VX
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- Organophosphorverbindung
- Amin
- Nervenkampfstoff
Strukturformel | ||||||||||
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1:1-Gemisch aus der (R)-Form (links) und der (S)-Form (rechts) | ||||||||||
Allgemeines | ||||||||||
Name | VX | |||||||||
Andere Namen |
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Summenformel | C11H26NO2PS | |||||||||
Kurzbeschreibung |
farb- und geruchlose, ölige Flüssigkeit [2] | |||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | ||||||||||
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Eigenschaften | ||||||||||
Molare Masse | 267,37 g·mol−1 | |||||||||
Aggregatzustand |
flüssig | |||||||||
Dichte |
1,01 g·cm−3[3] | |||||||||
Schmelzpunkt |
−38,2 °C [2] | |||||||||
Siedepunkt |
298 °C [3] (Zersetzung) | |||||||||
Dampfdruck |
14 mPa (20 °C)[3] | |||||||||
Löslichkeit | ||||||||||
Sicherheitshinweise | ||||||||||
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Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. |
Die Substanz VX (O-Ethyl-S-2-diisopropylaminoethylmethylphosphonothiolat) ist der verbreitetste Vertreter der V-Klasse chemischer Kampfstoffe. Es handelt sich um eine farb- und geruchslose, durch Verunreinigungen oft leicht gelbliche, ölige Flüssigkeit.[2] Das Gift dringt über die Haut, die Augen und die Atemwege in den Körper ein und verursacht zuerst Husten und Übelkeit. Dann lähmt es die Atemmuskulatur und führt innerhalb weniger Minuten unter starken Krämpfen und Schmerzen zum Tod. Die LD50 für einen durchschnittlichen Erwachsenen liegt bei etwa 1 mg bei respiratorischer Aufnahme (über die Atemwege), beziehungsweise 10 mg bei Aufnahme über die Haut. Es sind jedoch auch Todesfälle bei Aufnahme von weit geringeren Dosen (4 μg/kg oral [10][4] und 86 μg/kg dermal [11]) beschrieben.
Einen großen Bekanntheitsgrad erlangte VX durch den Action-Film The Rock – Fels der Entscheidung, in dem VX fälschlicherweise als hochwirksamer Hautkampfstoff dargestellt wird, während die Substanz tatsächlich ein Nervenkampfstoff ist.
Wirkprinzip
Die Aufnahme von VX findet überwiegend über die Haut statt, da VX wegen seines äußerst geringen Dampfdruckes als sesshafter Kampfstoff gilt; nur im Falle der Ausbringung als Aerosol besteht eine relevante Gefährdung durch Aufnahme über die Atemwege. Die Kontamination kann nur durch einen adäquaten Individualschutz verhindert werden. Einmal in den Körper aufgenommen, blockiert VX die Acetylcholinesterase in den Synapsen des parasympathischen vegetativen Nervensystems, den acetylcholinvermittelten Synapsen des sympathischen Anteils des vegetativen Nervensystems (Sympathikus) und an der neuromuskulären Endplatte (Motorische Endplatte). Es kommt dadurch zu einem Anstieg des Neurotransmitters Acetylcholin (ACh) in der Synapse und damit zu einer Dauerreizung der betroffenen Nerven.
In der Folge treten, abhängig von der Höhe der Vergiftung, die folgenden Symptome auf: Nasenlaufen, Sehstörungen, Pupillenverengung, Augenschmerzen, Atemnot, Speichelfluss, Muskelzucken und Krämpfe, Schweißausbrüche, Erbrechen, unkontrollierbarer Stuhlabgang, Bewusstlosigkeit, zentrale und periphere Atemlähmung und letztendlich Tod. Die Wirkung am Auge tritt bereits bei geringeren Konzentrationen ein als die Wirkung im Atemtrakt. Daher treten Akkommodationsstörungen und eine Miosis bereits bei Konzentrationen und Expositionszeiten auf, bei denen andere Vergiftungszeichen noch nicht zu beobachten sind.
Die Wirkung ähnelt der anderer phosphororganischer Verbindungen wie Tabun, Soman und Sarin, aber auch verschiedener Insektizide wie Parathion (E605).
Atropin ist eine Möglichkeit, bei einer Vergiftung die Wirkung an den muskarinischen Acetylcholinrezeptoren kompetitiv zu unterbrechen. Es muss ca. alle zehn Minuten in einer Dosis von 2–5 mg gegeben werden. Zusätzlich muss Obidoximchlorid gegeben werden, um die Acetylcholinesterase zu reaktivieren.
Während Nervenkampfstoffe der G-Reihe (G für Germany) wie Tabun (GA), Sarin (GB) binnen Stunden vollständig verfliegen, kann VX (V-Reihe) unter geeigneten Bedingungen Wochen am Einsatzort verbleiben. VX ist wesentlich giftiger als Sarin, Soman oder Tabun und damit der chemische Kampfstoff mit der höchsten Toxizität. Lediglich einige Toxine sind deutlich giftiger; diese zählen jedoch als ABO (Agents of Biological Origin) definitionsgemäß nicht zu den C- sondern den B-Kampfstoffen, auch wenn sie in der Chemical Weapons Convention reguliert werden.
Viele Pestizide beruhen auf demselben Wirkprinzip, wirken aber auf Insekten um Größenordnungen stärker als auf Menschen. Beispiele hierfür sind Malathion, Disulfoton und ähnliche Substanzen.
Entdeckung und Verbreitung
Die Phosphorylthiocholin-Klasse wurde unabhängig von Ranaji Goshem von Imperial Chemical Industries Limited (USA) und von Lars-Erik Tammelin vom Schwedischen Institut für Verteidigungsforschung 1952 entdeckt.[12]
1955 wurde der erste „V-Kampfstoff“ VG (Amiton) hergestellt. Später wurden noch weit giftigere Substanzen in dieser Gruppe entwickelt. Darunter der bekannteste Vertreter VX, das auch als erstes aus dieser Gruppe militärisch eingesetzt wurde. Weitere V-Kampfstoffe sind VM, VE und VS.[13][14]
Es ist umstritten, ob Saddam Hussein 1988 beim Giftgasangriff auf Halabdscha im Nordirak VX gegen die kurdische Bevölkerung eingesetzt hat. Bei dem Angriff wurden etwa 5000 Menschen, meist Kinder, Frauen und alte Männer qualvoll getötet. Viele tausend weitere starben danach oder erlitten dauerhafte Gesundheitsschäden.[15]
VX wurde bis zur Unterzeichnung der Chemiewaffenkonvention 1997, in der die Zerstörung aller Vorräte verlangt wird, auch von den USA produziert. Die Sowjetunion verfügte über eine chemisch sehr nahe verwandte Substanz (VR – oder auch „russisches VX“).
Herstellung und Struktur
Zur Synthese von VX wird O-Ethyl-O-2-diisopropylaminoethylmethyl-phosphonit (CAS: 57856-11-8) mit Schwefel umgesetzt.
VX besitzt ein Stereozentrum am Phosphoratom, es gibt also zwei Enantiomere, eines hat (R)-Konfiguration, das andere ist (S)-konfiguriert. Das hier beschriebene Herstellungsverfahren liefert racemisches VX, also ein 1:1-Gemisch aus (R)-O-Ethyl-S-2-diisopropylamino-ethylmethylphosphonothiolat und (S)-O-Ethyl-S-2-diisopropylamino-ethylmethylphosphonothiolat.
Siehe auch
- Chemische Waffe
- Liste chemischer Kampfstoffe
- Nervenkampfstoff
Weblinks
- Datenblatt vom Schweizer Labor Spiez (PDF-Datei; 194 kB)
- Webseite über chemische Waffen (englisch)
- Saskia Eckert: Entwicklung eines dynamischen Modells zum Studium der Schutzeffekte reversibler Acetylcholinesterase-Hemmstoffe vor der irreversiblen Hemmung durch hochtoxische Organophosphate (PDF), Dissertation an der Universität München, 2006
Einzelnachweise
- ↑ Svenja Janke, Natascha Bruckner: Chemische Kampfstoffe, Abgerufen am 25. Mai 2009
- ↑ 2,0 2,1 2,2 D. H. Ellison: Handbook of Chemical and Biological Warfare Agents. 2. Auflage, CRC Press, 2007, ISBN 978-0-8493-1434-6, S. 27
- ↑ 3,0 3,1 3,2 3,3 VX in: Roempp Chemie Lexikon, Thieme Verlag, 2007.
- ↑ 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 4,5 Eintrag zu VX in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM)
- ↑ Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
- ↑ Günter Hommel: Handbuch der gefährlichen Güter. Transport - Gefahrenklassen, Merkblatt 2286, 2002, Springer-Verlag, ISBN 3-540-20348-6
- ↑ Neurotoxicology. Vol. 7, S. 225, 1986.
- ↑ 8,0 8,1 Journal of Toxicology and Environmental Health, Part A. Vol. 59, S. 439, 2000.
- ↑ National Technical Information Service. Vol. AD839-329
- ↑ Toxicology and Applied Pharmacology. Vol. 27, S. 241, 1974.
- ↑ World Health Organization, Technical Report Series. S. 24, 1970.
- ↑ Eric Croddy, James J. Wirtz (Hrsg.): Weapons of mass destruction: an encyclopedia of worldwide policy, technology and history. Band 2 ISBN 1-85109-490-3 (Eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche), S. 313.
- ↑ Nerve Agents - Lethal organo-phosphorus compounds inhibiting cholinesterase. In: Organisation for the Prohibition of Chemical Weapons website. Abgerufen am 7. Oktober 2006.
- ↑ Nerve Agents: General. In: The site for information about chemical and biological weapons for emergency, safety and security personnel. Abgerufen am 7. Oktober 2006.
- ↑ Stephen C. Pelletiere: A War Crime Or an Act of War? Beitrag in der New York Times vom 31. Januar 2003.