Der Klimawandel beeinflusst die Ausbreitung invasiver Tierarten



Bio-News vom 22.07.2020

Asiatische Strandkrabbe als Beispiel für erfolgreiche Ausbreitung in Nord- und Ostsee.

Welche Faktoren beeinflussen die Ausbreitung invasiver Tierarten in unseren Ozeanen? Diese Frage untersuchte ein Team von Forschenden des Alfred-Wegener-Institutes, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), der Bangor University (Wales, UK) und des Zoologischen Instituts und Museums der Universität Greifswald im Rahmen des DFG-geförderten Graduiertenkollegs 2010 RESPONSE (Biological Reactions to Novel and Changing Environments).

Vertreter der Krebstiere dominieren die Nahrungsketten vieler küstennaher Lebensräume unserer Weltmeere. Als blinde Passagiere des globalen Schiffsverkehrs haben sich viele Krebsarten zudem weit über ihren natürlichen Lebensraum hinaus ausgebreitet. Die Asiatische Strandkrabbe Hemigrapsus sanguineus etwa ist ein Beispiel für solch invasive Arten. Innerhalb weniger Jahrzehnte hat sich die ursprünglich im pazifischen Raum beheimatete Art sehr weiträumig über unseren Globus ausgedehnt. In den 1980er Jahren erreichte sie etwa die Atlantikküste Nordamerikas und gegen Ende der 1990er Jahre fasste sie auch in den europäischen Küstenmeeren Fuß.

Sowohl in Nordamerika als auch in Nordeuropa breitet sich diese Art nun mehr und mehr nordwärts in Richtung der sich schnell erwärmenden polaren Gewässer aus. In den neu besiedelten Ökosystemen kann sie dabei so zahlreich vorkommen, dass heimische Krebsarten wie z.B. die Europäische Strandkrabbe Carcinus maenas beeinträchtigt oder verdrängt werden. Als aktive Räuber üben diese Tiere einen hohen Fraßdruck in den neu besiedelten Gewässern aus und dezimieren so z.B. marine Wirbellose wie Muschel oder junge Strandkrabben, die dann als Nahrungsorganismen für andere Tiere fehlen. Dies kann die Nahrungsnetze in diesen Ökosystemen nachhaltig verändern.


Eingeschleppte, invasive Art an Nordseeküsten, von der starke Auswirkungen bekannt sind, die aber an heimischen Küsten noch nicht aufgetreten ist. Eventuell mögliche Verdrängung der heimischen Strandkrabbe Carcinus maenas.

Publikation:


Luis Giménez, Michael Exton, Franziska Spitzner, Rebecca Meth, Ursula Ecker, Simon Jungblut, Steffen Harzsch, Reinhard Saborowski und Gabriela Torres
Exploring larval phenology as predictor for range expansion in an invasive species
Ecography43: 1–12, 2020

DOI: 10.1111/ecog.04725



Wie beeinflusst nun jedoch der Klimawandel die Ausbreitung invasiver Arten in den Weltmeeren? Erfolgreiche invasive Arten unserer Ozeane zeichnen sich oftmals durch eine hohe Toleranz gegenüber Schwankungen von Umweltfaktoren wie Temperatur und Salzgehalt aus und können daher durch den Klimawandel bedingte Veränderungen der Ozeane gut überstehen. Das Wissenschaftsteam des Alfred-Wegener-Institutes, der Bangor University (Wales, UK) und der Universität Greifswald hat sich besonders auf die frühen Entwicklungsstadien der Asiatischen Strandkrabbe fokussiert und die mikroskopisch kleinen Larven untersucht, die sich in der Wassersäule treibend entwickeln. Es ist bekannt, dass die Larven vieler Meerestiere empfindlicher auf Umweltschwankungen reagieren als ausgewachsene Tiere, daher stellen diese Larven den „Flaschenhals“ bei der Etablierung neuer Populationen dar.

Ziel der Studie war zudem der Versuch, Modelle für Vorhersagen zu entwickeln, in welchem Tempo sich diese Art von Strandkrabbe mit der Klimaerwärmung nordwärts ausbreiten kann. Die zentrale Frage des Projektes: Sind Kenntnisse zu den jahreszeitlichen Einflüssen auf die Entwicklung der Larven für derartige Vorhersagen hilfreich? In der Studie hat das Team zunächst Entwicklungsparameter der Larven wie Überlebensrate und Entwicklungsdauer bei verschiedenen Wassertemperaturen gemessen. Dafür untersuchten sie am Alfred-Wegener-Institut auf Helgoland das Auftreten von Krabbenlarven im Freiland und studierten die Dauer der jungen Entwicklungsstadien im Labor. Mit Hilfe eines mechanistischen Modells konnten die Autorinnen und Autoren dann die Zeitfenster bestimmen, in denen in der Reproduktionssaison die Wassertemperatur über einem bestimmten Grenzwert liegen sollte, um eine erfolgreiche Entwicklung der Larven zum juvenilen Tier zu ermöglichen. Diese Modellierung zeigte ein beträchtliches Potential für eine weitere nördliche Ausbreitung der Asiatischen Strandkrabbe entlang der Küsten Nordenglands und Norwegens.

„Unsere Studie belegt, dass wir uns bei der Vorhersage der klimabedingten Ausbreitung von marinen Tierarten insbesondere die frühen Entwicklungsstadien betrachten müssen, denn diese sind für die Besiedlung neuer Lebensräume und die dauerhafte Etablierung von Populationen entscheidend“, sagen AWI-Biologin Dr. Gabriela Torres und Dr. Luis Giménez, ebenfalls Biologe am AWI und Erstautor der Studie. Prof. Dr. Steffen Harzsch vom Zoologischen Institut und Museum ergänzt: „Das Graduiertenkolleg RESPONSE bietet uns eine ganz herausragende Plattform für interdisziplinäre Kooperationen weit über Greifswald hinaus, um Aspekte des Klimawandels wissenschaftlich zu untersuchen.“


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrums für Polar- und Meeresforschung via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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