Als Neuweltaffen oder Breitnasenaffen bezeichnet man fünf Familien von Primaten, die in Mittel- und Südamerika beheimatet sind: Krallenaffen, Kapuzinerartige, Nachtaffen, Sakiaffen und Klammerschwanzaffen. Sie bilden gemeinsam die Teilordnung Platyrrhini sowie die Überfamilie Ceboidea, was im wesentlichen gleichbedeutend ist, da die Ceboidea die einzige lebende Überfamilie ist.

Neuweltaffen unterscheiden sich in einigen Merkmalen von der anderen großen Primatengruppe, den Catarrhini (Altweltaffen). Neuweltaffen sind kleine bis mittelgroße Primaten, deren Größe von wenig mehr als 10 cm (Zwergeidenäffchen, die weltweit kleinsten Affen, unter 200 g) bis zu 70 cm reicht (Südlicher Spinnenaffe, 12 bis 15 kg). Neuweltaffen unterscheiden sich in einigen Aspekten geringfügig von den Altweltaffen. Das bekannteste phänotypische Unterscheidungsmerkmal ist die Nase. Der wissenschaftliche Name für die Neuweltaffen ist Platyrrhini, was soviel wie "flache Nase" bedeutet. Die Nase ist flacher als die schmale Nase der Altweltaffen und die Nasenlöcher sind zur Seite gerichtet. Zu den Neuweltaffen gehören auch jene Affenarten, die zum Greifen geeignete Schwänze haben.

Weißschulter-Kapuziner (Cebus capucinus) im Zoo Apenheul, Niederlande
Weißschulter-Kapuziner (Cebus capucinus) im Zoo Apenheul, Niederlande

Männlichen Neuweltaffen - außer den Brüllaffen der Gattung Alouatta - fehlt das trichromatische Farbensehen der Altweltaffen. Platyrrhini unterscheiden sich von den Catarrhini auch in ihrem Gebiss. Sie haben zwölf Prämolare anstelle von acht, die Zahnformel lautet $\tfrac {2.1.3.3} {2.1.3.3}$, bestehend aus 2 Schneidezähnen, 1 Eckzahn, 3 Prämolaren und 3 Backenzähne. Dies steht im Gegensatz zu den Altweltaffen, einschließlich Menschen, Gorillas, Schimpansen, Bonobos, Gibbons und Orang-Utans, deren Zahnformel $\tfrac {2.1.2.3} {2.1.2.3}$ lautet. Neuweltaffen der Familie Atelidae (Klammerschwanzaffen) sind die einzigen Primaten mit Schwänzen, die zum Greifen geeignet sind.


Die Neuweltaffen (Platyrrhini) - biologie-seite.de
Das Lisztäffchen (Saguinus oedipus) ist in Kolumbien verbreitet und außerdem vom Aussterben bedroht.
Die Neuweltaffen (Platyrrhini) - biologie-seite.de
Mantelbrüllaffen (Alouatta palliata) gehören zur Familie der Klammerschwanzaffen (Atelidae) und sind im Süden Mexikos, in Honduras, in Kolumbien und West-Ecuador verbreitet

Viele Neuweltaffen sind klein und fast alle sind in den Bäumen zu Hause, was zur Folge hat, dass man sie nur schwer beobachten kann. Im Großen und Ganzen weiß man daher von den Neuweltaffen weniger als von den leichter beobachtbaren Affen der alten Welt. Im Gegensatz zu letzteren bilden Neuweltaffen eher monogame Paarbeziehungen und die Väter sind stark in die Aufzucht des Nachwuchses eingebunden. Neuweltaffen ernähren sich hauptsächlich von Früchten, Nüssen und Blüten, aber auch von Insekten und Spinnen, sowie von Vogeleiern und kleinen Wirbeltieren. Im Gegensatz zu Menschen und den meisten Altweltaffen sind ihre Daumen nicht den anderen Fingern gegenüberstellbar (mit Ausnahme einiger Mitglieder der Familie Cebidae).

Der Ursprung der Neuweltaffen liegt im Dunkeln. Vor etwa 40 Millionen Jahren hat sich die Infraordnung Simiiformes in die Ordnungen Platyrrhini (Neuweltaffen, Südamerika) und Catarrhini (Altweltaffen, Afrika) aufgespalten. Die Platyrrhini sind, wie die Wissenschaft derzeit mutmaßt, über den Atlantik nach Südamerika migriert, und zwar unter Zuhilfenahme von Vegetationsinseln, ähnlich den großen, treibenden Teilen von Mangrovenwäldern, die gelegentlich von tropischen Stürmen aus der westafrikanischen Küste herausgerissen werden. Zu dieser Zeit (vor 40 Mio. Jahren) waren die Kontinente noch nicht so weit entfernt wie heute und die Distanz, die zu überwinden war, war deutlich geringer als heute (2.800 km). Lesen sie hier mehr über den Ursprung der Neuweltaffen.


Systematik


Literatur

Hershkovitz P. 1977. Living New World Monkeys (Platyrrhini) - With an Introduction to Primates: Volume 1. Chicago: University of Chcago Press

Mittermeier R. A., Coimbra-Filho A. F. 1981. Ecology and Behavior of Neotropical Primates. Rio de Janeiro: Academia Brasiliera de Ciencias.

Ford S. M. 1986. Systematics of the New World monkeys. In: D. R. swindler and J. Erwin (eds.) Comparative Primate Biology 1: Systematics, Evolution, and Anatomy, pp. 73-135. New York: Alan R. Liss.

Die News der letzten 7 Tage

31.05.2023
Klimawandel | Meeresbiologie
Meeresspiegel, Monsun und die Entwicklung von Koralleninseln
Koralleninseln drohen angesichts des steigenden Meeresspiegels langsam zu versinken.
31.05.2023
Anthropologie | Bioinformatik | Neurobiologie
Intelligente Gehirne nehmen sich mehr Zeit für schwierige Aufgaben
Haben intelligente Menschen ein "schnelleres" Gehirn?
31.05.2023
Biodiversität | Klimawandel | Ökologie
Entwicklung der Artenvielfalt auf brachliegenden Flächen
In den vergangenen 50 Jahren sind immer mehr Menschen vom Land in die Stadt gezogen - Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt heute in oder nahe einer Stadt.
31.05.2023
Bionik, Biotechnologie und Biophysik | Mikrobiologie
Mikroben unter Strom
Bei der mikrobiellen Elektrosynthese nutzen Mikroorganismen CO2 und Elektrizität, um zum Beispiel Alkohol zu produzieren.
30.05.2023
Mikrobiologie | Neobiota
Frosch mit Fracht: Invasive Arten kommen nicht allein
Senckenberg-Forschende haben neues invasionsbiologisches Konzept, die „nested invasions“ (verschachtelte Invasionen) vorgestellt.
27.05.2023
Klimawandel | Ökologie
Küsten als Klimaschützer
Die Küstenökosysteme in acht von zehn Weltregionen sind eine Netto-Treibhausgas-Senke.
26.05.2023
Biochemie | Klimawandel | Mikrobiologie
Mikroorganismen sind entscheidend für die Speicherung von Kohlenstoff in Böden
Laut einer neuen Studie spielen Mikroorganismen eine entscheidende Rolle bei der Kohlenstoffspeicherung in Böden.
26.05.2023
Land-, Forst-, Fisch- und Viehwirtschaft | Mikrobiologie | Mykologie
Raps und der Feind im Boden
Nutzpflanzen haben einen hohen Nährwert, das macht sie für uns Menschen essenziell – und auch attraktiv für schädliche Mikroorganismen.
25.05.2023
Meeresbiologie | Mikrobiologie | Ökologie
Unterwasserschall stört Meeresorganismen bei der Nahrungsaufnahme
Viele Meeresbewohner wie etwa Fische, Meeressäuger oder auch Krebstiere produzieren und nutzen Schall für ihre Navigation, Fortpflanzung oder Beutejagd.
18.05.2023
Biodiversität | Taxonomie
Neue Erkenntnis: Die Vielfalt des Lebens wurd durch Dark Taxa bestimmt
20 Insektenfamilien weltweit sind für 50 Prozent der Artenvielfalt der Fluginsekten verantwortlich – egal ob auf heimischen Wiesen oder in tropischen Wäldern.
17.05.2023
Biochemie | Genetik
Versteckspiel im Centromer
Centromere sind DNA-Abschnitte, die häufig im Zentrum der Chromosomen zu finden sind und die verschiedenen Arten weisen eine enorme Vielfalt auf.