Nucleus (ZNS)
Der Begriff Nucleus („Kern“, auch als „Kerngebiet“ bezeichnet, Plural: Nuclei) bezeichnet eine Ansammlung von Nervenzellkörpern (Somata oder auch Perikaryen) innerhalb des zentralen Nervensystems. Die Nuclei sind von weißer Substanz umgeben und bilden zusammen mit der Großhirn- und Kleinhirnrinde die Graue Substanz (Substantia grisea).
Während im Gehirn die einzelnen Kerne meist gut voneinander abgrenzbar sind, scheinen diese aus funktionell zusammengehörenden Zellkörpern gebildeten Gruppen im Rückenmark miteinander zu verschmelzen. Gemeinsam bilden sie die typische Schmetterlingsform des Rückenmarkquerschnittes. Da Kerne sich über längere Rückenmarksabschnitte erstrecken können, bezeichnet man sie auch als Kernsäulen.
Ansammlungen von Nervenzellkörpern außerhalb des ZNS bezeichnet man als Ganglion.
Abweichend von der Regel, Ansammlungen von Nervenzellkörpern im peripheren Nervensystem als Ganglien, im zentralen Nervensystem aber als Kerne zu bezeichnen, wird traditionell für bestimmte subkortikale Kerne im Telencephalon die Bezeichnung Basalganglien (Stammganglien) verwendet.
Wichtige Kerne im Säugetiergehirn
Endhirn
Die Basalkerne (Basalganglien) liegen medial der Großhirnrinde in der Tiefe des Endhirns. Ihre funktionelle Bedeutung und Beziehung zueinander ist noch nicht endgültig geklärt. Sie sind u. a. eine Umschaltstelle des extrapyramidalmotorischen Systems. Zu den Basalkernen gehören:
- Nucleus caudatus (Schwanzkern): wölbt sich in die Seitenventrikel vor
- Striatum (Streifenkörper): mit Putamen und Nucleus caudatus
Putamen und Globus pallidus werden teilweise auch noch als Nucleus lentiformis (Linsenkörper) zusammengefasst, was aber als veraltet gilt, da phylogenetisch das Putamen und der Nucleus caudatus zusammengehören.
Das Claustrum (Vormauer) liegt seitlich der Basalkerne, direkt unter der Hirnrinde. Die Amygdala (Corpus amygdaloideum, Mandelkörper) liegt medial des Temporallappens und ist Teil des Limbischen Systems.
Zwischenhirn
Im Zwischenhirn unterscheidet man spezifische Thalamus-Kerne (wie die Kniehöcker) und unspezifische. Allein im Thalamus gibt es über 100 Kerngruppen. In den Kernen des Hypothalamus werden Effektorhormone, Liberine und Statine und Neuropeptide gebildet.
- Corpus geniculatum laterale (seitlicher Kniehöcker): Er ist Teil der Sehbahn. Hier endet der Sehnerv (Nervus opticus), die Informationen werden zur Sehrinde weitergeleitet.
- Corpus geniculatum mediale (medialer Kniehöcker): Es ist eine wichtige Umschaltstation für die Hörbahn auf dem Weg zur Hörrinde.
- Nuclei habenulares: in den Habenulae
- Nucleus infundibularis: im Hypophysenstiel
- Nuclei mamillares: im Corpus mamillare
- Nucleus paraventricularis: Die Nervenzellen produzieren das Hormon Oxytocin, welches dann axonal zur Neurohypophyse transportiert wird.
- Nucleus preopticus: vor der Sehnervenkreuzung
- Nucleus suprachiasmaticus: Er ist der wichtigste Taktgeber für die innere Uhr und arbeitet dabei eng mit der Zirbeldrüse zusammen.
- Nucleus supraopticus: Die Nervenzellen produzieren das Hormon Vasopressin, welches dann axonal zur Neurohypophyse transportiert wird.
- Nucleus ventralis posterior: Spezifischer Thalamuskern für die haptische Wahrnehmung.
- Nucleus ventralis anterolateralis: Spezifischer Thalamuskern für die Kontrolle von Bewegungsabläufen.
Mittelhirn
Im Mittelhirn liegen unter anderen:
- Nuclei motorii des 3. (Nucleus nervi oculomotorii) und 4. (Nucleus nervi trochlearis) Hirnnerven
- Nucleus pretectalis: Umschaltung von absteigenden Bahnen der Sehrinde zum parasympathischen Kern des Augenbewegungsnerven (Nervus oculomotorius).
- Nucleus parasympathicus (Edinger-Westphal-Kern): Ursprung der parasympathischen Fasern des Nervus oculomotorius, Zentrum der Augenmotorik
- Nucleus ruber: wichtigste Komponente des extrapyramidalen Systems, Ausgangspunkt des Tractus rubrospinalis
- Substantia nigra: siehe Extrapyramidalmotorisches System
Hinterhirn
Im Hinterhirn (Metencephalon) liegen unter anderen:
- Nuclei cochleares (Schneckenkerne): erste Umschaltung der Hörbahn, bei einigen Säugetieren im Nachhirn
- Nucleus dentatus: im Kleinhirn, Verbindung zum Nucleus ruber
- Nucleus emboliformis: im Kleinhirn, Verbindung zum Nucleus ruber
- Nucleus fastigii: im Kleinhirn, Verbindung zu Gleichgewichtskernen
- Nucleus globosus: im Kleinhirn, Verbindung zum Nucleus ruber
- Nuclei motorii: Kerne in der Pons für die motorischen Anteile des 5., 6. und 7. Hirnnerven
- Nuclei pontis (Brückenkerne): Umschaltstation für die Bahnen zwischen Großhirn und Kleinhirn
- Nucleus sensibilis pontinus: Kern für die sensiblen Fasern des 5. Hirnnerven (Nervus trigeminus)
- Nuclei vestibulares (Gleichgewichtskerne): erste Umschaltung des Nervus vestibularis und damit der Gleichgewichtsbahn, bei einigen Säugetieren im Nachhirn gelegen.
Nachhirn
Im Nachhirn liegen unter anderen:
- Nuclei cochleares (Schneckenkerne): erste Umschaltung der Hörbahn, bei einigen Säugetieren im Hinterhirn
- Nuclei corporis trapezoidei (Trapezkörperkerne): Ursprung des lateralen Längsbündels
- Nucleus cuneatus: Umschaltung der sensiblen Bahnen von der oberen/vorderen Extremität
- Nucleus gracilis: Umschaltung der sensiblen Bahnen der unteren/hinteren Körperhälfte
- Nuclei motorii des 9., 10., 11. und 12. Hirnnerven
- Nucleus olivaris (Olive): Verbindung zu Kleinhirn und Rückenmark, Verschaltung der Hörbahn
- Nuclei parasympathici: Ursprung der parasympathischen Fasern des 7., 9. und 10. Hirnnerven
- Nuclei vestibulares (Vestibular- oder Gleichgewichtskerne): erste Umschaltung des Nervus vestibularis und damit der Gleichgewichtsbahn, bei einigen Säugetieren im Hinterhirn
Kerne im Rückenmark
- Nucleus intermediolateralis: in der grauen Substanz, Ursprung der sympathischen Nervenfasern im Brust- und Lendenmark
- motorische Kerne (Kernsäule): im Vorder-/Ventralhorn der grauen Substanz, Ursprung der motorischen Fasern der Rückenmarksnerven
Siehe auch
- Hirnnervenkern
- Neuron
- Faserpräparat