Vagusnervstimulator


Die Vagusnervstimulation ist eine Möglichkeit der Epilepsiebehandlung und selten auch der Behandlung von Depressionen. Die Behandlung erfolgt durch die Stimulation des Vagusnervs. Der Nervus vagus ist der Zehnte von insgesamt zwölf Hirnnerven. Er ist an der Regulation nahezu aller inneren Organe beteiligt.

Bei der VNS werden zwei Verfahren unterschieden, die invasive Vagusnervstimulation und die transkutane Vagusnervstimulation (t-VNS).

Invasive VNS

Bei der invasiven VNS wird im Brustbereich ein Stimulationsgerät ähnlich dem Herzschrittmacher implantiert, das über eine Elektrode meist mit dem linken Nervus vagus verbunden ist. Über regelmäßige Stimulation dieses Hirnnervs (meist alle 5 Minuten über 30 Sekunden) wird die Wirkung erzielt.[1]

Wirkung und Nebenwirkung in der Epilepsiebehandlung

In der Wirksamkeit ist der Vagusnervstimulator vergleichbar mit antikonvulsiven (krampflösenden) Medikamenten. Bei Patienten mit fokalen Epilepsien wurde in Doppelblindstudien die Wirksamkeit des Vagusnervstimulators nachgewiesen. Auch für Patienten mit primär generalisierten Anfällen scheint die Vagusnervstimulation wirksam zu sein. Vollständige Anfallsfreiheit wird selten erreicht, eine Reduktion der Anfallshäufigkeit ist aber bei einem Drittel bis der Hälfte der behandelten Patienten möglich. Die Wirkung des Vagusnervstimulators tritt oft erst einige Monate nach der Implantation ein und kann häufig erst nach einem Jahr vollständig beurteilt werden. Im Gegensatz zur medikamentösen Epilepsiebehandlung hat der Vagusnervstimulator weniger starke Nebenwirkungen. Mögliche Nebenwirkungen sind z. B. Heiserkeit und/oder erschwertes Atmen bei körperlicher Anstrengung während der Dauer der Stimulation, Schmerzen im Kehlkopfbereich oder Schluckbeschwerden. Als positive Nebenwirkungen werden oft die im Zusammenhang mit der Stimulation verbesserte Stimmungslage und erhöhte Wachheit bezeichnet.

Transkutane VNS (t-VNS)

Die transkutane Vagusnervstimulation (t-VNS) basiert darauf, dass ein Ast des Vagusnervs, der sogenannte Ramus auricularis nervi vagi (RANV), die Haut der Ohrmuschel im Bereich der Concha sensibel versorgt.[2] Daher kann dieser Ast transkutan mit elektrischen Impulsen stimuliert werden. Die Stimulationsparameter der t-VNS, wie Intensität, Pulsdauer und Frequenz sind so gewählt, dass die Reizweiterleitung analog zur invasiven VNS über dick-myelinisierte Aß-Fasern erfolgt. Die afferenten Fasern des RANV projizieren ebenso wie der zervikale Ast des Nervus vagus in den Nucleus tractus solitarii (NTS) im Hirnstamm.[3][4] Der NTS ist der Ausgangspunkt für die Aktivierung eines komplexen zerebralen Netzwerks, das weitestgehend dem der invasiven VNS entspricht und mit der antikonvulsiven Wirkung assoziiert ist.[5][6][7] Die elektrischen Impulse werden durch einen Stimulator erzeugt, der mit einer speziellen Ohrelektrode verbunden ist. Diese ermöglicht eine gezielte Stimulation des Ramus auricularis des Nervus vagus. Über zentrale Schaltstationen wie den Nucleus tractus solitarii oder der Formatio reticularis werden die so übermittelten Impulse in höher gelegene Zentren des Gehirns weitergeleitet.

Anwendung in der Epilepsiebehandlung

Die Implantation eines Vagusnervstimulators kommt meist nur bei anderweitig nicht behandelbaren („therapieresistenten“) Epilepsien in Frage. 1988 kam der Vagusnervstimulator zum ersten Mal bei einem Menschen zum Einsatz. 1997 genehmigte die zuständige Behörde in den USA, die Food and Drug Administration die Anwendung der Vagusnervstimulation zur Behandlung von Epilepsie. Bis Anfang 2007 wurden weltweit über 45.000 Patienten mit dem Vagusnervstimulator behandelt. Der Vagusnervstimulator kann nicht bei Krankheiten wie beispielsweise Asthma bronchiale angewandt werden.[8] In den meisten Fällen ist eine zusätzliche Behandlung mit antiepileptischen Medikamenten dennoch notwendig. Die Menge kann jedoch in manchen Fällen reduziert werden.

Der transkutane Vagusnervstimulator hat 2011 die CE-Zulassung für die Behandlung von Epilepsien erhalten.[9]

Andere Anwendungsbereiche

2005 wurde der Vagusnervstimulator von der Food and Drug Administration auch zur Behandlung von therapieresistenten Depressionen zugelassen. Gegenwärtig wird auch die Wirksamkeit des Vagusnervstimulators in der Behandlung anderer psychiatrischer Krankheitsbilder wie z. B. Angststörungen, Alzheimer-Krankheit und Migräne untersucht.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://us.cyberonics.com/en/vns-therapy-for-epilepsy/patients-and-families/basics/how-does-vns-therapy-work
  2. Peuker ET, Filler TJ: The nerve supply of the human auricle. Clin Anat 2002;15:35-37.
  3. Nomura S, Mizuno N: Central distribution of primary afferent fibers in the Arnold's nerve (the auricular branch of the vagus nerve): a transganglionic HRP study in the cat. Brain Res 1984;292:199-205.
  4. Gao XY, Rong P, Ben H, Liu K, Zhu B, Zhang S: Morphological and electrophysiological characterization of auricular branch of vagus nerve: Projections to the NTS in mediating cardiovascular inhibition evoked by the acupuncture-like stimulation; Society for Neuroscience Abstracts, 2010, p 694.22.
  5. Beekwilder JP, Beems T: Overview of the clinical applications of vagus nerve stimulation. J Clin Neurophysiol 2010;27:130-138.
  6. Amar AP, Levy ML, Liu CY, Apuzzo MLJ: Vagus Nerve Stimulation; in Krames ES, Peckham PH, Rezai AR, (eds): Neuromodulation. London, Academic Press, 2009, pp 625-637.
  7. Vonck K, Boon P, Van RD: Anatomical and physiological basis and mechanism of action of neurostimulation for epilepsy. Acta Neurochir Suppl 2007;97:321-328.
  8. Spuck, S., Nowak, G., Sperner, J., Tronnier, V.: Implantation und Komplikation der Vagusnervstimulation, Journal für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie 2007; 8 (4), 16-20
  9. http://www.cerbomed.com/transkutane-Vagusnervstimulation-12.html

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