Schlafmangel bei Frühschichten ist sowohl für Früh- als auch Spätaufsteher ein Problem
Bio-News vom 11.08.2020
Frühschichten sind auch für viele Frühaufsteher ein Problem. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA). Sie zeigt, dass dauerhafter Schlafmangel bei Beschäftigten in Frühschichten sehr häufig vorkommt, und das unabhängig davon, ob sie eher zu den Früh- oder Spätaufstehern zählen.
Bislang war die Wissenschaft davon ausgegangen, dass vor Frühschichten kein Schlafdefizit entsteht, insbesondere nicht für Frühtypen, sogenannte Lerchen. Die Studie des IFA hat unter anderem Bedeutung für die Verhütung von Unfällen: Beschäftige, die regelmäßig zu wenig schlafen, haben ein erhöhtes Risiko für Arbeits- und Wegeunfälle.
Wann und wieviel ein Mensch schläft, ist Typsache. Hierbei spielt vor allem der sogenannte Chronotyp eine Rolle, also die innere biologische Uhr für Schlafen und Wachsein. Ständig weniger als sieben Stunden zu schlafen gilt allerdings für frühe wie späte Chronotpyen als ungesund, weil die Konzentration leidet und damit das Unfallrisiko steigt. „Problematisch ist vor allem, dass dauerhafter Schlafmangel häufig gar nicht mehr wahrgenommen wird“, sagt Barbara Hirschwald, Biologin beim IFA. Ständige, aber unbemerkte Unkonzentriertheit könne dann zu Unfällen führen. So ergab eine Untersuchung des AAA Foundation for Traffic Safety aus dem Jahr 2016 bereits ein signifikant erhöhtes Unfallrisiko bei weniger als sieben Stunden Nachtruhe.
Dass Nachtschichtarbeit meist mit Schlafmangel einhergeht, ist belegt. Bei Menschen, die in Frühschicht arbeiten, also mit einem Arbeitsbeginn zwischen 6:00 und 7:00 Uhr, ging die Wissenschaft bislang nicht von einem Schlafdefizit aus.
Publikation:
Hirschwald, B., Nold, A., Bochmann, F. et al.
Chronotyp, Arbeitszeit und Arbeitssicherheit
Zbl Arbeitsmed (2020)
DOI: 10.1007/s40664-020-00397-4
Beschäftigte zu Schlafgewohnheiten befragt
Die Frage, welchen Einfluss die Lage der Arbeitszeit und der Chronotyp auf die Schlafdauer haben und damit indirekt auf das Unfallgeschehen bei der Arbeit, war Gegenstand einer Nachuntersuchung meldepflichtiger Arbeitsunfälle durch das IFA. Es befragte 374 Beschäftigte aus verschiedenen Mitgliedsbetrieben der Berufsgenossenschaft Holz und Metall zu ihren Schlafgewohnheiten. Angaben über Aufsteh- und Zubettgeh-Zeiten an Arbeitstagen und in freien Zeiten ermöglichten Rückschlüsse auf die Schlafdauer. Die innere biologische Uhr der Beschäftigten, der Chronotyp, wurde dabei ebenfalls berücksichtigt.
Dauerhafter Schlafmangel betrifft demnach auch Menschen, die regelmäßig in Frühschicht arbeiten. Hirschwald: „Das Risiko weniger als sieben Stunden Schlaf zu bekommen, steigt bei ihnen um das Vierzehnfache im Vergleich zu Beschäftigten, die später zur Arbeit gehen.“
Vor einer Frühschicht wird durchschnittlich knapp sechseinhalb Stunden geschlafen, ohne Schichtarbeit sind es fast 45 Minuten mehr. Späte Chronotpyen schlafen erwartungsgemäß an Frühschichttagen noch weniger als die mittleren und frühen Chronotypen, die sogenannten Lerchen. Trotzdem gilt: Die meisten Beschäftigten in Früharbeit - auch die mittleren und frühen Chronotypen - müssen sehr viel früher aufstehen, als es für sie passend und damit gesund wäre.
Hirschwald: „Die Arbeit später beginnen lassen, den Chronotyp bei der Schichtplanung berücksichtigen, Schlafstörungen in der arbeitsmedizinischen Untersuchung thematisieren, all das kann dazu beitragen, dass Beschäftigte in Schichtarbeit ausgeschlafen sind. Davon profitieren ihre Gesundheit, ihre Aufmerksamkeit und letztlich gibt es auch weniger Unfälle.“
Aktuelle Querschnittsstudie
In der Querschnittsuntersuchung des IFA wurden 374 Beschäftigte mit meldepflichtigem Arbeitsunfall zu ihrem Chronotyp und ihren üblichen Schlafenszeiten befragt. Zur Chronotypermittlung wurde die Composite Scale of Morningness (CSM) in der deutschsprachigen Version verwendet. Die Effekte von Schichtarbeit, Chronotyp und Alter auf die Schlafdauer wurden mittels multivariabler linearer bzw. logistischer Regression untersucht.
Diese Newsmeldung wurde mit Material Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung - DGUV via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.