Sturmschwalben
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Sturmschwalben | ||||||||
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Gabelschwanz-Wellenläufer | ||||||||
Systematik | ||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||
Hydrobatidae | ||||||||
Mathews, 1912 |
Die Sturmschwalben (Hydrobatidae) sind eine weltweit verbreitete Familie der Röhrennasen. Es handelt sich um relativ kleine Meeresvögel, deren etwas flatterig wirkender und unsteter Flug entfernt an den einer Fledermaus erinnert. Die etwa 21 Arten in acht Gattungen werden in die zwei Unterfamilien unterteilt, in Nördliche Sturmschwalben (Hydrobatinae) und Südliche Sturmschwalben (Oceanitinae), die gut gegeneinander abgrenzbar sind.
Merkmale
Sturmschwalben sind mit einer Länge von 13 bis 26 cm und Flügelspannweiten zwischen 32 und 56 cm die kleinsten Vertreter der Röhrennasen. Sie sind durch einen relativ großen Kopf mit hoher Stirn und einen vergleichsweise dünnen Schnabel gekennzeichnet. Die Flügel sind breiter und im Verhältnis zur Körperlänge kürzer als bei Sturmvögeln und Albatrossen. Typisch ist der unregelmäßige und flatternde Flug dicht über der Meeresoberfläche, der manchmal mit dem Flug von Fledermäusen verglichen wird. Sturmschwalben sind zudem dadurch erkennbar, dass sie die langen Beine im Flug hängen lassen und mit ihnen immer wieder die Wasseroberfläche berühren.
Als Hochseevögel kommen Sturmschwalben fast nur zur Brut an Land. Sie haben zwar lange Beine, diese sind jedoch schwach und können das Gewicht des Vogels kaum halten. Obwohl sie schwimmen können, nutzen sie diese Fähigkeit selten und halten sich die meiste Zeit ihres Lebens in der Luft auf. Zur Anpassung an das Leben auf hoher See haben sie, wie andere Röhrennasen auch, zahlreiche anatomische Besonderheiten entwickelt. Dazu gehören die röhrenartigen Hornstücke auf dem Schnabel, durch die aufgenommenes Meersalz wieder ausgeschieden werden kann. Der kräftige Schnabel trägt an der Spitze einen Haken und ist so geeignet, glitschige und rutschige Beute festzuhalten.
Die Hauptgefiederfarben sind Schwarz und Weiß; auch verschiedene Braun- und Grautöne kommen häufig vor. Die Geschlechter unterscheiden sich weder im Gewicht noch im Aussehen, allerdings kommen bei manchen Arten Morphen mit unterschiedlicher Gefiederfärbung vor. Vor allem bei den auf der Südhalbkugel verbreiteten Arten ist dies ein häufiges Phänomen.
Stimme
Während Sturmschwalben auf See weitgehend stumm sind, wird in den Brutkolonien sehr intensiv akustisch kommuniziert. Eine große Bandbreite an Lauten ist beschrieben, darunter gutturale, stöhnende, gurrende, schnurrende, zwitschernde und pfeifende Laute.
Seite mit einer Audiodatei, die den Ruf eines Wellenläufers enthält
Verbreitung und Lebensraum
Sturmschwalben bewohnen fast alle Meere. Die größte Artenvielfalt findet sich im Südpolarmeer. Das Nordpolarmeer ist die einzige ozeanische Region der Erde, in der es keine Sturmschwalben gibt. Während manche Arten außerhalb der Brutzeit riesige Aktionsräume haben, beschränken sich ihre Brutgebiete meist auf wenige Felseninseln. Zum Beispiel brütet die Buntfuß-Sturmschwalbe nur auf einigen subantarktischen Inseln sowie auf dem Festland der Antarktis, überfliegt aber außerhalb der Brutzeit alle Ozeane und kann nordwärts bis vor die Küsten Kanadas und Frankreichs vordringen.
Lebensweise
Die Kenntnisse der Lebensweise der Sturmschwalben gründen sich fast ausschließlich auf Beobachtungen in ihren Brutkolonien. Da sich Sturmschwalben außerhalb der Brutzeit auf dem offenen Meer verstreuen, ist sehr wenig über ihre Aktivität in diesen Lebensphasen bekannt.
Ernährung
Die Nahrung besteht aus kleinen Krebstieren, vor allem Euphausiiden und Flohkrebsen, sowie kleinen Fischen und Tintenfischen. In küstenfernen Regionen suchen die Sturmschwalben die Meeresoberfläche ab, indem sie dicht über dem Wasserspiegel dahinfliegen. Sturmschwalben berühren im Fluge mit den Füßen immer wieder das Wasser. Möglicherweise werden hierdurch potenzielle Beutetiere angezogen oder aufgeschreckt, so dass sie für die Sturmschwalbe leichter zu entdecken sind. Allerdings werden auch Räuber angelockt; relativ oft werden Sturmschwalben mit Beinverletzungen oder gar fehlenden Beinen beobachtet, die dem Angriff eines Raubfisches geschuldet sein könnten.
Um leichter Beute zu finden, folgen Sturmschwalben oft Schulen von Delfinen oder Schwärmen von Thunfischen, um aufgeschreckte Tiere oder Beutereste aufzulesen. Auch Schiffen fliegen sie nach und fressen von den über Bord geworfenen Abfällen.
Fortpflanzung
Sturmschwalben brüten einmal im Jahr, legen jedoch Ruhejahre ein, in denen sie keinem Brutgeschäft nachgehen. In den Brutkolonien halten sich oft Nichtbrüter auf.
Sturmschwalben nisten an felsigen Küsten und auf Inseln in Höhlen und Erdlöchern. Hier brüten sie in Kolonien, die einige Dutzend bis mehrere tausend Paare umfassen können. Eine Wellenläufer-Kolonie vor Japan soll 1972 eine Million Paare gezählt haben. Innerhalb der Kolonie gibt es je nach Art ein unterschiedliches Maß an sozialer Interaktion. Die Gemeine Sturmschwalbe duldet fremde Artgenossen selbst noch in der eigenen Nisthöhle, während die meisten anderen Arten deren Eingang verteidigen.
Um tagaktiven Prädatoren (vor allem Greifvögeln und großen Möwen und Raubmöwen) zu entgehen, suchen Sturmschwalben ihre Brutkolonien nur nachts auf. Den Tag verbringen sie auf See, nach Einbruch der Abenddämmerung kehren sie zu den Küsten zurück. In der Morgendämmerung verlassen sie diese wieder, wobei sie oft große Schwärme bilden, bevor sie sich verteilen. Einzige Ausnahme ist der Galapagos-Wellenläufer, der seinem Brutgeschäft am Tage nachgeht.
In der Abend- und Morgendämmerung finden sich alle Sturmschwalben einer Kolonie zusammen und fliegen mit lautem Schreien auf und ab. Zu Beginn der Brutzeit wächst die Anzahl teilnehmender Vögel täglich. Die Paare des Vorjahres finden wieder zusammen, oder neue Paare werden gebildet. Ein Sturmschwalbenpaar nutzt alljährlich wieder denselben Nistplatz. Schon einige Wochen vor dem Eierlegen wird er aufgesucht. Die Paarung findet in der Nisthöhle statt.
Jedes Sturmschwalbenpaar legt lediglich ein einziges, sehr großes, weißes Ei, das 38 bis 50 Tage lang bebrütet wird. Sein Gewicht beträgt 20 bis 30 % des Körpergewichts eines adulten Tieres. Beide Partner brüten zu gleichen Teilen. Die Eier müssen, wie die anderer Röhrennasen auch, nicht kontinuierlich bebrütet werden; sie überstehen Brutpausen bis zu 11 Tagen ohne abzusterben. Allerdings verzögert sich bei solchen Pausen die Entwicklung des Embryos. Im Falle eines Gelegeverlustes gibt es kein Nachgelege.
Die Jungen werden wie bei allen Röhrennasen mit einem nährstoffreichen Magenöl gefüttert, das nach der Verdauung der Nahrung im Magen der Elterntiere zurückgehalten und über längere Zeit mitgeführt werden kann. Nach sieben bis elf Wochen sind die Jungvögel flügge. Nach dem ersten Ausfliegen müssen sie sofort selbständig nach Nahrung suchen; je nach Art bleiben sie zwei bis vier Jahre auf hoher See, ehe sie selbst erstmals einen Partner zu finden versuchen und an ihren Geburtsort zurückkehren.
Sturmschwalben sind für ihre Größe sehr langlebige Vögel. Anhand von Wiederfunden beringter Vögel wurden Höchstalter von über 20 Jahren festgestellt; ein Wellenläufer lebte 24 Jahre, eine Gemeine Sturmschwalbe, die als adultes Tier beringt wurde, lebte hiernach noch mindestens 19 Jahre.
Feinde
Gegen Feinde setzen sich Sturmschwalben zur Wehr, indem sie ihnen eine ölige Flüssigkeit durch die Schnabelröhren entgegenspritzen. Zu den potenziellen Feinden gehören im Luftraum Raubmöwen, Greifvögel und Eulen, an der Meeresoberfläche räuberische Fische, für die Sturmschwalben wegen ihres tiefen, oberflächennahen Fluges eine relativ leichte Beute sind.
Stammesgeschichte
Es gibt nur wenige Fossilfunde von Sturmschwalben. Aus dem späten Miozän Kaliforniens fand man eine heute ausgestorbene Wellenläufer-Art, die Oceanodroma hubbsi genannt wurde. Jüngere Funde lassen sich entweder den heutigen Arten zuordnen oder sind zu fragmentarisch, um eine genaue Zuordnung treffen zu können.
Systematik
Äußere Systematik
Sturmschwalben werden traditionell als Familie den Röhrennasen zugeordnet, zu denen außerdem noch Albatrosse, Sturmvögel und Tauchsturmvögel zählen.
Die DNA-Analysen von Nunn und Stanley führten zum überraschenden Ergebnis, dass die Sturmschwalben als einheitliches Taxon nicht bestätigt werden konnten. Danach sind die beiden Unterfamilien monophyletisch, die Familie als Ganzes jedoch in Hinsicht auf alle anderen Röhrennasen paraphyletisch. [1]:
Röhrennasen (Procellariiformes) |
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Innere Systematik
Die beiden Unterfamilien der Nördlichen Sturmschwalben (Hydrobatinae) und Südlichen Sturmschwalben (Oceanitinae) sind gestaltlich voneinander abzugrenzen: Die Oceanitinae haben kürzere, gerundete Flügel und einen eckigen Schwanz, die Hydrobatinae lange, spitze Flügel und einen gegabelten Schwanz. Zudem haben die nördlichen Vertreter kürzere Beine.
Die Brutreviere der Südlichen Sturmschwalben liegen zumeist auf subantarktischen Inseln; es gibt jedoch auch Arten, die in äquatorialen Regionen brüten, in einem Fall sogar auf der Nordhalbkugel (Fregattensturmschwalbe auf den Kapverdischen Inseln). Die Nördlichen Sturmschwalben brüten meistens in der nördlichen gemäßigten Zone, mehrere Arten auch in Äquatornähe oder auf der Südhalbkugel. Eine strikte geographische Trennung, wie die Bezeichnungen vermuten lassen, besteht also nicht. Außerhalb der Brutzeit dringen manche Südliche Sturmschwalben weit nach Norden vor, wie auch Nördliche Sturmschwalben auf der Südhemisphäre zu finden sind.
- Unterfamilie Südliche Sturmschwalben (Oceanitinae)
- Gattung Oceanites
- Buntfuß-Sturmschwalbe, O. oceanicus
- Neuseeländische Sturmschwalbe, O. maorianus
- Elliot-Sturmschwalbe, O. gracilis
- Gattung Garrodia
- Graurücken-Sturmschwalbe, G. nereis
- Gattung Pelagodroma
- Fregattensturmschwalbe, P. marina
- Gattung Fregetta
- Weißbauch-Meerläufer, F. grallaria
- Schwarzbauch-Meerläufer, F. tropica
- Gattung Nesofregetta
- Weißkehl-Meerläufer, N. fuliginosa
- Gattung Oceanites
- Unterfamilie Nördliche Sturmschwalben (Hydrobatinae)
- Gattung Hydrobates
- Sturmschwalbe, H. pelagicus
- Gattung Wellenläufer (Oceanodroma) - 14 Arten, z.B.:
- Wellenläufer, O. leucorhoa
- Galapagos-Wellenläufer, O. tethys
- Madeira-Wellenläufer, O. castro
- Swinhoe-Wellenläufer, O. monorhis
- Ruß-Wellenläufer, O. markhami
- Tristram-Wellenläufer, O. tristrami
- Schwarz-Wellenläufer, O. melania
- Matsudaira-Wellenläufer, O. matsudairae
- Einfarb-Wellenläufer, O. homochroa
- Gabelschwanz-Wellenläufer, O. furcata
- Kragen-Wellenläufer, O. hornbyi
- Guadalupe-Wellenläufer, O. macrodactyla, wahrscheinlich ausgestorben
- Zwerg-Sturmschwalbe, O. microsoma
- Monteiro-Wellenläufer, O. monteiroi, wurde 2008 als neue Art beschrieben
- Gattung Hydrobates
Menschen und Sturmschwalben
Mit dem Menschen kommen Sturmschwalben selten in Kontakt. Zwar folgen sie manchmal Schiffen, allerdings niemals in großer Zahl. Unter Seefahrern gab es einst den Mythos, dass das Berühren einer Sturmschwalbe Unglück bringe.
Eine Art ist wahrscheinlich durch indirektes menschliches Zutun ausgestorben: Der Guadalupe-Wellenläufer wurde seit 1912 nicht mehr gesehen; die IUCN führt ihn dennoch nur im Status Critically endangered (vom Aussterben bedroht), da noch keine Versuche unternommen worden sind, die Insel Guadalupe systematisch nach eventuellen Restbeständen abzusuchen. Ein sicheres Urteil über den Status der Art wird dadurch erschwert, dass der ähnliche gemeine Wellenläufer ebenfalls auf Guadalupe heimisch ist. Für das vermutete Aussterben verantwortlich sind wahrscheinlich auf der Insel frei herumlaufende Hauskatzen[2].
Die Neuseeländische Sturmschwalbe, die ebenfalls als ausgestorben galt, wurde 2003 wiederentdeckt [3].
Belege
Einzelnachweise
- ↑ Gary Nunn & Scott Stanley: Body size effects and rates of cytochrome b evolution in tube-nosed seabirds. In: Molecular Biology and Evolution 1998, Heft 15(10), S. 1360–1371
- ↑ Oceanodroma macrodactyla in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN. Abgerufen am 19. November 2011.
- ↑ Oceanites maorianus in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN. Abgerufen am 19. November 2011.
Literatur
- Josep del Hoyo et al.: Handbook of the Birds of the World, Band 1 (Ostrich to Ducks). Lynx Edicions, 1992, ISBN 84-87334-10-5
- Michael Brooke: Albatrosses and Petrels across the World. Oxford University Press, 2004, ISBN 0-19-850125-0