Horizontalzelle


Zelltypen in den Schichten einer Säugetiernetzhaut
R: Stäbchen, C: Zapfen,
H: Horizontalzelle, Bi: Bipolarzelle,
A: Amakrinzelle, G: Ganglienzelle,
GC: Ganglienzellschicht.
(Das Licht fällt hierbei von unten ein.)

Horizontalzellen sind spezielle Nervenzellen (Neurone) in der Netzhaut (Retina) des Auges, welche die Fotorezeptoren (Stäbchen und Zapfen) und die bipolaren Zellen lateral (seitlich) verschalten.

Vereinfacht dargestellt wird ein auf die Retina einfallender Lichtreiz von den Fotorezeptoren registriert. Diese leiten ihre Information in vertikaler Richtung an bipolare Nervenzellen und diese an Ganglienzellen weiter, welche die Information weiter Richtung Zentralnervensystem leiten. Die Horizontalzellen befinden sich in horizontaler Ebene auf Höhe der Synapsen zwischen den Fotorezeptoren und den nachgeschalteten bipolaren Zellen.

Funktion

Die wesentliche Funktion der Horizontalzellen besteht darin, seitliche Verschaltungen zwischen Fotorezeptoren und bipolaren Zellen zu bilden. Sie tragen damit zur Lichtadaptation des Auges sowie zu einer Erhöhung des Bildkontrastes bei.

Horizontalzellen sind Nervenzellen, welche Information wie andere Neurone auch durch intrazelluläre Spannungsänderung und der dadurch bewirkten Änderung ihrer Neurotransmitterausschüttung weiterleiten. Der von ihnen auf nachgeschaltete Neurone ausgeschüttete Neurotransmitter ist Gamma-Aminobuttersäure (GABA) - ein inhibitorischer Neurotransmitter. Wirkt GABA über den synaptischen Spalt auf andere Neurone ein, dann wirkt er hyperpolarisierend – er senkt also die Spannung der Zelle und macht sie somit negativer geladen.

Fotorezeptoren, welche ihre Information u. a. auf die Horizontalzellen ableiten, sind eine besondere Art von Neuronen. Sie übertragen eine Erregung nicht (wie „gewöhnliche“ Neurone) über die Frequenz eines Aktionspotentials. Während die meisten anderen Neurone in Ruhelage negativ geladen sind (ca. -70 mV), bei Erregung über eine gewisse Schwelle plötzlich depolarisieren (positiv geladen werden) und dadurch eine große Menge an Neurotransmittern ausschütten, erfolgt die Reizweiterleitung bei Fotorezeptoren anders: In Ruhelage sind sie weniger stark negativ geladen (ca. -40 mV), also leicht depolarisiert. Trifft nun ein Lichtreiz ein, sinkt ihre Spannung und sie werden noch negativer geladen (bis max. -65 mV). Die Stärke des Lichtreizes wird durch die Stärke der Negativierung (Hyperpolarisation) kodiert. Diese Hyperpolarisierung bewirkt eine Reduzierung der Menge an ausgeschütteten Neurotransmittern (in diesem Fall Glutamat). Lichtreizung führt also letztendlich zu weniger ausgeschüttetem Glutamat durch die Fotorezeptoren.

Wirkt also ein Lichtreiz, so wirkt weniger Glutamat der Fotorezeptoren auf die Horizontalzellen ein. Diese Reduktion des Neurotransmitters führt in der Horizontalzelle zu einer Reduktion ihrer Aktivität. Demzufolge schüttet sie selbst ebenfalls weniger Neurotransmitter (GABA) aus.

Aufgabe

Eine Horizontalzelle erhält Informationen von vielen Fotorezeptoren. Gleichzeitig sendet sie ihre Information auch an viele Fotorezeptoren zurück. Man kann sich die Erregungsweiterleitung vereinfacht folgendermaßen vorstellen: Licht wird durch die Fotorezeptoren registriert. Die Information schicken diese an die Horizontalzellen weiter. Die Horizontalzellen wiederum schicken ihr Signal an die Synapsen zwischen den Fotorezeptoren und den bipolaren Zellen zurück und können somit die Stärke der Information, die letztendlich von den Fotorezeptoren an die bipolaren Zellen und somit weiter Richtung Gehirn geleitet wird, beeinflussen.

Dieser Mechanismus ist sehr wichtig für die Lichtadaptation. Stellen wir uns vor, wir sitzen in einem schattigen, düsteren Raum und lesen eine helle Schrift auf einem dunkleren Blatt Papier. Wenn wir nun hinaus in die Sonne gehen, können wir immer noch ohne Probleme die Schrift lesen, obwohl die hellen Buchstaben durch die Sonneneinstrahlung nun eine sehr viel höhere Lichtintensität haben. Zu dieser Adaptation tragen u. a. die Horizontalzellen bei.

Stellen wir uns zuerst die Situation im düsteren Raum vor, in dem wir einen hellen Punkt auf einem dunkleren Blatt Papier sehen. Ganz stark vereinfacht nehmen wir einmal an, dieser hellere Punkt fällt auf einen Fotorezeptor. Die Umgebung des Punktes ist in dem düsteren Raum so dunkel, dass alle anderen Fotorezeptoren kein Licht registrieren.

Nehmen wir nun an, dass die Lichtintensität des hellen Punktes dazu führt, dass der aktivierte Fotorezeptor genau auf -65 mV hyperpolarisiert wird. Dies entspricht genau seiner maximalen Hyperpolarisierungsschwelle. Diese Hyperpolarisierung des Rezeptors lässt diesen nun weniger Glutamat an die Horizontalzelle, die mit ihm eine Synapse bildet, ausschütten. Eine Horizontalzelle erhält jedoch von sehr vielen Fotorezeptoren Informationen – deshalb bewirkt eine Neurotransmitterreduzierung von nur einem einzigen Rezeptor wie in unserem Fall kaum eine Aktivitätsänderung der Horizontalzelle. Ihr Einfluss auf die Erregungsleitung kann in diesem Fall also vernachlässigt werden. Da die Horizontalzelle deshalb fast keinen Einfluss auf die Erregungsleitung von Fotorezeptor zu bipolarer Zelle hat, kann die Lichtreizstärke eins zu eins auf die bipolare Zelle übertragen werden.

Stellen wir uns nun die Situation vor, in der wir denselben hellen Punkt auf dunklem Papier im Sonnenlicht betrachten. Nehmen wir mal an, die Lichtintensität, die jetzt von dem dunklen Papier reflektiert wird, ist genauso stark wie die Intensität des hellen Punktes im düsteren Raum. Der helle Punkt hingegen ist nun im Sonnenlicht noch sehr viel heller als vorher.

Nun wird nicht nur der einzelne Fotorezeptor, auf den der helle Punkt scheint, aktiv, sondern auch viele andere Rezeptoren, da ja nun das dunkle Papier durch die Lichtreflexion genauso hell ist, wie der Punkt vorher im düsteren Raum. Stellen wir uns zunächst die Erregungsleitung vor, wenn es keinen Einfluss durch die Horizontalzellen gäbe: Alle Fotorezeptoren, die in der Umgebung des hellen Punktes liegen, werden bis zu ihrer maximalen Schwelle von -65 mV hyperpolarisiert, da die Umgebung des hellen Punktes nun genauso hell ist, wie vorher der helle Punkt selbst im düsteren Raum. Was aber ist mit dem Fotorezeptor, auf den der jetzt noch viel hellere Punkt scheint? Bereits im düsteren Raum wurde dieser Rezeptor bis zu seiner maximalen Schwelle von -65mV gereizt, d.h. auch wenn der Reiz (wie jetzt im Sonnenlicht) noch heller ist, kann der Rezeptor nur bis -65 mV hyperpolarisiert werden. In diesem Fall würde sich die Aktivität des Fotorezeptors, auf den der noch hellere Punkt scheint, nicht von der Aktivität der umgebenden Rezeptoren unterscheiden, da alle bis zu ihrer Grenze von -65mV hyperpolarisiert sind. Das bedeutete, dass wir den helleren Punkt eigentlich gar nicht wahrnehmen könnten, da das gesamte Sichtfeld als „gleich hell“ wahrgenommen würde.

Hier kommt jedoch der Einfluss der Horizontalzellen zum Tragen: Da ja nun viele Fotorezeptoren durch Lichtreizung hyperpolarisiert werden, erhalten einzelne Horizontalzellen von vielen Rezeptoren Informationen, was dazu führt, dass sie einen gewichtigen Einfluss bekommen. Wie beschrieben führt der Lichtreiz zu einer Reduktion des Glutamatausstoßes der Rezeptoren auf die Horizontalzellen. Diese werden dadurch weniger aktiv und schütten ihrerseits weniger GABA an die Fotorezeptoren aus. GABA ist wie beschrieben ein inhibitorischer (hemmender) Botenstoff, der also bei den Fotorezeptoren bewirkt, dass diese noch stärker hyperpolarisieren. Wenn nun wie in unserem Fall durch die Aktivitätsreduktion vieler Horizontalzellen viel weniger GABA wieder zurück an die Fotorezeptoren ausgeschüttet wird, führt dies zu einer Depolarisation bei den Rezeptoren. Diese werden also wieder ein bisschen weniger negativ geladen - dass gesamte Spannungsniveau aller aktiven Fotorezeptoren wird also ein Stück weit nach oben (Richtung positiv) versetzt.

Nehmen wir in unserem Fall einmal an, die GABA-Reduzierung durch die Horizontalzellen bewirkt eine Depolarisierung bei den Fotorezeptoren um +20 mV. Jene Fotorezeptoren, welche den einen Rezeptor, auf den der helle Punkt fällt, umgeben, befinden sich nun statt an ihrer Grenze bei -65 mV nur noch bei -45 mV. Derselbe Einfluss wirkt auch auf den Rezeptor, auf den der helle Punkt fällt. Er kann nun also wieder deutlich stärker hyperpolarisiert sein (evtl. bis an seine Grenze von -65 mV), um zu signalisieren, dass auf ihn ein noch hellerer Lichtreiz als auf die umgebenden Rezeptoren einfällt.

Durch diesen Mechanismus können wir also auch im grellen Sonnenlicht noch den helleren Punkt vor dunklerem Hintergrund wahrnehmen.

Siehe auch