N-Methylamphetamin


Strukturformel
Strukturformel von (S)-N-Methylamphetamin
Allgemeines
Freiname Methamphetamin
Andere Namen
  • (S)-N-Methyl-1-phenyl-propan-2-amin (IUPAC)
  • N-Methylamphetamin (MA)
  • (S)-2-Methylamino-1-phenylpropan
  • Desoxyephedrin
  • Crystal
  • Meth
  • Pervitin
  • Yaba
Summenformel
  • C10H15N Methamphetamin
  • C10H15N·HCl Methamphetamin-Hydrochlorid
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
  • 537-46-2 (S)-Methamphetamin
  • 51-57-0 (S)-Methamphetamin-Hydrochlorid
  • 7632-10-2 (R,S)-Methamphetamin
  • 300-42-5 (R,S)-Methamphetamin-Hydrochlorid
PubChem 10836
DrugBank DB01577
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Arzneistoffangaben
ATC-Code

N06BA03

Wirkstoffklasse

Psychostimulans, indirektes Sympathomimetikum

Eigenschaften
Molare Masse
  • 149,23 g·mol−1 (Methamphetamin)
  • 185,69 g·mol−1 (Methamphetamin-Hydrochlorid)
Aggregatzustand
  • flüssig (Methamphetamin)
  • fest (Methamphetamin-Hydrochlorid)
Schmelzpunkt

170–175 °C [(S)-Methamphetamin-Hydrochlorid] [1]

pKS-Wert

9,9 [2]

Löslichkeit
  • schlecht in Wasser, gut in Ethanol, Diethylether, Chloroform und Essigsäureethylester [2]
  • als Hydrochlorid: gut in Wasser, mäßig in Ethanol, unlöslich in Chloroform, Diethylether und Toluol [2]
Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [3]

Gefahr

H- und P-Sätze H: 301
P: 301+310 [3]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

N-Methylamphetamin, auch Methamphetamin oder Metamfetamin genannt (umgangssprachlich abgekürzt Meth oder Crystal), ist ein hochwirksames, (halb)synthetisches Stimulans auf Amphetaminbasis; halbsynthetisch dann, wenn es durch Sauerstoffabspaltung aus Ephedrin synthetisiert wird.

Geschichte

Methamphetamin wurde erstmals 1893 durch den japanischen Chemiker Nagayoshi Nagai in flüssiger Form synthetisiert.[5] 1919 wurde die Substanz im Zuge der Strukturaufklärung von Ephedrin erstmals in Reinform von Akira Ogata kristallisiert und 1921 patentiert.[6][7] In Deutschland wurde ab 1934 in den Berliner Temmler-Werken an einem weiteren Verfahren zur Herstellung von Methamphetamin geforscht, das im Oktober 1937 patentiert wurde.[8] Anschließend wurde Methamphetamin 1938 unter der Marke Pervitin[9] von den Temmler-Werken in den Handel gebracht, die auch heute noch die Marke halten.

Verwendung im Zweiten Weltkrieg

Dose Pervitin

Insbesondere während der so genannten Blitzkriege gegen Polen und Frankreich 1939/40 fand Methamphetamin millionenfache Verwendung. Unter den Spitznamen Panzerschokolade, Stuka-Tabletten und Hermann-Göring-Pillen[10] diente das Mittel zur Dämpfung des Angstgefühls sowie zur Steigerung der Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit bei Soldaten, Fahrzeugführern und Piloten.

In der Zeit von April bis Juni 1940 bezogen Wehrmacht und Luftwaffe mehr als 35 Millionen Tabletten Pervitin. Der damalige Reichsgesundheitsführer Leonardo Conti meinte am 19. März 1940 in seiner Rede vor dem NSD-Ärztebund im Berliner Rathaus: „Dass das Mittel einmal gegen Müdigkeit für einen Hochleistungsflieger, der noch zwei Stunden fliegen muss, angewendet werden darf, ist wohl richtig. Es darf aber nicht angewendet werden bei jedem Ermüdungszustand, der in Wirklichkeit nur durch Schlaf ausgeglichen werden kann. Das muss uns als Ärzten ohne weiteres einleuchten.“[11] Als dann am 25. Oktober 1940 in der Münchener Medizinischen Wochenschrift (MMW) ein Beitrag erschien, in dem Pervitin für beinahe alles von See- und Bergkrankheit und verzögerter Rekonvaleszenz bis hin zu organischen Hirn- und Rückenmarkstörungen empfohlen wurde, [12] sah sich die Reichsgesundheitsführung veranlasst, den Psychiater Ernst Speer als bekannten Kritiker des Medikaments mit einer Gegendarstellung zu berufen, die ebenfalls in der MMW erschien.[13]

Ab Mitte 1941 war das Medikament durch das geänderte Reichsopiumgesetz nicht mehr frei, sondern nur noch auf Rezept erhältlich. Hierdurch reduzierte sich der Einsatz der Droge merklich.[14]

Die US-amerikanischen Psychiater Leonard und Renate Heston vermuten aufgrund einer nachträglichen Analyse von Adolf Hitlers Gesundheitsakten, dass Hitler spätestens seit 1943 pervitinabhängig gewesen sei.[15]

Verwendung nach 1945

Auch nach 1945 wurde der Wirkstoff vom Militär zur Leistungssteigerung eingesetzt, beispielsweise während des Vietnam-Kriegs. Im Sport soll Pervitin als Dopingmittel genutzt worden sein, unter anderem vermutlich 1952 vom Luxemburger Olympiasieger Josy Barthel.[16] Der österreichische Bergsteiger Hermann Buhl benutzte Pervitin auf Anraten des Expeditionsarztes bei seiner Erstbesteigung des Nanga Parbat 1953.[17][18] Der deutsche Boxer Jupp Elze hatte sich 1968 vor seinem Kampf um die Europameisterschaft gegen Juan Carlos Duran mit Pervitin aufgeputscht und ging als erster deutscher Profisportler in die Geschichte ein, der an den Folgen von Doping verstarb.[19] Elze hatte 150 Kopftreffer erlitten, die er vermutlich nur wegen des durch Pervitin herabgesetzten Schmerzempfindens aushalten konnte, fiel ins Koma und starb an einer Gehirnblutung.[20] Das Fertigarzneimittel Pervitin blieb bis 1988 im Handel. Anfang November 2009 kam Andre Agassi in die Schlagzeilen, weil er in seiner Biografie zugegeben hatte, bis 1997 mehrfach zu Crystal Meth gegriffen zu haben.[21]

Pharmakologie

Wirkung

N-Methylamphetamin unterdrückt Müdigkeit, Hungergefühl und Schmerz. Es verleiht kurzzeitig Selbstvertrauen, ein Gefühl der Stärke und dem Leben eine ungewohnte Geschwindigkeit. Zu den Nebenwirkungen gehören Persönlichkeitsveränderungen, Psychosen und Paranoia aufgrund von Schlafentzug oder bei Prädisposition. Eine häufige Einnahme führt zu Gewöhnung und schleichendem Wirkungsverlust, der oft Dosissteigerung zur Erzielung der ursprünglichen Wirkung nach sich zieht.

Pharmakokinetik

Verglichen mit Amphetamin kann N-Methyl-Amphetamin die Blut-Hirn-Schranke besser überwinden und in höheren Konzentrationen im Gehirn wirksam werden. Im Körper wird Methamphetamin durch das Cytochrom P450 CYP2D6 per N-Demethylierung zum Amphetamin (Hauptmetabolit) verstoffwechselt, das über die Niere ausgeschieden wird. Je nach pH-Wert des Harns wird eine erhebliche Rückresorption beobachtet. Bei alkalischem Urin liegt Methamphetamin hauptsächlich als freie (relativ unpolare) Base vor, und kann wieder ins Blut diffundieren. In saurem Harn liegt Methamphetamin ionisiert vor und kann die Schleimhautwände nicht passieren. Daher ist im Notfall die Vorsorge für einen sauren Harn eine wichtige Therapiemaßnahme.

Amphetamin wird auch zu Norephedrin und p-Hydroxyamphetamin metabolisiert. Diese werden dann glucuronidiert über die Niere ausgeschieden.[22]

Pharmakodynamik

Diese entspricht weitgehend der des N-Desmethyl-Homologons (Amphetamin): Siehe dazu die Pharmakodynamik des Amphetamins. Der dopaminerge Anteil ist beim Methamphetamin noch stärker ausgeprägt, mit Noradrenalin:Dopamin = 2:1[23] – neben der höheren Lipophilie ein weiterer Umstand, der die stärkere Ausprägung des Rauschgefühls und des Suchtpotenzial gegenüber Amphetamin erklärt. Die Serotonin-Ausschüttung ist gering (Dopamin:Serotonin = 30:1).[23]

Medizinischer Gebrauch

Methamphetamin ist in Deutschland als verkehrsfähiges, aber nicht verschreibungsfähiges Betäubungsmittel eingestuft[24], es gibt daher keine medizinische Verwendung mehr. Das Fertigarzneimittel Pervitin®, ein Mittel zur Unterdrückung von Müdigkeit, wurde 1988 vom Markt genommen. Es enthielt das Methamphetamin als Hydrochlorid.

In den USA gibt es zur Behandlung der erkältungsbedingten Nasenschleimhautschwellung einen Inhalierstift mit Levomethamphetamin in sehr geringer Dosierung (Vicks®Vapor Inhaler), die euphorisierende Effekte bzw. eine Suchtentwicklung ausschließt. Das Enantiomer Dextromethamphetamin wird in den USA zur Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS), der Narkolepsie (einer Störung der Schlaf-Wach-Regulation) und des krankhaften Übergewichts angewendet (Handelsname: Desoxyn®). Auch hier wird jeweils das Salz des Methamphetamins in Form des Hydrochlorids verwendet.

Gebrauch als Droge

Methylamphetamin-„Crystals“, Längeneinheit 1 inch = 2,54 cm

Methamphetamin gilt heute unter Modenamen wie Yaba, Ice, Meth, Crystal oder Crystal Meth als preiswerte Droge mit aufputschender Wirkung. Crystal gehört zu den am schnellsten zerstörenden Drogen überhaupt, wobei für die zerstörerische Wirkung wesentlich die Verunreinigungen verantwortlich gemacht werden[25], mit denen bei illegaler Herstellung zu rechnen ist.

Das Potential einer Abhängigkeit ist sehr hoch. Crystal wird überwiegend geschnupft, teilweise geraucht, in Wasser gelöst intravenös injiziert oder auch rektal verabreicht. Im deutschsprachigen Raum gehandeltes Methamphetamin wird zumeist in Osteuropa hergestellt.

Wirkung berauschender Dosierungen

Der Konsum verursacht starke Euphorie, verringert das Schlafbedürfnis, steigert die Leistungsfähigkeit und das Mitteilungsbedürfnis. Das sexuelle Verlangen wird gesteigert, die sexuelle Leistungsfähigkeit sinkt allerdings deutlich. Hunger- und Durstgefühl werden gemindert. Außerdem können (bei höheren Dosierungen) Halluzinationen auftreten. Die Wirkung ist ähnlich der von Amphetamin, aber deutlich stärker. Sie hält bis zu elf Stunden an und kann durch den weiteren Konsum verlängert werden. Danach tritt meist eine starke Erschöpfung ein. Bei hohen Dosen kann die Wirkung von Methamphetamin unabhängig von der Konsumform von 24 bis 36 Stunden andauern. Gegen Ende des Rauschzustandes stellt sich oft quälende Schlaflosigkeit trotz Müdigkeit ein. Auf die Phase des Rausches kann ein von Lethargie und Depression geprägter „Kater“ folgen.

Risiken

Der Konsum von Methylamphetamin kann schnell zu einer psychischen Abhängigkeit führen. Dies gilt besonders für die Konsumformen Inhalation und Injektion. Toleranzentwicklung und damit einhergehende Dosissteigerungen wurden wiederholt beobachtet.

Zeichen einer Überdosierung sind erhöhte Körpertemperatur, Schwitzen und trockener Mund, Schwindelgefühl, Zittern, Kreislaufprobleme mit plötzlichem Blutdruckabfall, Angstzustände.

Wechselwirkungen mit anderen Drogen

Bei Versuchen an Ratten wurde eine erhöhte Schädigung des Gehirns bei kombinierter Verabreichung mit MDMA gefunden.[26]

Nebenwirkungen

  • Schwächung des Immunsystems
  • Hautentzündungen
  • Haarausfall
  • Zahnausfall (sog. „Meth-Mund“)
  • Magenschmerzen
  • Magendurchbruch
  • Herzrhythmusstörungen
  • Schlafstörungen
  • Erhöhte Körpertemperatur (Hyperthermie)
  • Paranoide Wahnvorstellungen aufgrund des Schlafmangels
  • Akutwerden einer latenten Schizophrenie
  • Übersteigerte(r) Egozentrik/Narzissmus
  • Aggressivität

Chronische Folgen eines starken Konsums

  • Nierenschäden durch oxidativen Stress [27]
  • Gewichtsverlust
  • Zersetzung der Schleimhäute in Mund und Nase (bei Schnupfen oder Rauchen)
  • Ausfall der Zähne

Gebrauch in der Schwangerschaft

Obwohl durch den Gebrauch von Crystal Meth der Menstruationszyklus gestört sein kann, kann auch in diesem Fall trotzdem eine Schwangerschaft eintreten. Konsum von Crystal Meth in der Schwangerschaft führt zu einem erhöhten Risiko von Fehlbildungen beim Kind. Es kann zu Defekten des Zentralnervensystems, Herzfehlern und Gefäßverengungen und Fehlbildungen des Urogenitaltrakts kommen. Ebenso kann es durch den Konsum während der Schwangerschaft zu einem verhältnismäßig kleinen Kopfumfang des Kindes, Mikrozephalie, kommen. Die Kinder reagieren auf Umgebungsreize schreckhaft und ihre Feinmotorik und ihr Tag-Nacht-Rhythmus sind gestört. Hyperaktivität und eine gestörte psychosoziale Entwicklung können auftreten.[28]

Konsumformen und Szenenamen

Konsumiert wird Methamphetamin meist nasal, also geschnupft. Methylamphetamin wird als Salz (Methamphetaminhydrochlorid, abgekürzt: Methamphetamin-HCl) konsumiert und kann auch in einer Pfeife („Icepipe“) geraucht werden; im Vergleich dazu würde sich das chemisch verwandte Amphetaminsulfat (Speed, Pep) bei hohen Temperaturen zersetzen. Geraucht gelangt die Droge schnell in den Blutkreislauf und ruft hier eine intensive Wirkung („Kick“) mit kürzerer Dauer als bei nasaler Einnahme hervor. Wird Methamphetamin oral genommen, tritt eine Wirkung sanfter ein, hält aber sehr lange an. Eine weitere Konsumform ist die Injektion mit wesentlichen Risiken hinsichtlich möglicher Infektionen und Verunreinigungen. Methylamphetamin wirkt geschnupft innerhalb von 10 Min., geschluckt erst nach ca. 30 Min.

Auf dem europäischen illegalen Markt wird Methamphetamin zumeist unter dem Namen „Crystal“ oder „Crystal Speed“ angeboten. In den USA wird die Droge zumeist mit „Crank“, „Meth“ oder „Crystal Meth“ bezeichnet. In Neuseeland ist die Droge als „Pee“ bekannt. In Thailand wird es als „Yabaa“ oder „Jaba“ bezeichnet und hat Heroin als meist benutzte Droge abgelöst. In Südafrika wird Methamphetamin als „TIK“ bezeichnet, Grund ist das „Tick“-Geräusch, das entsteht, wenn die Droge in einer Glaspfeife geraucht wird.

„Ice“ als Bezeichnung für die Methamphetaminbase

Einer sich recht hartnäckig haltenden Legende nach handelt es sich bei rauchbarem Methamphetamin um die Base, wie es beim Kokain der Fall ist. Methamphetaminbase ist allerdings eine ölige Flüssigkeit, kristallin sind nur ihre Salze. Geraucht wird also die gleiche Substanz, die auch geschnupft oder geschluckt wird, nämlich Methamphetaminhydrochlorid. Wenn man allerdings hierbei von „rauchen“ spricht, so ist eigentlich verdampfen gemeint.

Als Ice (oder Crystal) wird eine sehr reine Form des Methamphetaminhydrochlorids bezeichnet, die durch die klaren Kristalle eine Ähnlichkeit mit Eis (engl. ice) aufweist. Zusätzliche Verwirrung bringt die oft unklare Benennung im Drogenjargon. Unter Ice wird teilweise auch 4-Methylaminorex verstanden, eine eher wenig verbreitete Droge, die wie Methamphetamin stimulierend und euphorisierend wirkt, aber chemisch weniger verwandt ist.

Wint

Wint (russ. Винт = Schraube) ist der russische Szenename für privat hergestellte Lösungen, die Ephedrin und Methamphetamin enthalten. Wint fand in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion große Verbreitung, unter anderem wegen der niedrigen Beschaffungs- und Herstellungskosten. Auch wurde behauptet, Wint würde HI-Viren zerstören; dies wurde eindeutig durch In-vitro-Tests widerlegt.[29]

Chemie

Methamphetamin ist als freie Base bei Raumtemperatur flüssig; sein Hydrochlorid dagegen ist als Salz eine farblose kristalline Substanz.

Herstellung

Methamphetamin entsteht durch

  • Kondensation von 1-Phenyl-2-propanon (Phenylaceton) mit Methylamin zum entsprechenden N-Methylimin, und anschließender Reduktion, entweder durch Aluminium- bzw. Natriumamalgam, durch Lithiumaluminiumhydrid oder mittels katalytischer Hydrierung, sowie
  • Leuckart-Wallach-Reaktion von Phenylaceton mit N-Methylformamid oder N-Methylammoniumformiat, gefolgt von saurer Hydrolyse
  • Reduktion von L-Ephedrin oder D-Pseudoephedrin mit Iodwasserstoffsäure und rotem Phosphor zu D-MA; diese Reaktion ist auch in Modifikation mit Hydrazin oder Phosphinsäure anstelle des Phosphors bekannt
  • Reduktion von L-Ephedrin oder D-Pseudoephedrin mit Lithium oder Natrium in flüssigem Ammoniak (Birch-Reduktion) zu D-MA
  • Hydrogenolyse von Ephedrin, Pseudoephedrin bzw. deren funktionellen Derivaten (1-substituiert, wie z. B. Ephedrin-1-ylacetat, Ephedrin-1-ylphenoxycarbonat oder 1-Chlorephedrin), meist mittels katalytischer Hydrierung unter Druck in saurem Milieu.

Die drei letzteren Herstellungsprozesse verlaufen enantiospezifisch.

Vor 1980 verlief die Synthese oft auf erstgenanntem Herstellungwege aus Phenylaceton, wobei vor allem die Rockergruppe Hells Angels in den 1960ern große Mengen Methamphetamin auf diese Weise produzierte. Heute unterliegt Phenylaceton strenger Überwachung (z. B. in Deutschland dem Grundstoffüberwachungsgesetz), weshalb dieser Syntheseweg eher selten geworden ist. Die Reduktion des Ephedrins bzw. Pseudoephedrins ist seit Anfang der Achtziger wahrscheinlich am verbreitetsten[30]. Das Ephedrin wird entweder aus rezeptfrei erhältlichen Schnupfenmitteln extrahiert oder stammt vom osteuropäischen Schwarzmarkt.

Anschließend wird Methamphetamin mit Hilfe von Salzsäure als Hydrochlorid gefällt.

Stereochemie

Methamphetamin besitzt ein Stereozentrum am C2-Kohlenstoff. Das (S)-(+)-Isomer ist optisch rechtsdrehend und pharmakologisch etwa 3-4 mal stärker wirksam als das (R)-(−)-Isomer. Industriell hergestellte Methamphetamin-Arzneimittel (Desoxyn®) enthalten stets das enantiomerenreine (S)-Methylamphetamin bzw. dessen Hydrochlorid, während ein einfacher herzustellendes Racemat [1:1-Gemisch aus (S)-Methylamphetamin (links) und (R)-Methylamphetamin] auf illegale Herkunft hindeutet.[31]

Strukturformel von (S)-Methylamphetamin und (R)-Methylamphetamin

Strukturformeln von (S)-Methylamphetamin (links) und (R)-Methylamphetamin (rechts)

Die Literatur über die unterschiedliche pharmakologische Wirksamkeit von Enantiomeren eines Arzneistoffes ist umfangreich.[32]

Rechtslage

Deutschland

In der Bundesrepublik Deutschland ist Methamphetamin laut Anlage II BtMG[24] ein verkehrsfähiges, aber nicht verschreibungsfähiges Betäubungsmittel, jeglicher Besitz ohne Erlaubnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (Bundesopiumstelle) ist strafbar.

Zur Begründung der Umstufung von den verschreibungsfähigen in die nicht verschreibungsfähigen Betäubungsmittel heißt es in der 21. Betäubungsmittelrechts-Änderungsverordnung vom 18. Februar 2008:[33] „Der zunehmende Missbrauch von Metamphetamin, in der Drogenszene als „Crystal“ bezeichnet, macht eine Umstufung des Stoffes in die Anlage II des BtMG (verkehrs-, aber nicht verschreibungsfähige Betäubungsmittel) erforderlich. Eine Umstufung in Anlage I des BtMG (nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel) ist nicht angebracht, da der Stoff als Ausgangsstoff für die Arzneimittelherstellung dient und deshalb verkehrsfähig bleiben soll. Die bisherige IUPAC-Bezeichnung für Metamphetamin lautete (S)-(Methyl)-(1-phenylpropan-2-yl)azan. Nach der neuesten Fassung der IUPAC-Nomenklatur ist der chemische Name (2S)-N-Methyl-1-phenylpropan-2-amin."

Seit dem 1. Februar 1998 lautet die amtliche Schreibweise im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) und in der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) der Bundesrepublik Deutschland Metamfetamin. Sie wurde mit der Zehnten Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften (10. BtMÄndV)[34] (BGBl. I S. 74) an die WHO-Nomenklatur angepasst.

Bezüglich der Bestrafung wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom Beschluss (2 StR 86/08) vom 3. Dezember 2008, den Grenzwert für eine nicht geringe Menge Metamfetamin auf 5 g Metamfetaminbase oder umgerechnet ca. 6 g Methamphetaminhydrochlorid festgelegt. Nach einer Sachverständigenanhörung hält er die Gleichstellung von Methamphetamin mit anderen Amphetaminderivaten nicht für sachgerecht. Laut Einschätzung des BGH entspricht die Gefährlichkeit und Wirkung von Metamphetamin eher der von Crack.[35] Bei Methamphetaminracemat – (RS)-(Methyl)-(1-phenylpropan-2-yl)azan – beginnt die nicht geringe Menge im Sinne von § 29a Abs. 1 Nr. 2, § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. November 2011 (3 StR 315/10) bei 10 g der wirkungsbestimmenden Base.[36]

Österreich

In Österreich ist Methamphetamin als Suchtgift im Sinne des Suchtmittelgesetzes eingestuft, denn es ist in der Anlage II des Übereinkommens von 1971 über psychotrope Stoffe aufgeführt.[37] Somit sind der Erwerb, der Besitz, das Inverkehrbringen, die Ein- oder Ausfuhr, die Erzeugung, das Überlassen oder Verschaffen grundsätzlich verboten. Jedoch darf Methamphetamin unter bestimmten Gegebenheiten zu Erzeugnissen, die keine psychotrope Wirkung entfalten, verarbeitet und zu diesen Zweck eingeführt und erworben werden. So darf Methamphetamin beispielsweise zu Arzneimitteln verarbeitet werden oder in Forschungs- und Lehranstalten, die eine entsprechende Erlaubnis halten, zu Forschung- und Lehrzwecken verwendet werden.

Schweiz

Methamphetamin ist ein Betäubungsmittel gemäß der Bundesverordnung über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (BetmV).[38][39] Zur Herstellung, Verarbeitung, Ein- und Ausfuhr von Methamphetamin und daraus hergestellten Präparaten sind nur Firmen und Personen berechtigt, die eine Erlaubnis des Schweizerischen Heilmittelinstituts (Swissmedic) zur Herstellung oder zum Handel mit Betäubungsmitteln besitzen.[40]

USA

In den USA ist Methamphetamin gemäß Kategorisierung der amerikanische Drogenbekämpfungsbehörde Drug Enforcement Administration (DEA) als Klasse-II-Droge eingestuft.

Medien

Literatur

  • Hans-Christian Dany: Speed. Eine Gesellschaft auf Droge. Hamburg: Edition Nautilus 2008. ISBN 978-3-89401-569-5
  • Paul Dempsey, David S. Segal, Arthur K. Cho: Amphetamine & Its Analogs: Psychopharmacology, Toxicology, & Abuse, Academic Press 1994, 503 Seiten, ISBN 0-12-173375-0
  • Cousto, Hans: DrogenMischKonsum – Das Wichtigste in Kürze zu den gängigsten (Party-)Drogen, Nachtschatten Verlag, Solothurn 2003, ISBN 3-03788-119-4
  • Alexander Shulgin, Ann Shulgin: Pihkal – A chemical Love Story, Transform Press 1991, 978 Seiten, ISBN 0-9630096-0-5

Film

  • Sönke el Bitar, Gorch Pieken: Schlaflos im Krieg - Die pharmazeutische Waffe. Dokumentation; Deutschland, USA, 2010, 52 Min. (online bei youtube)
  • Jonas Åkerlund: Spun, experimenteller Film von 2002, in dem drei Tage eines Methkonsumenten gezeigt werden.
  • Vince Gilligan: Breaking Bad, TV-Serie seit 2008, in der die Herstellung und der (illegale) Verkauf der Droge "Meth" im Mittelpunkt steht.

Einzelnachweise

  1. The Merck Index. An Encyclopaedia of Chemicals, Drugs and Biologicals. 14. Auflage, 2006, S. 1027, ISBN 978-0-911910-00-1.
  2. 2,0 2,1 2,2 Logan, B.K. (2002): Methamphetamine - Effects on Human Performance and Behavior. In: Forensic Science Review. Bd. 14, S. 134–151.
  3. 3,0 3,1 3,2 Datenblatt (+)-Methamphetamine hydrochloride bei Sigma-Aldrich (PDF).Vorlage:Sigma-Aldrich/Abruf nicht angegeben
  4. Eintrag zu N-Methylamphetamin in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM)
  5. Nagai, Nagayoshi (1893):Kanyaku maou seibun kenkyuu seiseki (zoku). In: Yakugaku Zashi. Bd. 13, S. 901.
  6. Ogata, Akira (1919): alpha and beta-Aminoalkyl(aryl)benzenes and their derivatives. In: J. Pharm. Soc. Jpn. Bd. 445, S. 193-216. Nachdruck 1919 in: Chem. Abstracts. Bd. 13, S. 1709.
  7. Ogata, Akira (1919): Constitution of ephedrine - Desoxyephedrine. In: J. Pharm. Soc. Jpn. 451, 751-764. Nachdruck 1920 in: Chem. Abstracts. Bd. 14, S. 475. HTML
  8. Patentschrift Nr. 767186: Verfahren zur Herstellung von Aminen. Patentiert im Deutschen Reiche vom 31. Oktober 1937 an, bekanntgemacht am 8. November 1951.
  9. Markenregister Pervitin (den Namen hatten sich die Temmler-Werke bereits 1924 sichern lassen)
  10. taz.de: Peppige Panzerschokolade, 28. Dezember 2006
  11. Jens Alexander Steinat: „Ernst Speer (1889-1964), Leben – Werk – Wirkung“; Dissertation an der Medizinischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität, Tübingen (2004)
  12. Liebendörfer: „Pervitin in der Hand des praktischen Nervenarztes.“; in: Münchener medizinische Wochenschrift, München, 1940,43, S. 1182-1183.
  13. Speer, Ernst: Das Pervitinproblem. In: Dtsch. Ärztebl. 71 (1941), S. 4-6 und S. 15-19, zitiert nach Jens Alexander Steinat: „Ernst Speer (1889-1964), Leben – Werk – Wirkung“; Dissertation an der Medizinischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität, Tübingen (2004)
  14. Ulrich A.: Hitler's Drugged Soldiers. Spiegel Online International, 6. Mai 2005.
  15. Der Spiegel: Hitler An der Nadel, 7/1980, S. 85-87.
  16. Eggers E.: Mit der Kraft der Panzerschokolade. Der Tagesspiegel 26. November 2006
  17. Karl M. Herrligkoffer: Nanga Parbat. Sieben Jahrzehnte Gipfelkampf in Sonnenglut und Eis. Ullstein Verlag, Berlin 1967, S. 100ff.
  18. Peter Habeler im Interview mit Thomas Hirner: "Das ist ein Tod, der nicht weh tut". In: Der Standard. 22. März 2012, abgerufen am 23. März 2012. „Als Hermann Buhl 1953 den Nanga Parbat bestieg, war er 49 Stunden vom letzten Lager bis zum Gipfel und wieder retour unterwegs und hat damals Pervitin, das auch schon im Krieg verwendet wurde, genommen.“
  19. Hippe W.: Sport - Tod durch K.O. NRW Chronik. Abgerufen am 30. Januar 2010.
  20. Scholz R.: Der gedopte Boxer Jupp Elze stirbt nach einem k. o. Deutschlandradio Berlin, 20. Juni 2003
  21. SPIEGEL ONLINE: Crystal Meth: Andre Agassi gibt Drogenkonsum zu vom 28. Oktober 2009, abgerufen am 7. Januar 2012.
  22. H. Lüllmann, K. Mohr, L. Hein; Pharmakologie und Toxikologie; Georg Thieme Verlag Stuttgart New York 16. Auflage ISBN 978-3-13-368516-0
  23. 23,0 23,1 Rothman, R.B. und Baumann, M.H. (2002): Therapeutic and adverse actions of serotonin transporter substrates. In: Pharm. Ther. 95, 73-88. (Seite 76) PMID 12163129
  24. 24,0 24,1 Betäubungsmittelgesetz, Anlage II
  25. Harald G. Schweim: Fertigarzneimittel zur illegalen Rauschmittelproduktion, abgerufen am 22. Juni 2011
  26. Clemens, K.J. et al. (2005): MDMA ('Ecstasy’) and methamphetamine combined: Order of administration influences hyperthermic and long-term adverse effects in female rats. In: Neuropharmacology. Bd. 49, Nr. 2, Jg. 2005, S. 195-207. PMID 15993443 doi:10.1016/j.neuropharm.2005.03.002
  27. Tokunaga, I. et al. (2006): Changes in renal function and oxidative damage in methamphetamine-treated rat.. In: Legal Medicine. Bd. 8, Nr. 1, Jg. 2006, S. 16-21. PMID 16157497 doi:10.1016/j.legalmed.2005.07.003
  28. Drogerieprojekt Deutschland: „Crystal“
  29. Bobkov Aleksei F; Selimova Ludmila M; Khanina Tatyana A; Zverev Sergey Y; Pokrovsky Vadim V; Weber Jonathan N; Bobkov Eugene N; Rylkov Andrey V: Human immunodeficiency virus type 1 in illicit-drug solutions used intravenously retains infectivity. Journal of clinical microbiology (2005), 43(4), 1937-9. doi:10.1128/JCM.43.4.1937-1939.2005
  30. Logan, B.K. (2002): Methamphetamine - Effects on Human Performance and Behavior. In: Forensic Science Review. Bd. 14, S. 135, „D.Synthesis“
  31. Logan, B.K. (2002): Methamphetamine - Effects on Human Performance and Behavior. In: Forensic Science Review. Bd. 14, S. 135
  32. Irving W. Wainer und Dennis E. Drayer: Drug Stereochemistry, Marcel Dekker, New York und Basel (1988), S. 209-368, ISBN 0-8247-7837-5
  33. Einundzwanzigste Betäubungsmittelrechts-Änderungsverordnung - 21. BtMÄndV (PDF)
  34. 10. BtMÄndV Art. 1 Nr. 1 Buchst. b; Art. 1 Nr. 3; Art. 3 (PDF)
  35. Urteil des BGH vom 3. Dezember 2008 - 2 StR 86/08, Pressemitteilung vom 9. Dezember 2008
  36. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. November 2011 (3 StR 315/10), Urteilsbesprechung auf der Rechtslupe
  37. Rechtsinformationssystem des österreichischen Bundeskanzleramts (BKA/RIS), Abfrage Bundesrecht
  38. Bundesverordnung über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (BetmV)
  39. Verzeichnis der Betäubungsmittel des Eidgenössische Departement des Innern (EDI)
  40. Betäubungsmittelgesetz der Schweiz (BetmG)

Weblinks

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