Blumenuhr


Unter dem Begriff Blumenuhr versteht man die Zeitbestimmung anhand der geöffneten Blüten unterschiedlicher Pflanzen-Arten, wie es in der Chronobiologie untersucht wird. Es handelt sich bei der Blumenuhr um eine praktische Anwendung von Naturbeobachtungen, die heute unter dem Begriff Phänologie zusammengefasst werden.[1]

Grundprinzip

Verdeutlicht wird durch die Blumenuhr die Koevolution zwischen den Blütenpflanzen und ihren tierischen Bestäubern. Durch die unterschiedlichen Blühzeiten wird gesichert, dass 24 Stunden Nektar und Pollen für die Bestäuber bereitstehen. Wären alle Blüten zur gleichen Zeit geöffnet, müssten auch alle Bestäuber zur gleichen Zeit auf Futtersuche gehen. Das würde zu starker Konkurrenz sowohl unter den zu bestäubenden Pflanzenarten als auch unter den Bestäubern, ferner zu Engpässen im Energiestoffwechsel und in der Reproduktion führen. Durch die verteilten Blühzeiten wird einerseits die Futtersuche für alle bestäubenden Tiere möglich, anderseits die Bestäubung der Blütenpflanzen gesichert.

Allgemein gilt, dass abends und nachts weniger Blüten blühen als tagsüber. Gerade die Spät- und Frühblüher erschließen sich neue Bestäuber, so kann die Entwicklung der Nachtblüher und Nachtschmetterlinge als Koevolution gesehen werden.

Beispielspflanzen

Folgende Beispiele aus mitteleuropäischen Breitengraden in Bezug auf MEZ:

Linnés Blumenuhr

Der schwedische Naturwissenschaftler Carl von Linné war nicht nur Verfasser zahlreicher theoretischer Schriften, sondern legte auch 1745 erstmals die von ihm entwickelte Blumenuhr im Botanischen Garten von Uppsala an.[2] Dabei handelte es sich um ein Blumenbeet in Form eines Zifferblatts mit reihum 12 Unterteilungen, die mit den zur jeweiligen Stunde blühenden krautigen Pflanzen bepflanzt waren. Denn bei der Beobachtung der Natur in seiner nächsten Umgebung hatte er die für seine Zeit überraschende Feststellung gemacht, dass bestimmte Pflanzenarten nur zu bestimmten Tageszeiten blühten. Darauf aufbauend intensivierte Linné seine Forschung und stellte fest, dass diese pflanzlichen Aktivitäten während der gesamten (schwedischen) Wachstumsperiode immer zur gleichen Tages- oder Nachtzeit stattfanden. So ergab sich für ihn die Idee einer gepflanzten Uhr fast von selbst. Indem er im Ein-Uhr-Feld die krautigen Pflanzen anpflanzte, die entweder um 13:00 Uhr oder um 01:00 Uhr ihre Blüte ganz geöffnet hatten und in den Feldern 2 bis 12 die jeweils entsprechenden Pflanzenarten, hatte er eine exakte, natürliche Uhr geschaffen. Es soll ihm bei der Frage nach der Uhrzeit ein Blick aus dem Fenster seines Arbeitszimmers auf seine "Blumenuhr" genügt haben, um die Uhr bis auf 5 Minuten genau abzulesen.

Literatur

  • Die Blumenuhr, Jan Thorbecke Verlag, 2009, ISBN 978-3-7995-0281-8
  • Linnés Blumenuhr (Scheibe aus Hartpappe), Jan Thorbecke Verlag, 2010, ISBN 978-3-7995-0845-2
  • Wolfgang Engelmann: Blumenuhren, Zeitgedächtnis und Zeitvergessen, Institut für Botanik, Universität Tübingen, 2004 (PDF, 2.947 kB)

Einzelnachweise

  1. Pierer's Universal-Lexikon 4. Auflage 1857–1865: Blumenuhr
  2. Herders Conversations-Lexikon 1. Auflage 1854–1857: Blumenuhr

Weblinks

Wiktionary: Blumenuhr – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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