser Position.
Andere Bezeichnungen sind Hundszahn (Adjektiv caninus = „hündisch“, „vom Hund“) oder Fangzahn. Im Oberkiefer ist der Eckzahn nach dem Zwischenkieferbein (Prämaxillare) der vorderste Zahn im Oberkieferknochen (Maxillare).[1]
Mensch
Benennung
Die Übersetzung des lateinischen dens caninus als „Hundezahn“ kommt analog zum Deutschen auch in einigen anderen Sprachen vor. Bei Entzündungen eines oberen Eckzahnes kann sich die Entzündung im Gesicht mit Schwellung, Rötung und Druckschmerzen dicht unter dem Auge manifestieren, da die Wurzelspitze des oberen Eckzahnes fast bis zur Orbita (knöcherne Augenhöhle) reicht. Daher stammt der veraltete umgangssprachliche Name „Augenzahn“. Auch in einigen anderen Sprachen heißt der Zahn entsprechend (beispielsweise isländisch Augntönn).
Evolution des menschlichen Eckzahns
In der Evolution der Säugetiere haben sich die Eckzähne allgemein nur wenig verändert, stets sind sie einspitzig und einwurzelig, sowohl im Ober- wie im Unterkiefer. Die Eckzähne des Menschen weichen jedoch in ihrer Gestalt von derjenigen der übrigen Primaten ab. Bei vielen Primaten, einschließlich des Menschen, ist der Eckzahn bei den männlichen Individuen vergrößert, besonders ausgeprägt ist dieser Geschlechtsdimorphismus u. a. bei den großen Menschenaffen (Hominidae). Dabei sind die oberen Eckzähne deutlich stärker verlängert als die unteren. Als hauptsächliche Ursache dieser Entwicklung wird eine Funktion bei der Drohgebärde angenommen.[2]
Im menschlichen Gebiss haben die oberen Eckzähne die längsten Wurzeln. Da bei allen Primaten außer dem Menschen der Spitzenteil dieser Zähne erheblich länger ist als der Wurzelteil, wird von einer erheblichen Kronenverkürzung im Verlauf der Hominisation („Menschwerdung“) ausgegangen. Die oberen Eckzähne der nicht-menschlichen Primaten zeigen eine deutliche Tendenz zur gestaltlichen Angleichung an die folgenden Vorbackenzähne (Prämolarisierung), während die Unterkiefereckzähne sich morphologisch den Schneidezähnen annähern (Incisivierung). Beim Menschen zeigen alle Eckzähne eine Incisivierung, die jedoch im Unterkiefer deutlicher ausgeprägt ist.[2]
Dentition
Der Mensch hat je einen Eckzahn pro Kieferhälfte im Unter- und Oberkiefer (insgesamt also vier). Der Eckzahn steht an dritter Position (es wird vom ersten Schneidezahn an gezählt) und ist der größte Zahn im Frontzahnbereich. Die Eckzähne bilden die Eckpfeiler am Übergang der Frontzähne zu den Seitenzähnen.
Der Eckzahn wird bereits im Milchgebiss angelegt, der Zahndurchbruch erfolgt mit 1,5 Jahren
Der Zahndurchbruch der bleibenden Eckzähne erfolgt mit ca. 11 Jahren (± 1 Jahr). Gewöhnlich brechen die unteren Eckzähne vor den oberen Eckzähnen durch. Die genauen Durchbruchszeiten variieren je nach Veröffentlichung:
- obere bleibende Eckzähne: Jungen 11,8 ± 1,3 Jahre; Mädchen 11,2 ± 1,2 Jahre
- untere bleibende Eckzähne: Jungen 11,1 ± 1,6 Jahre; Mädchen 10,2 ± 1,3 Jahre
Meist brechen nach den Schneidezähnen im Oberkiefer erst die vorderen Prämolaren durch, bevor die Eckzähne durchbrechen. Im Unterkiefer ist es umgekehrt. Daher folgt der häufige Platzmangel für die oberen Eckzähne (siehe unten).
Wurzeln
Der Eckzahn hat eine Wurzel, die einen Kanal enthält. Die Wurzel ist in mesial-distaler Richtung leicht abgeflacht. Bei den oberen Eckzähnen ist die mesiale Wurzelfläche breiter und flacher, als die distale Wurzelfläche.
Die oberen Eckzähne haben ein deutliches Wurzelmerkmal mit einer apikalen Krümmung nach distal. Bei den unteren Eckzähnen fehlt beides.
Die Wurzeln der unteren Eckzähne sind kürzer als die der oberen. Die Längenrelation zwischen Kronenlänge und Wurzellänge ist bei den unteren Eckzähnen zugunsten der Kronenlänge verschoben.
Zahnkrone
Statt einer Kaufläche hat der Eckzahn nur eine Höckerspitze (Eckzahnspitze) mit zwei kurzen Schneidekanten.
Während bei den Schneidezähnen die äußeren (vestibulären) Flächen bis auf eine leichte Rundung relativ eben sind, sind die vestibulären Flächen der Eckzähne zweigeteilt, in eine mesiale (vordere) und distale (hintere) Hälfte. Beide Hälften bilden einen Winkel von ca. 20° zueinander. Sie sind durch einen vertikal verlaufenden Mittelgrad getrennt. An dieser Stelle knickt der Zahnbogen ab.
Zusätzlich hat der Eckzahn, wie alle Zähne, eine leicht kugelige Form. Er hat eine leichte Konvexität (Krümmung) von der Schneidekante zum Zahnhals.
Die mehr oder weniger scharfe Spitze auf der Schneidekante (Eckzahnspitze) liegt nicht genau mittig auf der Schneidekante, sondern ist etwas nach mesial verschoben. Die mesiale Schneidekante ist steiler und kürzer, als die flachere und längere distale Schneidekante.
Auf der Rückseite hat die Eckzahnkrone zwei kräftig ausgebildete Randleisten, sowie eine Mittelleiste, die sich zum Zahnhals hin in einem ausgeprägten Höcker (Tuberculum) treffen.
Die Approximalflächen sind dreieckig.
Die unteren Eckzähne sind kleiner als die oberen Eckzähne. Bei den unteren Eckzähnen ist die Kronenachse etwas gegenüber der Wurzelachse nach lingual „abgeknickt“ („Kronenflucht“). Diese Kronenflucht findet sich auch bei allen Prämolaren und Molaren im Unterkiefer wieder. Die vestibuläre Fläche weist gegenüber der Wurzelfläche eine Neigung von 25° auf. Die mesialen Kontaktflächen verlaufen steiler, wobei die Schmelz-Zement-Grenze mesial 3 mm höher liegt als distal.
Erkrankungen
Neben den üblichen Zahnerkrankungen wie Karies, Pulpitis und apikaler Ostitis ist der obere Eckzahn sehr häufig retiniert und verlagert.
Ursache dafür ist die relativ späte Durchbruchszeit mit 11 Jahren. In diesem Alter ist der Knochen bei manchen Kindern schon recht fest. Außerdem sind die bleibenden Nachbarzähne (zweiter Schneidezahn und erster Prämolar) schon vor dem Eckzahn da und können bei ausgeprägtem Platzmangel den gesamten Platz für den verspätet durchbrechenden Eckzahn einnehmen. Eventuell bricht der Eckzahn wegen Platzmangel auch weiter vestibulär durch – außerhalb der Zahnreihe. Er ragt dann wie ein Tigerzahn aus der vestibulären Wand des Alveolarfortsatzes.
Relativ häufig liegt der retinierte Eckzahn quer im Oberkieferknochen impaktiert.
Eine weitere Ursache für die Retention ist, dass der Eckzahn während seiner Bildungphase relativ weit oben im Kieferknochen liegt und einen sehr weiten Weg bis zum Zahndurchbruch zurücklegen muss.
Nach den Weisheitszähnen sind die Eckzähne die am zweithäufigsten betroffenen Zähne, die retiniert und verlagert sind. Ein persistierender Milch-Eckzahn im Oberkiefer deutet auf einen retinierten Eckzahn hin. Eine Nichtanlage der Eckzähne ist jedoch nicht bekannt bzw. extrem selten. Im Gegensatz dazu ist bei den Weisheitzähnen eine Nichtanlage häufig (ca. 50 %) und bei den benachbarten zweiten Schneidezähnen des Oberkiefers gelegentlich (ca. 1 %, familiär gehäuft) anzutreffen.
Die retinierten und verlagerten oberen Eckzähne werden bei Erwachsenen meist aus kieferorthopädischer Indikation operativ entfernt (meist mit palatinalem OP-Zugang). Bei Jugendlichen und bei günstiger vestibulärer Retentionslage wird die Zahnkrone operativ freigelegt und nach Wundheilung mit Hilfe eines aufgeklebten Brackets und festsitzendem oder herausnehmbarem KFO-Gerät eingestellt. Hierbei werden sowohl Multibandapparaturen als auch einfachere KFO-Geräte verwendet. Dazu muss in einigen Fällen durch Oberkieferdehnung (KFO) genügend Platz geschaffen werden. Der Zahn wird am Bracket angeschlungen und im Verlaufe einiger Monate oder Jahre meist mit Erfolg voll in die Zahnreihe integriert.
Untere Eckzähne sind weniger oft retiniert und verlagert als obere.
Fehlbildung
Typische Fehlbildung treten im Zusammenhang mit Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten auf. Die Lippenspalten verlaufen typischerweise zwischen 2. und 3. Zahn im Oberkiefer - also zwischen zweitem Schneidezahn und Eckzahn. Bei abortiven Formen von Lippenspalten, die sich klinisch gar nicht in einer Lippenspalte äußern, kann es zu Verschmelzungen, Teilverschmelzungen oder Verwachsungen vom 2. und 3. Zahn kommen bzw. können diese Zähne einzeln betroffen sein oder es kann ein zusätzlicher überzähliger Zahn zwischen 2. und 3. Zahn auftreten. Dieser überzählige Zahn hat meist eine schmale Zapfenform oder ist verkrüppelt.
Auch bei Milchzähnen sind gelegentlich Verwachsungen zwischen dem 2. und 3. Zahn zu beobachten. Bei Milchzähnen treten diese Verwachsungen auch im Unterkiefer auf, was den vermuteten Zusammenhang mit Lippenspalten in Frage stellt.
Eckzahnführung
Im Ruhezustand bei geschlossenen Zahnreihen berühren sich die oberen und unteren Molaren einer Seite. Bei seitlichen Kaubewegungen entsteht zwangsweise ein Abstand zwischen den oberen und unteren Molarenkauflächen, da die oberen und unteren Eckzähne zuerst zusammenstoßen und gewissermaßen als erstes "Hindernis" die Zahnreihen auseinanderzwingen. Diese sogenannte Eckzahnführung ist ein Teil des komplizierten Zusammenspiels zwischen Kauflächen, Kiefergelenken und Kaumuskeln, mit dem sich die Gnathologie befasst. Oft besteht dieser Führungskontakt auch noch mit auf den Prämolaren - dann spricht man von Prämolarenführung.
Bei der Herstellung von festsitzendem Zahnersatz (Kronen, Brücken) muss auch auf die Wiederherstellung der Eckzahnführung geachtet werden.
Bei der Herstellung von Totalprothesen darf keine Eckzahnführung erzeugt werden, da der punktförmige Kontakt zwischen oberen und unteren Prothesen-Eckzähnen die Totalprothese nur kippen lassen würde.
Bei der Herstellung von Totalprothesen muss die Eckzahnführung beseitigt werden. Im Gegensatz zur vorher vorhandenen anatomischen Situation muss zugunsten einer stabilen Kaufunktion die Führung gleichzeitig durch alle Zähne einer Seite gegeben sein - Eckzahn plus Prämolaren plus Molaren.
Ästhetik
Das Vorhandensein der oberen Eckzähne ist extrem wichtig für das ästhetische Aussehen der Frontzähne. Der Kieferorthopäde zieht lieber einen Vierer, um Platz für die mühevolle Einstellung eines verlagerten Dreiers (Eckzahn) zu machen, als den Dreier zu ziehen und auf die ästhetische Wirkung der Eckzahnspitze zu verzichten.
Das umgekehrte Problem ergibt sich, wenn die oberen Zweier nicht angelegt sind und nach den ersten Schneidezähnen gleich die Eckzähne kommen. Das zerstört die ganze ästhetische Balance. Dann muss der Eckzahn etwas als kleiner Schneidezahn abgetarnt werden, indem die Höckerspitze des Dreiers eingeschliffen wird bzw. die Schneidekante des Dreiers so aufgebaut wird, dass der Eckzahnhöcker unauffälliger wird.
Im Gegensatz zu europäischen Schönheitsidealen gelten verlagerte obere Eckzähne in Japan, besonders bei Mädchen, als niedlich und werden dort Yaeba (jap. {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value), dt. „mehrfache Zähne“) genannt.[3] Auch tritt dieses Phänomen dort relativ häufig auf, aufgrund des kleineren Kiefers und weil die Zähne selten gerichtet werden.
Verzahnung (Antagonisten)
Die oberen Eckzähne haben Kontakt zu den unteren Eckzähnen und den dahinter liegenden ersten Prämolaren des Unterkiefers.
Die unteren Eckzähne haben Kontakt zu den oberen zweiten Schneidezähnen und zu den oberen Eckzähnen.
Andere Säugetiere
Die meisten Säugetiere haben ebenfalls zwei Eckzähne im Oberkiefer und zwei im Unterkiefer. Bei Pferden haben in der Regel nur Hengste Eckzähne, die hier als Hakenzähne bezeichnet werden. Hasenartige und Nagetiere besitzen gar keine Eckzähne, Wiederkäuer keine im Oberkiefer. Bei Walross und Flusspferd bilden die Eckzähne die Stoßzähne, bei Schweinen das Gewaff und bei Raubtieren die Fangzähne.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Ulrich Lehmann: Paläontologisches Wörterbuch. 4. Auflage. Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart 1996, S. 39.
- ↑ 2,0 2,1 Winfried Henke, Hartmut Rothe: Paläoanthropologie. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York 1994, S. 127–129.
- ↑ Austin Considine: A Little Imperfection for That Smile? In: The New York Times. 23. Oktober 2011, S. ST6 (Online).