Paranthropus aethiopicus
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Paranthropus aethiopicus | ||||||||||||
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Der „Black Skull“ von Paranthropus aethiopicus | ||||||||||||
Zeitliches Auftreten | ||||||||||||
Pliozän | ||||||||||||
2,8 bis 2,3 Mio. Jahre | ||||||||||||
Fundorte | ||||||||||||
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Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Paranthropus aethiopicus | ||||||||||||
Arambourg & Coppens, 1968 |
Paranthropus aethiopicus ist eine ausgestorbene Hominiden-Art aus der Entwicklungslinie der Hominini. Er lebte vor etwa 2,8 bis 2,3 Millionen Jahren in Ostafrika.[1] Die Abgrenzung der Art gegen andere Arten der Gattung Paranthropus sowie zur Gattung Australopithecus ist umstritten. Die Fossilien werden daher von einigen Forschern auch als Australopithecus aethiopicus ausgewiesen.
Die Arten der Gattung Paranthropus werden zur Gruppe der Australopithecina gerechnet und stellen vermutlich eine evolutionäre Seitenlinie zur Gattung Homo dar.
Die Bezeichnung Paranthropus ist abgeleitet von altgriechisch ἄνθρωπος anthropos („Mensch“) und para („neben“, „abweichend von“); das Epitheton aethiopicus verweist auf Äthiopien, wo 1967 das erste heute zu dieser Art gestellte Fossil entdeckt wurde, das zugleich der erste in Äthiopien entdeckte Fund eines fossilen Vertreters der Hominini war.
Funde
Die Paranthropus aethiopicus zugeordneten Fossilien stammen aus den Sedimenten von prähistorischen Flüssen und Seen im Gebiet des heutigen Flusses Omo, der vom Hochland Äthiopiens aus Richtung Süden nach Kenia fließt und in den Turkana-See mündet.
Das erste, im Juli 1967 von dem französischen Forscher Rene Houin am Omo-Fluss entdeckte Fossil war ein leicht beschädigtes Unterkiefer-Fragment mit fehlenden Zahnkronen (Archivnummer Omo 18-1967-18). Bereits einen Monat später wurde dieser Fund von Camille Arambourg und Yves Coppens in der wissenschaftlichen Erstbeschreibung als Typusexemplar der neuen Art Paraustralopithecus aethiopicus („aus Äthiopien stammend und von Australopithecus abweichend“) ausgewiesen.[2]
Als Beleg für eine neue Art blieb das Fragment allerdings bis 1986 umstritten. In diesem Jahr beschrieben dann aber Alan Walker und Richard Leakey den 1985 westlich vom Turkana-See entdeckten „Black Skull“ („Schwarzer Schädel“ – siehe Abbildung rechts; Archivnummer KNM-WT 17.000) in Nature als Australopithecus boisei [3] und lösten dadurch umgehend eine Überprüfung diverser Hypothesen zu Verwandtschaftsbeziehungen und Fundzuordnungen aus.[4] Im Ergebnis wurden 1987 der äthiopische Unterkiefer Omo 18-1967-18, der 2,5 Mio. Jahre alte Schwarze Schädel und einige weitere Zähne und Schädelfragmente als Paranthropus aethiopicus ausgewiesen.[5] Diese Zuordnung erfolgte allerdings weniger aufgrund eindeutiger gemeinsamer anatomischer Merkmale (der in Kenia entdeckte Schwarze Schädel besitzt keinen Unterkiefer, der äthiopische Unterkiefer nur Zahnfragmente), sondern aufgrund der als ähnlich angesehenen Körpergröße, ihres vergleichbaren Alters und der nicht allzu großen geographischen Entfernung der Fundorte. Dabei wurde unterstellt, dass in einer bestimmten Zeitspanne und in einer bestimmten Region nur eine einzige Hominiden-Art mit einer bestimmten Körpergröße existierte. Da aber selbst heute noch in bestimmten Regionen westlich des Rift-Valleys drei Hominiden-Arten leben (Gorillas, Schimpansen und Menschen), „wirkt diese Klassifikation, die sich auf solche Kriterien stützt, sehr fragwürdig.“[6]
Merkmale
Die Art Paranthropus aethiopicus wurde anhand des Unterkiefer-Fragments Omo 18-1967-18 definiert, das schmale Schneidezähne aufweist und dessen linke und rechte Zahnreihe nach vorn relativ spitz zusammenläuft. Der Oberkiefer des Schwarzen Schädels besitzt hingegen lange, parallele Zahnreihen, und der Abstand zwischen linkem und rechtem Eckzahn ist relativ weit, woraus auf breite Schneidezähne geschlossen werden kann; diese Unterschiede legen die Vermutung nahe, „dass es sich bei dem Holotypexemplar und dem Schwarzen Schädel um unterschiedliche biologische Arten handelt.“[7] Die Form der Schneidezähne unterscheidet den Schwarzen Schädel jedoch von allen anderen Paranthropus-Arten. Hingegen sind die Eckzähne des Oberkiefers – wie bei anderen Paranthropus-Arten – relativ klein, die Backenzähne sind groß und flach abgeschliffen.
Das Gesicht von Paranthropus aethiopicus ist, soweit dies aus dem Schwarzen Schädel abgeleitet werden kann, recht flach und hat keine stark ausgeprägte Schnauze. Ähnlich den heute lebenden Gorilla-Männern befindet sich oben, in der Mitte des Hirnschädels, ein auffällig emporragender Scheitelkamm, an dem die Kaumuskeln ansetzten. Für den Schwarzen Schädel wurde bereits in seiner ersten Beschreibung ein Gehirnvolumen von 410 cm³ errechnet, was ungefähr dem mittleren Hirnvolumen eines heutigen Schimpansen entspricht.
Zusammenhängenden Funde von Schädelknochen und von Knochen unterhalb des Schädels wurde bislang nicht entdeckt,[8] so dass es über seinen Körperbau nur Vermutungen gibt. Diese Vermutungen stützen sich auf Skelettknochen, die aus gleich alten Fossilien führenden Schichten stammen und eine passende Größe aufweisen. Daraus wurde abgeleitet, dass die Besitzer dieser Knochen sich sowohl auf dem Boden fortbewegen als auch auf Bäumen klettern konnten, sich aber noch nicht „nach Art der Menschen gewohnheitsmäßig auf zwei Beinen fortbewegten.“[9]
Lebensraum
Die Fundschichten gelten auf Basis von radiometrischer Altersbestimmung und aufgrund paläomagnetischer Analysen als zuverlässig datierbar, da es unterhalb und oberhalb der Fossilien führenden Schichten – vor rund 2,5 Mio. Jahren – wiederholt zu Ascheablagerungen durch Vulkanausbrüche kam. In den gleichen Fundschichten wurden zahlreiche Begleitfunde geborgen, so unter anderem Knochen von Löwe, Streifenhyäne und Wüstenluchs, von Elefant, Giraffe und Nashorn, von Moorantilope (Menelikia), Gnu und Ziege, von Pavian (Parapapio) und Schlankaffe (Paracolobus). Ferner entdeckte man in diesen Schichten Fossilien, die zu einer anderen – nicht eindeutig bestimmten – Hominiden-Art gehören; gleich alte Arten sind Australopithecus garhi und Homo rudolfensis. Besonders häufig vertreten sind Riedbock und Wasserbock, weswegen vermutet wird, dass Paranthropus aethiopicus in Graslandschaften lebte, die zumindest zeitweise überschwemmt waren und in einer Klimazone, die der heutigen in Ostafrika ähnlich war.
Auch die großen und stark abgenutzten Backenzähne des Schwarzen Schädels und dessen Knochenkamm – an dem starke Kaumuskeln ansetzten – weisen auf einen Lebensraum hin, in dem vor allem harte Pflanzenkost als Nahrung diente. Die großen Schneidezähne haben möglicherweise dazu gedient, Rinde von Pflanzenstängeln abzuschälen. Für den Zeitpunkt des erstmaligen Auftretens von Paranthropus aethiopicus vor 2,8 Millionen Jahren wurde auch für mehrere andere Tierarten eine Veränderung ihrer Bezahnung (Verdickung des Zahnschmelzes) nachgewiesen, ferner Anhaltspunkte für häufigere Dürreperioden im Gebiet des heutigen südlichen Äthiopien.[10]
Klassifikation
Die Einordnung von Paranthropus aethiopicus in den Stammbaum der Hominini ist ungeklärt. Einige Forscher interpretieren diese Art als Vorläuferart der etwas jüngeren Arten Paranthropus boisei und Paranthropus robustus.[11] Andere Forscher argumentieren, dass die Gattung Paranthropus polyphyletisch sei, das heißt, dass die ihr zugeordneten Arten keinen gemeinsamen Vorfahren haben.[12] Als gesichert gilt jedoch, dass Paranthropus als Seitenast jener Evolutionslinie anzusehen ist, die zur Gattung Homo führte.[13]
Möglicherweise gehört auch das Fossil BOU-VP-12/130 – das Typusexemplar von Australopithecus garhi – zum gleichen Formenkreis wie die zu Paranthropus aethiopicus gestellten Fossilien; hierauf weisen gemeinsame Merkmale der entdeckten Unterkiefer hin. Sollte dies der Fall sein, müssten die als Australopithecus garhi ausgewiesenen Fossilien umbenannt und als Paranthropus aethiopicus bezeichnet werden.[8]
Siehe auch
Weblinks
- humanorigins.si.edu Abbildung des originalen „Schwarzen Schädels“
Einzelnachweise
- ↑ G. J. Sawyer, Viktor Deak: Der lange Weg zum Menschen. Lebensbilder aus 7 Millionen Jahren Evolution. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 2008, S. 50
- ↑ Camille Arambourg, Yves Coppens: Sur la decouverte dans le Pleistocene inferieur de la valle de l'Omo (Ethiopie) d'une mandibule d'Australopithecien. In: Comptes Rendus des seances de l'Academie des Sciences, Band 265, 1968, S. 589-590
C. Arambourg, Y. Coppens: Decouverte d'un Australopithecien nouveau dans les gisements de l'Omo (Ethiopia). In: South African Journal of Science, Band 64, 1968, S. 58–59 - ↑ A. Walker, R. E. Leakey, J. M. Harris und F. H. Brown: 2.5-Myr Australopithecus boisei from west of Lake Turkana, Kenya. In: Nature, Band 322, 1986, S. 517–522; doi:10.1038/322517a0
- ↑ Eric Delson: Human phylogeny revised again. In: Nature, Band 322, 1986, S. 496–497; doi:10.1038/322496b0, PDF
- ↑ Francis Clark Howell, Paul Haesaerts und Jean de Heinzelin: Depositional environments, archaeological occurrences and hominid from Members E and F of the Shungura Formation (Omo basin, Ethiopia). In: Journal of Human Evolution, Band 16, 1987, S. 665–700; doi:10.1016/0047-2484(87)90019-4
- ↑ G. J. Sawyer, Viktor Deak: Der lange Weg zum Menschen…, S. 51
- ↑ G. J. Sawyer, Viktor Deak: Der lange Weg zum Menschen…, S. 51
- ↑ 8,0 8,1 Bernard Wood, Nicholas Lonergan: The hominin fossil record: taxa, grades and clades. In: Journal of Anatomy, Band 212, Nr. 4, 2008, S. 359, DOI:10.1111/j.1469-7580.2008.00871.x, Volltext (PDF)
- ↑ G. J. Sawyer, Viktor Deak: Der lange Weg zum Menschen…, S. 49
- ↑ Faysal Bibi et al.: Ecological change in the lower Omo Valley around 2.8 Ma. In: Bioligy Letters. Band 9, Nr. 1, 2013 (published online 12 December 2012), doi:10.1098/rsbl.2012.0890
- ↑ David S. Strait et al.: A reappraisal of early hominid phylogeny. In: Journal of Human Evolution, Band 32, 1997, S. 17–82, doi:10.1006/jhev.1996.0097
- ↑ Randall R. Skelton und Henry M. McHenry: Evolutionary relationships among early hominids. In: Journal of Human Evolution, Band 23, 1992, S. 309–349, doi:10.1016/0047-2484(92)90070-P
Daniel E. Lieberman, Bernard A. Wood und David R. Pilbeam: Homoplasy and early Homo: an analysis of the evolutionary relationships of H. habilis sensu stricto and H. rudolfensis. In: Journal of Human Evolution, Band 30, 1996, S. 97–120, doi:10.1006/jhev.1996.0008 - ↑ Winfried Henke, Hartmut Rothe: Stammesgeschichte des Menschen, S. 140