Milchgebiss
Wie viele Säugetiere, so bildet auch der Mensch im Laufe des Lebens zunächst ein Milchgebiss aus (Milchzahn: dens deciduus (von latein: dens ‚Zahn‘, und decidere ‚hinfallen‘)[1]), das beim Heranwachsen durch ein bleibendes Gebiss ersetzt wird.
Milchgebiss beim Menschen
In den noch sehr kleinen Kiefern eines Babys oder Kleinkindes fänden die vergleichsweise wesentlich größeren bleibenden Zähne keinen Platz, weder hinsichtlich der Zahnbreite noch hinsichtlich der Wurzellänge. Aus diesem Grunde entsteht zunächst ein Milchgebiss, das dann mit wachsender Kiefergröße nach und nach durch das bleibende Gebiss ersetzt wird. Bei einem Kind besteht das Milchgebiss aus 20 Zähnen, und zwar fünf Zähnen pro Quadrant: dem mittleren und dem seitlichen Schneidezahn, dem Eckzahn, sowie dem ersten und zweiten Milchmahlzahn. (Das Gebiss wird in vier Quadranten unterteilt: je ein rechter und ein linker in Ober- und Unterkiefer.)
Zahnen (1. Dentition)
Das Herauswachsen („Durchbrechen“, Dentition) der Zähne ist für das Kind oft schmerzhaft. Es geschieht in einer bestimmten Reihenfolge: Zuerst brechen etwa im 6. bis 9. Lebensmonat die mittleren Schneidezähne durch.
Die Tabelle gibt die durchschnittlichen Durchbruchszeiten der Milchzähne wieder: [2]
Zur Zahnbezeichnung siehe: Zahnschema
Nr. | Milchzahn | OK-Zähne | UK-Zähne | Lebensmonat |
---|---|---|---|---|
1. | Mittlerer Schneidezahn | 51, 61 | 71, 81 | 6. - 8. |
2. | Seitlicher Schneidezahn | 52, 62 | 72, 82 | 8. - 12. |
3. | 1. Milchmolar | 54, 64 | 74, 84 | 12. - 16. |
4. | Eckzahn | 53, 63 | 73, 83 | 16. - 20. |
5. | 2. Milchmolar | 55, 65 | 75, 85 | 20. - 30. |
Die oberen Antagonisten (Gegenzähne) brechen normalerweise einige Zeit nach den entsprechenden unteren Zähnen durch.
Der Zeitpunkt des Durchbruchs ist sehr variabel, so kann der erste Schneidezahn schon im vierten Monat, aber auch erst viel später erscheinen. Entsprechend verschiebt sich dann auch der Durchbruch der weiteren Zähne.
Im Durchschnitt sind bis zum 30. Lebensmonat alle Milchzähne durchgebrochen und erreichen bis zum Ende des 3. Lebensjahres die volle Verzahnung, so dass die Zahnkronen in Kontakt zum jeweiligen Gegenzahn stehen. Das Wurzelwachstum ist zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht abgeschlossen und dauert weitere 1 bis 2 Jahre. Ab dem 3. Lebensjahr beginnt dann die Nutzungsperiode des Milchgebisses, die bis zum Zahnwechsel dauert.
In sehr seltenen Fällen sind bei Säuglingen schon bei der Geburt Milchzähne durchgebrochen, sogenannte dentes connati (Singular: dens connatus, von latein: dens ‚Zahn‘ und connatus ‚angeboren‘), im Volksmund auch Hexenzähne genannt.[3] Prominente Beispiele sollen der französische Sonnenkönig Ludwig XIV. und auch Sisi gewesen sein. Um beim Stillen eine Verletzung der Brustwarzen zu vermeiden, können diese mit Schutzkappen geschützt werden.
Die Milchzähne haben genauso wie die bleibenden Zähne Zahnwurzeln. Die Milchschneide- und Eckzähne haben eine Wurzel, die Milchmolaren haben im Unterkiefer zwei und im Oberkiefer drei Wurzeln. Anomalien sind im Milchgebiss sehr selten. Beim Zahnwechsel mit dem dadurch bedingten normalen Verlust der Milchzähne werden die Milchzahnwurzeln durch die nachdrängenden bleibenden Zähne resorbiert (aufgelöst); die Milchzähne scheinen keine Wurzeln (gehabt) zu haben.
Bevor sich die Milchzähne lockern, vergrößern sich – insbesondere im Oberkiefer-Frontzahnbereich – die Lücken zwischen den Zähnen. Dies nennt der Zahnarzt Lückige Zahnstände. Es handelt sich hierbei keineswegs um eine zu behandelnde Unregelmäßigkeit, sondern um einen während des Zahnwechsels ganz normalen und erwünschten Vorgang. Dabei wird durch entsprechendes Kieferwachstum sichergestellt, dass für die größeren bleibenden Zähne genügend Platz vorhanden ist, um eine Schachtelstellung zu verhindern.
Verlust der Milchzähne
Der erste neue, bleibende Zahn ist normalerweise der erste Backenzahn. Er bricht in etwa im sechsten Lebensjahr hinter der Milchzahnreihe durch und wird deshalb auch 6-Jahr-Molar genannt. Erst danach werden die Milchzähne ersetzt. Zwischen dem sechsten und dem achten Lebensjahr verlieren die Kinder die mittleren Schneidezähne, dann die seitlichen. Zwischen dem 9. und dem 11. Lebensjahr werden die Eckzähne und die ersten Milchmahlzähne ersetzt, zuletzt bis etwa zum 13. Lebensjahr die zweiten Milchmahlzähne. Anschließend bricht dann noch der zweite Backenzahn (7-er) durch. Weisheitszähne brechen in etwa ab dem 17. Lebensjahr durch – manchmal auch erst im fortgeschrittenen Alter.
Hauptartikel zum Zahnwechsel (2. Dentition) siehe: Dentition
Milchgebiss bei Tieren
Auch viele andere Säugetiere haben ein Milchgebiss, so beispielsweise Hunde, Katzen und sogar Fledermäuse, nicht aber Faultiere oder Delfine.
Einzelnachweise
- ↑ Joseph Maria Stowasser: Der Kleine Stowasser, Lateinisch-deutsches Schulwörterbuch, G. Freytag Verlag, München
- ↑ Lehmann, Klaus M., Elmar Hellwig: Zahnärztliche Propädeutik. 10. Auflage. Urban & Fischer bei Elsevier, 2005, ISBN 3-437-05391-4, S. 44–46.
- ↑ Zahnlexikon (Optident)
Siehe auch
Weblinks
- Gesunde Zähne – kindergesundheit-info.de: unabhängiges Informationsangebot der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
- Animierte Grafik zur Abfolge des Durchbruchs der Milchzähne
- Patienteninformation zu Milchzähnen
- Kinderzahnheilkunde – Tips und Informationen zu den ersten Zähnen