Lungenlose Salamander



Lungenlose Salamander

Brauner Bachsalamander (Desmognathus fuscus)

Systematik
Reihe: Landwirbeltiere (Tetrapoda)
Klasse: Lurche (Amphibia)
Unterklasse: Lissamphibia
Ordnung: Schwanzlurche (Caudata)
Überfamilie: Salamanderverwandte (Salamandroidea)
Familie: Lungenlose Salamander
Wissenschaftlicher Name
Plethodontidae
Gray, 1850

Die Lungenlosen Salamander (Plethodontidae) bilden die bei weitem artenreichste Familie der Schwanzlurche (Caudata oder Urodela). Sie stellen zwei Drittel aller Arten dieser Ordnung. Der wissenschaftliche Name leitet sich aus den griechischen Wörtern „pletho“ (= Menge) und „odontes“ (= Zähne) ab, was auf die bei den Männchen mancher Arten im Oberkiefer vorhandenen vergrößerten Zähne hindeuten könnte.

Merkmale

Batrachoseps nigriventris
Aneides aeneus
Brauner Bachsalamander (Desmognathus fuscus), mit Gelege
Desmognathus ochrophaeus
Ensatina eschscholtzii
Schleichensalamander (Phaeognathus hubrichii)
Plethodon fourchensis
Speleomantes sarrabusensis
Eurycea guttolineata
Texanischer Brunnenmolch (Eurycea rathbuni)
Gyrinophilus porphyriticus

Die Vertreter dieser sehr variablen Familie haben meist gar keine oder (bei den „primitiveren“ Bachsalamandern) rudimentär vorhandene Lungen. Die Sauerstoffaufnahme erfolgt statt dessen durch Hautatmung (einschließlich deren Sonderform Mundhöhlenatmung). Die Gesamtlänge der ausgewachsenen Tiere schwankt je nach Art zwischen kaum mehr als drei und 22 Zentimetern. Mehrere Vertreter der auf Mexiko beschränkten Gattung Thorius etwa haben Kopf-Rumpf-Längen von weniger als zwei Zentimetern (zzgl. Schwanzlänge). In der Regel weisen die Tiere jeweils vier Finger und fünf Zehen auf; miniaturisierte Arten haben aber manchmal auf vier Zehen reduzierte Hinterfüße. Lungenlose Salamander haben oft einen schlanken, langgestreckten Körper (mit bis zu 60 Rückenwirbeln), einen langen Schwanz und bewegen sich sehr agil schwimmend, kletternd oder sogar springend. Mit einer flachen Nasen-Lippen-Furche, die von der Nasenöffnung zur Oberlippe verläuft und mit teilweise angeschwollenen Drüsen ausgekleidet ist, werden Gerüche wahrgenommen bzw. zu Riechzellen in der Nase weitergeleitet. Die olfaktorische Orientierung spielt eine wichtige Rolle, beispielsweise beim mitunter komplexen Balz- und Territorialverhalten. Viele Arten haben außerdem große Augen und können mit einer hervorschnellenden Schleuderzunge auch flinke Insekten erbeuten.

Vorkommen

Der Schwerpunkt der Verbreitung liegt in Nord-, Mittel- und Südamerika zwischen dem südlichen Alaska und dem südlichen Kanada einerseits und dem nordwestlichen Brasilien und dem zentralen Bolivien andererseits. In den USA, und hier besonders in den Appalachen, leben die meisten Arten. Als einzige Schwanzlurch-Familie dringen die Lungenlosen Salamander aber auch in den tropischen Bereich vor und überschreiten im nördlichen Südamerika knapp den Äquator.

Außerhalb Amerikas kommt nur die Gattung Europäische Höhlensalamander (Speleomantes) mit derzeit acht beschriebenen Arten in Europa vor – genauer auf Sardinien sowie in Südfrankreich und Italien. (In manchen Systematiken werden diese gemeinsam mit drei amerikanischen Arten unter der Gattung Hydromantes gelistet und Speleomantes wird dabei als "Klade" aufgefasst. Außerdem wird für den Sardischen Höhlensalamander neuerdings eine separate Gattung Atylodes postuliert.) Im Jahr 2005 wurde zudem in Korea eine neue Art entdeckt, die in eine eigene Gattung Karsenia gestellt wird.

Lebensweise

Neben einigen in Gewässernähe lebenden Vertretern aus den Gattungen der Bachsalamander (Desmognathus) gibt es beispielsweise auch unterirdisch vorkommende wie den Blindsalamander (Haideotriton wallacei). Die meisten Arten leben jedoch ganzjährig oberirdisch an Land. Auch die Embryonal- und Larvalentwicklung erfolgt in diesen Fällen innerhalb von größeren Eihüllen ausschließlich terrestrisch, so dass – anders als bei den meisten Amphibien – kein Gewässer für den Lebenszyklus benötigt wird (Beispiel: Gattung Waldsalamander, Plethodon). Manche bewohnen zeitweise sogar hohe Bäume (Gattung Baumsalamander, Aneides). Nur bei wenigen Taxa ist auch noch eine (Teil-)Larvenphase im Wasser zu beobachten, etwa beim Schwarzbäuchigen Bachsalamander (Desmognathus marmoratus) oder beim Braunen Bachsalamander (Desmognathus fuscus). Markantes Merkmal des Fortpflanzungsverhaltens der Plethodontidae sind sogenannte Paarungsmärsche, bei denen sich die Partner zeitweise umklammern und dabei fortbewegen, bis es schließlich zur indirekten Übergabe der Spermatophore kommt.

Lungenlose Salamander bevorzugen allgemein feuchte Versteckplätze, die sie nur bei Regenwetter und nachts verlassen. Sie haben eine niedrige Stoffwechselrate und überleben eine längere Trocken- bzw. Kältezeit im Ruhezustand, da sie einen Teil der Nahrung als Fettreserven speichern. Ihre Hauptaktivitätsphasen sind der Frühling und der Herbst. Zur Abwehr von Fressfeinden produzieren manche Arten einen giftigen und sehr klebrigen Hautschleim, an dem eine kleinere Schlange durchaus ersticken kann. Andere Arten können wie eine Eidechse ihren Schwanz abwerfen.

Evolution

Die Plethodontidae waren ursprünglich wahrscheinlich Bewohner kühler Bergbäche im Osten Nordamerikas – so wie heute noch einige Bachsalamander. Unter den Lebensbedingungen schnell fließenden Wassers bildeten sich die Lungen allmählich zurück, weil diese aufgrund ihrer Auftriebwirkung nachteilig waren. Die weitere stammesgeschichtliche Entwicklung führte zu einer immer größeren Unabhängigkeit von Gewässern und dabei auch zur Ausbreitung nach Westen, bis zuletzt über die mittelamerikanische Landbrücke auch die Tropen besiedelt wurden. Die völlig terrestrisch lebenden Vertreter aus der Gattung Waldsalamander (Plethodon) können somit als die am höchsten entwickelten Formen betrachtet werden.

Die europäischen Vorkommen – sowie der neue koreanische Fund – sind in diesem Zusammenhang als Relikte aus dem Paläogen (ehemals als Tertiär bezeichnet) zu verstehen, also als Überreste der Epoche nach dem Zerfall Pangäas, als der nordamerikanische Subkontinent und Eurasien noch eine gemeinsame große Landmasse namens Laurasia bildeten.

Taxonomie

Die Familie der Lungenlosen Salamander wird in neueren systematischen Übersichten in vier Unterfamilien gegliedert (Bolitoglossinae, Hemidactyliinae, Plethodontinae und Spelerpinae). Dabei werden 26 bis 28 Gattungen und mehr als 390 Arten unterschieden. Die bei weitem formenreichste Unterfamilie ist Bolitoglossinae mit rund 260 Arten, während Hemidactyliinae monogenerisch und monotypisch lediglich den Vierzehensalamander enthält. Ältere Systematiken der Lungenlosen Salamander bestanden aus zwei Unterfamilien (Desmognathinae und Plethodontinae) mit abweichender Zusammensetzung der Gattungen.

Unterfamilie Bolitoglossinae Hallowell, 1856

  • Gattung Batrachoseps Bonaparte, 1839 – Wurmsalamander
  • Gattung Bolitoglossa Duméril, Bibron & Duméril, 1854 – Pilzzungen-Salamander
  • Gattung Bradytriton Wake & Elias, 1983
  • Gattung Chiropterotriton Taylor, 1944 – Schwielensalamander
  • Gattung Cryptotriton García-París & Wake, 2000
  • Gattung Dendrotriton Wake & Elias, 1983
  • Gattung Ixalotriton Wake & Johnson, 1989 (in manchen Übersichten nur ein Synonym von Pseudoeurycea)
  • Gattung Lineatriton Tanner, 1950 (in manchen Übersichten nur ein Synonym von Pseudoeurycea)
  • Gattung Nototriton Wake & Elias, 1983
  • Gattung Nyctanolis Elias & Wake, 1983
  • Gattung Oedipina Keferstein, 1868 – Tropensalamander
  • Gattung Parvimolge Taylor, 1944
  • Gattung Pseudoeurycea Taylor, 1944 – Mexiko-Salamander
  • Gattung Thorius Cope, 1869

Unterfamilie Hemidactyliinae Hallowell, 1856

  • Gattung Hemidactylium Tschudi, 1838

Unterfamilie Plethodontinae Gray, 1850

  • Gattung Aneides Baird, 1851 – Baumsalamander
  • Gattung Desmognathus Baird, 1850 – Bachsalamander
  • Gattung Ensatina Gray, 1850 – Eschscholtz-Salamander
  • Gattung Hydromantes Gistel, 1848 (hier: ohne Speleomantes)
  • Gattung Karsenia Min, Yang, Bonett, Vieites, Brandon & Wake, 2005
  • Gattung Phaeognathus Highton, 1961 – Schleichensalamander
  • Gattung Plethodon Tschudi, 1838 – Waldsalamander
  • Gattung Speleomantes Dubois, 1984 – Europäische Höhlensalamander (in manchen Übersichten nur ein Synonym von Hydromantes)
    • Art Speleomantes ambrosii (Lanza, 1954) – Ambrosis Höhlensalamander
    • Art Speleomantes flavus (Stefani, 1969) – Monte-Albo-Höhlensalamander
    • Art Speleomantes genei (Temminck & Schlegel, 1838) – Genés Höhlensalamander (in manchen Übersichten unter Atylodes genei geführt)
    • Art Speleomantes imperialis (Stefani, 1969) – Duftender Höhlensalamander
    • Art Speleomantes italicus (Dunn, 1923) – Italienischer Höhlensalamander
    • Art Speleomantes sarrabusensis Lanza, Leo, Forti, Cimmaruta, Caputo & Nascetti, 2001 – Sàrrabus-Höhlensalamander
    • Art Speleomantes strinatii (Aellen, 1958) – Ligurischer Höhlensalamander
    • Art Speleomantes supramontis (Lanza, Nascetti & Bullini, 1986) – Sopramonte-Höhlensalamander

Unterfamilie Spelerpinae Cope, 1859

  • Gattung Eurycea Rafinesque, 1822 – Gelbsalamander
  • Gattung Gyrinophilus Cope, 1869 – Quellensalamander
  • Gattung Haideotriton Carr, 1939 – Blindsalamander (in manchen Übersichten nur ein Synonym von Eurycea)
  • Gattung Pseudotriton Tschudi, 1838 – Schlammsalamander
    • Art Pseudotriton ruber (Sonnini de Manoncourt & Latreille, 1801) – Rotsalamander
  • Gattung Stereochilus Cope, 1869 – Streifensalamander
  • Gattung Urspelerpes Camp, Peterman, Milanovich, Lamb, Maerz & Wake, 2009

Literatur

  • Kurt Rimpp: Salamander und Molche. Ulmer, Stuttgart 1978, ISBN 3-8001-7045-0

Weblinks

Commons: Lungenlose Salamander – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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