Blutproben aus dem Zoo helfen bei der Vorhersage von Krankheiten beim Menschen



Bio-News vom 15.07.2019

In den Zoos von Saarbrücken und Neunkirchen leben Pinguine, Asiatische Elefanten und viele andere Tierarten. Da sie von verschiedenen Kontinenten stammen, wird den Tieren regelmäßig Blut abgenommen, um ihre Gesundheit zu überprüfen. Diese Blutproben haben Bioinformatiker und Humangenetiker der Universität des Saarlandes jetzt genutzt, um nach sogenannten Biomarkern zu suchen, mit denen man Krankheiten frühzeitig erkennen kann. Die Forscher wollen mit Hilfe von ähnlichen genetischen Mustern, die bei Mensch und Tier seit Jahrtausenden im Blut vorhanden sind, die computergestützte Krankheitsprognose verbessern.

Das Forschungsprojekt ist für die Bioinformatiker nicht nur aufgrund der Zusammenarbeit mit dem Zoo ungewöhnlich. „Molekulare Blutprofile von Tieren zu messen, das hat so bisher niemand gemacht“, erklärt Andreas Keller, Bioinformatik-Professor an der Universität des Saarlandes. Anstatt Gewebe und Datenmaterial von menschlichen Patienten zu untersuchen, analysierte er gemeinsam mit dem Saarbrücker Humangenetiker Eckart Meese die Blutproben von 21 Tieren.


Das Blut der Strahlenschildkröten untersuchten Bioinformatik-Professor Andreas Keller und Zoodirektor Richard Francke als erstes.

Publikation:


Tobias Fehlmann Christina Backes Marcello Pirritano Thomas Laufer Valentina Galata Fabian Kern Mustafa Kahraman Gilles Gasparoni Nicole Ludwig Hans-Peter Lenhof et al.
The sncRNA Zoo: a repository for circulating small noncoding RNAs in animals

Nucleic Acids Research, Volume 47, Issue 9, 21 May 2019, Pages 4431–4441

DOI: https://doi.org/10.1093/nar/gkz227



Zoodirektor Richard Francke hatte das Blut bei Routineuntersuchungen innerhalb der Jahre 2016 bis 2018 gesammelt und den Wissenschaftlern zur Verfügung gestellt. Eigentlich erforschen diese sonst Biomarker, die im Blut des Menschen vorkommen, um damit beispielsweise Lungentumore oder Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson früher und besser zu erkennen. „Gut geeignet dafür sind micro-RNAs“, sagt Andreas Keller. „Das sind kurze Abschnitte spezifischer Moleküle in der Ribonukleinsäure, die bei der Steuerung der Gene eine wichtige Rolle spielen.“

Um diese Abschnitte zu finden, setzen die Forscher moderne Methoden der Bioinformatik ein, darunter auch das maschinelle Lernen, ein Verfahren der Künstlichen Intelligenz. Das wiederum führt zu einer Herausforderung, bei der die Tiere aus den beiden saarländischen Zoos helfen können. „Pro Patient werden bis zu 20 Millionen Datenpunkte erhoben. Die maschinellen Lernverfahren erkennen darin zwar die typischen Muster, etwa für einen Lungentumor oder Alzheimer. Jedoch fällt es der Künstlichen Intelligenz schwer, zu lernen, welche Biomarker-Muster echt sind und welche nur scheinbar auf das jeweilige Krankheitsbild passen.“ Hierbei kommen nun die Blutproben der Tiere ins Spiel.

„Wenn ein Biomarker evolutionär konserviert ist, also auch in anderen Spezies in ähnlicher Form und Funktion vorkommt, ist es sehr viel wahrscheinlicher, dass es sich um einen belastbaren Biomarker handelt“ erläutert Professor Keller. Aus diesem Grund haben die Forscher die Reste von den Blutproben analysiert, die den Tieren sowieso entnommen wurden. Insgesamt waren es 21 Proben von 19 Tierarten, darunter ein Nasenbär, ein Nilflughund, ein Zwergseidenäffchen und ein Humboldt-Pinguin. „Die neuen Erkenntnisse fließen jetzt in unsere Computermodelle ein und werden uns helfen, künftig noch präziser, die richtigen Biomarker zu identifizieren“, erklärt Keller.

Ihre Ergebnisse haben die Saarbrücker Forscher im renommierten Fachjournal „Nucleic Acids Research“ veröffentlicht. Zusätzlich haben sie eine Datenbank eingerichtet, in die sie auch ihre aktuellen Ergebnisse eintragen. Inzwischen haben Wissenschaftler das Blut von insgesamt 40 Tieren untersucht, darunter auch das einer Anaconda, eines Stachelschweins und eines Kängurus. Darauf können nun Wissenschaftler aus der ganzen Welt zugreifen. Das Forschungsprojekt wurde von der Landesregierung des Saarlandes finanziell unterstützt.


Diese Newsmeldung wurde via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.


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