Transgener Mais


Als Transgener Mais (Genmais, Gv-Mais) werden gentechnisch veränderte Organismen des Mais bezeichnet.

In transgenen Maissorten werden bestimmte Gene aus anderen Organismen in das Mais-Genom eingeschleust, mit dem Ziel, bei BT-Mais die Bekämpfung von Schadinsekten zu verbessern sowie bei herbizidresistentem Mais die Unkrautkontrolle zu erleichtern.

Wie andere Anwendungen der Grünen Gentechnik ist auch transgener Mais vor allem in der europäischen Öffentlichkeit umstritten. Teile der Wissenschaft sowie Vertreter aus Politik und Industrie weisen auf Ertrags- und Einkommenssteigerungen, Verminderung von Herbizideinsätzen und damit verbundene geringere Umweltbelastung wie auch eine erleichterte Unkrautbekämpfung hin. Vertreter aus Umwelt- und Verbrauchergruppen, politischen Parteien sowie Teile der Wissenschaft gehen von ökologischen und gesundheitlichen Risiken aus. Mögliche Gesundheits- und Umweltrisiken sind insbesondere in der EU und in Deutschland Gegenstand jahrelanger Kontroversen. In mehreren EU-Staaten, darunter Deutschland, ist der Anbau von transgenem Mais verboten. Als Begründung wurden von politischen Entscheidungsträgern potenzielle Umweltrisiken genannt.

Gentechnische Ziele

Je nach gewünschter Eigenschaft können die Pflanzen folgende Merkmale (auch in Kombination) aufweisen:

Resistenz gegen Breitbandherbizide (wie z.B. Roundup), um die Unkrautbekämpfung zu erleichtern.
Resistenz gegen verschiedene Schadinsekten bsp. durch Bt-Mais, der für bestimmte Insektenarten tödliche Bt-Toxine produziert und anderen transgenen Sorten wie den Avidin-Mais.
Als erster Vertreter dieser Zielgruppe von Gv-Pflanzen überhaupt wird Trockentoleranter Mais gezüchtet.
Das Ziel der Forschung hierbei ist zum Beispiel ein besserer Aufschluss der Maisstärke und damit mehr Effektivität bei der Herstellung von Bioethanol, auch verbesserte Futtereigenschaften.

Überblick zu gentechnisch veränderten Maissorten

Bt-Mais

Raupe des Maiszünslers Ostrinia nubilalis, schwächt durch seine Fraßgänge die Standfestigkeit der Pflanze.

Der Bt-Mais ist eine Variante des Gv-Mais, in die ein oder mehrere Gene des Bakteriums Bacillus thuringiensis eingeschleust wurden. B. thuringiensis ist ein weltweit verbreitetes Bodenbakterium, dessen Unterarten über 200 verschiedene Proteine (Bt-Toxine) produzieren, die jeweils spezifisch auf die Larven bestimmter Insektenarten der Ordnungen Käfer, Schmetterlinge, Zweiflügler und Hautflügler sowie Nematoden tödlich wirken. Hierunter fallen wichtige Mais-Schädlinge wie der Maiszünsler (Ostrinia nubilalis) und der westliche Maiswurzelbohrer (Diabrotica virgifera). Die Pflanze bildet eine zunächst ungiftige Vorstufe des Toxins (Protoxin). Erst im Darm bestimmter Insekten wird es in das Protein Delta-Endotoxin umgewandelt. Nachdem es an bestimmte Rezeptoren an der Darmwand des Insekts gebunden hat, beginnt sich diese zu zersetzen, was zum Hungertod führt. Für Pflanzen, Wirbeltiere und den Menschen ist das Toxin unschädlich, da es im Magen vollständig abgebaut wird. Es ist vollständig biologisch abbaubar. Bt-Toxine werden als Präparate (Suspensionen) seit Jahrzehnten im biologischen Pflanzenschutz eingesetzt und sind auch im Ökolandbau zugelassen, zum Beispiel gegen den Maiszünsler unter dem Handelsnamen Dipel ES.[1][2]

Die konstante Präsenz des Protoxins im Feld unterscheidet sich von der periodischen Anwendung von biologischen oder chemischen Insektiziden dahingehend, dass die Schadinsekten dem Gift ständig ausgesetzt sind. Ein weiterer Unterschied gegenüber der Verwendung von Bt-Suspensionen besteht darin, dass Schädlinge das Gift direkt mit ihrer Nahrung (Maispflanze) fressen, anstatt dass sie die Suspension separat aufnehmen. Bt-Mais besitzt nach einer Studie von Bravo et al. im Vergleich zu konventionellem Mais in Verbindung mit chemischen Insektiziden eine erhöhte Präzision. Schädlinge können gezielter bekämpft und Nichtzielorganismen leichter verschont werden, da diese nicht von der Pflanze fressen bzw. das Toxin bei ihnen wirkungslos ist.[2]

Aus der Perspektive des Landwirts stehen potenzielle Einsparungen bei konventionellen Insektiziden und Einkommenssteigerungen durch mögliche höhere Erträge den oft höheren Kosten des Bt-Maissaatguts im Vergleich zu konventionellem Saatgut gegenüber.

1997 kam erstmals Bt-Mais mit Resistenz gegen den Maiszünsler auf den Markt, 2003 folgte eine Variante gegen den Maiswurzelbohrer. Mittlerweile sind mehr als 100 Patente auf verschiedene gentechnische Varianten des Proteins, des Bakteriums und der veränderten Pflanzen angemeldet worden. Bekannte Anbieter von Bt-Mais sind Monsanto, Syngenta, Pioneer Hi-Bred (DuPont), Mycogen Seeds (Dow AgroSciences). 2011 sind erste Daten zu Resistenzen gegen das Bacillus thuringiensis-Toxin bei Maiswurzelbohrern veröffentlicht worden.[3]


MON810

Bt-Mais der Linie MON810 des US-amerikanischen Agrarkonzerns Monsanto ist eine der am häufigsten verwendeten Sorten weltweit. Inzwischen sinkt die Verbreitung zugunsten neuerer transgener Sorten mit kombinierter Insekten- und Herbizidresistenz.[4] MON810 ist in der EU zugelassen, jedoch gibt es derzeit in mehreren europäischen Ländern Anbauverbote, darunter auch in Deutschland. In Deutschland scheiterte Monsanto im Jahr 2009 mit einer Klage gegen das vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz erlassene Anbauverbot.[5] (Einzelheiten: Siehe Nationale Anbauverbote)

StarLink

StarLink war eine Bt-Maissorte von Aventis CropScience, die 1998 in den USA als Futtermittel zugelassen wurde. Als Lebensmittel war sie nicht zugelassen, da das enthaltene Cry9C-Protein Anzeichen eines Allergens hatte. Im September 2000 wurden Spuren von StarLink in Tacos sowie im Saatgut einer anderen transgenen Maissorte gefunden. Produkte wurden zurückgerufen und der Verkauf der Sorte eingestellt. Nach der Publikation der Funde in den Medien berichteten einige Verbraucher über negative Gesundheitseffekte, die sie auf den Konsum der Tacos zurückführten. Umfangreiche Untersuchungen durch verschiedene unabhängige Institutionen konnten jedoch keinen Zusammenhang zwischen Cry9C und diesen Fällen nachweisen.[6][7]

Trockentoleranter Mais

Bei Bakterien der Art Bacillus subtilis, die extreme Kälte überlebten, wurde ein Gen identifiziert, welches auch Pflanzen über Stresssituationen wie Trockenheit helfen kann. In Feldversuchen erzielte der mit diesem cspB-Gen ausgestattete, trockenresistente Mais von BASF und Monsanto eine Ertragssteigerung von sechs bis zehn Prozent. Die Produktzulassungen sind bei den entsprechenden Behörden in Nordamerika, Kolumbien und in der Europäischen Union beantragt.[8]

Die neuen Maissorten sollen lizenzfrei an die Landwirte abgegeben werden.[9]

Phytase-Mais

Die chinesischen Behörden erteilten 2009 Phytase-Mais die Zulassung zum Anbau. Phytase-Mais wurde von chinesischen Forschungseinrichtungen entwickelt und bildet infolge eines eingeführten Gens das Enzym Phytase, wodurch Schweine und Geflügel den im Maisfutter enthaltenen Phosphoranteil verwerten können. Zugleich sinkt die Umweltbelastung, da Gülle und Stalldung weniger mit Phosphaten belastet sind. Mit großflächigem Anbau wird 2011 oder 2012 gerechnet.[10]

Avidin-Mais

Mit dem Avidin-Mais wurde im Labor ein transgener Mais entwickelt, der in der Lage ist, das Hühnereiprotein Avidin in Konzentrationen über 100 ppm zu exprimieren. Dieses schützt den Mais aufgrund der Biotin-Bindung vor allem bei der Lagerung gegen Schädlingsbefall, da es verhindert, dass die Schadinsekten dieses aufnehmen können.[11] Auf diese Weise sollen Ernteausfälle durch Insektenbefall während der Lagerung vor allem in tropischen Ländern reduziert werden.[12] Zudem wurden Experimente durchgeführt, wie Synergieeffekte von Bt- und Avidin-Mais als Insektenschutz genutzt werden können.[13]

Die geringere Biotin-Verfügbarkeit durch den erhöhten Avidin-Gehalt ist jedoch ein Problem für die Verwendung bei Nahrungspflanzen. Avidin verliert seine biotinbindende Wirkung nur, wenn es gekocht wird. Die FDA verbietet die Nutzung von Nahrungsmitteln, in denen der Gehalt einzelner Nährstoffe reduziert ist. Wissenschaftler empfehlen daher, die Avidin-Strategie zunächst nur bei Nichtnahrungspflanzen, wie Baumwolle, Rasengräsern, Bäumen sowie Zier- und Energiepflanzen einzusetzen. Von aktuellen Weiterentwicklungen beim Mais ist nichts bekannt.[12][14][15]

Amylase-Mais

Mais wird zunehmend für die Herstellung von Ethanol angebaut (in den USA auf ca. 40 % der Maisanbaufläche). Die pflanzliche Stärke wird mit Hilfe von Amylase-Enzymen in Zucker umgewandelt, die dann durch alkoholische Gärung umgesetzt werden. Die natürlicherweise im Mais vorkommenden Amylasen sind nicht ausreichend hitzestabil. In den USA wurde 2011 eine Sorte zugelassen, welche die bisher erforderliche Zugabe der Enzyme überflüssig macht, wodurch Produktionskosten sinken und sich der Wirkungsgrad verbessert.[16][17]

Anbau

Anbau in der EU

Gv-Mais ist im großen Stil angebaut und als Nahrungspflanzen genutzt worden. Die Anbaufelder liegen zum Großteil in den USA, wo im Jahr 2000 bereits über zehn Millionen Hektar angepflanzt waren. 2009 erfolgt der Anbau dort auf einer Fläche von 29,9 Millionen Hektar, was einem Anteil von rund 85 % entspricht. Dabei entfallen 17 % auf insektenresistente, 22 % auf herbizidresistente Sorten und 46 % auf eine Kombination aus beidem.[4] Für Bt-Mais bestehen bestimmte Anbauregeln in den USA, die Resistenzentwicklungen bei Fraßinsekten vermeiden sollen. Demnach müssen 20 % der Fläche (in einigen Gegenden im Süden 50 %) als Rückzugsgebiete mit für die Insekten unschädlichen Sorten angebaut werden.[18]

Ein Pilotprojekt in Deutschland startete 1998 mit der Aussaat auf 350 Hektar im Rahmen der Sortenprüfung. In der EU-27 wurden 2009 zusammen etwa 95.000 Hektar Gv-Mais angepflanzt, davon 80 % in Spanien (22 % der spanischen Maisanbaufläche).[19]

Weltweit fand der Anbau von GVO 2009 auf 134 Millionen Hektar statt (davon 42 Millionen Hektar transgener Mais, wobei Bt-Mais den größten Teil ausmacht). Das entspricht dem 7,1-fachen der gesamten deutschen Landwirtschaftsfläche (18,8 Millionen Hektar [2008])[20] bzw. 9 % des weltweit nutzbaren Ackerlandes (1,5 Milliarden Hektar).[21] Transgener Mais wurde 2009 in den USA, Argentinien, Brasilien, Kanada, Südafrika, Uruguay, den Philippinen, Spanien, Chile, Honduras, Tschechien, Rumänien, Portugal, Polen, der Slowakei und Ägypten angebaut. In Deutschland wurde nur bis 2008 transgener Mais angebaut, 2009 nicht mehr.[19]

Richtlinien für die Zulassung in Europa

In vielen Ländern erfolgen die Zulassung zum Anbau und die Zulassung als Lebens- und Futtermittel getrennt voneinander. Es gibt mit Stand Juli 2011 Zulassungen für den Anbau und als Lebens- und Futtermittel in der EU und in 19 weiteren Ländern. Lediglich als Futter- und Lebensmittel sind außerhalb der EU in 11 Staaten Gv-Maislinien zugelassen.[22] Außerhalb der EU sind Gv-Maislinien in Russland und der Schweiz als Lebens- und Futtermittel zugelassen.[22]

Europäische Union

In der EU ist die Zulassung von Gv-Pflanzen als Futter- und Lebensmittel von der Zulassung zum Anbau getrennt geregelt. Die Verordnung 1829/2003 regelt die Zulassung als Lebens- und Futtermittel und die Richtlinie 2001/18/EG (Freisetzungsrichtlinie) die Zulassung zum Anbau. 2011 sind in der EU 24 Sorten als Futter- und Lebensmittel zugelassen, davon 2 auch für den Anbau (MON810, T25). Anträge über weitere 14 Sorten für den Anbau und über 20 als Futter- und Lebensmittel sind in Bearbeitung.[23]

Auf Grund der noch herrschenden Rechtsunsicherheit bei GVO-Beimischungen reagieren Behörden auf geringfügige Anteile von GVO-Saatgut in konventionellen Chargen uneinheitlich. 2009 und 2010 wurden nach Angaben von Behörden geringfügige, an der Nachweisgrenze befindliche Spuren (0,1 %) der Linie NK603 gefunden, die zwar als Lebens- und Futtermittel zugelassen ist, aber nicht zum Anbau.[24][25]

Nationale Anbauverbote und Sonderregelungen

Auf Basis der in der Freisetzungsrichtlinie enthaltenen Schutzklausel (Artikel 23 2001/18/EG) ist in mehreren EU-Ländern (Deutschland, Österreich, Frankreich, Ungarn, Luxemburg und Griechenland) der Anbau von MON810 verboten.[26]

Im März 2009 entschieden die EU-Umweltminister, dass Anbauverbote von Österreich und Ungarn weiterhin legitim sind, nachdem die EU-Kommission zuvor vorgeschlagen hatte, die nationalen Anbauverbote aufzuheben. [27]

Anbau in Deutschland

Zu Beginn des Jahres 2000 wurde der Anbau in Deutschland durch die damaligen Grünen-Minister Jürgen Trittin und Andrea Fischer gesetzlich untersagt. Im Zuge von Gesetzesänderungen wurde ab 2004 zunächst der Erprobungsanbau wieder aufgenommen. Durch Übernahme der EU-Freisetzungsrichtlinie in nationales Recht erfolgte ab 2006 ein kommerzieller Anbau.

Am 14. April 2009 setzte Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) die Anbaugenehmigung für MON810 unter Berufung auf die Schutzklausel der Freisetzungsrichtlinie (Artikel 23 2001/18/EG) aus. Aigner begründete die Entscheidung damit, dass berechtigte Gründe zu der Annahme vorliegen, dass der genetisch veränderte Mais der Linie MON810 eine Gefahr für die Umwelt darstellt.[28][29] Im Mai 2009 wurde die Anordnung der Landwirtschaftsministerin im Hauptverfahren nach einer Klage der Firma Monsanto vom niedersächsischen Oberverwaltungsgericht bestätigt.[5]
Die Entscheidung von Aigner wurde in Deutschland kontrovers diskutiert. So kritisierten zehn deutsche Wissenschaftsorganisationen (unter anderem Helmholtz-Gemeinschaft, Fraunhofer-Gesellschaft, Max-Planck-Gesellschaft, Deutsche Forschungsgemeinschaft, Leibniz-Gemeinschaft) in einer gemeinsamen Erklärung die Aussetzung des Anbaus. Sie gaben zu u.a. zu bedenken, dass eine pauschale Ablehnung der Grünen Gentechnik dem Forschungsstandort Deutschland nachhaltig schaden würde.[30] Die Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit (ZKBS) beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) nahm diesbezüglich eine Stellungnahme zur Risikobewertung von MON810 vor, in der dargelegt wurde, dass mit dem Anbau von MON810 keine schädlichen Umweltauswirkungen auf die Umwelt verbunden wären. Die Studien, welche zum Teil maßgeblich herangezogen wurden für das Anbauverbot, umfassten zumeist Laboruntersuchungen und nicht die Situation unter Anbaubedingungen.[31][32] Französische Forscher, die im Vorfeld eine Auswertung von wissenschaftlicher Literatur (376 Publikationen) zu Bt-Mais seit 1996 vorgenommen hatten, waren ebenfalls zu dieser Schlussfolgerung gekommen. .[33][34]

In Naturschutzgebieten, in denen die Ausbringung von Bioziden untersagt ist, kann die Naturschutzbehörde den Anbau untersagen. Ein entsprechendes Urteil erließ im Jahr 2007 das Verwaltungsgericht Frankfurt an der Oder.[35] Danach ist der Anbau von Bt-Mais mit der im NSG verbotenen Ausbringung von Bioziden gleichzusetzen.

Anbauverbot in Frankreich

Am 8. September 2011 urteilte der EuGH, dass sich das französische Anbauverbot von MON810 von 2008 auf die Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG (Artikel 23) berief, obwohl Verordnungen 1829/2003 und 178/2002 zuständig waren. Die Richtlinie 2001/18/EG erlaubt den Erlass eines Anbauverbots aus eigener Initiative und unmittelbar. Unter den Verordnungen 1829/2003 und 178/2002 ist der Erlass solcher Sofortmaßnahmen durch einen Mitgliedstaat nur erlaubt, wenn dieser die Kommission offiziell von der Notwendigkeit in Kenntnis setzt, Sofortmaßnahmen zu ergreifen, und die Kommission keine Maßnahme ergriffen hat. Im Rahmen der Verordnung 1829/2003 dürfen EU-Mitgliedsstaaten EU-weit zugelassene Gv-Pflanzen nur verbieten, wenn sie außer der Dringlichkeit das Vorliegen einer Situation begründen, „in der ein erhebliches Risiko bestehen kann, das offensichtlich die Gesundheit von Mensch oder Tier oder die Umwelt gefährdet“.[36]

Zulassungsregelung außerhalb der EU

Nord- und Südamerika

Zum Anbau und als Lebens- und Futtermittel gibt es Zulassungen für transgene Maislinien in Kanada, den USA, Brasilien, Argentinien, Kolumbien und Uruguay. Darüber hinaus gibt es Zulassungen als Lebens- und Futtermittel in Mexiko und El Salvador.[22]

Afrika

Zum Anbau und als Lebens- und Futtermittel gibt es in Afrika Zulassungen für transgene Maislinien in Südafrika und Ägypten. Kenia erlaubte anlässlich der Hungerkrise am Horn von Afrika 2011 den Import für die Verarbeitung zu Maismehl.[22]

Asien

Transgene Maislinien sind zum Anbau und als Futter- und Lebensmittel in Japan, Korea und auf den Philippinen zugelassen. Lediglich als Futter- und Lebensmittel gibt es daneben Zulassungen in Taiwan, China und Singapur.[22]

Ozeanien

Als Futter- und Lebensmittel sind transgene Linien erlaubt in Australien.[22]

Kennzeichnungspflicht in der EU

In der EU muss gentechnisch veränderter Mais in Lebensmitteln kenntlich gemacht werden, beispielsweise mit dem Hinweis genetisch veränderter Mais oder aus genetisch verändertem Mais[37]. Chemisch modifizierte Lebensmittelzusatzstoffe (Zusatzstoffe der zweiten Generation) aus gentechnisch verändertem Mais, wie etwa modifizierte Maisstärke, müssen nicht gesondert gekennzeichnet werden. Nicht ausgezeichnet werden bisher zudem tierische Produkte, die durch Verfütterung von gentechnisch verändertem Mais gewonnen werden. Dieser kann seit August 2005 zu diesem Zwecke in der EU importiert werden.

Honig mit Spuren von gentechnisch verändertem Mais

Der Kaisheimer Hobby-Imker Karl Heinz Bablok hatte 2005 DNA von MON810 und genetisch veränderte Proteine im Maispollen in seinen Bienenstöcken sowie DNA von MON810 in seinem Honig gefunden. Da er den Honig nicht mehr für verkehrs- und gebrauchsfähig hielt, verklagte er den Freistaat Bayern, welcher MON810 zu Forschungszwecken in einer Entfernung von etwa 500 Metern von Babloks Grundstücken anbaute, auf Schadensersatz. Im Mai 2007 verpflichtete daraufhin das Verwaltungsgericht Augsburg den Betreiber einer der Äcker, MON810 am Blühen zu hindern – durch frühzeitige Ernte oder Abschneiden der einzelnen Blütenstände. Nur so könne verhindert werden, dass Bienenvölker in der Nähe des Maisackers auch transgene Maispollen einsammeln. Honig, der MON810-Pollen enthält, sei nicht als Lebensmittel zugelassen, argumentierte das Gericht. Einen Monat später wurde dieser Entscheid zunächst durch das Bayerische Verwaltungsgericht[38] aufgehoben. Im September 2011 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass Pollen von Gv-Pflanzen nicht als GVO und Honig mit Pollengehalt von Gv-Pflanzen als Produkt mit Zutaten aus GVO anzusehen sind, und dass Honig mit Gv-Spuren im Pollen unter die Verordnung 1829/2003 fällt. Damit widerspricht der EuGH der bisherigen Rechtspraxis, nach der Pollen als natürlicher Bestandteil des Honigs angesehen wurde und damit irrelevant war, ob Gv-Spuren im Pollen waren. Honig galt außerdem bisher als tierisches Produkt (was nicht unter die Verordnung 1829/2003 fällt). Durch das Urteil muss die Honigzutat Pollen gekennzeichnet werden, wenn der Anteil von Pollen aus zugelassenen Gv-Pflanzen mehr als 0,9 % am Gesamtpollengehalt beträgt. Für Honig und Nahrungsergänzungsmittel, die Pollen aus nicht zugelassenen Gv-Pflanzen enthalten gilt ebenso wie für nicht zugelassene GVO ein Verbot des Inverkehrbringen. MON810 ist nicht unter 1829/2003 zugelassen, sondern unter der alten Verordnung 90/220; damit ist Honig mit Spuren von MON810 im Pollen ebenfalls nicht verkehrsfähig, obwohl er als Futter- und Lebensmittel unter 90/220 zugelassen ist. Das Urteil hat auch Auswirkungen auf importierten Honig aus Ländern Nord- und Südamerikas, in denen Gv-Pflanzen angebaut werden, die teilweise in der EU nicht als Futter- und Lebensmittel zugelassen sind. Weitreichende Folgen könnte das Urteil auch für Freisetzungen zu Forschungszwecken mit Gv-Pflanzen haben. Sollte die Möglichkeit, dass einzelne gv-Pollenkörner in Honig oder Spuren von gentechnisch verändertem Saatgut und gentechnisch veränderte Proteine in Pollen gelangen könnten, ausreichen, um gegen die Betreiber von Freilandversuchen gerichtlich vorzugehen, könnten Freilandversuche nicht mehr möglich sein.[39][40][41][42][43]

Erfahrungen mit transgenem Mais

Herbizidresistenter Mais

In den meisten Fällen wurden keine Ertragsvorteile gegenüber konventionellem Mais beobachtet. Jedoch zeigen sich in Studien für die USA, Kanada, Südafrika und Argentinien Kosteneinsparungen durch geringeren Einsatz von Herbiziden, Arbeit und Maschinen, die die höheren Saatgutkosten mehr als aufwiegen. Herbizidresistenter Mais steigerte in allen untersuchten Ländern Deckungsbeiträge und Farmeinkommen.[44]

Umweltwirkung

Der geringere Einsatz von Herbiziden wirkt sich bezüglich der Dimension Herbizidbelastung positiv auf die Umwelt aus: Die Umweltbelastung durch Herbizide bei Einsatz von herbizidrestistem Mais, gemessen im Environmental Impact Quotient (EIQ), lag 2005 in den USA um 4 %, in Kanada 5 % und in Südafrika um 0,44 % unter dem Wert für konventionellen Mais.[44] Im Zeitraum 1996-2008 wurden beim Anbau herbizidrestister Maissorten geschätzte 111 Millionen kg insbesondere stark toxischer Herbizide eingespart, was einer Reduktion der Umweltbelastung durch Pestizide von 8,5 % entspricht.[45]

Die Literaturstudie "Ökologische Effekte von gentechnisch verändertem Mais mit Insektenresistenz und/oder Herbizidresistenz" vorgestellt vom Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, durchgeführt von Mag. Marion Dolezel, Dr. Andreas Heissenberger und Dr. Helmut Gaugitsch kommt bei herbizidresistenten Mais zu folgenden Ergebnissen: Bezogen auf die Britischen "Farm Scale Evaluations" zeigte sich, dass, wenn in die Studie Felder mit Einsatz von Atrazin im Vorauflauf nicht einbezogen wurden, der Unterschied in der Biodiversität von Beikräutern und Arthropoden zwischen herbizidrestistenten und konventionellen Maisfeldern geringer ausfiel als in der ursprünglichen Untersuchung. Die Biodiversität in den Feldern mit herbizidresistentem Mais war hier dennoch geringfügig höher als bei konventionell bewirtschafteten Maisfeldern. Andere Studien zeigten, dass die dauerhafte Anwendung eines Totalherbizids wie beispielsweise Glyphosat Änderungen in Beikrautgesellschaften zur Folge haben kann. Es wird vermutet, dass die großflächige Anwendung von Totalherbiziden verstärkt Infektionen der Pflanzen mit Wurzelpathogenen verursacht. Der Grund hierfür wird in einer verzögerten Herbizidaufnahme gesehen. Seit herbizidrestiste Kulturpflanzen intensiv zum Einsatz kamen, wurden ebenfalls herbizidrestiste Beikräuter festgestellt. Es wird vermutet, dass die Zahl herbizidresistenter Beikräuter bezüglich Häufigkeit und Frequenz weiter ansteigen wird.[46][47]

Bt-Mais

Durch die verbesserte Schädlingskontrolle führte der Bt-Mais zu Ertragsvorteilen von mehr als 5 % in den USA, Kanada und Spanien. In Argentinien werden die Ertragszuwächse auf 9 % geschätzt. Auf den Philippinen wurden Ertragszuwächse von 24,5 % plus eine Qualitätsverbesserung von 10 % festgestellt. Die Kosteneinsparungen durch geringere Anwendung von Insektiziden sind höher als der Kostenanstieg beim Saatgut. Bt-Mais steigerte in allen untersuchten Ländern Deckungsbeiträge und Farmeinkommen.[44][48][49]

An der University of Illinois at Urbana-Champaign durchgeführte Experimente gaben Hinweise, dass Bt-Mais unter bestimmten Umweltbedingungen eine höhere Stickstoffnutzungseffizienz und eine größere Toleranz gegenüber niedrigen Stickstoffgaben aufweist als Mais ohne Bt-Gene. In den Experimenten benötigte Bt-Mais im Durchschnitt 38% weniger Stickstoff als konventioneller Mais, um den Ertrag zu maximieren.[50][51]

Längerfristige Beobachtungen von Schädlingspopulationen in den USA haben ergeben, dass die Verwendung von Bt-Pflanzen nicht nur zu einem geringeren Schädlingsbefall in den Bt-Feldern, sondern auch zu einem geringeren Schädlingsbefall in konventionellen Feldern geführt hat (Positive Externalität).[52] US-amerikanische Maisbauern, die keinen Bt-Mais anbauten, haben auf diese Weise massiv vom Anbau des Bt-Mais durch andere Bauern profitiert.[53]

Neben dem internen Schutz der Pflanzen vor spezifischen Schädlingen haben Studien in mehreren Ländern ergeben, dass der Bt-Mais weit weniger mit Schimmelpilzen und den zugehörigen, meist krebserregenden Giften der Pilze belastet ist. Dies liegt an der verringerten Fraßschädigung, die zugleich ein Ansammeln von Wasser in den Fraßgängen und damit ein Wachstum der Pilze verhindert.[54][55]

Umweltwirkung

Der geringere Einsatz von Insektiziden wirkt sich positiv auf die Umwelt aus: Die Umweltbelastung von Pestiziden durch Bt-Mais, gemessen im EIQ, lag 2005 in den USA um 5 %, in Südafrika um 2 % und in Spanien um 30 % unter dem Wert für konventionellen Mais.[44] Im Zeitraum 1996-2008 wurden durch den Anbau von insektenresistenten Maissorten knapp 30 Millionen kg Insektizide eingespart, was einer Reduktion der Umweltbelastung durch Pestizide von 30 % entspricht.[45]

Über die Wurzel gibt Bt-Mais Bt-Toxine an den Boden ab. Die Forscher TAPP & STOTZKY (1995) zeigten, dass cryIIIA-Proteine sich an Tonmineralen im Boden anreichern. Dadurch dass die Tonpartikel die Toxinproteine adsorbieren und binden, sind die Toxine mehrere Monate stabil. Die insektizide Wirkung bleibt bis zu 234 Tagen bestehen. Es liegen noch wenig Kenntnisse über die Auswirkung hiervon vor[56].

In einem Monitoring des spanischen Umweltministeriums über 12 Jahre konnten keine negativen Auswirkungen auf Nichtzielorganismen oder die Umwelt festgestellt werden.[57]

Resistenzbildung

Um die Resistenzbildung von Schädlingen gegen Bt-Toxine zu erschweren, ist es beim Anbau in den USA vorgeschrieben, 20 % des Felds mit konventionellem Saatgut auszusäen. Resistenzen werden wahrscheinlich rezessiv vererbt.[58] Des Weiteren wurden bereits transgene Maissorten mit mehreren Bt-Genen entwickelt, um die Resistenzentwicklung zu erschweren.

Bisher sind die meisten Schadinsekten anfällig für die Toxine der bisher kommerzialisierten Sorten Bt-Mais. In einigen Regionen bildeten sich jedoch Resistenzen. Auf Puerto Rico wurden 2006 Resistenzen von Spodoptera frugiperda gegen Cry1F beobachtet, die zu Ernteverlusten geführt hatten. Die wahrscheinlichen Ursachen sind eine mögliche nichtrezessive Vererbung der Resistenz sowie schnellere Generationenfolge der Insekten. Die Bt-Maissorte wurde vom Markt genommen. In Südafrika wurden Resistenzen von Busseola fusca gegen Cry1Ab festgestellt. Im Sommer 2009 wurden in Bt-Maisfeldern mit Fraßschäden in Iowa Exemplare des westlichen Maiswurzelbohrers gefunden, die gegen Cry3Bb1 resistent geworden waren. Die wahrscheinlichen Ursachen sind eine unzureichende Einhaltung der Refugienflächen und eine mögliche nichtrezessive Vererbung der Resistenz.[59][60] Eine Gruppe von Agrarwissenschaftlern um Joseph Spencer von der University of Illinois stellen die Wirksamkeit von Refugienmaßnahmen in Frage. Aufgrund eines geringen Flugradius der Käfer ist die Paarung resistenter Käfer mit nichtresisten Käfern geringer als vermutet. In einem Memorandum kritisierten Wissenschaftler, dass Bt-Mais routinemäßig angebaut werde und nicht auf Gebiete, in denen die Maiswurzelbohrerdichte problematisch ist, beschränkt bleibt. Stefan Vidal, Abteilung für Nutzpflanzenwissenschaften der Universität Göttingen, sieht das Anbaumanagement im amerikanischen Corn Belt als Problem an. Landwirte hätten über eine lange Periode Bt-Mais der ersten Generation mit einem geringen Wirkungsgrad angebaut. Er vermutet, dass auch die exponierte Marktstellung von Unternehmen wie Monsanto hierzu beigetragen hat, da alternative Saatgutsorten kaum zu beschaffen waren. [61]

Sicherheit als Lebens- und Futtermittel

Wie andere transgene Pflanzen werden auch transgene Maissorten nur als Lebens- bzw. Futtermittel zugelassen, wenn anhand umfangreicher Untersuchungen gezeigt wurde, dass sie gesundheitlich ebenso unbedenklich ist wie die entsprechenden konventionellen Maissorten. So sind vergleichende Analysen der nutritiven, anti-nutritiven, toxischen und allergenen Inhaltsstoffe durchzuführen, um mögliche, durch die genetische Modifikation ausgelöste unbeabsichtigte Veränderungen feststellen zu können. Aktuelle Leitlinien für die Sicherheitsbewertung genetisch veränderter Pflanzen und daraus hergestellter Lebensmittel wurden 2004 von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und der für internationale Lebensmittelstandards zuständigen Codex Alimentarius Kommission im Juni 2003 herausgegeben. Sie basieren auf dem von einer Arbeitsgruppe der OECD im Jahr 1993 beschriebenen und von FAO und WHO in den folgenden Jahren weiterentwickelten Prinzip der Substanziellen Äquivalenz. In Deutschland ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit im Benehmen mit dem Robert Koch-Institut und dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) für die Sicherheitsbewertung genetisch veränderter Lebens- und Futtermittel zuständig.[62]

Key u. a. (2002) verweisen darauf, dass Gentechnisch veränderte Lebensmittel (Gv-Lebensmittel) seit mehr als 15 Jahren von Hunderten Millionen Menschen weltweit konsumiert werden, ohne dass ein negativer Gesundheitseffekt bekannt sei.[63]

Unerwartete und unbeabsichtigte Veränderungen der Zusammensetzung von Organismen treten laut einer gemeinsamen Veröffentlichung des Institute of Medicine und des National Research Council (2004) bei allen Formen der genetischer Modifikation auf, inklusive gentechnischer. Ob derartige Veränderungen zu Gesundheitseffekten führen, hänge von der Natur der veränderten Substanzen und ihren biologischen Konsequenzen ab. Bisher seien keine negativen Gesundheitseffekte bei Menschen dokumentiert, die auf Gentechnik zurückgehen.[64]

Die British Medical Association (2004) und die The Royal Society (2002) schlossen in ihren Reviews, dass es keine robusten Hinweise gebe, dass Gv-Lebensmittel unsicher seien, fordern aber weitere Forschung und Beobachtung.[65]

Der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften (2004) zufolge stellen Lebensmittel aus transgenen Pflanzen kein Risiko dar. Transgener Mais sei gemäß mehrerer Untersuchungen bezogen auf einen Befall mit Fusarium weniger belastet als konventioneller Mais und in diesem Zusammenhang als gesünder zu bewerten.[66]

König u. a. (2004) schreiben, dass es keine Hinweise auf mögliche negative Effekte durch den Konsum transgener Pflanzen gebe. Alle zugelassenen transgenen Pflanzen seien auf Einzelfallbasis umfangreich getestet worden.[67]

Laut einem Review von Aumaitre (2004) wurden bei bis September 2003 veröffentlichten Fütterungsstudien mit als Futtermittel zugelassenen transgenen Maissorten keine toxischen oder sonstigen negativen Effekte gefunden.[68]

Flachowsky u. a. (2005) fassen in einem Review zusammen, dass viele Studien durchgeführt worden seien und diese keine signifikanten Unterschiede zwischen den bisher kommerzialisierten transgenen und konventionellen Pflanzen im Hinblick auf Sicherheit oder Nährwert von aus ihnen hergestellten Futtermitteln festgestellt hätten.[69]

Einer 2005 veröffentlichten Studie der WHO zufolge haben die auf dem internationalen Markt gehandelten Gv-Lebensmittel Risikountersuchungen in mehreren Ländern durchlaufen. Es sei nicht wahrscheinlich und wurde bisher nicht gezeigt, dass diese Lebensmittel Risiken für die menschliche Gesundheit darstellen.[70]

Domingo (2007) fand, dass die bis dato in Fachzeitschriften veröffentlichten Sicherheitsstudien mit transgenen Maissorten keine signifikanten Unterschiede zu konventionellen Sorten gefunden hätten. Die Zahl der veröffentlichten Studien sei jedoch sehr gering. Domingo forderte weitere und längere Untersuchungen und stellte das Prinzip der Substanziellen Äquivalenz in Frage.[71]

Eine vom Gremium für genetisch veränderte Organismen der ESFA beauftragte Arbeitsgruppe zur Fütterungsstudien zur Sicherheit von transgenen Pflanzen als Futter- und Lebensmittel kam in ihrem 2008 veröffentlichten Review zu dem Schluss, dass viele subchronischen Fütterungsstudien mit transgenen Pflanzen an Nagetieren in den letzten 15 Jahren durchgeführt wurden. Diese Studien entsprächen international akzeptierten Vorgehensweisen und gaben keine Hinweise auf irgendwelche negativen Effekte. Zahlreiche Viehfütterungsstudien hätten zudem gezeigt, dass sich auf transgenen und konventionellen Pflanzen basierende Futtermittel im Hinblick auf Nährstoffaufnahme, Gesundheit und Leistung, Bruterfolg, Milchertrag und -qualität sowie anderen Indikatoren nicht voneinander unterscheiden.[72]

Querci u. a. (2008) vom Institut für Gesundheit und Verbraucherschutz (IHCP) der Gemeinsamen Forschungsstelle glauben, dass es bereits umfangreiches gesammeltes Wissen zu Sicherheitsfragen um gentechnisch veränderte Produkte gebe und dass dieses Wissen ausreiche, um die Sicherheit derzeitiger Produkte zu evaluieren. Es lägen keinerlei Berichte über Beweise irgendwelcher Gesundheitseffekte von bisher in den Zulassungsprozess eingereicheten gentechnisch veränderten Lebensmitteln vor. Gleichzeitig wisse man wenig über die Langzeitfolgen von Lebensmitteln allgemein. Die Sicherheit gentechnisch veränderter Lebensmittel ist dabei nicht absolut, sondern im Vergleich zu konventionellen Äquivalenten. Konventionelle Lebensmittel werden oft auf Basis des sicheren Konsums in der Vergangenheit evaluiert. Die gegenwärtige Erfahrung mit Langzeituntersuchungen im Rahmen von Zulassungsprozessen wiesen mit einem angemessenen Grad von Gewissheit auf einen Mangel an möglichen Gesundheitsfolgen gentechnisch veränderte Produkte hin.[73]

Lemaux (2008) kommt in ihrem Review zu dem Schluss, dass es keine wissenschaftlich validen Hinweise gebe, dass sich Gv-Lebensmittel hinsichtlich Lebensmittelsicherheit von konventionellen unterscheiden.[74]

Magaña-Gómez und Calderón de la Barca (2009) fanden in den meisten der zwischen 1998 und 2007 veröffentlichten Sicherheitsstudien mit transgenen Maissorten keine signifikanten Unterschiede zu konventionellen Maissorten, bei vier Studien seien hingegen Abweichungen festgestellt worden. Sie fordern eine stärkere Systematisierung der Sicherheitsforschung. Aufgrund der unterschiedlichen Resultate verschiedener Untersuchungen seien mehr wissenschaftliche Anstrengungen notwendig, um mehr Vertrauen in die Sicherheitsforschung und Akzeptanz von gentechnisch veränderten Lebensmitteln zu erreichen.[75]

Ein 2001 veröffentlichtes Review der Europäischen Kommission von 81 Studien aus 15 Jahren fand keine Hinweise auf Gesundheitsrisiken durch transgene Pflanzen. 2010 veröffentlichte die Europäische Kommission erneut ein Kompendium, in dem sie die Ergebnisse von EU-finanzierten Studien durch über 400 unabhängige Arbeitsgruppen aus dem Zeitraum 2001-2010 zusammentrug. Seit über 25 Jahren Forschung gebe es keine Hinweise dafür, dass gentechnisch veränderte Pflanzen mit höheren Risiken für die menschliche Gesundheit verbunden seien als konventionelle.[76]

Laut einem Review von Domingo und Bordonaba (2011) hat die Zahl der veröffentlichten Sicherheitsuntersuchungen seit 2006 deutlich zugenommen. Mehrere zwischen Oktober 2006 und August 2010 erschienene Studien zu verschiedenen transgenen Maissorten hätten gezeigt, dass diese genauso sicher wie konventionelle Maissorten seien. Lediglich die Studien von Seralinis Gruppe im Bezug auf drei transgene Maissorten hätten Bedenken geäußert (siehe Abschnitt Kontroversen).[77]

Im Rahmen des vom Schweizer Bundesrat beauftragten und 2012 abgeschlossenen Nationalen Forschungsprogramms NFP 59 "Nutzen und Risiken der Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen" führten Karoline Dorsch-Häsler und Karin Hoffmann-Sommergruber eine Literaturstudie durch, in der sie mehr als Tausend wissenschaftliche Publikationen aus den letzten 20 Jahren auswerteten. Die Literaturstudie kam zu dem Schluss, dass gentechnisch veränderte Pflanzen nach derzeitigem Stand des Wissens der menschlichen Gesundheit nicht schaden. Der Einsatz von Bt-Mais könne hingegen positive gesundheitliche Auswirkungen haben, da er zu einer geringeren Belastung von Lebens- und Futtermitteln durch neurotoxische oder krebserregende Mykotoxine führen kann.[78]

Die American Medical Association (AMA) vertritt laut einer Stellungnahme vom Juni 2012 die Ansicht, dass es keine Beweise für spezifische Risiken der Nutzung von rDNA-Techniken oder der Verschiebung von Genen zwischen nicht verwandten Organismen gebe, und dass die Risiken transgener Organismen sich qualitativ nicht von denen nicht oder mithilfe anderer Methoden modifizierter Organismen unterscheiden.[79] Die AMA verwies auf eine Veröffentlichung der National Academy of Sciences (NAS), die bereits 1987 zum selben Ergebnis gelangte.[80]

Kontroversen

Eine Gruppe um den französischen Biologen Gilles-Eric Séralini, die im Comité de Recherche et d’Information Indépendantes sur le Génie Génétique (CRIIGEN) verortet ist, veröffentlichte in der Vergangenheit mehrere Studien, die die gesundheitliche Unbedenklichkeit von mehreren transgenen Maissorten der Firma Monsanto (MON863, MON810, NK603) in Frage stellten. Die Veröffentlichungen der Gruppe lösten heftige Kontroversen aus. Im Januar 2011 gewann Séralini vor der 17. Kammer des tribunal correctionnel de Paris ein Verfahren wegen „übler Nachrede“ gegen Marc Fellous, Präsident der Association Française des Biotechnologies Végétales. Dieser hatte Seralinis Neutralität im Zusammenhang mit einer Studie zu gesundheitlichen Auswirkungen genetisch veränderter Maissorten angezweifelt, da Greenpeace die Studie mitfinanzierte.[81][82] Mehrere Forschergruppen und Behörden untersuchten die Veröffentlichungen und bezweifelten deren Aussagekraft.

Eine weitere Kontroverse entstand um ein Review von Dona und Arvanitoyannis (2009 in Critical Reviews in Food Science and Nutrition). Darin gehen die Autoren davon aus, dass viele Jahre weiterer Forschung notwendig seien, um die gesundheitlichen Auswirkungen zu erfassen. Die Resultate von Sicherheitsstudien zu transgenen Maissorten deuteten darauf hin, dass diese toxische (hepatische, renale, reprodukive) Effekte verursachen und hämatologische, biochemische und immunologische Parameter verändern können.[83] In derselben Fachzeitschrift behauptete Rickard von CropLife International, einer internationalen Vereinigung landwirtschaftlicher Biotechnologie -Unternehmen, in einem Brief an den Herausgeber (2010), der Artikel von Dona und Arvanitoyannis enthalte viele unbelegte Behauptungen. Die Autoren zeigten, dass sie über das Grundwissen zur Sicherheitsbewertung von transgenen Pflanzen nicht verfügten und würden viele relevante wissenschaftliche Erkenntnisse entweder nicht kennen oder bewusst ignorieren.[84] Klaus Ammann warf Dona und Arvanitoyannis ebenfalls vor, ihre Zitierungen extrem gefiltert zu haben mit dem Ziel, ein negatives Bild von transgenen Pflanzen zu zeichnen. Ihr mangele es zudem an Kenntnissen auf dem Gebiet der Lebensmittelsicherheit. Zudem enthalte ihr Artikel viele Plagiate, die zudem aus Publikationen mit negativen Verzerrungen stammten, deren Inhalte vor kurzem oder vor längerem von anerkannten Wissenschaftlern in angesehenen Fachzeitschriften widerlegt worden seien.[85]

Seralini u. a. (2007)

Die Bt-Maissorte MON863 der Firma Monsanto enthält das Gen Cry3Bb1.[86] Monsanto reichte den Zulassungantrag für MON863 als Futter- und Lebensmittel in der EU 2002 beim RKI ein. Das RKI überprüfte den Antrag und stellte auf Basis der von Monsanto durchgeführten 90-tägigen Fütterungsstudie (deren Dokumentation mehr als tausend Seiten umfasst und die später als Kurzfassung[87] veröffentlicht wurde) mit Ratten keine schädlichen Effekte von MON863 fest. Die EFSA stufte im April 2004 auf Basis derselben Studie MON863 als unbedenklich für Mensch, Tier und Umwelt ein. In der Fütterungsstudie wurden männliche und weibliche Ratten mit MON863 in verschiedenen Dosierungen oder mit der konventionellen Ausgangslinie sowie weiteren konventionellen Maissorten gefüttert. Sowohl beim Wachstum der Tiere als auch bei verschiedenen biologischen Parametern gab es vereinzelt statistisch signifikante Abweichungen bei den mit MON863 gefütterten Tieren, die von der EFSA als „biologisch nicht relevant“ bewertet wurden.[86][88][89]

In der Öffentlichkeit und unter französischen Wissenschaftlern der Commission du génie biomoléculaire (CGB) wurden Zweifel geäußert, ob die beobachteten Abweichungen bei den Ratten, die mit MON863 gefüttert wurden, im Rahmen der üblichen „biologischen Streuung“ liegen oder ob sie als Indizien für gesundheitliche Gefahren zu werten sind. Weitere Gutachten wurden eingeholt. Neue Gewebe-, Zell- und Organuntersuchungen ergaben kein anderes Bild. Der Verdacht, die erhöhte Zahl von weißen Blutkörperchen bei einigen MON863-Ratten sei ein Indiz für „echte Entzündung“, bestätigte sich nicht. Daraufhin schlossen sich auch die Experten der CGB der Sicherheitsbewertung der EFSA an. Greenpeace und andere Kritikergruppen forderten weiterhin die Herausgabe der vollständigen Fütterungsstudie, was Monsanto zunächst verweigerte. Das Oberverwaltungsgericht Münster bestimmte auf Antrag von Greenpeace, dass Monsanto die vollständigen Unterlagen aus dem Zulassungsverfahren offenlegen muss. Auf einer Pressekonferenz am 22. Juni 2004 in Berlin forderte Greenpeace die Bundesregierung auf, gegen eine Zulassung zu stimmen. Seralini sagte dort, angesichts der auffälligen Ergebnisse sei es notwendig, die Versuche zu wiederholen. Im Oktober 2004 bekräftigte das EFSA-Expertengremium, dass die Fütterungsstudien keine Hinweise auf gesundheitliche Bedenklichkeit lieferten. Die EU-Zulassung erfolgte als Futtermittel im August 2005, als Lebensmittel im Januar 2006.[88][89][90]

Im März 2007 veröffentlichte Seralinis Gruppe die von Greenpeace Deutschland finanziell unterstützte Studie „New Analysis of a Rat Feeding Study with a Genetically Modified Maize Reveals Signs of Hepatorenal Toxicity“ auf Basis einer Neubewertung von Monsantos Fütterungsdaten.[91][89] Seralini u. a. kamen darin zu dem Schluss, dass Ratten, die mit MON863-Maiskörner gefüttert wurden, geringfügige, aber dosierungsabhängige Abweichungen im Wachstum bei beiden Geschlechtern zeigten. Außerdem könnten einige der statistisch signifikanten Abweichungen etwa bei den Blut- und Urinmessungen als Hinweise auf Leber- oder Nierentoxizität gedeutet werden.[89]

Eine Arbeitsgruppe der EFSA untersuchte daraufhin die Analyse von Seralini, traf sich mit den Autoren und nahm selbst eine erneute Auswertung der Daten vor. Zusätzlich wurde ein französisches Institut mit einer weiteren Analyse der statistischen Auswertung der Daten beauftragt. Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten wurden ebenfalls um eine Stellungnahme gebeten. Laut EFSA gab es mal geringere, mal höhere Werte, die als isolierte zufällige Phänomene gedeutet werden könnten. Unterschiede in Blut- und Urinwerten konnten nicht in Gewebeschnitten bestätigt werden, und weisen daher nicht auf Organschädigungen hin. Die Hypothese von Seralini u. a., die Unterschiede in der Gewichtszunahme basiere auf einer Störung des Hormonhaushalts könne nicht durch die experimentellen Daten belegt werden. Im Unterschied zu Seralini habe EFSA die biologische Relevanz aller statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den mit gv-Mais gefütterten Tieren und der isogenen Kontroll-Gruppe eingeschätzt. Insgesamt gebe die Studie von Seralini u. a. keine neuen Hinweise auf toxikologische Effekte.[89]

Ein von Monsanto finanziell unterstütztes Expertengremium von 6 Wissenschaftlern aus den Vereinigten Staaten, Deutschland, Großbritannien und Kanada stellte kurz darauf fest, dass die von Seralini u. a. vorgebrachten Effekte sich nicht auf MON863 zurückführen ließen bzw. keinerlei Relevanz hätten, da Seralini u. a. weder eine Dosis-Wirkungs-Kurve, zeitliche Reproduzierbarkeit, eine Verbindung mit anderen Veränderungen (z.B. histopathologische), Effekte in beiden Geschlechtern, Unterschiede außerhalb der normalen Variation, noch einen biologisch plausiblen kausalen Mechanismus demonstrieren konnten.[92]

Die Geschäftsführerin der Kommission für Genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel des BfR, Marianna Schauzu, hält die Unterschiede toxikologisch ebenfalls für nicht relevant. Die Unterschiede seien meist gering gewesen und lägen im Rahmen der historischen Kontrolldaten, die in früheren Studien mit Ratten desselben Stammes gewonnen wurden. Die Unterschiede zeigten keine Dosis-Abhängigkeit und sie seien nicht durch Unterschiede bei anderen Parametern, die auf einen Effekt im selben Organ hindeuten könnten, untermauert worden. Auch in den mikroskopischen Untersuchungen der Organe und Gewebe seien keine Effekte beobachtet worden, die auf eine toxikologische Relevanz der statistisch signifikanten Unterschiede bei den Laborparametern schließen ließen. Zudem hätten Untersuchungen der Zusammensetzung sowie des allergenen und toxikologischen Potenzials von MON863 keine Hinweise auf unbeabsichtigte Veränderungen ergeben.[93]

FSANZ, die in Australien und Neuseeland zuständige Zulassungsbehörde, begutachtete die ursprüngliche Fütterungsstudie 2005 und leitete daraus keine negativen Effekte durch MON863 ab. Die Veröffentlichung von Seralini u. a. würde laut einer unabhängig begutachteten Untersuchung durch FSANZ keine neuen Sicherheitsbedenken rechtfertigen. Alle statistischen Unterschiede zwischen den Fütterungsgruppen lägen innerhalb der normalen biologischen Variation. FSANZ verlangt keine Fütterungsstudien bei Zulassungsanträgen für gentechnisch verändere Lebensmittel, wenn die Pflanzen in ihrer Zusammensetzung zu konventionellen Pflanzen äquivalent sind (Substanzielle Äquivalenz). FSANZ hatte die von Monsanto im Rahmen des Zulassungsantrags in der EU durchgeführten 90-tägigen Fütterungsstudie an Ratten 2005 trotzdem evaluiert und keine Risiken aus ihr abgeleitet. FSANZ lagen zudem akute Toxizitätsuntersuchungen an Mäusen und eine Fütterungsstudie mit Hühnern vor, die alle keine Hinweise auf negative Effekte geliefert hätten.[94]

Vendomois u. a. (2009)

Im Dezember 2009 veröffentlichte Seralinis Gruppe erneut eine statistische Auswertung der Rohdaten von drei Fütterungsstudien mit MON863, MON810 und NK603.[95] Seralini u. a. sprechen aus verschiedenen Gründen den angestellten Fütterungsversuchen die statistische Aussagekraft ab und wollen bei ihrer eigenen Auswertung der Rohdaten zumindest Anzeichen für mögliche toxische Wirkungen erkannt haben.

Monsanto wies die Vorwürfe zurück und behauptete Vendomois u. a. verwänden ungeeignete statistische Methoden.[96] Laut EFSA sind die Schlussfolgerungen bezüglich möglicher Nieren- und Leberschäden durch die Maissorten nicht durch die in der Veröffentlichung präsentierten Daten gerechtfertigt. Mehrere der fundamentalen statischen Kritikpunkte an Seralini u. a. (2007) träfen bei Vendomois u. a. (2009) ebenfalls zu. Vendomois u. a. (2009) ermöglichten keinen toxikologischen Vergleich zwischen transgenen und konventionellen Sorten, da (1) die Resultate ausschließlich in Form von prozentualen Unterschieden in den einzelnen Variablen wiedergeben worden seien und nicht in den gemessenen Einheiten, (2) die berechneten Werte der getesteten toxikologischen Parameter in keinen Bezug zu der normalen Schwankungsbreite der Tierart gesetzt wurden, (3) die berechneten Werte der getesteten toxikologischen Parameter nicht mit der Variabilität von mit anderen Sorten gefütterten Tieren verglichen wurden, (4) die statistisch signifikanten Unterschiede keine Konsistenz über verschiedene Dosen aufweise, (5) die rein statistischen Argumente der Autoren nicht mit den Ergebnissen der drei Fütterungsstudien bezüglich Organpathologie, Histopathologie und Histochemie konsistent seien. Bezüglich des Vorwurfs von Vendemois u. a., die drei Fütterungsstudien seien nicht adäquat, sagte das EFSA, dass sie allesamt gemäß international definierter OECD-Standards durchgeführt worden.[97] In einem im März 2010 veröffentlichten wissenschaftlichen Gutachten zu einem Neuantrag von MON863 unter geänderten Richtlinien bekräftigte die EFSA ihre bisherigen Erkenntnisse zur Sicherheit von MON863. Für die neue Sicherheitsbewertung wurden weitere Daten beim Antragsteller angefordert. Diese wurden bei der Sicherheitsbewertung ebenso berücksichtigt wie eine Reihe neuer wissenschaftlicher Veröffentlichungen, inklusive Seralini u. a. (2007).[98][99]

Laut FSANZ bieten Vendomois u. a. keine plausible wissenschaftliche Erklärung für ihre Hypothese. Sie verzerrten die toxikologische Signifikanz ihrer Ergebnisse, indem sie außer statistischen keine biologischen Aspekte berücksichtigen würden, was keiner robusten toxikologischen Analyse entspreche. FSANZ geht davon aus, dass die berichteten Unterschiede vor allem zufällig aufgetreten seien und äußerte sich bezüglich der Sicherheit der zugelassenen Sorte MON863 zuversichtlich.[100]

Der französische Haut Conseil des biotechnologies urteilte, dass Vendomois u. a. (2009) ebenso wenig wie Seralini u. a. (2007) zulässige wissenschaftliche Elemente enthalte, die auf hämatologische, hepatische oder renale Toxizität der drei Maissorten hindeute. Die Publikation sei lediglich eine Liste von statistischen Unterschieden ohne den Versuch, sie biologisch oder toxikologisch zu interpretieren. Wie von vielen Behörden bereits wiederholt betont wurde, bewiesen signifikante statistische Unterschiede nicht die Existenz biologischer Störungen. Daher sei das auf diesen Unterschieden vorgebrachte Argument nicht zulässig. Zudem seien die Unterschiede meist bei nur einem Geschlecht, einem Zeitpunkt oder einer Dosis aufgetreten und es fehle zudem komplett der Bezug zu der Dauer der Exposition und der Stärke der Dosis. Zuletzt seien einige der zitierten Unterschiede das Gegenteil eines üblicherweise als solchen betrachteten Hinweises auf toxische Effekte.[101]

Seralini u. a. (2012)

Am 19. September 2012 veröffentlichte Seralinis Team im Journal Food and Chemical Toxicology eine peer-reviewte, über zwei Jahre durchgeführte Langzeitstudie, in der 200 Ratten mit einer Kombination aus der herbizidtoleranten transgenen Maissorte NK603 und Roundup gefüttert wurden. Die Ratten wurden in insgesamt neun Gruppen zu je 20 Ratten eingeteilt, wobei drei Gruppen mit GVO in verschiedenen Konzentrationen, drei Gruppen mit GVO und Roundup und drei Gruppen mit konventionellem Mais, der mit Roundup besprüht wurde, gefüttert wurden. Als Kontrollgruppe dienten Ratten, denen konventioneller Mais ohne Herbizidbelastung verabreicht wurde[102]. Der Studie zufolge traten die auffälligsten Unterschiede zur Vergleichsgruppe nach etwa einem Jahr auf[102]. Gemäß der Studie starben 50 bis 70 % der behandelten Ratten vor Ablauf des zweijährigen Beobachtungszeitraums, in der Kontrollgruppe 30 %.[103] Bei den männlichen Ratten traten Leberstauung und Lebernekrose 2,5 mal bis 5,5 mal häufiger auf, schwere Nierenschäden waren 1,3 bis 2,3 mal häufiger festzustellen. Brusttumore entwickelten sich bei allen behandelten Gruppen vermehrt, dies aber nicht immer in statistisch signifikanter Ausprägung.[102] Die Autoren führen diese Unterschiede auf Endokrine Disruptoren in Roundup sowie der Überexpression im Mais zurück.[103] Bisher wurden gentechnisch veränderte Pflanzen gewöhnlich nur über drei Monate hinweg hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Gesundheit getestet. Die EU-Kommission gab deshalb eine Überprüfung der Studienergebnisse bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in Auftrag.[104]

Die Studie wurde von der Stiftung Ceres finanziert, der etwa 50 Unternehmen angehören, darunter auch Firmen aus der Lebensmittelbranche, die auf gentechnisch veränderten Lebensmittel verzichten (u. a. Auchan und Carrefour).[105][106]

Die Veröffentlichung rief umgehend kritische Reaktionen mehrerer an der Studie unbeteiligter Wissenschaftler hervor, die sich skeptisch gegenüber der Methode und den gezogenen Schlussfolgerungen äußerten. Wesentliche Kritikpunkte an der Studie die von fast allen Kritiken geteilt werden, sind insbesondere statistische Schwächen der Studie, bedingt durch die zu kleine Anzahl an Versuchstieren in zu vielen unterschiedlichen Vergleichsgruppen, welche es schwierig macht statistisch signifikante Ergebnisse zu erlangen. Der zweite große Kritikpunkt an der Studie sei die Tatsache, dass die für die Studie gewählte Rattenart generell dazu neigt diese Art von Tumoren unabhängig von der Fütterung überdurchschnittlich oft zu entwickeln. Die Studie zeige also nur normale zu erwartende statistische Schwankungen, so zeigte z.B. eine der Vergleichsgruppen, die mit dem höchsten Anteil an genmodifizierten Mais gefüttert wurde, sogar die höchste Überlebensrate. Auch das Seralini bestimmte Daten, wie z.B. Wachstumsraten oder die Menge des verabreichten Futter, nicht veröffentlichte, wurde kritisiert.[107][108][109][110][111]

Professor Tom Sanders, Ernährungswissenschaftler am King's College London, nannte die statistischen Methoden unkonventionell und gab u.a. weiteren Informationsbedarf zu Daten der Ernährungszusammensetzung an. Der Pflanzenphysiologe Mark Tester (Universität Adelaide) hinterfragte, falls die Effekte echt und auf den Menschen übertragbar seien, warum vorherige Studien nicht darauf gestoßen seien und warum Nordamerikaner nicht wie die Fliegen sterben würden. Der Statistiker David Spiegelhalter (Universität Cambridge) bezeichnete Methode, Statistik und Ergebnisdarstellung als nicht dem Standard I einer strengen Studie entsprechend. Er verwies darauf, dass die Kontrollgruppe sehr klein und ebenfalls Tumore entwickelte. Dr. Wendy Harwood, Senior Scientist, John Innes Centre, gab an, dass es erforderlich sei, den gesamten Datensatz zu kennen. Sie sieht in den Ergebnissen Studie den Hinweis auf Bedenken hinsichtlich längerfristiger Aussetzung gegenüber Roundup und formuliert diesbezüglich weiteren Forschungsbedarf. Weitere Wissenschaftler (Rothamsted Research, University of Edinburgh, Sainsbury Laboratory, Imperial College London, University of California, Davis, Universität Melbourne, Walter and Eliza Hall Institute of Medical Research[109], Universität Wien[112], Wayne State University[113] University of Wyoming[114], University of Florida[115], Stanford University und University of Illinois[116], Julius Kühn-Institut[117], Vlaams Instituut voor Biotechnologie[118], Anses[119], University of California, Riverside[120]) nannten ähnliche und zusätzliche Kritikpunkte an der Studie.[121][110][122] Gerd Gigerenzer und Walter Krämer erklärten die Studie von Seralini u. a. am 28. September zur "Unstatistik" des Monats September. Aus statistischer Sicht sei die Meldung, dass genmodifizierter Mais Krebs erzeugen soll, nur als Unfug zu bezeichnen. Die beobachteten Unterschiede in der Krebsmortalität seien nicht signifikant, könnten also sehr leicht allein durch Zufall aufgetreten sein. Dies sei auch daran erkennbar, die die Gruppe von Ratten, welche mit dem höchsten Anteil an Gen-Mais gefüttert wurden, tatsächlich die höchste Überlebensrate hatte.[123] Michael Antoniou, Molekularbiologe am King’s College London und Berater von Seralinis Team sieht in den Ergebnissen der Studie zwei wesentliche Aspekte. Zum einen zeige sich die Notwendigkeit, Fütterungsstudien auf zwei Jahre auszudehnen, zum anderen sei bei Herbziden und Pestiziden im Kontext einer Toxizitätsprüfung nicht nur der einzelne Wirkstoff zu testen, sondern die gesamte Formulierung in ihrem agrarwirtschaftlichen Zusammenhang.[108] Carl Zimmer[124] (Discover), Steven Novella[125] (Yale University), Thomas Lumley[126] (Universität Auckland) und weitere Kommentatoren[127][128][129][130][131][132] kritisierten, dass Seralini es Journalisten nicht gestattete, die Studie vor der Veröffentlichung anderen Wissenschaftlern zu zeigen, um unabhängige Einschätzungen zu erhalten. Laut Zimmer sollte so ein maximaler medialer Effekt ohne kritische Expertenstimmen erzielt werden und nannte dies eine "widerliche, korrupte Art, Wissenschaftskommunikation zu betreiben".[133][134]

Monsanto schrieb in einer Reaktion am 20. September, die Studie von Seralinis Gruppe entspreche nicht den akzeptablen Mindeststandards für derartige wissenschaftliche Studien, die Ergebnisse würden durch die vorgelegten Daten nicht gestützt, und die Schlussfolgerungen besäßen für die Zwecke einer Sicherheitsbewertung keine Relevanz. Monsantos Toxikologen und Experten für öffentliche Gesundheit hätten mehrere grundlegende Probleme hinsichtlich der Anlage der Studie festgestellt. Abgesehen davon existiere kein plausibler Mechanismus, der die berichteten Ergebnisse erklären könnte, und die Ergebnisse wichen von vorhandenen extensiven Erfahrungen und wissenschaftlichen Studien ab.[135]

Im Nouvel Observateur nahm Joel Spiroux, Co-Autor der Studie, zu Kritikpunkten Stellung (20. September). Bezüglich der Kritik, dass die Menge der untersuchten Tiere zu gering gewesen sei, gab Spiroux an, dass die Gesamtzahl sowie die Anzahl von 20 pro Versuchsgruppe analog zu derjenigen sei, die Monsanto bei dreimonatigen Fütterungsstudien verwende. Zudem seien mehrere toxische Parameter untersucht worden. Eine Versuch mit einer höheren Grundmenge hätte den finanziellen Rahmen überfordert. Die im Versuch verwendete Rattenlinie würde aufgrund ihrer stabilen Merkmalsausprägung, zB. bezüglich Gewicht u.ä. seit langem weltweit in der Forschung zu Toxizitätsprüfungen und Auswirkungen gentechnisch veränderter Pflanzen eingesetzt werden, auch von Firmen, die diese herstellen. Zur Kritik, dass die Zusammensetzung des Futters nicht detailliert bekannt gegeben worden sei, berief sich Spiroux auf gängige Standards bei diesen Studien. Des Weiteren sprach er sich für eine Gegenexpertise von unabhängigen Forschern aus.[136]

Der Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland (VBIO) erklärte am 21. September, dass die Studie erhebliche Mängel aufweise. Die Studie liefert nach Ansicht des VBIO keine neuen Anhaltspunkte, die aktionistische Schlussfolgerungen rechtfertigen.[107]

In einem Kommentar der Wirtschaftswoche (22. September) stellt Susanne Kutter dar, dass im Bereich Grüne Gentechnik eine sachliche Grundhaltung seitens der Wissenschaft selten ist. So sei es mittlerweile Usus, dass bei Erscheinen einer Studie zum Thema den Autoren von der Gegenseite Käuflichkeit entweder von der Agro-Industrie oder Greenpeace vorgeworfen werde. Die Reaktionen auf Séralinis Studie bildeten hier keine Ausnahme. Der US-Konzern Monsanto habe ein vier Seiten umfassenden Schreiben, das kritische Stimmen zu Seralinis Studie listenförmig aufzählt, als Reaktion auf die Studie herausgegeben, "damit vor allem Journalisten die kritischen Stimmen nicht übersehen sollten". Séralini habe sich andrerseits geweigert, der EFSA seine Originaldaten zur Verfügung zu stellen, da er bei dieser Behörde, die die Maissorte NK 603 zugelassen hat, einen Interessenskonflkt sehe. Die Studie Séralinis sei so innerhalb kürzester Zeit zum "Gegenstand einer Schlammschlacht geworden". Daher sei das Ergebnis und die Bedeutung von Seralinis Studie schwer zu evaluieren.[137] Hervé Kempf von Le Monde warf am 22. September die Frage auf, warum ein renommierter Universitätsprofessor wie Séralini zu einem Forschungsprojekt von öffentlichem Interesse Geld privater Stiftungen eruieren müsse, anstatt dass staatliche Stellen von sich aus staatlich verortete Forscher mit neutralen und vertiefenden Forschungen zum Thema beauftragt hätten. So hätten sich Institutionen wie das Centre national de la recherche scientifique oder das Institut national de la recherche agronomique wiederholt auf Studien- gesteuert durch Agrarkonzerne- gestützt, deren vollständiger Datensatz wegen des Geschäftsgeheimnisses oft nicht offengelegt worden sei. Séralini habe durch sein Agieren in den Medien dieses Problem öffentlich gemacht. Kempf sieht hinter den wissenschaftlichen Auseinandersetzungen zur Schädlichkeit des Produkts oder der Technologie auch ein Drama, das frei nach Shakespeare die Beziehung zwischen Geld und Wahrheit widerspiegele.[138]

Zahlreiche Wissenschaftler von INRA, CNRS und weiteren Forschungseinrichtungen kritisierten in einer am 27. September veröffentlichten Petition die Studie und ihre unkritische Medienrezeption und erinnerten an ein im selben Journal erschienenes Review von 24 Studien, die alle die Sicherheit transgener Lebensmittel bestätigten. Auch verwiesen sie darauf, dass keine Gesundheitsbehörde irgend welche Gesundheitsbedenken für die millionen von Nutztieren äußerte, die seit mehr als zehn Jahren gentechnisch veränderte Pflanzen fressen, inklusive NK603. Die Wissenschaftler fordern eine Wiederholung der Studie unter strenger Aufsicht von Anses.[139]

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) veröffentlichte am 28. September eine Stellungnahme zu der Studie.[140] Die These, dass Ratten, die ihr Leben lang gentechnisch veränderten Mais erhalten, früher sterben als Tiere, die mit konventionellen Mais gefüttert werden, sei experimentell nicht ausreichend belegt. Reiner Wittkowski, Vizepräsident des Bundesinstituts, sagte: „Die Studie hat sowohl Schwächen im Design als auch in der statistischen Auswertung, so dass die Schlussfolgerungen der Autoren nicht nachvollziehbar sind“. Auch die Aussage, dass möglicherweise die Langzeitaufnahme des glyphosathaltigen Pflanzenschutzmittels Roundup zu schweren Gesundheitsschäden und früherem Versterben führen, sei nicht ausreichend belegt. Zu Glyphosat als herbizidem Wirkstoff lägen zahlreiche Langzeitstudien vor. Krebs, eine höhere Sterblichkeit oder Einflüsse auf das Hormonsystem der Versuchstiere, wie sie die Autoren in der Publikation berichten, seien in diesen Untersuchungen nicht beobachtet worden. Das BfR hat die Autoren deshalb gebeten, den gesamten Studienbericht inklusive der Daten zu den Versuchstieren einzureichen und einen Fragenkatalog zu einer weiterführenden Bewertung der Ergebnisse erstellt.[141]

Das Rijksinstituut voor Volksgezondheid en Milieu (RIVM) veröffentlichte am 1. Oktober eine Bewertung der Studie von Seralini u. a. RIVM kommt zu dem Schluss, dass die Studie zur Feststellung von Kanzerogenität nicht geeignet sei. Die Zahl der Ratten sei zu klein und es fehle eine statistische Analyse.[142]

FSANZ veröffentlichte Anfang Oktober eine vorläufige Stellungnahme zur Studie. FSANZ hält die Relevanz der Studie für begrenzt, vor allem aufgrund der kleinen Zahl der Versuchstiere, selektiver Datenberichterstattung und der Häufigkeit von Tumoren beim verwendeten Rattenstamm. Die angegebene Toxizität von Roundup sei nicht plausiblel und widerspreche ordentlich angelegten und durchgeführten Langzeitstudien mit dem Wirkstoff Glyphosat in mehreren Tierarten, wo bei höheren Dosen keine Effekte beobachtet worden seien.[143]

In einem offenen Brief vom 2. Oktober, herausgegeben von Susan Bardocz, Ann Clark (University of Guelph), Stanley Ewen (Consultant Histopathologist, (Grampian University Hospital), Michael Hansen (Consumers Union), Jack Heinemann (University of Canterbury), Jonathan Latham (The Bioscience Resource Project), Arpad Pusztai, David Schubert (Salk Institute) und Allison Wilson (The Bioscience Resource Project) stellen die Autoren die Angriffe auf die Studie Séralinis in einen Zusammenhang mit Diskreditierungen von anderen Wissenschaftlern, die ebenfalls in ihren Studien schädliche Auswirkungen gentechnisch veränderter Organismen oder Wirkstoffs Glyphosat feststellten. Beispielhaft werden Ignacio Chapela, Arpad Pusztai und Andres Carrasco genannt. Die Rolle des Science Media Centre, aus dessen Umfeld mehrere kritische Stimmen zur Studie Séralinis gekommen seien wird hinterfragt, da sich unter den Geldgebern des Centers zahlreiche Firmen, die GVO und Pestizide herstellen, befinden würden. Die Autoren kritisieren weiter die Vorgehensweise der Zulassungsbehörden, deren Genehmigungsvorgaben einerseits nicht geeignet sind, schädliche Auswirkungen von GVO zu erfassen und die andererseits die Glaubwürdigkeit von Forschern, die hierzu publiziert hatten, anzweifelten. Eine ehrliche wissenschaftliche Debatte kann nur dann möglich werden, wenn Forschungsergebnisse, die Risiken von GVO feststellen nicht unterdrückt werden und dadurch Zulassungsverfahren zu Gunsten der Hersteller gelenkt werden, so das Fazit der Autoren. Dieser offene Brief wurde von zahlreichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unterzeichnet.[144]

Die EFSA veröffentlichte am 4. Oktober eine erste Auswertung der Seralini-Studie.[145] Die Behörde gelangte zu dem Schluss, dass die Studie nicht den wissenschaftlichen Ansprüchen genügt, um für eine Risikobewertung in Betracht gezogen zu werden. Die EFSA befand das Studiendesign sowie die Präsentation und Interpretation der Studienergebnisse als unzulänglich. Sie bat die Autoren Seralini et al., wichtige zusätzliche Informationen zur Verfügung zu stellen.[146]

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) gelangte in einer ersten, am 5. Oktober veröffentlichten Bewertung der Studie zu dem Ergebnis, dass die Schlussfolgerungen der Autoren nicht gerechtfertigt sind. Gründe dafür seien Unzulänglichkeiten des Studiendesigns sowie die Art der Datenauswertung und der Datenpräsentation.[147]

Am 19. Oktober erklärten die Académie d'agriculture de France, die Académie nationale de Médecine, die Académie nationale de pharmacie, die Académie des sciences, die Académie des technologies, und die Académie vétérinaire de France in einer gemeinsamen Stellungnahme, dass die Studie von Seralini u. a. aufgrund zahlreicher methodischer und interpretatorischer Unzulänglichkeiten die in vorhergehenden Studien festgestellte gesundheitliche Unbedenklichkeit von NK603 oder anderen zugelassenen gentechnisch veränderten Pflanzen nicht in Frage stellen könne.[148] Der am 24. September von mehreren französischen Ministerien mit einer Beurteilung der Studie beauftragte Haut Conseil des biotechnologies (HCB) veröffentlichte am 19. Oktober seine Stellungnahme. Der HCB kam zu dem Schluss, dass die Studie von Seralini u. a. einen Kausalzusammenhang zwischen den beobachteten Tumoren und NK603 oder Roundup nicht belege.[149] In der Folge erklärte die französische Regierung, es gebe keinen Grund, die Zulassungen von NK603 oder Roundup in Frage zu stellen.[150]

Die von der französischen Regierung mit einer Bewertung beauftragte Lebensmittelbehörde Anses veröffentlichte am 22. Oktober ihre Ergebnisse. Anses zufolge zieht die Studie von Seralini u. a. vorherige Zulassungsstudien zu NK603 und Roundup nicht in Zweifel. Anses verweist jedoch auf eine kleine Zahl von Langzeitstudien und fordert die nationale und europäische Finanzierung groß angelegter Studien, um verbleibende Wissenslücken über Gesundheitsrisiken zu schließen.[151]

Am 28. November veröffentlichte EFSA eine abschließende Bewertung der Studie. Demnach erfülle die Studie akzeptable wissenschaftliche Standards nicht und könne frühere Sicherheitsbewertungen von NK603 nicht in Zweifel ziehen. EFSA berücksichtigte dabei auch unabhängige Bewertungen der Studie seitens Institutionen in Belgien (Belgian Biosafety Advisory Council), Dänemark (Dänemarks Technische Universität), Frankreich (Anses, HCB), Deutschland (BVL, BfR), Italien (Istituto Superiore di Sanità, Istituto Zooprofilattico Sperimentale delle Regioni Lazio e Tosca) and den Niederlanden (Nederlandse Voedsel- en Warenautoriteit).[152]

Umweltrisiken

Umweltorganisationen vertreten die Ansicht, dass beim Anbau von transgenem Mais verschiedene Umweltrisiken bestehen. Sie befürchten,

  • dass neben den Zielinsekten auch weitere Organismen geschädigt werden können,
  • dass ein Anbau von transgenem Mais in Mexiko durch Auskreuzungen auf wilde Artverwandte die Biodiversität verringern könnte.

Ein 2007 veröffentlichtes Review von wissenschaftlicher Literatur und Studien internationaler Organisationen aus 10 Jahren kam zu dem Schluss, dass keine wissenschaftlichen Beweise für Umweltschäden durch die bisher kommerzialisierten transgenen Pflanzen existierten.[153] Vor der Zulassung einer neuen transgenen Sorte zum Anbau sind umfangreiche Sicherheitsstudien erforderlich, die in der Regel mehrere Jahre dauern. Eine neue Sorte darf nur dann zugelassen werden, wenn eine Unbedenklichkeit für die Umwelt bestätigt wurde. Nach dem Beginn des kommerziellen Anbaus einer neuen Sorte ist in der EU zudem ein anbaubegleitendes Monitoring vorgesehen.[58]

Nichtzielorganismen

Das Bt-Toxin Cry1Ab ist für einige Arten der Gattung Schmetterlinge giftig. Anders als der Maiszünsler ernähren sich nur sehr wenige Schmetterlingsarten von Mais, könnten aber theoretisch indirekt über Bt-Maispollen geschädigt werden, die auf ihrer Nahrung landen. Eine 1999 veröffentlichte Laborstudie stellte eine Schädigung von Monarchfaltern fest, wenn sie mit Bt-Maispollen des Events 11 gefüttert wurden.[154] Daraus wurden in der Öffentlichkeit Befürchtungen abgeleitet, der Anbau von Bt-Mais könnte Populationen des Monarchfalters reduzieren. Wissenschaftler hingegen betonten, dass das Fütterungsexperiment diese Befürchtungen nicht rechtfertige. Weitere Laborexperimente fanden, dass Pollen des Events 176 Monarchfalterlarven schädigen, woraufhin das Event vom Markt genommen wurde. Feldstudien hingegen fanden keine Effekte auf Larven durch die verbreiteten Bt-Maisevents (MON810 und Bt 11), die 80mal weniger Toxin produzieren als Event 176. Feldstudien zeigten zudem, dass die in den Laborstudien verwendeten Pollenmengen unter Feldbedingungen unrealistisch hoch seien, und suggerierten, dass die Pollen von Event 11 möglicherweise mit anderen Pflanzenteilen vermischt wurde. Für die derzeit zugelassenen Events seien extrem hohe Pollendichten notwendig, um eine Schädigung von Larven zu erreichen. Zudem fanden Felduntersuchungen, dass nur ein geringer Anteil von 0,8 % der Monarchfalterpopulation Bt-Maispollen ausgesetzt sei. Die natürlich Mortalität von 80 % während der Larvenphase müsse zudem berücksichtigt werden, ebenso wie andere Faktoren, wie Verluste durch Habitatzerstörung, Einsatz von Insektiziden sowie Kollisionen mit Autos.[153] Eine 2010 veröffentlichte Simulation suggeriert, dass selbst unter pessimistischen Annahmen ein flächendeckender Anbau von Bt-Mais in Europa kaum negative Effekte auf Schmetterlingsarten hätte. In allen Regionen war die maximale errechnete Sterblichkeitsrate bei Tagpfauenauge und Admiral weniger als einer von 1572 Schmetterlingen, bei der Kohlmotte eine von 392. Im Mittel aller Regionen lag sie für Tagpfauenauge und Admiral bei einem von 5000, für die Kohlmotte bei einer auf 4367.[155]

Zudem wurden die Auswirkungen auf Nützlinge wie natürliche Feinde und Bestäuber untersucht. Bt-Mais gilt als unbedenklich für Honigbienen.[153][156] In Labor- und Gewächshausstudien waren natürliche Feinde wie Florfliegen lediglich dann negativ betroffen, wenn ihre Beute durch Bt-Toxine geschädigt wird. Feldstudien zeigten, dass natürliche Feinde aufgrund der geringeren Beuteverfügbarkeit in Bt-Feldern seltener vorhanden waren, diese Reduktion jedoch keine Auswirkungen auf die Population habe. Florfliegen und andere natürliche Feinde sind polyphag, und daher von der Reduktion bestimmter Beutearten nicht stark betroffen.[153] Zudem würden auch andere Instrumente der Schädlingsbekämpfung das Nahrungsangebot von natürlichen Feinden beeinflussen, und die meisten gegenwärtig genutzten Insektizide (vor allem Breitbandinsektizide wie Pyrethroide und Organophosphate) hätten stärkere negative Auswirkungen auf natürliche Feinde als Bt-Toxine. Zudem zeigen viele Untersuchungen, dass Unterschiede zwischen verschiedenen konventionellen Maissorten im Hinblick auf Effekte auf Nichtzielorganismen größer sind als die Unterschiede zwischen einer Bt-Maissorte und ihrer konventionellen Entsprechung.[33] Bei zahlreichen Untersuchungen konnten keine negativen Effekte von Bt-Pflanzen auf Bodenmakroorganismen (Fadenwürmer, Springschwänze, Landasseln, Milben und Regenwürmer) festgestellt werden.[153][157][158]

Biodiversität

In Mexiko ist der Anbau von transgenem Mais seit 1998 verboten, um Landrassen und wilde Verwandte vor möglichen Auskreuzungen zu schützen. Nach Zeitungsberichten widersetzen sich mexikanische Bauern jedoch diesem Verbot und bauen Bt-Mais an. 2001 veröffentlichte Nature eine kontroverse Studie, die über einen Fund von Transgenen in mexikanischen Mais-Landrassen berichtete. Nature zog die Veröffentlichung wenige Monate später zurück, da "die Datenlage die Veröffentlichung nicht rechtfertige".[159] Eine 2009 veröffentlichte Studie fand in 1 % von über 100 untersuchten Feldern in Mexiko Bt-Gene in Mais-Landrassen. Dabei ist unklar, ob eine gentechnische Einbringung des Bt-Gens in Landrassen illegalerweise vorgenommen wurden, oder ob die Gene von regulären, illegal angebauten Bt-Maissorten unbeabsichtigt ausgekreuzt wurden.[160] Nach einer Verknappung des Maisangebots Anfang 2007 forderte der mexikanische Bauernverband die Zulassung von transgenem Mais für den Anbau.[161] Im Oktober 2009 wurden zwei Genehmigungen für den Versuchsanbau von transgenem Mais auf knapp 13 ha erteilt. Thema der Untersuchungen ist unter anderem die Frage, ob Mexiko mit transgenen Sorten seine Abhängigkeit von Importen verringern kann.[162] Fast 2000 Wissenschaftler protestierten in einer Petition gegen die Genehmigungen, da ihrer Ansicht nach Auskreuzungen auf Landrassen nicht verhindert werden können.[163] Die Zulassungsbehörden hingegen betonen, dass ein Abstand von 500m zu konventionellen Feldern eingehalten wird. Zudem soll die Aussaat zu unterschiedlichen Zeitpunkten stattfinden, und umliegende Bauern bezüglich möglicher Auskreuzung befragt werden.[163] Es gibt bisher keine wissenschaftlichen Hinweise dafür, dass eine mögliche Auskreuzung von Transgenen die Biodiversität des Mais verringern könnte. Der Genfluss, der Austausch von Genen zwischen Kultur- und Wildsorten, ist ein natürlicher Vorgang. Ob sich Gene aus konventionellen Hochleistungssorten oder transgenen Sorten in Landsorten dauerhaft etablieren und dadurch die Biodiversität verringern, hängt letztlich davon ab, ob sie den Nachkommen einen Selektionsvorteil verleihen. Laut dem internationalen Mais- und Weizenforschungsinstitut nimmt die Vielzahl der Maisrassen in Mexiko allein durch Einkreuzungen aus Kultursorten nicht ab.[164]

Weblinks

Einzelnachweise

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