Deutscher Bertram



Deutscher Bertram

Deutscher Bertram (Anacyclus officinarum)

Systematik
Ordnung: Asternartige (Asterales)
Familie: Korbblütler (Asteraceae)
Unterfamilie: Asteroideae
Tribus: Anthemideae
Gattung: Bertram (Anacyclus)
Art: Deutscher Bertram
Wissenschaftlicher Name
Anacyclus officinarum
(Hayne)

Der Deutsche Bertram (Anacyclus officinarum) war eine Pflanzenart aus der Familie der Korbblütler (Asteraceae). Er wurde etwa bis zum Wechsel vom 19. zum 20. Jahrhundert seiner Wurzel wegen als Heilpflanze kultiviert und gilt heute als ausgestorben.

Merkmale

Stängel meist einzeln, seltener mehrere, aufrecht, bis 25–30 cm hoch, einfach oder mit einem kleinen blattachselständigen Ast, stielrund oder undeutlich kantig; Stängel und Äste waren einköpfig, gestreift, bläulich-grün, im unteren Teil sehr vereinzelt, oben unter den Körbchen gedrängt mit weißen Haaren besetzt. Blätter zerstreut, etwas haarig, bläulich grün. Basalblätter meist rosettenförmig, langgestielt, die übrigen nach oben allmählich kürzer gestielt bis sitzend, im Umriss länglich verkehrt-eiförmig bis länglich, doppelt fiederteilig mit ungeteilten 2-3 spaltigen Abschnitten und lineallanzettlichen bis linealischen, weißstachelspitzigen Zipfeln. Blattspindel oberseits flach, unterseits gewölbt, nach oben verschmälert, am Grunde rinnenförmig, halbstängelumfassend und am Stängel herablaufend. Blütenkörbchen auf Stängel und Ästen einzeln, aufrecht, sehr reichblütig, die stängelständigen größer, bis 4 cm breit, kurz und ziemlich dick gestielt. Hüllkelch zuerst halbkugelrund, gegen die Reife flach, ziegeldachförmig: Schuppen am Rande hautartig durchscheinend. Blumen: die zusammengesetzte gestrahlt, die zitronengelben Röhrenblüten zwittrig, vielzählig; die weiblichen mit zehn bis zwanzig weißen Zungen, die unterseits purpurrot gestreift sind. Wurzel einjährig, senkrecht, 6-12 cm lang und 5 mm dick, sich gegen die Spitze verdünnend, hin und wieder Äste oder Wurzelfasern hervortreibend; geruchlos aber brennend scharf. Die getrocknete Deutsche Bertramwurzel unterschied sich von der Römischen Bertramwurzel durch ihre geringere Größe und Dicke, durch Längs- statt Querrunzeln und einen braunen statt gelben Holzkörper. Die Blütezeit war von Juni bis August.

Verbreitung und Standortansprüche

Der Deutsche Bertram wurde in Thüringen, in der Umgebung von Magdeburg, im Vogtland sowie im Harz und in Böhmen angebaut. Er gedieh am besten auf lehmigen Sandböden.

Botanische Geschichte

Der Deutsche Bertram war entweder ein einjähriger Abkömmling des Mehrjährigen oder Römischen Bertrams (Anacyclus pyrethrum) oder es handelte es sich um einen Kultivar, der aus einer Kreuzung von Anacyclus pyrethrum und verwandten Arten wie Gelber Bertram (Anacyclus radiatus) oder Keulen-Bertram (Anayclus clavatus) entstanden ist. Der Botaniker Friedrich Gottlob Hayne machte 1825 auf die deutlichen Unterschiede der verschiedenen Pflanzen, die als Anacyclus pyrethrum D. C. bzw. Anthemis pyrethrum Desf. benannt wurden, aufmerksam und beschrieb die in Deutschland angebaute Pflanze als Anacyclus officinarum. Sie wurde nur sporadisch und manchmal aus Furcht vor Konkurrenz sogar heimlich gezogen. Auch in Botanischen Gärten und Herbarien war sie nur selten vertreten. Nach Beendigung des Feldanbaus konnte man keine lebenden Pflanzen oder Saatgut mehr auffinden. Allerdings gelang es, Exemplare verwandter Arten, die eine phänotypische Ähnlichkeit mit der ausgestorbenen Pflanze haben, für eine Zucht zu Anschauungszwecken zu selektieren.

Verwendung

Die Wurzel des Deutschen Bertram wurde in der Volksmedizin als Tinktur gegen Zahnschmerzen, Munderkrankungen, Zungenlähmung und Einreibung bei Kältegefühlen, Krämpfen, Lähmungen und Ischias angewandt. Sie war als Radix Pyrethri germanici offizinell.

Belege

  • Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis, H. H. J. Hager
  • Resolving the challenge posed by agrobiodiversity, Karl Hammer
  • Methodische Aufführung und Beschreibung aller in der Pharmacopea borussica erwähnten officinellen Gewächse, Kunth
  • Allgemeine medizinisch-pharmazeutische Flora, Vincenz Franz Kosteletzky
  • Handbuch der Medicinisch-pharmaceutischen Botanik, Theodor Friedrich Ludwig Nees von Esenbeck, Karl Heinrich Ebermaier
  • Darstellung und Beschreibung der Arzneygewächse welche in die neue Preussische Pharmacopöe aufgenommen sind nach natürlichen Familien geordnet und erläutert, Band 1, Friedrich Gottlob Hayne, Joh. Fr. Brandt

Weblinks